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teutoburgiensi saltu

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Beitrag von Agrippa Mi Jan 28, 2015 12:58 pm

Über den Begriff „teutoburgiensi saltu“ und seine Bedeutung wird seit jeher gerätselt.

Allgemein wurde „saltus“ mit „Waldgebirge“ übersetzt. Der ganze Begriff lautete also: „Teutoburger Waldgebirge“.

"Teutoburgiensi" ist offensichtlich germanischen Ursprungs und bedeutet soviel wie "Volksburgen".

Im 17. Jh. benannte man den ostwestfälischen Höhenzug Osning um in „Teutoburger Wald“. Dieser Schritt beruhte auf den damaligen Vermutungen zum Ort der Varusschlacht, die allerdings mit den spektakulären Funden in Kalkriese als revidiert galten.

Aber wer weiß, vielleicht lag man damals gar nicht so falsch?

Wie auch immer. Vor einigen Jahren hat ein Heimatforscher aus Halberstadt mit einer merkwürdigen  These zum Ort der Varusschlacht für Aufmerksamkeit gesorgt. In seiner eigenen, speziellen Übersetzung bedeutete „saltus“ nichts anderes als "Latifundie" oder "kaiserliche Domäne".
Diese Deutung ist nicht einmal falsch, ergab aber im Zusammenhang mit den übrigen Schilderungen zum Schlachtort wenig Sinn.


Auf den Begriff „saltus“ bin ich neulich eher zufällig gestoßen. Livius beschreibt die Niederlage der Römer gegen die Samniten 321 v.Chr. im Kaudinischen Pass mit dem Begriff „saltus altus“. In der Übersetzung tritt hier „hoher Pass“ auf, der an seinen Enden „angustiae“, also Engstellen besaß, die von den Samniten gesperrt wurden.

Der Begriff „saltus“ bedeutete also in dieser Überlieferung „Pass“.
Das geht wohl zurück auf „saltus“ = Sprung, im Sinne von Abkürzung über einen Berg.

Nach der Schilderung des Cassius Dio begann die Varusschlacht mit dem Überwinden eines bewaldeten Höhenzuges, also auf einem Pass. Das würde sich dann decken mit dem von Tacitus überlieferten „saltus“ in der Übersetzung als "Pass".
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Beitrag von Ostfale Mi Jan 28, 2015 5:01 pm

Hallo Agrippa,

auch hier einige Bemerkungen zur Übersetzung "Pass". Zuerst die fragliche Stelle bei Livius:
"Duae ad Luceriam ferebant uiae, altera praeter oram superi maris, patens apertaque sed quanto tutior tanto fere longior, altera per Furculas Caudinas, breuior; sed ita natus locus est: saltus duo alti angusti siluosique sunt montibus circa perpetuis inter se iuncti. Iacet inter eos satis patens clausus in medio campus herbidus aquosusque, per quem medium iter est; sed antequam uenias ad eum, intrandae primae angustiae sunt et aut eadem qua te insinuaueris retro uia repetenda aut, si ire porro pergas, per alium saltum artiorem impeditioremque euadendum. In eum campum uia alia per cauam rupem Romani demisso agmine cum ad alias angustias protinus pergerent, saeptas deiectu arborum saxorumque ingentium obiacente mole inuenere. Cum fraus hostilis apparuisset, praesidium etiam in summo saltu conspicitur."

Jetzt eine Übersetzung mit "Pass":

"Nach Luceria führten zwei Wege; der eine, breit genug und offen, durch Länder des oberen Meeres, allein so viel sicherer er war, so viel mochte er auch länger sein; der andre kürzere, durch die Caudinischen Gabeln. Die Beschaffenheit dieser Gegend ist folgende. Zwei hohe, schmale und waldige Pässe haben durch das rund umher zusammenhängende Gebirge eine Verbindung: zwischen ihnen liegt in der Mitte eine  ziemlich breite eingeschlossene Ebene, die Gras und Wasser hat, und der Weg geht mitten durch. Ehe man aber an dieses Feld kommt, muß man in die erste Schlucht hineingehen, und dann entweder denselben Weg, auf dem man sich hineinzog, wieder rückwärts nehmen, oder, will man weiter vorwärts, sich durch den andern noch engeren und beschwerlicheren Paß durcharbeiten."

Schon der erste Satz der Beschreibung der Örtlichkeit macht stutzig: Zwei Pässe haben durch das rund umher zusammenhängende Gebirge eine Verbindung? Wie soll denn das gehen? Pässe haben eine "Verbindung" durch Gebirge? Wenn überhaupt, dann durch eine Straße oder einen Weg!
Nein, hier wird einfach falsch übersetzt, weil (ja auch wegen des teuto burgiensi saltu bei Tacitus) "man" sich irgendwann darauf geeinigt hat, saltus mit irgendeiner Verbindung mit Wald oder auch mit "Pass" zu übersetzen. Beides ist meiner Meinung nach falsch! Im obigen Text muss es richtig heißen: "zwei hohe und schmale Gebirge haben durch die rundumher zusammenhängenden Berge (montibus!) eine Verbindung."

Dann kommt man in das von Bergen umschlossene Tal und muss entweder zurück oder sich durch das noch engere und beschwerlichere Gebirge durcharbeiten. Denn nur diese beiden Gebirge besitzen natürlich je einen Pass, die Gabeln (Furculas). Wahrscheinlich liegen diese nicht gegenüber, sondern mehr seitlich zueinander, daher wie die zwei Zinken einer Gabel.

Aber genug von den "Pässen". Die Übersetzungen mit "Waldgebirge" usw sind noch abenteuerlicher. Den traurigen Höhepunkt bildet die Übersetzung "Wald" für Saltus!
Wald heißt lateinisch Silva, warum noch ein Wort erfinden?

Isidor von Sevilla definiert Saltus folgendermaßen:
""Saltus sunt vasta et silvestria loca, ubi arbores exiliunt in altum." Isidor, Etymologiæ, Lb XIV, IV.
Von mir übersetzt: Gebirge sind ungeheuer große und bewaldete Gebiete, wo die Bäume (schier) bis in den Himmel reichen.

Einige Forscher nehmen an, dass Saltus ursprünglich eine Bezeichnung für Gebiete war, die sich nur zur Viehtrift eigneten. Im Grunde richtig, denn in Gebirgen kann man (auf der Alm) tatsächlich fast nur Weidevieh ernähren.
Weiterhin taucht Saltus noch als Flächenbegriff in der Vermessungstechnik auf. Eine Fläche, die sich aus 4x4 Zenturien zusammensetzte (Chouquer/Favory 1991, 71f). Neue Provinzen wurden systematisch in solche Saltus aufgeteilt (ebenda).

Schließlich noch Saltus als Bezeichnung für (kaiserliche) Domänen. Rudolf His schreibt (in: Die Domänen der Römischen Kaiserzeit) auf Seite 15:
"Aber gerade in Afrika erhielt sich eine ganze Anzahl selbständiger Gutsbezirke, die zu keiner Stadtflur gehörten, sondern ihr eigenes Territorium mit eigenen Grenzen hatte. Für diese selbständigen Grundstücke ist in der Kaiserzeit der Name „saltus“ technisch: zu ihnen gehörten auch die als „saltus“ bezeichneten kaiserlichen Domänen..."
und weiter auf Seite 16:
"Selbständige Gutsbezirke nach Art der afrikanischen Saltu gab es auch in anderen Provinzen..."
Warum sollten solche Saltu nicht auch in der im Entstehen begriffenen Provinz Germanien eingerichtet worden sein. Hier gab es schon seit der Bronzezeit Ackerbau, besonders in den Bördegebieten. Ebenso wurde reichlich Raseneisenerz verarbeitet.
Von der unsäglichen Darstellung in einigen "wissenschaftlichen" Fernsehmachwerken, dass es in Germanien nur undurchdringliche Wälder und Sümpfe gab, sollten wir uns verabschieden! Selbst Cassius Dio schrieb ja vom Gründen von Städten, Abhalten von Märkten etc. im rechtsrheinischen Germanien. Warum also sollten in den von den Römern kontrollierten Gebieten denn nun keine Saltus, sprich Landgüter, gegründet worden sein?

Grüße
Ostfale

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Beitrag von Agrippa Mi Jan 28, 2015 5:42 pm

Ostfale schrieb:
Warum also sollten in den von den Römern kontrollierten Gebieten denn nun keine Saltus, sprich Landgüter, gegründet worden sein?
Grüße
Ostfale

Von den Römern wurden sehr wohl saltus in kontrollierten Gebieten angelegt, auch in Germanien. Ein Beispiel ist der saltus Sumelocennensis in Rottenburg am Neckar. Deren Pächter bewirtschafteten die Grundstücke der kaiserlichen Domäne. (Jütting, Ingrid: Die ländliche Besiedlung und ihre wirtschaftlichen Grundlagen, in: Die Römer zwischen Alpen und Nordmeer, München, 2000).

Ich habe auch versucht, mich mit dieser Deutung anzufreunden, aber es spricht zu viel dagegen. Warum musste Germanicus erst Caecina vorausschicken, um Dämme und Wege zum saltus zu bauen? War die "kaiserliche Domäne" eine Insel, eingeschlossen von Bergen und Sümpfen? Auch bei Cassius Dio wird man nicht schlauer. In seinem Schlachtbericht marschieren die Legionen durch ein Waldgebirge und nicht durch kultiviertes Land.
Saltus gedeutet als "kaiserliche Domäne" passt meiner Meinung nach nicht in die anderen Schilderungen zur Varusschlacht.
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Beitrag von Ostfale Mi Jan 28, 2015 6:04 pm

Nun, ganz einfach:
Als sich Germanicus im Jahre 15 an den äußersten Grenzen der Brukterer befand und alles Land zwischen Amisia und "Lupia zwischen den Strömen" (das heutige Hannoversch-Münden? immerhin gab es noch einen zweiten Ort namens Lupia) verwüstet hatte, befand er sich unweit des Saltus. Aber von seiner Position aus gab es keinen gangbaren Weg dorthin, also musste Caecina wieder mal ran, Wege anzulegen, Moore zu durchqueren und die Verstecke in den Gebirgen (die auf dem Weg lagen) zu durchsuchen.
Ob Dio´s Schilderung einer Mehrtagesschlacht überhaupt stimmt, wissen wir auch nicht genau. Immerhin schreibt Florus von einer Schlacht im (Sommer)Lager. Als Germanicus sich dann den Unglückstätten näherte, sah er erst (von weitem) das intakte Lager, dann (beim Näherkommen) auch das Unfertige und dann mitten im freien Feld (Wiese oder Ackerland?) die bleichenden Gebeine. Weiterhin gab es noch Bäume, wo die Kopfe angenagelt waren und in nahegelegenen Hainen (also war hier kein dichter Urwald, sondern das Gegenteil!) fanden sich Altäre der Barbaren. Was spricht dagegen, dass hier sechs Jahre zuvor ein Krongut existierte. Falls es wirklich das Sommerlager war, ist das sogar für die Versorgung der Truppen sehr günstig. Und wenn es eine Marschschlacht war, war es doch auch weise von Varus, den "Urwald" zu verlassen und sich auf freieres Gelände zu bewegen, oder? Im besten Fall fand er sogar hier noch Lebensmittel für die Truppen.

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Beitrag von Agrippa Mi Jan 28, 2015 6:13 pm

Noch einmal zurück zum Samnitenkrieg.

Ostfale schrieb:

Schon der erste Satz der Beschreibung der Örtlichkeit macht stutzig: Zwei Pässe haben durch das rund umher zusammenhängende Gebirge eine Verbindung? Wie soll denn das gehen? Pässe haben eine "Verbindung" durch Gebirge? Wenn überhaupt, dann durch eine Straße oder einen Weg!
Nein, hier wird einfach falsch übersetzt, weil (ja auch wegen des teuto burgiensi saltu bei Tacitus) "man" sich irgendwann darauf geeinigt hat, saltus mit irgendeiner Verbindung mit Wald oder auch mit "Pass" zu übersetzen. Beides ist meiner Meinung nach falsch! Im obigen Text muss es richtig heißen: "zwei hohe und schmale Gebirge haben durch die rundumher zusammenhängenden Berge (montibus!) eine Verbindung."

Das sehe ich anders. Es gibt in der betreffenden Gegend, also zwischen Campanien und Samnium, keine zwei Gebirge, die durch zusammenhängende Berge miteinander verbunden werden.

Es gibt allerdings eine topographische Situation, auf die auf die Beschreibungen des Livius zutreffen. Zwischen dem heutigen Orten Melizzano und Cautano gibt es einen Pass, der zwei enge Zugänge hat, im Inneren jedoch recht geräumig ist.

Zur Vorgeschichte:

Den Römern wurde von den Samniten die Nachricht zugespielt, die römische Kolonie Luceria in Apulien würde belagert werden. Zudem stünde das Heer der Samniten noch weit entfernt.

Die Römer sammelten rasch ihr Heer und wollten durch die Abkürzung über diesen Pass Zeit einsparen, um Luceria rascher zu erreichen.

In Wahrheit fielen sie auf eine List der Samniten herein, da diese die beiden schmalen Eingänge zum Pass sperrten und das römische Heer dort festsetzten und zur Kapitulation zwangen.


Hier zeigen sich Parallelen zur Varusschlacht.

Auch Varus zog gegen „entfernt wohnende Völker“ und erwartete auf dem Marsch noch keine Kampfhandlungen. Nach den Schilderungen des Cassius Dio könnte auch Varus leichtsinnigerweise einen unbefestigten Pass über einen Höhenzug gewählt haben, der ihn daraufhin zum Verhängnis wurde.
Zwar wurden die Legionen des Varus nicht so grandios eingeschlossen wie einst von den Samniten. Jedoch konnten sie in dem schwierigen Gelände ihre Kampfkraft nicht entfalten.
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Beitrag von Agrippa Mi Jan 28, 2015 6:28 pm

Ostfale schrieb:Nun, ganz einfach:
Als sich Germanicus im Jahre 15 an den äußersten Grenzen der Brukterer befand und alles Land zwischen Amisia und "Lupia zwischen den Strömen" (das heutige Hannoversch-Münden? immerhin gab es noch einen zweiten Ort namens Lupia) verwüstet hatte, befand er sich unweit des Saltus. Aber von seiner Position aus gab es keinen gangbaren Weg dorthin, also musste Caecina wieder mal ran, Wege anzulegen, Moore zu durchqueren und die Verstecke in den Gebirgen (die auf dem Weg lagen) zu durchsuchen.
Ob Dio´s Schilderung einer Mehrtagesschlacht überhaupt stimmt, wissen wir auch nicht genau. Immerhin schreibt Florus von einer Schlacht im (Sommer)Lager. Als Germanicus sich dann den Unglückstätten näherte, sah er erst (von weitem) das intakte Lager, dann (beim Näherkommen) auch das Unfertige und dann mitten im freien Feld (Wiese oder Ackerland?) die bleichenden Gebeine. Weiterhin gab es noch Bäume, wo die Kopfe angenagelt waren und in nahegelegenen Hainen (also war hier kein dichter Urwald, sondern das Gegenteil!) fanden sich Altäre der Barbaren. Was spricht dagegen, dass hier sechs Jahre zuvor ein Krongut existierte. Falls es wirklich das Sommerlager war, ist das sogar für die Versorgung der Truppen sehr günstig. Und wenn es eine Marschschlacht war, war es doch auch weise von Varus, den "Urwald" zu verlassen und sich auf freieres Gelände zu bewegen, oder? Im besten Fall fand er sogar hier noch Lebensmittel für die Truppen.

Ach ja, die These von der Lagerschlacht nach Florus. Man sollte jedoch bedenken, dass Florus eine extrem geraffte Schilderung zur Varusschlacht liefert. Es ist auch äußerst unwahrscheinlich, dass ein germanisches Heer in ein römisches Lager stürmen kann, während der Statthalter gerade auf dem Richterstuhl sitzt, wie es Florus beschreibt.
Mit Tacitus lässt sich diese Darstellung unter Umständen noch in Einklang bringen. Mit Cassius Dio absolut nicht.

Wenn Lupia mit Hannoversch Münden identisch wäre, dann hätte demnach Germanicus schon 15 n.Chr. die Weser erreicht. Aber erst für das Jahr 16 n.Chr. wird bei Tacitus die Weser (Visurgis) erwähnt. Das Erreichen der Weser war in den Germanicusfeldzügen ein wichtiges Etappenziel, das von Tacitus ausdrücklich gewürdigt wurde.

Die Varusschlacht fand mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht an der Weser, Fulda oder Werra statt. Das Varusschlachtfeld liegt zwischen Rhein und Weser.
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Beitrag von Ostfale Mi Jan 28, 2015 7:19 pm

Tacitus schreibt, das man sich (in 15) am vorbestimmten Fluss/Strom traf. Vorher hatte Caecina den Auftrag, mit vierzig Kohorten durch das Land der Brukterer nach Amisia zu ziehen, Pedo zog mit der Reiterei durchs Friesengebiet (um diese auch zu rekrutieren und mitzubringen), Germanicus wiederum führ mit vier Legionen zu Schiff über die Seen. Was nun, wenn mit Amisia ein Ort nahe oder direkt an der Weser gemeint war, Tacitus diesen aber nicht mehr kannte, ihm nur der Fluss Ems noch geläufig war?
Immerhin schreibt ja Tacitus auch etwas später, dass auf dem Rückweg der Schiffe, wegen niederigem Wasserstand, zwei Legionen ausgeladen wurden, die sicher die Schiffe an der Nordsee wieder betreten sollten. Dann kam die Sturmflut und die Schwierigkeiten gingen los. Zu guter letzt traf man wieder auf die Schiffe an der Flussmündung - und hier schreibt Tacitus ausdrücklich "visurgin", also "der Weser"!
Was, bitteschön, wollte man denn an der Weser, wo man doch die enge Ems angeblich heraufgefahren war um dann umständlich die Brukterer zu erledigen, wozu 8 (acht!) Legionen, einschließlich der Heerhaufen der Friesen und Chauken (die beidseitig der unteren Weser siedelten!) notig gewesen sein sollen (gut 100.000 Mann!), was dann aber doch von Stertinius mit leichten Truppen gemacht wurde (die Brukterer waren längst bei Arminius)?
Hier sind sich alle Fachleute einig, Tacitus hat sich geirrt! Der hat bestimmt die Ems gemeint! Niemand kommt auf die Idee, dass im Grunde, von Tacitus oder wem auch immer, eine Verwechslung der Flussbezeichnungen mit den fast gleichnamigen Orten vorliegen könnte! Vielleicht hat Tacitus ja seine Quellen falsch verstanden, weil, gut 100 Jahre später diese Orte allgemein nicht mehr bekannt waren?
Fakt ist, dort steht Weser im Bericht des Jahres 15!

Wenn ich , nachdem vorher schon andere Feinde (Marser, Chatten) ausgeschaltet sind, eine Armee von 100.000 Mann zusammenziehe, dann habe ich nicht vor den 30km-breiten Streifen Land zwischen den Flüssen Ems und Lippe zu verwüsten!
Dann schicke ich 40 Kohorten (4 Legionen) unter Führung meines besten Mannes direkt in Richtung Feind offen durch das Land dessen Verbündeter (Brukterer), damit er das auch erfährt und den Truppen mit allen Kämpfern entgegenzieht. Ich wiederum "schleiche" mich per Schiff, die schnelle Reiterei per Umweg, mit neuen Verstärkungen die Weser hinauf und kann so dem Feind überraschend in den Rücken fallen. Das nenne ich einen Feldzugsplan!
Hat leider nicht geklappt, Arminus hatte sicher den Braten gerochen, bzw. gaben ihm die Chauken einen Tip.
So tauchte er erst auf, als die Toten der Varusschlacht im oder am Cheruskergebiet bestattet wurden, Es galt, seine Kernlande zu schützen, was sollte er in oder bei Kalkriese?
Und erst als Germanicus endgültig einsah, dass er Arminius nicht zur offenen Schlacht stellen konnte, brach er das Unternehmen ab. Als Arminius dies mitbekam, folgte und überholte er Caecina und besetzte die Engstelle bei Kalkriese um mit dessen Vernichtung zu beginnen.

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Beitrag von Agrippa Mi Jan 28, 2015 10:02 pm

Du hast im Prinzip Recht. Der Aufwand, mit vier Legionen über Land zu marschieren und gleichzeitig mit weiteren vier Legionen über die See anzurücken, passt nicht so recht zum erreichten Ergebnis. Ein Treffen an der unteren Ems war kein großer strategischer Erfolg.

Germanicus war allerdings, ganz im Gegensatz zu seinem Vater, kein Draufgänger. Er ging sehr planmäßig, man kann auch sagen vorsichtig, vor.

Hätte die Vereinigung der Legionen des Caecina und der Flotte des Germanicus allerdings an der Weser, z.B. bei Minden, stattgefunden, wäre Caecina wahrscheinlich auf dem Hellweg vor dem Berge bzw. vor dem Santforde anmarschiert. Dann hätte er auf dem Rückzug nicht die Wege des Domitius Ahenobarbus ausbessern müssen und somit auch nicht bei Kalkriese gekämpft.

Ich nehme deshalb an, dass tatsächlich der Treffpunkt an der Ems lag und von dort aus der Feldzug nach Südosten in das Quellgebiet von Ems und Lippe stattfand.
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Beitrag von Agrippa Mi Jan 28, 2015 10:29 pm

Nach der Bestattung der Varuslegionen tritt recht bald Arminius auf die Bühne des Geschehens. Wahrscheinlich hatten die nach Osten geflohenen Brukterer die Cherusker zu Hilfe gerufen.
Da aber seine Streitmacht zu gering war, kam es lediglich zu Scharmützeln. Arminius musste vor den acht Legionen ausweichen.

Germanicus folgte dem germanischen Heer ins Landesinnere, bis er den Anschluss verlor. Wo genau ist ungewiss.

Über den weiteren Verlauf dieses Germanicus-Feldzuges im Jahr 15 kann man nur spekulieren (aber das sollte in einem Forum erlaubt sein).

Ich halte es für denkbar, dass Germanicus sich später im Raum Minden befand, als er sich zum Rückzug entschloss. Also entgegen meiner bisherigen Annahme doch bereits an der Weser.

Die Flotte war zuvor über den neuen Treffpunkt benachrichtigt worden, um Germanicus dort aufzunehmen.
Dort, bei Minden, weist er Caecina an, auf „bekanntem Wege“ , dem Hellweg vor dem Santforde, nach Westen abzurücken. Auf diesem eigentlich sicheren Weg gab es nur eine kritische Stelle, jene am Kalkrieser Berg. Diese sollte Caecina rasch passieren, um nicht von den Germanen dort abgefangen zu werden.

Germanicus war sich also relativ sicher, dass nicht er, sondern die Heeresabteilung des Caecina das nächste Angriffsziel der Germanen sein würde.

Er selbst fuhr mit der Flotte die Weser hinab.

Nach dieser Darstellung hätte Tacitus es unterlassen zu berichten, dass die Flotte die Heeresabteilung des Germanicus zwar an der Ems absetzte, auf dem Rückmarsch allerdings über die Weser abholte. Tacitus schreibt anderslautend: "Dann führte er das Heer an dei Amisia (Ems) zurück und brachte die Legionen zu Schiff, wei er sie hergeführt hatte, wieder zurück."
Später bestätigt Tacitus allerdings die obige Darstellung, indem er berichtet, dass die in Not geratenen Landtruppen des Vitellius an der Wesermündung von der Flotte aufgenommen wurden. Tacitus Ann. I. 71: Bei Tagesanbruch sah man wieder die Erde, und der Marsch ging weiter bis zum Visurgis, wohin Germanicus mit der Flotte gefahren war."

Es wäre denkbar, dass die Flotte des Germanicus von der Ems nach Osten zur Wesermündung gesegelt sei, um dort in Not geratene Landtruppen aufzunehmen. Schwer erklärbar ist dagegen, wie die Legionäre des Vitellius, die eben noch versuchten von der Ems zum Rhein zu marschieren, urplötzlich an der Weser auftauchen.
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Beitrag von Ostfale Do Jan 29, 2015 12:25 pm

Nach der Bestattungsaktion folgte Germanicus dem Arminius, der sich, wie bisher immer, in unwegsame Gebiete zurückzog, bis er einen passenden (vorbereiteten?) Hinterhalt nutzen konnte. Hier wäre die römische Reiterei nebst den Kohorten der Hilfstruppen mit Sicherheit verloren gewesen, wenn nicht Germanicus die kompletten Legionen hätte eingreifen lassen. So trennte man sich ohne Ergebnis,
Nun, das liest sich nicht unbedingt so, als ob Arminius zu schwach gewesen wäre. Er verfolgte seine bewährte Taktik, einzelne Kontigente des Feindes mittels Hinterhalt zu vernichten. In allen seinen Schlachten bestimmte stets Arminus den Kampfplatz, den er dann natürlich entsprechend vorbereitet hatte. Nur am letzten Tag an den Langen Brücken wurde er überstimmt mit dem bekannten mißlichen Ausgang.
Tacitus schreibt weiter: "mox reducto ad Amisiam..." (Bald darauf sich nach Amisia zurückziehend...).
Hier wird nun nicht beachtet, dass Tacitus nur von Amisia schreibt, stattdessen wird messerscharf geschlossen, dass nur die Ems gemeint sein kann. Damit wird tunlichst vergessen, dass in der Cosmographia von Ravenna, die wohl aus dem 7./8. Jh stammt und sicherlich als Quelle älte Itinear-Karten hatte, die Ems offenbar mit Lamizon und die Lippe mit Lippa bezeichnet wurden.
Nun, mal Minden mit Amisia hypothetisch gleichgesetzt, könnte Caecina auf dem Hinweg durchaus dem Westfälischen Hellweg (Duisburg-Paderborn-Corvey) gefolgt sein, kommt drauf an, wo die Brukterer tatsächlich siedelten, danach weserabwärts. Der Rückweg dann sicher, wie Du schreibst, über den Hellweg vor dem Santforde. Dieser Weg nördlich um den Osning herum ließ ein Zusammentreffen mit den germanischen Truppen offenbar weniger wahrscheinlich sein, als der weiter südlich liegende Weg. Obwohl Germanicus zur Eile mahnte, wird er Caecina nicht wissentlich in eine Schlacht mit den Germanen geschickt haben. Wenn er dieses für wahrscheinlich gehalten hätte, wäre er mit seinen Legionen mitgegangen und hätte die Flotte leer zurückgeschickt. Andererseits wird ihm eine Ahnung gekommen sein, mit welch einem hervorragenden Strategen er es mit Arminius zu tun hatte. Deshalb sicher auch sein Plan, im Jahre 16 komplett mit allen Kräften möglichst unbermerkt direkt im Cheruskerland aufzutauchen. Da konnte ihm Arminius schlecht ausweichen, ohne seinen Stamm zu opfern. Er musste sich stellen, so hoffte Germanicus. Aber auch darauf war Arminius vorbereitet...

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Beitrag von Agrippa Mo Feb 02, 2015 8:34 pm

Das Lager Anreppen könnte, aufgrund seiner Größe und strategischer Lage, das 'Sommerlager' des Varus gewesen sein. Kühlborn geht davon aus, dass dieses Lager für Operationen in den Weserraum von großer Bedeutung war. Es könnte also der Ausgangspunkt des 'Feldzugs gegen die entfernt wohnenden Völker' gewesen sein. Hängt man allerdings der 'Lagerschlachttheorie nach Floris an, so wäre es auch möglich, hier dem Ort des gesamten Geschehens zu sehen. Dann hätten Drusus-Ehrenmal und Varustumulus direkt vor dem Lager gestanden und wären von den Germanen 16n. Chr. vor dem Abbruch der Belagerung zerstört worden. Dagegen sprechen allerdings zwei Quellen: zum einen der Bericht des Cassius Dio von einer Marschschlacht. Zum anderen lässt Tacitus den Inguimerus vor der Schlacht gegen Marbod 17 n. Chr. sagen, Arminius habe planlos umherziehende Legionen des Varus besiegt.
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Beitrag von Agrippa Mo Feb 09, 2015 2:04 pm

Nach der Theorie von Karl-Heinz Hanau aus dem Jahr 2004 hat sich die Varusschlacht wahrscheinlich im Eggegebirge zugetragen.
Varus residierte demnach im Sommer 9 n.Chr. in Anreppen, um dort die germanischen Stammesführer zu empfangen.

Auf die Nachricht eines Aufstands von „entfernt wohnenden Stämmen“, vermutlich im Gebiet östlich der Weser bzw. Werra, sammelte er in Anreppen rasch seine drei Legionen und ließ sie für den bevorstehenden weiten Marsch mit Proviant ausstatten.
Da er bis zur Weser nicht mit Feindkontakt rechnen musste, sah er vor, den Tross in einem Lager an der oberen Weser oder Werra, eventuell in Hedemünden, zu stationieren. Von dort sollten die Legionen in das eigentliche Kampfgebiet nach Osten vorrücken.
Varus beabsichtigte, die Revolte unverzüglich mit aller Macht niederzuschlagen, um das Problem nicht in das Folgejahr hinein zu verlagern. Schon in seiner Zeit als Statthalter in Syrien hatte er sich als energischer und erfolgreicher Feldherr erwiesen.
Um Zeit zu gewinnen, entschied sich Varus dazu, vom Lager Anreppen aus den Weg nach Südosten über einen Pass des Eggegebirges zu wählen. Die römische Marschkolonne bewegte sich von Anreppen über Lichtenau und Kleinenberg auf den flachen Westrand des Eggegebirges zu.
Der Zustand des Passes war allerdings weit schlechter als erwartet und bereitete besonders dem schwerfälligen Tross große Probleme. In dieser schwierigen Lage erfolgten die ersten Angriffe der Germanen, zunächst mit Fernwaffen.
Gegen Abend ließ Varus auf einer halbwegs ebenen Fläche ein großes Lager anlegen, wahrscheinlich im Bereich des heutigen Klosters Hardehausen. In der Nacht ließ er sämtliche Wagen des Trosses verbrennen, um dem Heer am nächsten Morgen den Weitermarsch zu erleichtern. An den folgenden beiden Tagen wurden die Legionen bei Kämpfen im Bereich der heutigen Ortschaften Scherfede, Ossendorf und Menne, eventuell sogar bis Warburg, aufgerieben und vernichtet.

Als Germanicus sechs Jahre später das Land zwischen Ems und Lippe verwüsten ließ und zu den äußersten Brukterern gelangte, befand er sich im Raum Anreppen.
Er ließ dieses wichtige Lager wieder besetzen (im Folgejahr musste es aus der Belagerung der Germanen befreit werden).
Gleichzeitig wurde ihm gemeldet, dass der „teutoburgiensi saltu“, also der „Pass der Volksburg“ nicht weit entfernt lag, nämlich etwa 45 km südöstlich.
Das Heer des Germanicus zog auf dem Verlauf der heutigen B68 in Richtung Kleinenberg. Den gleichen Pass wie Varus wählte Germanicus nicht, sondern ließ Caecina einen südlichen Weg durch das Schwarzbachtal festigen.
Auf diesem etwas weiteren aber gesicherten Weg erreichte Germanicus das erste Lager beim heutigen Kloster Hardehausen, das noch die Arbeit von drei Legionen zeigte. Danach konnte er vor Ort den Schlachtverlauf über Scherfede, Ossendorf und Menne in Richtung Warburg nachvollziehen. Zwischen Ossendorf und Warburg entdeckte Germanicus das letzte Lager der zusammengeschmolzenen Truppen des Varus. Hier fand auch das Ende der Schlacht statt.

Sowohl im Bereich des Klosters Hardehausen, als auch bei Menne und Ossendorf wurden auffallend häufig Republikdenare gefunden. Bökemeier vermutete irrtümlicherweise hier die Schlacht von Arbalo 11 v.Chr. Ein auf dem nahen Gaulskopf gefundener As mit dem VAR-Gegenstempel des Varus verweist allerdings deutlich in den Kontext der Varusschlacht.
Der Namensgeber des Teutoburger Passes war allerdings nicht der Gaulskopf, sondern die Behmburg (seit dem 17. Jh. auch „Karlsschanze“ genannt). In direkter Nähe zu dieser Fluchtburg befinden sich noch heute einige alte germanische Opfersteine, auf denen nach Tacitus zahlreiche gefangene Römer nach der Varusschlacht geschlachtet wurden.
Hagemeier vermutet, dass auf der Behmburg später ein umfriedeter Heiliger Hain eingerichtet wurde, auf dem die Irminsul stand. Vermutlich war die Irminsul (auch Erminsul, Arminsul) eine Art Denkmal für den Sieger der Varusschlacht, wahrscheinlich in Form einer hohen, hölzernen Säule. Dieses germanische Heiligtum auf der Behmburg wurde erst in den Sachsenkriegen von Karl dem Großen kurz nach der Einnahme der Eresburg (Marsberg) vernichtet.
Der Tumulus, den Germanicus für die Legionen des Varus 15 n. Chr. errichten ließ, ist noch heute südöstlich von Kleinenberg als flacher, kreisrunder Hügel von ca. 2 m Höhe und ca. 55 m Durchmesser erkennbar. Der einst im Volksmund „mons sacrum“, also Heiliger Berg, genannte Hügel heißt heute „Zuckerberg“.
Abschließend ist zu erwähnen, dass Hanau darauf hinwies, dass das betreffende Gebiet im Eggegebirge um Christi Geburt ein Grenzgebiet der Brukterer, Marser, Chatten und Cherusker war. Jene Stämme also, die an der Varusschlacht in besonderem Maße teilhatten.
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Beitrag von Agrippa Mo Feb 09, 2015 6:24 pm

Ich würde dazu neigen, östlich des Eggegebirges eine südliche Route zu bevorzugen.

Varus könnte von Lichtenau und Kleinenberg in das Eggegebirge gestiegen sein, im Bereich Kloster Hardehausen das erste Lager aufgeschlagen haben, um dann über Scherfede, Rimbeck und Ossendorf in Richtung Warburg zu marschieren.

Denn das ursprüngliche Etappenziel könnte Hannoversch Münden an der Weser bzw. Hedemünden an der Werra gewesen sein.

An dem ursprünglichen Ziel hielt Varus auch nach Beginn der ersten Angriffe fest. Zum einen war der Rückweg zur Lippe durch das Eggegebirge versperrt, zum anderen wähnte er sich nach wie vor als "Herr der Lage". Er war schließlich Statthalter der Provinz und konnte nicht den Rückzug antreten, nur weil es zu frühen und unerwarteten Angriffen auf sein Heer kam.

Was hätte er Augustus in Rom vermelden sollen? "Ich bin angegriffen worden und habe aus diesem Grunde das römische Heer zum Rhein zurück geführt. Und damit die neue Provinz den Feinden preisgegeben...."
Das wäre undenkbar und entspräche nicht dem Selbstverständnis eines Römers zu jener Zeit.
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Beitrag von Cherusker Mo Feb 09, 2015 10:09 pm

Ich gehe auch davon aus, daß die Römer von Anreppen loszogen und ihnen später das Eggegebirge / der Osning den Rückweg versperrten. Aufgrund der 3.Legionen und den dazugehörenden Troß kann man in dem Gelände auch keine große Marschleistung der Römer erwarten. Wenn sie erstmal hinter dem Gebirge waren, dann war ihnen der direkte Rückweg versperrt. Aber es muß einen Fluchtmöglichkeit gegeben haben, weil die Reiterei den Versuch unternahm und es auch Überlebende gab, die sich in ein Kastell retten konnten. Einzelpersonen ist es möglich über den Bergzug gen Anreppen zu kommen, aber halt keiner Armee, die feste Wege benötigt.

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Beitrag von Agrippa Mi Feb 25, 2015 9:11 pm

Vom Reitergeneral Numonius Vala wird berichtet, dass er sich aus der Schlacht entfernte, um sich (und seinen Truppenteil) zum Rhein zu retten. Dabei kam er ums Leben.
Er versuchte folglich nicht, sich in ein Lager an der Lippe zu retten, sondern direkt zum Rhein zu entkommen.

Das würde gut zu der These passen, dass die Varusschlacht östlich des Eggegebirges stattfand. Dann hätte die römische Reiterei unter Numonius Vala den Weg nach Süden, durch das Land der Chatten gewählt, um das Lager Mogontiacum (Mainz) am Rhein zu erreichen. Auf dieser Route hätte er auch die römische Civitas beim heutigen Waldgirmes-Lahnau passiert.


Es ist nicht einmal sicher, ob man das Absetzen der römischen Kavallerie als Desertierung werten muss. Den Quellen nach fand die Varusschlacht zunächst in sehr unübersichtlichem und für die Römer ungünstigem Gelände statt. Es ist nicht auszuschließen, dass die römische Reiterei, die ihre übliche militärische Funktion nicht wahrnehmen konnte, aus taktischen Gründen aus dem Chaos entfernt wurde. Vielleicht sollte Numonius Vala sich mit der Reiterei Richtung Mainz durchschlagen, um Kontakt zu den zwei Legionen des Lucius Asprenas aufzunehmen. Gleichzeitig konnten römische Zivilsten, wie beispielsweise in Waldgirmes, informiert und zur Flucht zum Rhein bewegt werden.

Denn Varus war sich bewusst, dass das Land rechts des Rheins, wenn seine drei Legionen vernichtet würden, den Germanen schutzlos ausgeliefert wäre. Das Schicksal aller militärischen und zivilen Stützpunkte der Römer zwischen Rhein und Elbe hing vom Ausgang der Schlacht ab.
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Beitrag von Ostfale Fr Feb 27, 2015 4:44 pm

Zu dieser Aktion berichtet Velleius Paterculus:
"Numonius Vala aber, ein Legat des Varus, sonst ein ruhiger und bewährter Mann, gab ein abschreckendes Beispiel: Er beraubte die Fußsoldaten des Schutzes durch die Reiterei, machte sich mit den Schwadronen auf die Flucht und suchte den Rhein zu erreichen. Jedoch das Schicksal rächte seine Schandtat: Er überlebte seine Kameraden nicht, von denen er desertiert war, sondern fand als Deserteur den Tod."
Das liest sich nicht nach geplanter und (von Varus) befohlener Aktion, zumal der Berichterstatter ein Zeitzeuge dieser Ereignisse war und seine Informationen quasi aus erster Hand von Überlebenden der Varusschlacht erhalten haben müsste.

Im Übrigen schreibt Velleius mit keiner Silbe von einem Marsch, sondern stellt fest: "Weder zum Kämpfen noch zum Ausbrechen bot sich ihnen, so sehnlich sie es sich auch wünschten, ungehindert Gelegenheit,..."
und weiter
"Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet,..."
Schließlich berichtet er detailliert vom Schicksal der Lagerpräfekten:
"Von den beiden Lagerpräfekten aber gab der eine, L. Eggius, ein heldenhaftes, der andere, Ceionius, ein Erbärmliches Beispiel. Der letztere bot, nachdem der größere Teil des Heeres schon umgekommen war, die Übergabe an: Er wollte lieber hingerichtet werden als im Kampf sterben."

Wenn das keine Indizien für eine Schlacht im Lager sind...

Nur Cassius Dio schildert Generationen später eine wahrhaft heldenmütige Geschichte eines über Tage auf dem Marsch kämpfenden Heeres, welches durch Stürme, Regen, engstehende Bäume und hinterhältige Feinde sein Ende fand.
Wer, frage ich, hat mehr Glaubwürdigkeit? Der Militärfachmann, der Zeitzeuge war und sich im fraglichen Gebiet auskannte, oder der rund 200 Jahre später lebende Historiker und Politiker, der sich bis auf ein paar Jahre in Rom ansonsten nur im vorderen Orient aufhielt, Germanien nie gesehen hatte?

Wenn ich von einer Lagerschlacht ausgehe, muss ich überlegen, wo ein römischer Statthalter mitten im Germanengebiet wahrscheinlich sein Quartier genommen hat. Sicherlich nicht inmitten von Wäldern und Sümpfen, die befanden sich offenbar in einiger Entfernung um sein Lager herum, sondern in einer möglichst zivilisierten Gegend. Hier bieten sich die Sitze der Cheruskerfürsten an, die jedoch sicher keinen Platz für die Legionen boten. Bleibt also nur freies Gelände in oder bei einer Möglichkeit, günstig an Wasser und Lebensmittel zu kommen. Ausgerechnet C.Dio berichtet von solchen zivilisierten römischen Gebieten, die sich vereinzelt im Germanengebiet befanden: "Die Römer besaßen zwar einige Teile dieses Landes, doch kein zusammenhängendes Gebiet, sondern wie sie es gerade zufällig erobert hatten, deshalb berichtet auch die geschichtliche Überlieferung darüber nichts."
Was spricht dagegen, dass der Lagerplatz sich in einem erst wenige Jahre zuvor gegründeten Krongut (Saltus) befunden haben muss.
An der Lippe wird Varus nicht residiert haben, denn schon Strabo schreibt, bezugnehmend auf die Cherusker: "Bei ihnen wurden drei Legionen der Römer mit ihrem Feldherrn Quintilius Varus durch Bruch der Verträge verraten und aus dem Hinterhalt vernichtet." Ich denke, wir sind uns alle einig, dass das Lippegebiet nicht zum Siedlungsgebiet der Cherusker gehörte, oder?
Ebensowenig macht es Sinn, dem Varus zuzutrauen, sein befestigtes Sommerlager in einem "Wald" oder "Waldgebirge" aufgeschlagen zu haben.
Nein, er benötigte Logistik (Belieferung der Truppen, Nachrichten), Nähe zu den gastgebenden Cheruskerfürsten und maximal möglichen Luxus. Immerhin musste er die neue Provinz leiten und entsprechend repräsentieren.

Beste Grüße
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Beitrag von Agrippa Sa Feb 28, 2015 11:26 pm

Ostfale schrieb:Zu dieser Aktion berichtet Velleius Paterculus:
"Numonius Vala aber, ein Legat des Varus, sonst ein ruhiger und bewährter Mann, gab ein abschreckendes Beispiel: Er beraubte die Fußsoldaten des Schutzes durch die Reiterei, machte sich mit den Schwadronen auf die Flucht und suchte den Rhein zu erreichen. Jedoch das Schicksal rächte seine Schandtat: Er überlebte seine Kameraden nicht, von denen er desertiert war, sondern fand als Deserteur den Tod."
Das liest sich nicht nach geplanter und (von Varus) befohlener Aktion, zumal der Berichterstatter ein Zeitzeuge dieser Ereignisse war und seine Informationen quasi aus erster Hand von Überlebenden der Varusschlacht erhalten haben müsste.

Ganz gleich, ob es sich bei der Varusschlacht um Gefechte auf einem Marsch in schwierigem Gelände oder um eine Lagerschlacht gehandelt hat, der römischen Reiterei kam kein militärischer Nutzen zu.
Aus dem Blickwinkel der überlebenden Legionäre, die später vom Geschehen berichteten, könnte das Entfernen der Kavallerie wie ein Verrat verstanden worden sein. Tatsächlich aber hätte die römische Reiterei am Ausgang der Schlacht nichts ändern können. Ein erfahrener Feldherr wie Varus könnte dieses erkannt haben.


Ostfale schrieb:Im Übrigen schreibt Velleius mit keiner Silbe von einem Marsch, sondern stellt fest:
"Eingeschlossen in Wälder und Sümpfe, in einem feindlichen Hinterhalt, wurden sie Mann für Mann abgeschlachtet,..."

Allein die Erwähnung „ in einem feindlichen Hinterhalt“ weist darauf hin, dass sich das römische Heer auf einem Marsch befand. Einem Lager kann man keinen Hinterhalt legen.
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Beitrag von Agrippa Sa Feb 28, 2015 11:29 pm

Ostfale schrieb:Nur Cassius Dio schildert Generationen später eine wahrhaft heldenmütige Geschichte eines über Tage auf dem Marsch kämpfenden Heeres, welches durch Stürme, Regen, engstehende Bäume und hinterhältige Feinde sein Ende fand.
Wer, frage ich, hat mehr Glaubwürdigkeit? Der Militärfachmann, der Zeitzeuge war und sich im fraglichen Gebiet auskannte, oder der rund 200 Jahre später lebende Historiker und Politiker, der sich bis auf ein paar Jahre in Rom ansonsten nur im vorderen Orient aufhielt, Germanien nie gesehen hatte?

Hier kommen wir zu einem wichtigen Aspekt, der allzu oft nicht bedacht wird.
Einem Römer des 1.- 3.Jhs. n.Chr. war der Ablauf der Varusschlacht aus zahlreichen Werken bekannt. Insbesondere Aufidius Bassus hat den Germanischen Krieg ausführlich beschrieben. Leider liegt dieses Werk heute nicht mehr vor.

Uns liegen heute historiographische Quellen vor, die in der Regel die gesamte römische Geschichte beschreiben und in denen die Varusschlacht nur als eine Episode unter vielen Erwähnung findet.
Bei Velleius Paterculus, Florus und indirekt Tacitus wird die Varusschlacht sehr gerafft erwähnt.

Das wäre so, als würde ein Historiker heute ein Buch über die deutsche Geschichte von Friedrich dem Großen bis zur Bundesrepublik schreiben.
Die Schlacht von Stalingrad würde selbstverständlich erwähnt werden, allerdings nur in den Grundzügen. Wer mehr Informationen möchte, muss sich ein Buch über den Zweiten Weltkrieg an der Ostfront beschaffen.

Die römischen Chronisten (V. Paterculus, Florus, Tacitus, Cassius Dio)  konnten nicht wissen, dass sich ca. 1900 Jahre später Historiker mit ihren Texten befassen würden. Sie schrieben für eine römische Leserschaft, der der Verlauf der Varusschlacht hinreichend bekannt war.

Einzig Cassius Dio macht sich die Mühe, in seinem Werk zur Römischen Geschichte den Verlauf  der Varuschlacht detaillierter zu beschreiben.
Es ist ausgeschlossen, dass er aus einer „Lagerschlacht“ eine „Marschschlacht“ formte.

Es wäre so, als wenn ein heutiger Historiker die Kesselschlacht von Stalingrad aus Gründen dichterischer Freiheit zu einer offenen Panzerschlacht verfremdet.
Er wäre vollkommen unglaubwürdig.
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Beitrag von Ostfale So März 01, 2015 9:04 pm

Hallo Agrippa,
nun denn, führen wir den Dialog weiter...
Paterculus schreibt "eingeschlossen von Sümpfen und Wäldern (diese Formulierung verwenden übrigens alle Quellen - so sah halt Germanien für sie aus), in einem feindlichen Hinterhalt,..."
Nun ist es ja nicht so, dass ein Hinterhalt zwingend einer beweglichen Truppe gelegt wird, vielmehr formuliert Wikipedia:
"Als Hinterhalt wird eine militärische Taktik bezeichnet, bei der eine Partei aus dem Verborgenen einer Deckung heraus einem Gegner auflauert und diesen bekämpft. Hierbei spielt die Überraschung durch Tarnung eine wesentliche Rolle. Diese Gefechtshandlung wird häufig beim Jagdkampf auf sich bewegenden Feind wie eine Transportkolonne angewandt.

Im Wörterbuch der Brüder Grimm heißt es dazu, Hinterhalt sei „der Ort, wo eine streitbare Truppe sich birgt, um von hier den Feind anzugreifen oder ihm in den Rücken zu fallen“.[1] Bei der militärischen Kampfführung ist der Hinterhalt oft eine Möglichkeit, ein Gefecht über einen überlegenen Gegner zu gewinnen. Der Erfolg des Hinterhalts wird unterstützt, wenn der Ort so gewählt wird, dass die eigene Position zusätzliche Vorteile in Form von Deckung bietet, während der Gegner auf freier Fläche steht und eventuell wenig Bewegungsraum und keine Rückzugsmöglichkeiten hat."


Schauen wir uns das im Einzelnen an, ein Merkmal ist das Handeln aus dem Verborgenen einer Deckung heraus. Gut, allgemein kann das als Auflauern des Gegners aus einem Versteck, dem sich der Gegner nähert, aufgefasst werden. Ebenso fällt aber auch das Vorspielen eines friedlichen Besuchs zwecks Handel oder Prozess bei Gericht, zumal es sich offensichtlich um Angehörige der Verbündeten handelte, hinein. Auch das ist Handeln aus dem Verborgenen (in verborgener Absicht)!
Da spielt auch das zweite wesentliche Merkmal hinein, die Überraschung durch Tarnung (hier der friedliche Besuch des Römerlagers).
Bei den Grimms ist der Hinterhalt noch eine gute Methode um die Überlegenheit eines Gegners auszugleichen.

Also ein Hinterhalt kann oft einer marschierenden Truppe gelegt werden, was aber nicht zwingend so sein muss. Wikipedia führt als Beispiel noch die "Schlacht bei Cajamarca", wo Pizarro den arglosen Atahualpa in der Stadt überfiel, für einen Hinterhalt an. Nicht zuletzt kann auch der japanische Überfall auf Pearl Harbor ohne vorherige Kriegserklärung als hinterhältiger Angriff auf einen friedlichen Ort bezeichnet werden.

Und sicher sind wir uns einig, dass das Handeln von Arminius aus Sicht der Römer extrem hinterhältig war. Wenn nun Paterculus, obwohl er sich kurz fasst, nun überhaupt nicht von einem vorherigen Marsch, auf dem nach Dio ja auch schon gekämpft wurde, schreibt, lässt auch zu anzunehmen, dass es keinen Marsch gab.

Anderer Punkt. Was schreibt denn Cassius Dio so alles an Schlachtdetails? Eigentlich verwertbar ist doch nur der Anfang, wo geschildert wird, dass Varus seine Truppen im Land verteilte (nicht unnormal in befriedetem Gebiet) und ihm dann vom Aufstand entfernter Völker berichtet wird. Dann kommt der 4-Tage-Marsch voller stereotyper Gemeinplätze (schlechtes Wetter, Sümpfe, umstürzende Baumwipfel usw usf. - Höhepunkt hier das Verbrennen des Trosses mitten im Regen). Erst zum Schluss der Schlacht formuliert er: "So wurde denn ohne eigene Gefahr alles niedergemetzelt, Mann und Ross, und..) . Letzteres ist übrigens der einzige indirekte Hinweis auf die Reiterei! Ist es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet der so in Einzelheiten schwelgende Dio "vergessen" hat, dass die Reiterei sich zwischendurch, befohlen oder nicht, entfernt hatte? Dieses Detail war ihm keine Bemerkung wert?
Stand es nicht in seinen Quellen, hatten Livius oder A. Bassus das nicht erwähnt? Hatte er diese Quellen überhaupt zur Verfügung? Anzunehmen ist es, aber wissen wir das mit Sicherheit?

Lieber Agrippa, woher wissen wir, dass nahezu alle Römer der Jahre 9ff genau über die Details der Varusschlacht im Bilde waren? Freigekauften Überlebenden war das Kernreich verboten! Die Fachleute hatten eh schon die bekannten Werke zur Verfügung. Das Volk aber soll mehr gewusst haben, als die Tatsache, dass die besten Legionen durch einen hinterhältigen Verrat in Gemanien vernichtet wurden? Entschuldige, dass ich da Zweifel habe...

Zur Qualität der Quellen und deren Verwendung durch die römischen Historiker verweise ich auf die Dissertation von Gerhard Kessler (Die Tradition über Germanicus von 1905), über die schon Delbrück schreibt: "GERHARD KESSLER, Die Tradition über Germanicus (Leipziger Dissertation 1905) hat auf dem Wege der Quellenanalyse auch die germanischen Feldzüge aufzuhellen gesucht. Er nimmt als Hauptquelle des Tacitus eine Germanicusbiographie an, die auch dem Bericht Dios zugrunde liege. Die tatsächlichen Ereignisse decken sich durchweg mit den in diesem Werke vorgetragenen, namentlich auch in dem Punkt, daß die römische Flotte im Jahre 16 nicht in die Ems, sondern in die Weser eingelaufen sei. Den Übergang des Germanicus erst über die Ems und dann über die Weser weist Keßler sehr geschickt als Doublette nach."
Wenn man die ganze Dissertation liest, stellt sich heraus, dass nach Kessler dem guten Tacitus etliche Fehler bei der Verwendung seiner Quellen passiert sind (quasi doppelter Aufstand der Rheinlegionen in 14 und auch s.o. beim Feldzug in 16).
Dio schrieb noch weitere Jahrzehnte später über die Germanenkriege.
Frage, wollte er ein genaues Werk abliefern für Fachpublikum, oder war eher sein Interesse ein sehr breites Publikum mit interessanten, schauerlichen und tragischen Ereignissen zu unterhalten? Ich bin mir nicht sicher, tendiere aber zur letzteren Variante. Was hinderte Dio, die recht unheldische (für die Römer) Lagerschlacht für das geschätzte Publikum etwas auszuschmücken, dafür aber nachgewiesene eher unschöne Ereignisse (Desertation der Reiterei - das passt nicht zum Bericht über römische Helden!) wohlweislich zu verschweigen? Warum lässt er, im Gegensatz zu Tacitus den Ort der Endschlacht außen vor? Es war doch der teuto burgiensi saltus, laut fähigen späteren Übersetzern, ein finsteres Waldgebirge, ein noch wilderer Gebirgspass oder mindestens ein unheimlicher Wald? Das hätte doch gepasst!
Oder war es doch bloß eine kaiserliche Domäne, ein Landgut, in dem die tapferen Römer durch zu große Unvorsicht umkamen? Das passt dann natürlich nicht zum Heldenuntergang und musste quasi "vergessen" werden!
Ich denke, Dio wäre nicht der erste und einzige Autor, dem so etwas in der Geschichte der Literatur passierte, oder?

Schau Agrippa, wir wissen nicht genau, was damals passierte. Die Quellen widersprechen sich teilweise und daher sind alle Vermutungen, was im Einzelnen passiert ist oder passiert sein könnte, vergebene Mühe! Zumal sie oft auf völlig unbewiesenen Annahmen beruhen, das ist mir zu unergiebig.

Beste Grüße
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Beitrag von Agrippa Mo März 02, 2015 11:21 am

Grundsätzlich sollte man unterscheiden zwischen einer ERWÄHNUNG und einer SCHILDERUNG.

ERWÄHNUNGEN zur Varusschlacht liefern V. Paterculus, Florus, Tacitus u.a.
Diese Erwähnungen sind recht kurz gehalten und lassen uns heute relativ viel Interpretationsspielraum.

Die einzige SCHILDERUNG der Varusschlacht liegt durch Cassius Dio vor.
Diese Schilderung gibt sehr detailreich die Ereignisse unmittelbar vor und während der Varusschlacht wieder.


Es gab allerdings ein Problem:

Cassius Dios Bericht zur Varusschlacht wurde jahrzehntelang von der Althistorik als unglaubwürdig eingestuft, weil er über die Situation im rechtsrheinischen Germanien schrieb:

„Und römische Soldaten lagen dort in Winterquartieren und man begann eben mit der Anlage von Städten.“ (Cassius Dio LVI, 18,2)

Diese Aussage hielt die Althistorik lange Zeit für nicht zutreffend.

Heute ist die Forschung sehr viel weiter.
In Waldgirmes-Lahnau wurde tatsächlich eine zivile römische Stadtgründung im rechtsrheinischen Germanien entdeckt, womit die Aussage des Cassius Dio nicht mehr als Hirngespinst abgetan werden kann.

Die einzige uns vorliegende Schilderung zur Varusschlacht ist wie erwähnt jene des Cassius Dio.

Diese beschreibt die Varusschlacht eindeutig als mehrtägige Angriffe auf ein marschierendes römisches Heer.

Es ist auszuschließen, dass diese Schilderung den anderen damals noch existierenden Berichten zur Varusschlacht diametral widersprochen hätte.
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