Geschichte Forum
Würden Sie gerne auf diese Nachricht reagieren? Erstellen Sie einen Account in wenigen Klicks oder loggen Sie sich ein, um fortzufahren.

Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz

3 verfasser

Nach unten

Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz Empty Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz

Beitrag von Wallenstein Sa Aug 22, 2015 2:07 pm

Eine apokalyptische Vision der Menschheit verkündete 1798 der anglikanische Pastor Robert Malthus. Er behauptete, dass das Bevölkerungswachstum nach einer geometrischen Reihe (2,4,8,16,32…) voranschreite, während  die Agrarproduktion nur nach einer arithmetischen Reihe (2,4,6,8,10…)  wachse. Deshalb sei die Menschheit von der Überbevölkerung bedroht und müsse ihr Wachstum reduzieren. Daher  sei es gut, wenn die Industriellen die Löhne der Arbeiter aufs äußerste senken würden, denn dadurch würde deren Vermehrung gestoppt. Aber weil dadurch die Gefahr der Überproduktion von Waren entstehen könne, müsse man den Anteil der Grundbesitzer am Sozialprodukt erhöhen, damit diese nun mehr konsumieren.

Diese wenig menschenfreundliche Theorie wurde von Marx heftig kritisiert. Marx geht davon aus, dass es kein absolutes Bevölkerungsgesetz gibt, sondern die Vermehrung ist abhängig von dem Entwicklungsstand der Wissenschaft und Technik der jeweiligen Gesellschaft. Jäger und Sammler können nur wenige Menschen ernähren. Die mittelalterliche Feudalgesellschaft in Deutschland schaffte es immerhin, zeitweilig bis an die acht Millionen zu versorgen, die heutige Gesellschaft erlaubt die Existenz von über achtzig Millionen Menschen bei uns auf einem sehr hohen Lebensstandard. Die Bevölkerungsvermehrung ist also keine unabhängige Konstante, sondern eine Variable, die mit dem technologischen Entwicklungsstand korreliert.

Zwei Entwicklungen haben die von Malthus prophezeite Entwicklung verhindert. Zum einen  entstand im 19. Jahrhundert die chemische Landwirtschaft (Justus Liebig) und es setzte mit Verspätung auch hier eine Mechanisierung ein und zum anderen begannen die Menschen damit, die Kinderzahl zu begrenzen (unterschiedlich nach sozialer Schichtzugehörigkeit). Zudem kam es in Europa zu einer massenhaften Auswanderung nach Übersee.

Malthus geriet in Vergessenheit. Stattdessen tauchte in den Industriestaaten ein ganz anderes Problem auf: Es wurde nun zu viel Nahrung produziert und die Überschüsse wurden vernichtet, um die Preise zu stabilisieren. Sogenannter landwirtschaftlicher Malthusianismus.

Nach dem zweiten Weltkrieg begann dann aber die Bevölkerungsexplosion in der Dritten Welt. Plötzlich tauchte der alte Malthus wieder auf. Reichen die Ressourcen der Erde aus? Zur Zeit des anglikanischen Pastors lebten in England etwas über 10 Millionen Menschen, heute ca. 60 Millionen. Malthus wäre darüber sehr erschrocken, aber seine düstere Prognose hat sich zumindest für das Vereinigte Königreich nicht bestätigt. Werden sich heutige Befürchtungen vielleicht durch ähnliche Entwicklungen wie im 19. Jahrhundert als grundlos erweisen?

Wallenstein
Gründungsmitglied
Gründungsmitglied

Anzahl der Beiträge : 872
Anmeldedatum : 03.02.15

Nach oben Nach unten

Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz Empty Re: Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz

Beitrag von Marek1964 Sa Aug 22, 2015 2:30 pm

Auch hier ein wunderschönes Beispiel der eben erst begonnenen Diskussion über die Gesetzmässigkeiten in Geschichte - lange hatte Malthus wohl recht - plötzlich stimmt das Gesetz nicht mehr, wichtige Rahmenbedingungen haben sich geändert.

Hier die andere Diskussion:

https://geschichte-forum.forumieren.de/t605-gibt-es-in-der-geschichte-gesetzmassigkeiten#6513


_________________
An unsere stillen Mitleser: werdet aktiv. Stellt Fragen, eröffnet Threads. Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten. Belebt alte Threads - Geschichte veraltet nie. Ein Forum lebt nur, wenn viele mitmachen. Hier wird niemand niedergemacht - früherer Domänenname war geschichte-forum forums ag
Marek1964
Marek1964
Admin

Anzahl der Beiträge : 2387
Anmeldedatum : 18.01.15

Nach oben Nach unten

Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz Empty Re: Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz

Beitrag von Gontscharow Mo Aug 24, 2015 1:28 am

Meine Lieblingsprognosen stammen aus der Vergangenheit - das hat den Vorteil, daß
man sie auf ihr Eintreffen hin überprüfen kann.
Eine solche Prognose stammt aus dem London des frühen 19.Jahrhunderts. Bedingt durch den
rasanten Bevölkerungsanstieg in der Stadt gab es immer mehr Pferdekutschen und es staute sich überall. Waren die Staus schon ärgerlich genug, so waren die Hinterlassenschaften der Pferde , der Mist, es noch mehr. Die Stadtreinigung würde bei
diesem rasanten Anstieg des Kutschenverkehr nicht mehr hinterherkommen, unweigerlich
würden die Straßen Londons in Kürze wegen des Pferdemists unpassierbar werden.
Die Entwickung von Fahrrad, Automobil und Eisenbahn hatte man noch nicht auf dem Schirm:D
Um Wallensteins Frage nicht nur mit einem Witz, sondern ernshaft zu beantworten :
Wir wissen einfach nicht, welche Prognosen eintreffen werden und welche nicht, weil
wir die Zukunft nicht vorhersehen können. Natürlich kann man sich auf Logik und Wahrscheinlichleit verlassen .... und hat dann vielleicht das Pech des Zufalls, der ein sehr wahrscheinliches Ergeignis dann doch nicht eintreten lässt.
Gontscharow
Gontscharow
Gründungsmitglied
Gründungsmitglied

Anzahl der Beiträge : 939
Anmeldedatum : 18.01.15

Nach oben Nach unten

Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz Empty Re: Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz

Beitrag von Wallenstein Mo Aug 24, 2015 10:23 am

Der größte Wissenschaftler aller Zeiten, Carl Valentin, hat es ja gut formuliert:

„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen"

Wallenstein
Gründungsmitglied
Gründungsmitglied

Anzahl der Beiträge : 872
Anmeldedatum : 03.02.15

Nach oben Nach unten

Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz Empty Re: Robert Malthus und das Bevölkerungsgesetz

Beitrag von Gesponserte Inhalte


Gesponserte Inhalte


Nach oben Nach unten

Nach oben

- Ähnliche Themen

 
Befugnisse in diesem Forum
Sie können in diesem Forum nicht antworten