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100 Jahre russische Revolution

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Beitrag von Wallenstein Do März 09, 2017 12:27 pm

Im März 1917 kam es in Petersburg zu Demonstrationen gegen den Zar, die schließlich zu seiner Absetzung führten. Im Herbst übernahmen schließlich die Bolschewiki die Macht. Das ist nun 100 Jahre her und es stellt sich die Frage, wie Russland diese Ereignisse wohl feiern wird.

Gäbe es noch die UDSSR, dann hätten wir mit pompösen Feierlichkeiten rechnen müssen. Doch der verhasste Zar, gegen den sich die Revolution damals richtete, wurde 1998 feierlich in einem Staatsakt in der St. Peter – und Pauls Kirche beigesetzt. Die Revolution dreht sich im Kreis und scheint zu ihrem Ausgangspunkt zurückzukehren. War die Revolution ein riesiger Irrtum?

Man darf nicht vergessen, der Zar war ein absolutistischer Autokrat, Russland ein zurückgebliebenes Land und Nikolaus II hatte sein Land in einen mörderischen Krieg verwickelt. Das Volk wollte nicht mehr kämpfen und die soziale Not beenden. Der Zar war kein guter Herrscher, doch verglichen mit dem Terror der Stalin-Zeit erscheint er vergleichsweise liberal.

Die Bolschewiki waren eine kleine, aber entschlossene Gruppe, die in einem günstigen Augenblick die Macht übernahmen. Doch sie konnte sie in einem blutigen Bürgerkrieg behaupten, weil ihre Gegner kein Programm hatten, mit dem sie die Bevölkerung überzeugen konnten. Die weißrussischen Generäle wollten auch keine Demokratie, sondern eine neue Diktatur und die alten Zustände wieder herstellen. Trotz massiver ausländischer Militärhilfe konnten sie nicht siegen, denn zurück in die alte Zeit wollte die Mehrheit der Arbeiter und Bauern nicht. (Man darf bei dieser Gelegenheit nicht vergessen, dass die weißrussischen Generäle und z.B. der ukrainische Milizführer Pteljura Antisemiten waren und bei den Pogromen der Weißen wurden über 100.000 Juden abgeschlachtet, Zahlen, die erst von dem deutschen Holocaust übertroffen wurden).

Die Weißen waren keine Alternative. Doch es stellt sich die Frage, warum die hoffnungsvolle Revolution, die von vielen Menschen in Russland und auch weltweit so begrüßt wurde, sich in den Alptraum des Stalinismus verwandelte.

Liegt es daran, dass Russland ein unterentwickeltes Land war, welches in einem ungeheuren brutalen Kraftakt modernisiert wurde und dass dies nur durch eine Diktatur möglich war? Dann würde man aber nachträglich den Stalinismus rechtfertigen als historische Unvermeidlichkeit.

Auch die westeuropäischen Staaten durchliefen während des Absolutismus einen brutalen Modernisierungsprozess nach innen und durch Ausbeutung der Kolonien. Aber diese Entwicklung  dauerte Jahrhunderte und erscheint deshalb als weniger grausam. Aber Russland hätte es ja vielleicht anders machen können.

War die Revolution 1917 jetzt ein tragischer Fehler oder nicht?

Wallenstein
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Beitrag von Marek1964 Do März 09, 2017 1:13 pm

Danke für das Thema, Wallenstein. Ein grosser Experte russischer Geschichte bin ich nicht. Tatsächlich war der Zar wie auch der Krieg unbeliebt. Es kam ja dann nach der Revolution im Februar/März eine bürgerliche Regierung an die Macht - und hatte den Krieg fortgeführt, ja was schlimmer, ging auch noch in die Offensive. Dies machte Kerenski unhaltbar.

Ich denke sehr wohl, dass eine Demokratie eine Chance gehabt hätte. Es wäre vieleicht keine so gute gewesen wie diejenigen in Westeuropa oder den USA, aber man hätte sich langsam entwickeln können. Mit ausländischem Kapital hätte sich auch eine positive wirtschaftliche Entwicklung ohne die Brutalitäten von Stalin einstellen können.

Aber mit dem Bolschewismus trieb man den Teufel mit dem Beelzebub aus. Und weil die Bolschewisten damals noch nicht diskrediert waren, konnten sie schliesslich gegen die Weissen gewinnen.


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Beitrag von Wallenstein Do März 09, 2017 1:44 pm

Es ist erstaunlich, wie viele Menschen in der UDSSR offensichtlich früher fest an das Regime geglaubt haben, so ähnlich, wie bei uns früher die Menschen an Hitler glaubten.

Ich lese gerade die Memoiren von Orlowa-Kopelew, die sich später vor ihren Kindern rechtfertigen musste:

„Wie konntest du daran glauben?“

„Bis 1953 glaubte ich an alles, hielt alles für wahr, bis hin zur Verschwörung der Mörder im Ärztekittel. Stalins Tod habe ich bitterlich beweint.“

„An solche Dinge zu glauben, war doch unmöglich!“

Ich aber hatte daran geglaubt. Und nicht ich allein.

Raissa Orlowa-Kopelew, Eine Vergangenheit, die nicht vergeht, München 1983


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Beitrag von Marek1964 Do März 09, 2017 10:14 pm

Es ist in der Tat erstaunlich. Ich habe in einem Buch vom tschechoslowakischen Minister aus dem Jahre 1968, Zdeněk Mlynař, der in den 50er Jahren in Moskau studiert hat, und schon dort von der enormen Ergebenheit und Autoritätsgläubigkeit der Russen berichtet hat.

MIch hat das immer erstaunt, wie eigentlich ein Volk, das seinen Machthaber, den Zaren, hat stürzen können, später wieder so loyal zu seinen Tyrannen war.

Ich glaube eben, das Scheitern der demokratischen Republik und dann die absolute Totalitarität hier eine geistige Entwicklung gebremst, wenn nicht gestoppt hat.

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