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Thilo Sarrazin - Prophet, Populist oder profitorientierter Publizist?

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Beitrag von Klartext Sa Feb 18, 2017 8:43 pm

Eine sehr umstrittene Persönlichkeit. Das Magazin Cicero macht ihn zu einem der fünf bedeutendsten Deutschen, für andere ist er ein Rassist, und wieder andere behaupten, er greife heisse Themen nur deshalb auf, um Kohle zu machen. Sein erstes bekannt gewordenes Buch "Deutschland schafft sich ab" verurteilte Angela Merkel, ohne es gelesen zu haben, als "nicht hilfreich".

Es würde mich interessieren, wie man hier zu ihm steht.

Einleiten will ich das mit dem Statement auf Seite 12 von "Deutschland schafft sich ab". Wie ich meine, von fundamentaler Bedeutung, um ihn zu verstehen, sofern ich mich erinnere in keiner bedeutenden medialen Abhandlung von ihm oder über ihn erwähnt:

Thilo Sarrazin schrieb:Ich war lange genug Fachökonom, Spitzenbeamter, und Politiker, um zu jeder meiner These den besten Anwalt den besten Anwalt aller nur denkbaren Gegenthesen abzugeben. Im Form von Vorlagen, Vermerken, Redeentwürfen und Aufsätzen habe ich den letzten 35 Jahren Tausende von Seiten mit Gegenthesen gefüllt. Meine Chefs mussten politisch überleben. Ich war dazu da, ihnen dabei zu helfen. Das hatte seinen Preis: Oftmals konnten subjektiv empfundene Wahrheiten nur dosiert vorgetragen werden. Immer wieder habe ich die Erfahrung gemacht, dass es in verantwortlicher politischer Position zwar nicht unmöglich, aber sehr schwierig und auch nicht üblich ist, unangenehme Wahrheiten auszusprechen. Es liegt ja durchaus ein Stück politischer Weisheit darin, sich auf lösbare Probleme und mehrheitsfähige Vorschläge zu konzentrieren. Aber das erschwert sowohl die klare Analyse als auch die passende Therapie, und wenn man nicht aufpasst, wird einem das Gehirn bis zum Verlust der Urteilskraft vernebelt. Das geht allen Spitzenpolitikern so. Viele flüchten sich leider ins Seichte. Dabei besteht ein großes Bedürfnis nach Wahrheit, aber wer dieses stillt, lebt politisch gefährlich, und wird leicht zum Opfer der Medienmacht, die die politisch Korrekten ausüben.

Thilo Sarrazin, Deutschland schafft sich ab, 2. Auflage, DVA, S.12

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Beitrag von Klartext Mo Apr 10, 2017 12:34 am

Hier ein interessantes Interview mit Thilo Sarrazin in der Zeitschrift "The European".

http://www.theeuropean.de/sarrazin-thilo/12046-interview-mit-thilo-sarrazin

Ein paar Ausschnitte:

Ich vermeide das Wort Flüchtlinge, zumal von diesen Flüchtlingen 75 Prozent wohl genährte junge Männer sind. Sie verweigern, was sie eigentlich zuerst tun müssten, nämlich sich für ihr Land einzusetzen. Und wenn 400 000 junge Syrer jetzt in Aleppo gegen Assad kämpfen würden, sähen dort die Verhältnisse anders aus. Sie ziehen es aber vor, nicht zu kämpfen, sondern …

NITRO: … sie fliehen vor einem unmenschlichen Krieg.

Sarrazin: … oder, wie der tschechische Ministerpräsident vor einigen Monaten polemisch sagte: Die sitzen lieber und trinken auf dem Kurfürstendamm Kaffee. Die Verhältnisse in den Ländern, aus denen sie kommen, sind schrecklich. Aber Verhältnisse in Ländern sind immer menschengemacht. Und wenn die Menschen gehen, statt die Verhältnisse zu ändern, bleiben die Verhältnisse schrecklich.



Wir haben in Berlin etwa 300 000 Muslime. Wir haben in Berlin aber auch etwa 300 000 Polen. Haben Sie schon je einen Artikel in der Presse über die problematische Integration von Polen in Berlin gelesen? Haben Sie schon mal gelesen, dass die Polen sich zusammenrotten, dass sie Gangs bilden, dass sie Autowettrennen fahren auf dem Kurfürstendamm, dass sie ihre Töchter zwangsverheiraten und unter Kopftücher zwingen?

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Beitrag von Wallenstein Mo Apr 10, 2017 1:16 pm

So etwas von Zynismus habe ich noch nicht gelesen. Das kann man sagen, wenn man in Berlin bequem im Sessel sitzt, sein Bier trinkt und vom Krieg keine Ahnung hat. In Syrien kämpfen die Truppen von Assad, dessen Terrormilizen, die Hisbollah und Iraner für das despotische Alawitenregime einerseits, fanatische Islamisten, die auch nicht besser sind, auf der anderen Seite. Dass man weder für die eine noch für die andere Seite ist und keine Lust hat, sich von den einen oder den anderen abschlachten zu lassen, das kann man sich doch vorstellen, da haut man besser ab. Das hätte ich auch getan. Das hat nichts mit Feigheit zu tun, ich will nicht den Teufel mit dem Belzebub austauschen. Sarazin wäre der erste, der abgehauen wäre.

Und was der tschechische Ministerpräsident sagte ist ebenfalls unglaublich: Und wenn die Menschen gehen, statt die Verhältnisse zu ändern, bleiben die Verhältnisse schrecklich.

Das mag richtig sein, aber er soll sich an die eigene Nase fassen. 1968 sind 200.000 Menschen aus der CSSR nach Österreich geflohen und 50.000 nach Jugoslawien. Warum sind die denn nicht geblieben und haben gekämpft? Alles Feiglinge? Wie konnte man damals in den Zeitungen lesen:

Etwas dagegen tun, bedeutet in Prag immer: abhauen. Die Parole des 35. Jahres nach der kommunistischen Machtergreifung im Jahr 1948 heißt: Rette sich, wer kann!

„Eines Tages stellte ich fest, dass ich schon an der äußersten Grenze stehe“, sagte mir ein Techniker, jetzt Flüchtling in Königssee. „Ein Schritt weiter, und ich wäre für immer ein gebrochener Zyniker geworden. Ich hatte zwar alles, was ein ČSSR-Bürger haben kann, konnte jedoch den Druck der Propagandamaschinerie nicht mehr aushalten. Ich weiß, dass ich hier kein echter politischer Flüchtling bin, obwohl ich den bundesdeutschen Behörden etwas ganz anderes erzählt habe. Ich bin eben nur ein von einem totalitären System traumatisierter Mensch, der hier seine Wunden lecken und dabei noch ein wenig das Leben genießen möchte.“

http://www.zeit.de/1983/20/fluechtlinge-und-spitzel

Also, nicht auf andere mit dem Finger zeigen, wenn man selber nicht besser ist.

(Und übrigens, polnische Gangs haben wir jedenfalls in Hamburg genug. Sie kontrollieren hier Teile des Rotlichtmilieus und haben früher Autos im großen Stil geklaut und nach Polen gebracht).

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Beitrag von Gontscharow Mi Apr 12, 2017 1:56 pm

Ich weiß, daß sich Herr Sarrazin zwar schon über den für ihn wirtschaftlichen Erfolg seiner Bücher freut ( das hat er mehrfach in Interviews gesagt), dennoch war Profitgier nicht das Motiv, aus dem er beispielsweise "Deutschland schafft sich ab" geschrieben hat.
Man kann ja vorher nie wissen, ob ein Buch ein Erfolg wird oder eher nicht. Sarrazin glaubt an seine Aussagen und ist insofern Idealist.
Ich glaube man kann die Flüchtlinge aus Osteuropa während des Kommunismus und die Flüchtlinge aus den islamischen Ländern nur bedingt miteinander vergleichen. Ich hatte letzten Samstag ein langes Gespräch mit einem Flüchtling aus Afghanistan. Er hatte in seiner Heimat als Wachmann auf einer amerikanischen Basis gearbeitet ( nachdem er vorher in der Türkei ausgebildet worden war) und bei einem Angriff der Taliban auf diese gefeuert. Sein Leben war deshalb in Afghanistan nicht mehr sicher - die Taliban versuchen, Landsleute, die aus ihrer Sicht Kollaborateure sind, zu ermorden. Er ist nach Deutschland geflohen und ist nach "nur" einem halben Jahr im Flüchtlingsheim anerkannt worden. Das war Anfang März, am 1.4. hat er eine versicherungspflichtige Arbeit bei einem Sicherheitsunternehmen gefunden. Jetzt geht es darum, eine Wohnung zu finden und seine Frau aus Kabul nachzuholen.
Dieser junge Mann ist ein echter Flüchtling, das wird kein vernünftiger Mensch abstreiten.
Er teilt sich sein Zimmer im Flüchtlingsheim mit drei anderen jungen Männern, zwei aus Syrien und einer aus dem Iran. Der Afghane sagt selbst, daß seine Mitbewohner keine echten, sondern Wirtschaftsflüchtlinge seien.
Deutschland kann und sollte eine vernünftige Anzahl von Flüchtlingen aufnehmen. Eine Million pro Jahr aber nicht. Deshalb müssen wir uns auf die echten Flüchtlinge beschränken, so wie es im Grundgesetz vorgesehen ist und sollten keine Wirtschaftsflüchtlinge mehr aufnehmen.
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Beitrag von marylinjackson Do Apr 13, 2017 8:11 pm

Nein, der Krieg Syrien ist hier wirklich nicht mit den Aufständen in Osteuropa vergleichbar.
In Osteuropa gab es die unbewaffneten oppositionellen Gegner, die vom roten Regime heimtückisch bekämpft wurden. Sie wichen einer sowjetischen Übermacht.

Zitat von Wallenstein:

1968 sind 200.000 Menschen aus der CSSR nach Österreich geflohen und 50.000 nach Jugoslawien. Warum sind die denn nicht geblieben und haben gekämpft? Alles Feiglinge?

Womit sollten sie denn kämpfen?

In Syrien war es ganz anders, plötzlich war 2011 die Opposition bewaffnet. Diese militärisch gerüsteten Leute wollen heute mit wahabitischer Unterstützung bis zu ihrem Tod gegen Assad kämpfen. Sie denken nicht daran, die Waffen niederzulegen. Und das seit 6 Jahren! Die, die es zu uns schaffen, sind keine Verfolgten, sondern man schuf für sie einen neuen Begriff: sie sind subsidiär geschützte Bürgerkriegsflüchtlinge.

Die osteuropäischen Flüchtlinge von 1956 und 1968 flohen dagegen vor politischer Verfolgung. Sie hätten erst eine Chance nach mehr als 21 Jahren gehabt, zurück als Nicht-Verfolgte in die Heimat zu kommen.
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Beitrag von Wallenstein Di Apr 18, 2017 1:41 pm

Wie sie hätten kämpfen sollen? Das musst du den tschechischen Ministerpräsidenten fragen, denn der empfiehlt ja allen Regimegegnern im Lande zu bleiben und zu kämpfen. Ob mit oder ohne Waffen, wie das überhaupt hätte aussehen sollen, das verrät er uns leider nicht, das weiß er nämlich selber auch nicht.

In Ungarn hat man 1956 zu den Waffen gegriffen, das ist gescheitert. In Polen hat die die Gewerkschaftsbewegung Solidarität aus dem Untergrund mehr oder weniger erfolgreich Widerstand geleistet. Erfolg hatte sie aber wohl nur nach den Veränderungen in der UDSSR. Der Ministerpräsident hätte mal sagen sollen, wie man erfolgreich Widerstand leisten kann, wenn man im Lande bleibt.

Wenn es um Waffen geht: Die hätte der Westen schon geliert. Die Kämpfer in Afghanistan wurden ja reichlich damit ausgestattet, sie erhielten sogar hochmoderne Stinger Raketen, um Hubschrauber abzuschießen.

Und erinnern wir uns an Syrien: 2011 begannen diverse friedliche Demonstrationen gegen Assad, die von dem Regime immer brutal zusammen geschossen wurden. Daraufhin desertierten zahlreiche Soldaten mit ihren Waffen und gründeten die „Freie Syrische Armee“. Die hatten die Waffen von den Armeebeständen entwendet. Ihre Unterstützung aus dem Westen blieb aber aus. Da sahen die Saudis und andere Länder ihre Chance, Einfluss auf die Opposition zu gewinnen. Sie unterstützen wahabitische Gesinnungsgenossen in den Reihen der Rebellen und bewaffneten diese Leute bis an die Zähne. Gemäßigte Gruppierungen wurden zurückgedrängt und die Islamisten gewannen zusehends an Boden, ausgerüstet mit den besten Waffen, überwiegend aus dem Westen, von den Saudis bezahlt.

Das führte dann zu den massenhaften Fluchtbewegungen, einerseits vor den Schergen des Assad Regimes, andererseits vor den Islamisten.

Das dann die Menschen abhauen, das ist verständlich. Inzwischen ist schon die Hälfte der syrischen Einwohner geflüchtet, überwiegend in den Libanon, Türkei, Irak und Jordanien. Allein im Libanon sind eine Million Flüchtlinge, zweieinhalb Millionen sind in der Türkei. Nach Europa gelangten relativ wenige, dafür fehlt es den meisten an Geld.

Der tschechische Ministerpräsident sollte einmal sagen, was denn die Alternative zur Flucht sein soll.

In den Ostblockstaaten war Flucht die einzige Möglichkeit und in Syrien sehe ich für die meisten Menschen auch keine andere Lösung.

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Beitrag von Marek1964 Di Apr 18, 2017 10:05 pm

Hier muss ich einige Dinge klarstellen - und möchte nicht, dass das Thema Thilo Sarrazin verlassen wird. Erst Mal hat dieses Zitat nicht der tschechische Ministerpräsident, sondern der Staatspräsident Zeman in seiner Weihanchtsansprache 2015. Hier eine Version mit deutschen Untertiteln.

https://www.youtube.com/watch?v=Q49UOg8zdyI

Er hat es etwas anders gesagt als es Sarrazin wiedergab: Er frage sich, warum die Flüchtlinge vor allem junge Männer ohne Familien seien und warum sie nicht zur Waffe greifen und gegen des islamischen Staat kämpfen. So wie es etwa 10 000 Tschechen (Zahl von mir) getan hätten, die aus dem Protektorat flohen, und die nach Grossbritannien (resp. zuvor nach Frankreich, auch meine Ergänzung) flohen, um an der Seite der Alliierten zu kämpfen - und nicht um Sozialleistungen zu beziehen.

Tatsächlich kämpften sowohl im ersten wie auch im zweiten Weltkrieg viele Tschechen und Slowaken auf der Seite der Alliierten für ihren Staat. Im Ersten Weltkrieg deshalb bemerkenswert, weil es den Staat damals noch gar nicht gab. Im Zweiten Weltkrieg waren vor allem die Piloten in der Luftschlacht um England von Bedeutung - zwar nur 88 an der Zahl, aber in dieser knappen Schlacht sehr wohl von Bedeutung.

Zeman stellt aber nur die Frage, warum es überwiegend junge Männer sind - und diese Frage ist berechtigt. Wieso lassen sie ihre Familien zurück? Brauchen die nicht vor dem Bürgerkrieg fliehen? Brauchen die nicht gerade jetzt Schutz durch die jungen männlichen Familienmitglieder?

Heute dürfte die Antwort kein Geheimnis mehr sein und ich will sie dann im anderen Thread beantworten. Auch auf die Auslandseinsätze und den tschechischen Widerstand werde ich eingehen, auch das in einem anderen Thread.¨

Hier ist das Thema Thilo Sarrazin. Er liebt natürlich die Polemik, und in diesem Fall sehe ich die Argumentation auch nicht ganz relevant. Denn natürlich kann man aus guten Gründen, vor dem Bürgerkrieg fliehen, wie es auch Wallenstein schreibt, weder die eine noch die andere Seite unterstützenswert ist.

Die Frage, warum sie aber allein kommen, beantwortet das allerdings nicht. Und da liegt der Hund begraben. Imad Karim schätzt, dass 95% der 2015 und danach eingewanderten "Flüchtlinge" nicht Bürgerkriegsflüchtlinge sind. Sie kommen vielfach gar nicht aus Syrien. Aber davon, wie gesagt im anderen Thread mehr.

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Beitrag von marylinjackson Mi Apr 19, 2017 11:21 am

Sarrazin liebt vor allem die Statistik und Zahlen. Nur punktet er damit nicht. Seine Polemik ist rational, die emotional agierenden Politiker wehren sich wütend, aber hilflos mit Beschimpfungen. Für die einen ist Sarrazin populär, für die anderen populistisch. Und warum sollte er nicht auch Geld mit seinen Büchern verdienen wollen, da outen sich nur Neider.
Die Juristin Kirsten Heisig hat in dem kurz vor ihrem Tod erschienenen Buch "Das Ende der Geduld" ähnliches wie Sarrazin gemacht, merkwürdigerweise nahm die Öffentlichkeit ihr Buch kaum zur Kenntnis.

Wir leben eben in einer postfaktischen Zeit.

@ Wallenstein:
Die Wortwahl "Flucht" ist vieldeutig. Der Verbrecher flüchtet aus dem Gefängnis, der Patient flüchtet in die Krankheit.
Das Unbehagen eines einzelnen Menschen berechtigt ihn nicht, zu verlangen, dass ein großes soziales Netzwerk für ihn als "Flüchtling" aufgespannt wird. Und genau das tun heute aus irgendwelchen Gründen die zu uns kommenden Migranten. Ohne Papiere, mit selbst gebastelten und nicht nachprüfbaren Lebensgeschichten.
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Beitrag von Wallenstein Mi Apr 19, 2017 2:46 pm

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge definiert Flüchtlinge bzw. politisch Verfolgte wie folgt:

Nach Artikel 16a des Grundgesetzes (GG) der Bundesrepublik Deutschland genießen politisch Verfolgte Asyl. Politisch ist eine Verfolgung dann, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen.

https://www.bamf.de/DE/Service/Left/Glossary/_function/glossar.html?lv3=4553000&lv2=5831840


Das es natürlich auch immer Leute gibt, die aus anderen Gründen in die BRD kommen wollen ist klar. Aufgabe der Behörden ist es herauszufinden, wer asylberechtigt ist und wer nicht.

Ich hatte früher viel mit Flüchtlingen aus der DDR zu tun, als es diese noch gab. Einem guten Freund von mir hatte ich damals geholfen, aus der DDR zu flüchten über die bulgarische Grenze. Nähere Einzelheiten will ich jetzt nicht erläutern. In der DDR ging es ihm eigentlich nicht schlecht und weil er immer die Klappe hielt, war er auch nicht auffällig geworden. Aber er fand die spießbürgerliche Enge unerträglich und wollte weg. Auch wollte er ein besseres Leben führen, was ich durchaus nachvollziehen konnte. Aber weil er die BRD auch nicht gut fand, ist er später der DKP beigetreten. Diesen Schritt konnte ich nicht nachvollziehen und habe die Beziehung abgebrochen.

Mit anderen Worten: auch nicht jeder Flüchtling aus dem Ostblock  hatte lediglich politische Gründe und hat dies häufig in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen gemacht.

Ich vertrat damals die Ansicht, dass man auch hier strengere Richtlinien ansetzen sollte, vor allem als nach 1980 fast 1 Millionen Polen in die BRD flüchteten. Auch die hatten nicht nur politische Gründe gehabt, sondern sie wollten einfach besser leben. Das allein ist noch kein ausreichender Grund für ein Asyl. Diese Auffassung vertrat ich damals und tue dies heute auch. Meiner Ansicht nach müssten auch Syrer in jedem Einzelfall geprüft werden. Allein die Tatsache, dass dort Krieg herrscht, ist noch nicht ausreichend. In den 90er Jahren flüchteten viele Kroaten nach Deutschland und da hieß es auch, dass die Tatsache  eines Krieges in dieser Region nicht als Asylgrund ausreicht.

@marek.
Warum gerade junge Männer kommen, darüber hatten wir doch schon gesprochen. Der Weg nach Europa ist außerordentlich gefährlich und sehr strapaziös. Frauen und Kinder schaffen das meistens nicht, auch nicht Ältere oder Kranke.Das ist ja keine gemütliche Reise. Erst einmal muss man die Grenze zur Türkei überqueren, da wimmelt es von Rebellen und gewöhnlichen Halsabschneidern. Dann geht es durch die Türkei und dann ist Schluss. Auf legale Weise dürfen Syrer nicht in die EU. Entweder überquert man in der Nacht den Grenzfluss nach Griechenland, der ist gut gesichert von Frontex und da ertrinken viele oder es geht mit einem Schlauchboot über das Mittelmeer zu einer griechischen Insel. Dann geht es aber erst richtig los. Die Balkanländer zu durchqueren ist außerordentlich schwierig und derzeit praktisch nicht möglich.

Die Familien bleiben deshalb in der Regel in den Auffanglagern im Libanon, Türkei, Jordanien und Irak zurück und nur die jungen Männer fliehen in der Hoffnung, dass die anderen irgendwann auf legalem Wege nachkommen können. Das ist allerdings derzeit kaum möglich. Survival oft the fittest nennt man das im Sinne des Darwinismus.

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Beitrag von marylinjackson Mi Apr 19, 2017 3:21 pm

@Wallenstein
Du solltest die DDR-Flüchtlinge nicht mit den heutigen vergleichen. Deutsche kamen zu Deutschen. Was heute kommt, sind Fremde.

http://www.bamf.de/DE/DasBAMF/Uebersiedler/uebersiedler-ehemalige-ddr-node.html

Das Flüchtlingsgesetz in der Bundesrepublik  galt für Übersiedler und Flüchtlinge aus der DDR. Sie waren deutsche Staatsbürger, deren Pech es war, im sowjetisch regierten Teil Deutschlands leben zu müssen.

http://www.verfassungen.de/de/bw/wuerttemberg-baden/wuertt-b-fluechtlingsgesetz47.htm

Das BAMF gibt es noch gar nicht so lange...
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Beitrag von Wallenstein Do Apr 20, 2017 1:31 pm

Du hast nur sehr wenige Kenntnisse über die Geschichte der BRD, weil du aus der DDR stammst und deshalb ist ein wenig Nachhilfeunterricht wohl nötig.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ist nicht aus dem Nichts entstanden, sondern hatte natürlich mehrere Vorläufer.

Die Geschichte des Bundesamts beginnt nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1946 mit der Unterbringung heimatloser Ausländerinnen und Ausländer, den sogenannten Displaced Persons, auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Langwasser durch die Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA). In dem von den amerikanischen Streitkräften zur Verfügung gestellten Unterkünften hielten sich zu Beginn vor allem Letten und Esten auf.

Mit der Übernahme des Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge, der Genfer Konvention im Jahr 1953, wurde die Bundesdienststelle für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge gegründet.

Mit dem Ausländergesetz vom 28. April 1965 wurde die Bundesdienststelle zum "Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge" aufgewertet. Abgesehen von der durch die Ereignisse des "Prager Frühlings" bedingten Flüchtlingszuzugs, verblieben die Zahl der zu bearbeitenden Asylanträge für die nunmehr rund 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einem niedrigen Niveau.

. Aus dem Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge wurde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Jahre 2005.

Flüchtlinge aus der DDR hatten einen besonderen Status, da die BRD die DDR nicht staatsbürgerlich anerkannt hatte und es deshalb in den Augen der BRD keine Staatsbürgerschaft der DDR gab. Insofern hatten diese Flüchtlinge keine Probleme die westdeutsche Staatsbürgerschaft zu erhalten.

In meinen Augen macht es keinen nennenswerten Unterschied, ob jemand aus der DDR oder aus Ungarn oder Polen flüchtete. Deutscher zu Sein ist kein Verdienst sondern lediglich Glück. Die DDR Bewohner hatten nur den Vorteil, dass es einen westdeutschen Staat gab und die Polen, Ungarn oder Tschechen eben nicht. Die Unterdrückung war in den übrigen Ostblockländern aber wohl kaum anders als in der DDR.

Ein Flüchtlingsgesetz gibt es in dem Sinne gar nicht. Dies wurde in den verschiedenen Besatzungszonen nach 1945 unterschiedlich geregelt und hier ging es um Heimatvertriebene. Heimatvertriebene werden in einer amtlichen Definition Menschen mit deutscher Staatsangehörigkeit und Volksdeutsche bezeichnet, die nach dem Zweiten Weltkrieg die Ostgebiete des Deutschen Reiches, das Sudetenland und alte Siedlungsgebiete in Ost- und Südosteuropa verlassen mussten und in den vier Besatzungszonen Deutschlands unterkamen. Es ging um die Unterbringung von Personen in den Gebieten der vier Alliierten, die aus Regionen stammten, aus denen die Deutschen vertrieben wurden.

Eine rechtliche Grundlage für diese Personen wurde 1953 in der BRD durch das Bundesvertriebenengesetz geregelt. Welche Regelungen es in der DDR gab weiß ich nicht.




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Beitrag von marylinjackson Do Apr 20, 2017 9:31 pm

@Wallenstein
Deinen Nachhilfeunterricht mit Belehrung und Bemerkung über meine wenigen Kenntnisse zur BRD, weil ich ja aus der DDR stamme, benötige ich nicht, denn ich stamme aus dem Deutschen Reich, war immer Deutsche und kenne die innerdeutschen Verhältnisse sehr gut. Manch Deutscher überhebt sich leider über andere, das ist eine alte geschichtliche Tradition.

Was die Versorgung der "heimatlosen Ausländer" den sogenannten Displaced Persons (DP) betrifft, so kenne ich folgende Fakten:
Nach der Besetzung Nürnbergs nutzte die US-Armee ab Juni 1945 einen Teil des aus einem SA-Lager hervorgegangenen Kriegsgefangenenlagers der Wehrmacht als Internierungslager für Angehörige der SS.

In den 23 Rheinwiesen-Kriegsgefangenenlager dagegen ließen die Amis 3,4 Millionen deutsche Kriegsgefangene unter freiem Himmel kampieren, dabei starben ca.4000.

Die etwas merkwürdig anmutende Darstellung von Hilfeleistung der DP durch die UN gab es wohl erst nach deren Entnazifizierung im Lager.

..."die auf dem Gelände des ehemaligen Kriegsgefangenenlagers Langwasser durch die Nothilfe- und Wiederaufbauverwaltung der Vereinten Nationen (UNRRA). In dem von den amerikanischen Streitkräften zur Verfügung gestellten Unterkünften hielten sich zu Beginn vor allem Letten und Esten auf..".

Unter den im Kriegsgefangenenlager Langwasser von den Amis eingesperrten
15 000 SS-Angehörigen befanden sich auch SS-Freiwillige aus Estland und Lettland, die natürlich nicht zurück zu den Sowjets wollten. Diese  Displaced Persons waren allesamt SS-Leute. Nach der EU-Osterweiterung gab es nicht wenige estnische und lettische SS-Altnazis, die ihre Versorgungsansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz geltend machten, sofern sie es nicht vorher mit dem Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft taten.

Die Feststellung, es gäbe keinen Unterschied zwischen den Menschen verschiedener Nationen, ist kindlich naiv.
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Beitrag von Wallenstein Sa Apr 22, 2017 1:08 pm

So ein wirres Durcheinander habe ich schon lange nicht mehr gelesen. Macht keinen Sinn, diesen Quatsch jetzt näher zu besprechen.
Kleiner Tipp: Kauf dir einmal einige Bücher über die Geschichte der BRD, damit du wenigstens Grundkenntnisse bekommst.

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Beitrag von Marek1964 So Apr 23, 2017 9:24 pm

Also, ich möchte bitten, hier die Schärfe herauszunehmen. Nachhilfeunterricht können wir uns alle sicher in dem einen oder anderen Fall geben, aber vielleicht nennt man das ganz einfach nett Diskussion. Ich ziehe es vor, einfach Fakten und ggf. eine logisch argumentierte Antwort zu schreiben. Und wenn es mir zuviel wäre, auf alle Punkte einzugehen, kann man schon auch eine pauschale Antwort geben, aber idealerweise lässt man Worte wie "Quatsch" aus - ich meine, bisher sind wir gut gefahren mit einem sachlichen Diskussionsstil. Das ist aber eher eine Bitte um freiwillige Selbstkontrolle als eine Anordnung.

Es gibt hier ja einige Themen, die interessant sind, aber die sicher nicht zu Thilo Sarrazin gehören, ich werde sie bei Gelegenheit eröffnen, es darf mir aber gerne jemand anders zuvorkommen.

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Beitrag von Klartext Mo Apr 24, 2017 1:43 pm

Ich sehe jetzt Marilinjacksons Beitrag auch nicht so schlimm, ich würde es einfach Geschichtssplitter der Nachkriegs- und Flüchtlingsgeschichte in Deutschland - das Thema komplett und stringent abzuarbeiten wäre wünschenswert, aber wir sind hier in einem Freiwilligenforum und nicht in einem historischen Seminar an der Uni. Spekulationen warum ein User vermeintliche oder tatsächliche Bildungslücken hat, finde ich ehrlich gesagt nicht so hilfreich, aber sicher auch auszuhalten, ein Forum ist ja kein Mädchenpensionat, wie es Wallenstein geschrieben hat.

Nicht hilfreich. Das war so ein Statement der Kanzlerin (resp. ihres Pressesprechers, wenn ich nicht irre) über Thilo Sarrazins Buch "Deutschland schafft sich ab" - und ohne es gelesen zu haben, so jedenfalls Henryk M. Broder.

Eigentlich dreist aber auch inkompetent und die überwiegenden Diskussionen drehten sich nicht um seine Thesen, sondern nur darum, was er für ein fürchterlicher Rassist ist und wie er Deutschland schadet.

Dabei aber hätte es zumindest eine Diskussionsgrundlage zur kritischen Auseinandersetzung mit fremden Kulturen, vor allem natürlich der muslimischen. Ferner aber auch endlich etwas gegen den Geburtenrückgang zu tun oder wenigstens die Diskussion darüber zu beginnen.

Erwähnen möchte ich aber auch das "workfare" Konzept, das er in seinem Buch hat - die Bindung der Sozialhilfe an Gegenleistung, meist in Form von gemeinnützigen Arbeiten. Kennt sich da jemand von euch aus? Wird das in D oder sonstwo realisiert?

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Beitrag von marylinjackson Mo Apr 24, 2017 5:42 pm

Aus dem Zitat vom 18.2.2017 von Klartext aus Sarrazins Buch "...wenn man nicht aufpasst, wird einem das Gehirn bis zum Verlust der Urteilskraft vernebelt" .
Das ist doch eine klare Ansage, die ich sehr unterstreiche. Analytisches Denken, wie es Sarrazin exzellent kann, ist in unserer postfaktischen Zeit leider verloren gegangen. Oberflächliches Geschwafel der vielen politischen Rednern wird schon nicht mehr wahrgenommen oder wird sogar bewusst ignoriert.

Sarrazins Thema im Interview mit "The European" waren die heutigen Flüchtlinge aus Syrien. Darauf waren die folgenden Kommentare fokussiert.
Jeder versteht unter Flüchtlingen inzwischen was anderes. Von "Abgehauene" über Flüchtende, Schutzsuchende, Asylanten, Migranten... kommen immer neue Begriffe hinzu.
Heute streitet man sich ja schon um Angaben in der Kriminalstatistik über den Unterschied Zugewanderte und Zugereiste.
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Beitrag von van Kessel Di Apr 25, 2017 12:34 am

Die Thesen eines Sarrazin mögen stimmen oder auch nicht. Mit Sicherheit halten viele seiner Statistiken und Thesen nicht mehr einer sorgfältigen Nachprüfung stand.

Deutschland gesamt - denn der alte Hut von Ossis vs. Wessis muss nicht mehr aufgesetzt werden - wird von einem ausgewachsenen Kontinent frequentiert. Und damit meine ich nicht Asien (obwohl von dort nicht nur Afghanen, Syrer und Iraker kommen) sondern von Afrika nördlich und südlich der Sahara.

Die Menschen in Melilla, Libyen und über die andere 'Vogelfluglinie' Türkei, kommen aus einem geplünderten Kontinent. Es sind Landflüchtlinge, denen die Landwirtschaft geraubt wurde, und welche in Städten zum großen Teil kriminalisiert (oder prostituiert) wurden und werden.

Und deshalb sind auch deutsche Soldaten Mali, um die Routen zu 'überwachen'. Auch um die französischen Versorgungsrouten nach Niger zu sichern, aber dies steht auf einem anderen Blatt.

Und diese Nicht-Kriegsflüchtlinge werden die Probleme machen, weil es reine 'mir-soll-es-besser-gehen-Flüchtlinge' sind, welche außerdem durch ihre Erziehung verpflichtet wurden, ihren Eltern (in Afrika gibt es keine Rente oder Pension) im Alter eine Minimalversorgung zu sichern. Auch dafür werden sie in die Boote gesetzt, damit sie Euronen gen Afrika schicken können.

Und es sind die 'neuen' Europäer, welche sich am Tisch Deutschland ernähren möchten, mit legalen und leider auch zu viel illegalen Mitteln.

Und deshalb sind die Thesen eines Thilo Sarrazin, nicht mehr up to date, weil die Realität der Welt, sie längst überholt haben.

Aber es ist immerhin erfreulich, dass die Rüstungsausgaben, weltweit, gestiegen sind....das macht doch Hoffnung, und beseitigt mit Sicherheit das Flüchtlingsproblem.

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Beitrag von marylinjackson Di Apr 25, 2017 11:19 am

Ja, Sarrazins Thesen wurden von der gegenwärtigen Realität eingeholt. Auch unsere Politiker blenden sie geschickt im jetzigen Wahlkampf aus.

Dass ein Neuer Kalter Krieg eingeläutet wurde, zeigen die Zahlen der weltweiten Rüstungsausgaben. Hauptsache, die Arbeitsplätze bleiben erhalten und die Konzerngewinne steigen. Die Waffen für "Friedens"missionen in Mali, Somalia und demnächst noch für weitere afrikanische Länder haben leider den Nachteil, dass sie im Klima dort zur Hälfte versagen.
Die Flucht der Einheimischen gelingt nur wenigen aus diesen Gebieten. Auch wenn sie es zu uns geschafft haben, erfüllt sich noch längst nicht ihr Traum, den sie sich mit den Infos ihrer Smartphones erhoffen.

Das alles sah Sarrazin noch nicht voraus, als er das Buch schrieb
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Beitrag von Gontscharow Di Mai 02, 2017 8:32 pm

Die Zusammensetzung der Bevölkerung Deutschlands ändert sich rasant.
Wir brauchen auch aufgrund der demographischen Entwicklung der letzten 40 Jahre auch Zuwanderer,
das ist gar keine Frage - nicht einmal Sarrazin stellt das in Frage ( ich habe sein Buch "Deutschland schafft
sich ab" übrigens seinerzeit aus der Stadtbibliothek entliehen - kaufen mochte ich es denn doch nicht - und mit Interesse gelesen ).
Es ist halt nur die Frage, WELCHE Einwanderer wir aufnehmen wollen. Im Moment entscheiden das nicht wir,
sondern zufällige Umstände. Jeder der es nach Deutschland schafft, kann einen Asylantrag stellen ( theoretisch auch ein
Schweizer ) und die Behörden erst einmal beschäftigen. Auch abgelehnte Asylbewerber bleiben in ihrer großen
Mehrheit im Land, auch nachdem der Klageweg ausgereizt ist.
Ich habe es in diesem Forum schon x mal geschrieben : Wir brauchen eine moderne Einwanderungspolitik. Die CDU
und frau Merkel sperren sich dagegen. Sie wollen am überkommenen chaotischem System festhalten.
Warum denn nur ? Es ist für mich nicht nachvollziehbar.
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Beitrag von Marek1964 Mi Mai 03, 2017 8:43 am

Das neueste Beispiel, das Deine Forderung nach einem Einwanderungskonzept a la Canada, Australien oder USA, ist das Abstimmungsverhalten der Auslandstürken. Während in Deutschland eine zwei Drittels Mehrheit Erdogan unterstützt hat, haben die Türken in den USA 88% gegen ihn gestimmt.

Selektion kann also funktionieren.

Du kannst es gerne noch x mal schreiben, Gontsch, so lange sich das nicht endlich durchsetzt, kann es wohl nicht genug oft wiederholt werden.

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Beitrag von Klartext Mo Jun 26, 2017 12:02 am

Hier ein neuer Aufsatz von Thilo Sarrazin:

http://www.achgut.com/artikel/anmerkungen_eines_nicht_hilfreichen

Drei Worte dazu: brillant, ganzheitlich, auf den Punkt gebracht.

Und leider eine Einsicht: die jetzige Politikergilde ist auf dem völlig falschen Dampfer.

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Beitrag von Gontscharow Mo Jun 26, 2017 11:07 am

Der Aufsatz ist - wie immer bei Sarrazin - auf Fakten gestützt, nicht auf Emotionen.
Seine Gedanken sind aus früheren Ausführungen bereits bekannt. Neu ist, daß er jetzt
sagt, wir bräuchten GAR KEINE Einwanderung mehr, man könne die Probleme , die die
Überalterung mit sich bringen, auch ohne Einwanderung lösen.
Vielleicht stimmt das auch, wenn man von der Annahme ausgeht, daß viele der heutigen Jobs in Zukunft
durch die Digitalisierung ohnehin wegfallen werden ( man kann allerdings noch nicht wirklich einschätzen,
wieviele Jobs durch eben diese Umstände neu geschaffen werden).
Ich möchte nur anmerken, daß man seit den 70er Jahren voraussagt, uns würde bald die Arbeit ausgehen.
Fakt ist, daß Deutschland in den letzten Jahren so viele Beschäftigte hatte wie noch nie zuvor in seiner
Geschichte.
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Beitrag von Sebius Mo Jun 26, 2017 11:30 am

Thilo Sarrazin hat aus meiner Sicht weder von der Faktenlage her, noch aus staatstheoretischer Sicht recht, Staat und Bevölkerung sind nicht dasselbe. Deutschland war seit Kriegsende als Staat noch nie so reich wie jetzt auf der einen- und auf der anderen Seite hatten wenige im Staat noch nie soviel Macht und Geld.

Deutschland schafft sich als Staat überhaupt nicht ab, ganz im Gegenteil, dem Staat geht es gut, den mehrheitlich einfachen Menschen weniger, Integrationsproblematik und Kriminalität schaffen eine gewollte Kluft zwischen arm und reich, das kümmert die herrschende Klasse aber nicht, das ist die Wahrheit.

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Beitrag von Eppelein von Gailingen Mo Jun 26, 2017 12:37 pm

Gontscharow schrieb:Der Aufsatz ist - wie immer bei Sarrazin - auf Fakten gestützt, nicht auf Emotionen.
Seine Gedanken sind aus früheren Ausführungen bereits bekannt. Neu ist, daß er jetzt
sagt, wir bräuchten GAR KEINE Einwanderung mehr, man könne die Probleme , die die
Überalterung mit sich bringen, auch ohne Einwanderung lösen.
Vielleicht stimmt das auch, wenn man von der Annahme ausgeht, daß viele der heutigen Jobs in Zukunft
durch die Digitalisierung ohnehin wegfallen werden ( man kann allerdings noch nicht wirklich einschätzen,
wieviele Jobs durch eben diese Umstände neu geschaffen werden).
Ich möchte nur anmerken, daß man seit den 70er Jahren voraussagt, uns würde bald die Arbeit ausgehen.
Fakt ist, daß Deutschland in den letzten Jahren so viele Beschäftigte hatte wie noch nie zuvor in seiner
Geschichte.

Zu Kohl`s Zeiten hatten wir Vollbeschäftigung, die Auftragsbücher waren jedes Jahr voll.
Als dann die Ablösung mit Herrn Schröder kam, ging es stetig bergab, es dauerte Jahre, bis wir wieder Fuß gefaßt haben. Beklagen dürfen wir uns nicht.

Nach meiner Einschätzung hat Deutschland genügend Hartzler/Arbeitslose in den eigenen Reihen, die, wenn anständig gefüttert werden, auch gewillt sind, Arbeiten anzunehmen, Umschulungen zu absolvieren.
Kenne Hunderte! von diesen Leuten, die aus Gründen wie auch immer abgestiegen sind, einer ordentlichen Arbeit nachgehen würden, wenn eben auch die Bezahlung dementsprechend wäre -

Meine Meinung - erst das eigene Volk "aufpäppeln" und den Sumpf hinter sich lassen.

Junge Menschen, die nur so vor Tatendrang strotzen, läßt man nicht nach oben aufsteigen, da die alten Herren nicht von der Tatze weichen, da diese meinen, ohne ihnen geht nichts.
Will damit sagen, daß wer 45 Jahre gearbeitet hat, es langsamer angehen sollte und der "Jugend" eine Chance für ein Weiterkommen geben sollte.
Gerade die Jungend ist nicht dumm, die wissen genau was sie wollen und das sollte nicht außer Acht gelassen werden.

Kollegen von mir haben ihre Firma teils dem Sohn/Kinder "vermacht". Das Sagen hat nach wie vor der "Alte" mit weit über 70 Jahren. Erst kürzlich ein jüngerer Kollege seinem alten Herrn Tschüß gesagt, er solle seinen Krempel alleine weiterführen. Warum, weil Entscheidungen des Sproßes dem Herrn nicht paßten - früher haben wir das so gemacht, bla bla bla.

Wenn mein Sohn den Laden übernimmt, bin ich außen vor und stehe nur zu Rat, wenn ich danach gefragt werde. Die jungen Leute haben andere Ideen,...., die auch mir gefallen und ärgere mich insgeheim oft darüber, warum ich da nicht drauf gekommen bin.

Die Zeiten ändern sich und wir müssen uns mit ihnen ändern, uns damit arangieren - das ist auch gut so!


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Beitrag von van Kessel Mo Jun 26, 2017 4:50 pm

Thilo S. stellte eine falsche Frage, als er nach der Notwendigkeit einer Zuwanderung sprach. Er hätte fragen müssen, ob wir es uns leisten können, den eigenen Nachwuchs besch... auszubilden, dass selbst für Hilfarbeitertätigkeiten, fremde Ethnien ins Haus geholt werden müssen.

Und weiter, dass wir fremde Ethnien ins Haus holen, damit das 'das Kapital' Manipulationsmasse hat um zu hire & fire. Man lobt die modernen Zeiten, rackert wie wild und lässt arme Rentner wie mich, all die Pakete 'fürs Haus' annehmen, welche den Unsinn beinhalten, den man zum Leben meint zu benötigen. Derweil die 'Blagen' in die Kita kommen, weil Mami & Papi ja rackern müssen.

Sarrazin hat das 'völkische' Unbehagen einer Konsumgesellschaft erkannt und den Feind 'draußen' festgemacht. Aber der Feind sind wir selber mit unseren Ansprüchen und Anmassungen.

van Kessel

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