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war die Bürgerliche Revolution in Frankreich sinnlos?

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Beitrag von Arkesailas So Apr 12, 2015 10:45 am

Diese Frage wurde allen Ernstes in einem anderen Forum gestellt. Ich glaube, dass meine Antwort in die Napoleon-Debatte hier hineinpasst. Für das Geschichtsforum habe ich Einzelheiten weiter ediert.

"Revolutionen brechen dann aus, wenn die oben nicht mehr können und die unten nicht mehr wollen", sagte mal ein kluger Mann. Durch viele Kriege war Frankreich pleite und Ludwig XVI. musste die Generalstände einberufen, welche die Macht des Königs beschnitten und das absolutistische Zeitalter beendeten. Die verschlecherten Lebensbedingungen der unteren Klassen führten 1789 zum Revolutionsausbruch und als wichtigster erster Errungenschaft zur "Erklärung der Menschen-und Bürgerrechte". Die Kirche wurde enteignet. Bereits 1791 wurde in der Deklaration von Pillnitz von  Preußen und Österreich und dann weiteren Staaten beschlossen, dem noch lebenden Ludwig VXI. zu Hilfe zu kommen, scheiterten aber in der Schlacht bei Valmy.  Die Verstärkung der Armee 1793 durch die  Levée en masse (die Massenmobilmachung) bewirkte weitere Siege auf den Schlachtfeldern und die Abwehr der Reaktion.
Über drei wesentliche Etappen endete die Revolution mit den Jakobinern, die Terrorherrschaft der Thermidorianer begann am 27.Juli 1794. Es verschärften sich im Elendswinter 94/95 die Gegensätze zwischen den Thermidorianern und den verelendeten Massen von Paris. Der weiße Terror setzte ein mit schlimmen Hinrichtungen. Die Aufstände gegen den Konvent am 20.5.1795 blieben erfolglos. Zwei entschedende Kräfte wirkten gegen den Konvent: die Royalisten und die Geldaristokratie, welche ihre Macht im Konvent in Gefahr sah. Am 5.Oktober deutete sich ein Waffenstillstand an zwischen Konvent und den Pariser Sektionen. Aber der Konvent beschloss zu kämpfen-er erkannte die Gefahr der Restauration der Bourbonen.  Nach Einsetzung Napoleons als Revolutionsgeneral durch Barras gegen die sich formierenden Gegner  ließ dieser mit konzentriertem Geschützfeuer die Aufständischen am 5. Oktober 1795 in Paris zusammenschießen.

Das Ansehen Napoleons wurde immer größer und er versuchte ständig, den Konvent zu überzeugen, der sich gegen Frankreich bildenden Koalition zuvorzukommen. Schließlich erbrachte ihm der Staatsstreich des 18.Brumaire (9.November 1799) die vollständige Macht im Staat, die Diktatur.
In sechs Koalitionskriegen und dem Rußlandfeldzug erschöpfte sich die kriegerische Macht der Franzosen.
Positive Auswirkungen der Revolution in Europa waren die Einführung des Code Civil  in betroffenen Ländern und die teilweise Überwindung der deutschen Kleinstaaterei und die Stärkung des Selbstbewusstseins der bürgerlichen und bäuerlichen Klassen. Aber das ist ein neues Thema.

Man erkennt, wie durch Revolutionen grundlegende Veränderungen der Lebensweise erkämpft wurden, diese also nicht sinnlos sind."

Man erkennt auch die Wandlung Napoleons vom Verteidiger der Französischen Revolution zum Feldherrn mit imperialen, größenwahnsinnigen Ansprüchen. Der Zeitpunkt des Beginns der Befreiungskriege wird mit 1806 benannt.  N. hat sehr, sehr viele Opfer in Kauf genommen, besonders auf dem Rußlandfeldzug und der Restauration der alten Mächte erst einmal zum Sieg verholfen.


Zuletzt von Arkesailas am Mo Apr 13, 2015 10:33 am bearbeitet; insgesamt 4-mal bearbeitet
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Beitrag von Atzec So Apr 12, 2015 11:10 am

Der kluge mann war Lenin...

Natürlich war die Französische revolution nicht sinnlos, sondern eine epochale Zäsur von weltgeschichtlicher Bedeutung. Bis zur "Erfindung" des Christentums herrschte auf Sklavenhalterei beruhende Ungleichheit unter den Menschen. Skalven waren praktisch dingliche Sachen und hatten die gleiche Rechtsposition wie ... ein Zierstein im Blumengarten.
Es isteine riesige Leistung des Christentums, dieser Ungleichheit und Ungleichwertigkeit der menschen die Idee der formalen Gleichheit aller Menschen vor Gott entgegenzustellen. Darin dürfte auch die große Attraktivität des Christentums in der Sklavenhaltergesellschaft begründet liegen... Doch diese formale Gleichheit blieb zunächst auf das jenseits beschränkt.
Die epochale, gigantische leistung der Französischen Revolution wiederum besteht darin, 1800 Jahre später die Idee der formalen Gleichheit aller Menschen aus dem jenseits ins Diesseits befördert zu haben und den alten Zausel "Gott" als Maßstab dieser Gleichheit durch das Gesetz ersetzt zu haben.
Nicht umsonst markiert Die FR ja auch den Anbeginn der Moderne! Gleichsam ist sie das Urmuster für Revolutionen, an der sich jedwede Revolutionstheorie erstmal beweisen muss.

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Beitrag von Arkesailas So Apr 12, 2015 11:35 am

Die bürgerliche Revolution wurde ja in anderen Ländern erst später vollendet. Die Einführung der parlamentarischen Demokratie, der Gleichheitsprinzipien für jeden Bürger konnte und kann aber nicht verhindern, dass weiterhin Kriege, Annexionen und Gefahren bestehen. Und dass es einen zweiten Weltkrieg geben konnte. Die Macht im Staate geht angeblich vom Souverän, dem Volke aus. In Wirklichkeit sind aber Mächte im Hintergrund aktiv, welche andere Ziele haben als Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.
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Beitrag von Gontscharow So Apr 12, 2015 11:36 am

Die Franzosen sind stolz auf ihre Revolution ( en ).
Im öffentlichen Diskurs Frankreichs gibt es eine Richtung, die die vielen
Opfer der Revolution und der folgenden Revolutionskriege bedauert,
Napoleons Kriege kann man als Spätfolge der Revolution ebenfalls dazu rechnen.
Frankreich hatte einen sehr hohen Blutzoll zu zahlen - die jungen Männer der Landes
starben so zahlreich auf den europäischen Schlachtfeldern, daß ein demographisches
Einknicken im 19.Jahrhundert die Folge war. Frankreich war vor der Revolution von 1789
das bevölkerungsreichste europäische Land mit ungefähr 25 Millionen Einwohnern.
Im 19. Jahrhundert zogen dann die Konkurrenten England und Deutschland in
der Bevölkerungszahl an Frankreich vorbei, vor allem die Überflügelung durch Deutschland
machte Frankreich Sorgen. Vor dem II.Weltkrieg hatte Deutschland ( das Altreich in den Grenzen von 1937 ) knapp 70 Millionen Enwohner, Frnkreich gerade einmal 40 Millionen.

Darüber hinaus gibt es viele andere Gründe, warum die Revolution als überflüssig und sogar schädlich für Frankreich bezeichnet wird, hauptsächlich auch der Verweis auf Großbritannien,
wo das gleiche Resultat einer freihitlichen und sozialen Demokratie auf dem Wege vom Reformen erreicht wurde.
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Beitrag von Wallenstein So Apr 12, 2015 12:18 pm

Gontscharow schrieb:


Darüber hinaus gibt es viele andere Gründe, warum die Revolution als überflüssig und sogar schädlich für Frankreich bezeichnet wird, hauptsächlich auch der Verweis auf Großbritannien,
wo das gleiche Resultat einer freihitlichen und sozialen Demokratie auf dem Wege vom Reformen erreicht wurde.

Wobei das ganz so auch nicht stimmt, denn auch in England gab es eine Revolution gegen den Absolutismus von dem Stuart Karl I, der von den Aufständischen geköpft wurde. Die puritanische Revolution von 1642 bis 1649 war ein blutiger Bürgerkrieg, der aber mit einem Kompromiss zwischen Adel und Bürgertum endete. Am Ende wurde die Monarchie abgeschafft und England zur Republik erklärt unter dem Lordprotektor Cromwell. Der entpuppte sich jedoch als brutaler Diktator und okkupierte Irland. Die Engländer waren über seine Politik so erschrocken, dass das Parlament nach seinem Tod England erneut zur Monarchie ausrief, die Rechte des Königs aber erheblich beschnitt. Als der sich daran nicht halten wollte, kam es 1688 noch einmal zu einer neuen, diesmal unblutigen „Glorious Revolution“ die den König endgültig vom Parlament abhängig machte. Auch in England sind wesentliche Rechte erst durch die Revolution erzwungen worden.

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Beitrag von Wallenstein So Apr 12, 2015 1:35 pm

Der Politiker und Historiker Tocqueville (1805-1859) hat in seinem Werk „Der alte Staat und die Revolution“ die Veränderungen durch die Revolution recht gut beschrieben:

„Die Menschen sind jetzt nicht mehr durch Stände, Korporationen, Zünfte, Geschlechter, Kasten und dergleichen miteinander verbunden“ (Tocqueville, 1960, S. 17)

In der absolutistischen Gesellschaft war durch Geburt festgelegt, zu welchem Stand man gehörte und welchen Platz man in diesem Gefüge einzunehmen hatte. All das wird durch die Revolution beseitigt. Welchen Rang man jetzt in der Gesellschaft belegt, ist abhängig von der Menge Geldes, über die man verfügt:

„… und weil das Geld, während es zugleich das Hauptmerkmal geworden ist, das die Menschen klassifiziert und ihren Rangunterschied bedingt, hier eine außerordentliche Beweglichkeit erlangt hat… so gibt es hier fast niemand, der nicht genötigt wäre, verzweifelte und fortwährende Anstrengungen zu machen, um es sich zu sichern oder zu erwerben.“ (Tocqueville. 1960, S.18)

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Beitrag von Gontscharow Mo Apr 13, 2015 9:20 am

Zu deinem letzten Post hatte ich spontan zwei Gedanken , Wallenstein :
Erstens daß Demokratie, wie wir sie praktivzieren, die Herrschaft des Geldes ist.
Zweitens, daß wir, glaubt man Soziologen/Politologen wie Christoph Butterwegge, auf dem Rückmarsch ins
19. oder 18. Jahrhundert sind, da in der BR Deutschland die soziale Mobilität von unten nach oben stark nachgelassen hat, wie er in seinen Büchern belegt. Also bestimmt wiederum hauptsächlich die Geburt das gesamte künftige Leben.
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Beitrag von Wallenstein Mo Apr 13, 2015 10:12 am

Gontscharow schrieb:Zu deinem letzten Post hatte ich spontan zwei Gedanken , Wallenstein :
Erstens daß Demokratie, wie wir sie praktivzieren, die Herrschaft des Geldes ist.
Zweitens, daß wir, glaubt man Soziologen/Politologen wie Christoph Butterwegge, auf dem Rückmarsch ins
19. oder 18. Jahrhundert sind, da in der BR Deutschland die soziale Mobilität von unten nach oben stark nachgelassen hat, wie er in seinen Büchern belegt. Also bestimmt wiederum hauptsächlich die Geburt das gesamte künftige Leben.

Das ist eine hochinteressante Idee: Wenn sich auf der Basis des Geldes eine neue Aristokratie bildet und die Mobilität zum Erliegen kommt, hätten wir tatsächlich eine Art Neuauflage der geburtsständischen Gesellschaftsordnung des Absolutismus.

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Beitrag von Atzec Mo Apr 13, 2015 11:22 am

Arkesailas schrieb:Die bürgerliche Revolution wurde ja in anderen Ländern erst später vollendet. Die Einführung der parlamentarischen Demokratie, der Gleichheitsprinzipien für jeden Bürger konnte und kann aber nicht verhindern, dass weiterhin Kriege, Annexionen und Gefahren bestehen. Und dass es einen zweiten Weltkrieg geben konnte. Die  Macht im Staate geht angeblich vom Souverän, dem Volke aus. In Wirklichkeit sind aber Mächte im Hintergrund aktiv, welche andere Ziele haben als Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.

Ich denke ja auch nicht, dass die FR den Endpunkt der Geschichte markiert und sämtliche Probleme gelöst hat. Very Happy

Aber sie hat einer Entwicklungslogik den Weg geebnet, die seiter einen steten Zuwachs an Rechtssicherheit, sozialer Sicherheit, wirtschaftlicher Sicherheit, Lebensstandard, Gesundheitsversorgung, Lebenserwartung, demokratischer Partizipation, Bildung und Freiheit für das Individuum mit sich gebracht hat und nunmehr das einzige Modell mit Weltgeltung repräsentiert.

Die Oktoberrevolution stellt sich aus heutiger Sicht dagegen als barbarischer Rückfall und Konterrevolution dar, die kein bisschen Beitrag zur menschlichen Emanzipation leistete, sondern eben schon erreichte Standards weit unterschritt.

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Beitrag von Atzec Mo Apr 13, 2015 11:28 am

Gontscharow schrieb:Im öffentlichen Diskurs Frankreichs gibt es eine Richtung, die die vielen
Opfer der Revolution und der folgenden Revolutionskriege bedauert

Irgendwelche Kritikaster gibt es immer. Die dürften allerdings weitgehend marginalisiert sein. :-)

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Beitrag von Atzec Mo Apr 13, 2015 11:42 am

Gontscharow schrieb:Zu deinem letzten Post hatte ich spontan zwei Gedanken , Wallenstein :
Erstens daß Demokratie, wie wir sie praktivzieren, die Herrschaft des Geldes ist.
Zweitens, daß wir, glaubt man Soziologen/Politologen wie Christoph Butterwegge, auf dem Rückmarsch ins
19. oder 18. Jahrhundert sind, da in der BR Deutschland die soziale Mobilität von unten nach oben stark nachgelassen hat, wie er in seinen Büchern belegt. Also bestimmt wiederum hauptsächlich die Geburt das gesamte künftige Leben.

Na ja, wenn Altstalinisten wie Butterwegge den x-ten Aufguss einer absoluten Verelendungs- und Weltuntergangstheorie präsentieren, muss man nun wirklich nicht gleich Hab-Acht!-Stellung einnehmen. Mag ja sein, dass vielleicht (Traue keiner Statistik, die du nicht wirklich selber gefälscht hast) die soziale Mobilität etwas nachgelassen hat. Aber ein Armer in Deutschland von der untersten sozialen Sprosse bewohnt heute gut 50 beheizte qm, fährt Auto, kann sich problemlos auf Sterne-Koch-Niveau verpflegen und sich einen Urlaub rund ums Mittelmeer leisten.
Und natürlich dreht sich auch in der Demokratie vieles um die Organisierung und Verstetigung wirtschaftlichen und sozialen Wohlstands. Das ist weder eine besonders moderne Erkenntnis, noch sollte man das rhetorisch denunzieren. Zumal man auch nur Stilaugen bekäme, hielte man nach einer überzeugenden Alternative Ausschau, die sich von wirtschaftlichen Zwängen abkoppeln und nur noch den schönen Künsten frönen kann. Very Happy

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Beitrag von wfwbinder Mo Apr 13, 2015 12:28 pm

Um direkt auf die Frage einzugehen, Alles und Jeder ist zu etwas nütze und sei es als schlechtes Beispiel.

Die französische Revolution war grundsätzlich in Ordnung und sogar fällig, vermutlich sogar überfällig. In einem Land, in dem 70 % des Staatshaushalts nur durch die Hofhaltung verbraucht wurde, muss es eine Revolution geben.

Aber natürlich war der Verlauf nicht zu rechtfertigen. massenhaft Leute, die man für Feinde der Revolution hielt ohne federlesen einfach zu guillotinieren, das sind Auswüchse, die nicht sein durften und die vermutlich wiederum den Grundstein für die Napoleonischen Herrschaft und praktisch eine Art Konterrevolution geführt haben.


Gontscharow schrieb:Zu deinem letzten Post hatte ich spontan zwei Gedanken , Wallenstein :
Erstens daß Demokratie, wie wir sie praktivzieren, die Herrschaft des Geldes ist.
Zweitens, daß wir, glaubt man Soziologen/Politologen wie Christoph Butterwegge, auf dem Rückmarsch ins
19. oder 18. Jahrhundert sind, da in der BR Deutschland die soziale Mobilität von unten nach oben stark nachgelassen hat, wie er in seinen Büchern belegt. Also bestimmt wiederum hauptsächlich die Geburt das gesamte künftige Leben.

Dies liegt aber nicht am Großkapital, oder den politisch etablierten, sondern zum größten Teil an der Ignoranz und der Faulheit der Bevölkerung.

Jedem steht es frei sich in den Parteien zu engagieren. Es gibt unendlich viele Bildungsangebote, die man nutzen kann, wenn man im ersten Zug nicht über Haupt-, oder Realschule hinweg gekommen ist.

Karrieren wie die von Geoerg Leber, Norbert Blüm, Björn Engholm und vielen Anderen, die auf dem zweiten Bildungsweg zu Studium und Beruf gekommen sind, sind auch heute noch möglich. Aber erinnert Euch, in meiner Generation (Jahrgang 54) hört man mindestens einmal pro Tag, "lern schön und pass in der Schule auf, Du sollst es mal besser haben als wir." Heute ist es so, dass in einem Bereich des sogenannten Bildungsbürgertums, die gute Bildung einfach der Normalfall ist, aber in einem Bereich von 20 % der Bevölkerung die Kinder nicht angewiesen werden in der Schule aufzupassen, sondern man sich kaum darum kümmert, ob sie pünktlich in der Schule sind.
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Beitrag von Wallenstein Mo Apr 13, 2015 1:53 pm

In der französischen Revolution gab es Gewinner und Verlierer:

Die Kirche wurde enteignet. Ihre Landgüter verkauft, um aus dem Erlös die Staatsschulden zu bezahlen. Das Land wurde zu einem großen Teil von dem Bürgertum gekauft oder wohlhabenden Bauern.

Der Adel wurde enteignet, teilweise getötet oder außer Landesgejagt. Nach der Niederlage von Napoleon 1815 kehrte der Adel nach Frankreich zurück und forderte sein Land zurück. Darauf ließ sich die Regierung aus Angst vor einer neuen Revolution nicht  ein und 1825 einigte man sich auf eine staatliche finanzielle Entschädigung für den Adel. Der kaufte damit teilweise seine alten Landgüter zurück. Der Adel spielte auch nach der Revolution eine nicht unbeträchtliche Rolle in Frankreich.

Die Jakobiner setzten eine ziemlich radikale Bodenreform durch. Das Land wurde aufgeteilt in viele kleine Bauernstellen. Diese kleinbäuerliche Struktur ist teilweise noch heute sichtbar. Viele Betriebe waren aber zu klein, unwirtschaftlich und wurden aufgegeben. Langfristig profitierten hauptsächlich die wohlhabenden Bauern von der Revolution.

Die merkantilistische Wirtschaftspolitik wurde beseitigt. Das begünstigte vor allem das Bürgertum, welches nun frei von staatlicher Bevormundung wirtschaften konnte.

1791 wurden die Zünfte verboten und die Gewerbefreiheit verkündet. Die Folgen waren unterschiedlich. Einige Handwerksmeister waren erfolgreich, andere sanken ab ins Proletariat.

Langfristig bildet sich nach der Revolution eine Gesellschaft heraus, die vom Bürgertum dominiert wird. Der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit ersetzt den alten Konflikt zwischen Aristokratie und Bauern.

Von einer echten Demokratie kann man in Frankreich erst ab Dritten Republik 1870 sprechen. Nach der Restauration 1815 wurde das Land wieder von Monarchen regiert. Die Parlamente, deren Mitglieder durch ein strenges Zensuswahlrecht gewählt wurden, besaßen nur wenig Kontrollmöglichkeiten.

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Beitrag von Moschusochse Sa Okt 21, 2017 11:42 am

Heute bin ich auf die Frage gestossen, ob die Französische Revolution idealisiert wird - meint Ihr das auch? Meiner Meinung nach wird ihre grausame Seite ja kaum verschwiegen?
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Beitrag von Marek1964 Di Okt 24, 2017 11:08 pm

Ja, dieser Interpretation würde ich zustimmen. Idealisiert wird sie bestimmt nicht, die grausamen Seiten werden nicht verheimlicht, auch bei den Geschichten und Filmen nicht.

Als Junge wurde uns in der Schule die Geschichte von "die Zofe von Robbespierre" vom Lehrer vorgelesen, und auch da gab es viel Grausamkeiten, aber auch abstruse Szenen von Diktatorenvereehrungen, die ich schon damals auch von Stalin kannte.

Aber was wahrschenlich wichtig ist, ist der Durchbruch von Dingen wie dem Gleichheitsgedanken, von der Freiheit und Brüderlichkeit - und trotz aller Restauration kamen diese nie mehr aus den Köpfen.

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