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Kerenski und die Russische Republik vom Februar-März 1917 - wie hätte sie bestehen können? Welche Fehler machte sie?

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Beitrag von Moschusochse Sa Mai 16, 2015 10:58 am

Gerade heute in der problematischen Entwicklung Russlands stellt sich die Frage, ob damals im Februar (März nach unserem Kalender) 1917 und in den folgenden Monaten entscheidende Fehler gemacht worden sind, die zum Sieg der Bolschewisten führten und wie die vielleicht hätten vermieden werden können.
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Beitrag von Gontscharow Sa Mai 16, 2015 11:59 am

Kerenskis Fehler waren die Fortsetzung des Krieges, der hohe Opferzahlen forderte und in Rußland daher sehr unpopulär geworden war, sowie die Weigerung, überfällige Reformen (wie die Agrarreform) schnell umzusetzen.
Da die Machtergreifung der Bolschewisten ein Putsch war, kann man aber nicht davon reden, daß der Bolschewismus die Entscheidung einer Wählermehrheit gewesen wäre, denn bei den einzigen freien Wahlen 1917 erhielt Lenins Partei nur ein Viertel der Wählerstimmen - woraufhin die Bolschewisten die russische Nationalversammlung dann noch in ihrer konstituierenden Phase gewaltsam auflösten.
Ob die Demokratie in Rußland eine Chance gehabt hätte ? Wahrscheinlich nicht, wären nicht die Linksradialen an die Macht gekommen, hätten weit rechts stehende Kräfte sich durchgesetzt, also die Gegner der Roten im Bürgerkrieg.
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Beitrag von Marek1964 Fr Jul 03, 2015 7:10 pm

Das Scheitern der Regierung Kerenski ist die grosse Tragödie Russlands. Sie wurde durch die Bolschewikij gestürzt. So wurde eine nachhaltige demokratische Entwicklung unterbunden, man kam stattdessen vom Regen in die Traufe. Werte einer bürgerlichen und liberalen, aber auch sozialdemokratischen Gesellschaft konnten sich nicht herausbilden, keine unternehmreische Schicht. Unter diesen Voraussetzungen konnten dann auch die Reformen unter Gorbatschow nicht auf fruchtbaren Boden fallen. Wirklich demokratischen Geist hat man nicht entwickelt. Man ist wohl schon weiter als vor 100 Jahren - nur ist das ja ein schwacher Trost.

Man kann sich schon fragen, ob man weiter ist als zur Zeit der Revolution. Sicher, heute gibt es keine Analphabeten mehr. Eine moderne Infrastrutkur sicher (im Vergleich zu 1917).

Aber dass die demokratische Gesinnung nicht allzu viel weiter ist, sieht man an den politischen Morden. Auch die Justiz würde ich kaum besser als die zur Zeit des Zaren bezeichnen, zumindest was man so liest. Und der Gläubigkeit der Russen an ihre Staatsmedien.


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Beitrag von Atzec Sa Jul 04, 2015 7:13 am

Ja, wie Gontscharov denke ich auch, dass man den Fehler machte, nicht tatkräftig genug die Agrarreform anzupacken und den Krieg zu beenden. "Brot und Frieden" war die Losung, die die Bolschewiki überhaupt erst nach vorne brachte...

Generell ist das russische Problem, dass ausgerechnet ihr historisch zweitgrößter Triumph (Sieg gegen Napoleon) faktisch ihre größte Tragödie darstellt. Fraglos hätte es der russischen Gesellschaft sehr gut getan, wenn sie ein paar Jahre nach jakobinischen Prinzipien durchlüftet worden wäre... :-)
So blieb leider auch später der Dekabristenaufstand ein basisloser Sturm im Wasserglas.

Im Vergleich wiederum schneidet die russische Demokratieentwicklung natürlich viel besser ab als z.B. die us-amerikanische. Natürlich ist man selbst unter Putin schon viel weiter als die USA im 19. Jahrhundert... :-) Nur kann man eben auch von einem Land, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einem Totalitarismus in den nächsten strumpelte, nicht erwarten, dass es aus dem Stand zu einer Musterdemokratie mutiert. Da muss man etwas mehr Zeit und Geduld aufbringen.

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Beitrag von Marek1964 Sa Aug 22, 2015 8:20 pm

Atzec schrieb:Natürlich ist man selbst unter Putin schon viel weiter als die USA im 19. Jahrhundert... :-) Nur kann man eben auch von einem Land, das zu Beginn des 20. Jahrhunderts von einem Totalitarismus in den nächsten strumpelte, nicht erwarten, dass es aus dem Stand zu einer Musterdemokratie mutiert. Da muss man etwas mehr Zeit und Geduld aufbringen.

Und wieviel Geduld soll man noch aufbringen:? 25 Jahre nach dem Ende des Kommunismus? Ich sehe es eher so, dass es die russische Kultur ist, die hoffnungslos ist. Dieses Volk ist schlicht der Demokratie unfähig, und wird es auch bleiben. Ich habe es bei Zdeněk Mlynař, erinem ehemaligen tschechischen Kommunisten nachlesen können, wie die russsische Seele aussachaut. Diejenigen die unten sind, sind obrigkeitshörig, diejenigen die oben sind durch und durch korrupt. Hätte Russland nicht die Rohstoffe, wäre es heute ein Drittweltland.

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Beitrag von Walzbruder So Aug 23, 2015 12:08 am

Einen maßgeblichen Anteil am Sieg der bolschewistischen Gruppen über die provisorische Regierung sind die Geldgeschenke der deutschen Kriegsführung an Lenins Partei. Alexander Parvus (Helphhand) war der Überbringer von Milliarden deutscher Mark, die in Raten gezahlt, damals der minderheitlichen Bolschewistischen Partei eine große Einflussnahme verschafften. Lenin sollte im Ersten Weltkrieg hinter der deutschen Front für Chaos und Verwirrung sorgen. Dafür transportierte man ihn und einige seiner Leute im verplombten Eisenbahnzug von der Schweiz quer durch das Deutsche Reich nach Finnland, hin nach Russland und stützte ihn finanziell.
Dort angekommen "funktionierte er einwandfrei". Er zersetzte die Wehrkraft der ohnehin gebeutelten und kriegsmüden zaristischen Truppen, deren "Fußvolk" vorwiegend aus Bauern und -söhnen bestand, indem er zur Verteilung von beschlagnahmten Großgrundbesitzerland und verstaatlichtem Boden an die arme Bauernschaft aufrief. Das hatte zuerst die Wirkung, dass die Soldaten alles unternahmen um zu desertieren, dass sie heim eilten, um bei der Verteilung von Grund und Boden nicht zu spät zu kommen. (Nicht zu spät kommen: Das war also damals schon richtig)
Lenin hatte einen genialen Schachzug vollbracht: Er nutzte das Geld seiner politischen Gegner um eine Stimmung zu erzeugen, die damals dem Zarenlande und der provisorischen Regierung schaden musste, dem überwiegenden Volk aber aus dem Herzen sprach. Es herrschte Kriegsmüdigkeit, Hunger und Elend, die provisorische Regierung wollte den Krieg aber fortsetzen. Im Gegensatz  dazu warben die Bolschewisten für Beendigung des Krieges, für Bodenverteilung an arme Bauern und damit für einen vagen Ausblick auf eines Tages wieder gefüllte Keller und Scheunen.
Die Propaganda wirkte vorzüglich und als erste Maßnahmen nach der Oktoberrevolution ergingen u. a. das Dekret über den Frieden und das Dekret über die Verstaatlichung des Bodens.
Gegen diese Grundstimmung hatte die Provisorische Regierung natürlich keine Chance. Sie hätte ja nicht einmal Frieden schließen können! Mit wem denn? Deutschland finanzierte deren Widersacher.

Allerdings fiel im März 1918 diese Politik Lenins Leuten wieder auf die Füße, denn nach der Oktoberrevolution und den o. a. Dekreten musste der Frieden mit Deutschland unter großen Opfern unterzeichnet werden. In der Literatur wird da vieles Trotzki an Fehlern zugeschrieben. Ich persönlich halte das aber für eine spätere Intrige der Stalinschen Geschichtsfälschungen.
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Beitrag von Gontscharow So Aug 23, 2015 1:09 am

Das deutsche Geld für Lenin dürfte in der Tat eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben,
den Machtkampf um die Regierung für sich zu entscheiden. Meistens unterliegen bei solchen
Umsturzversuchen von links die Linken und die Konservativen demonstrieren, die russische Oktiberrevolution war eine der wenigen Ausnahmen.
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