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Das Weltbild des jungen Hitler nach seinem Buch „Mein Kampf“

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Beitrag von Wallenstein Mo Aug 24, 2015 2:31 pm

Teile hiervon erschienen im Thread „Münchner Räterepublik 1919“

Adolf Hitler wurde 1889 als Sohn  eines österreichischen Zollbeamten in Braunau geboren. Das Geburtshaus steht noch. Sein Vater war tyrannisch und gewalttätig, er wollte aus dem Jungen einen Beamten machen, was dieser strikt ablehnte, denn der träumte von einer Karriere als Künstler. Konflikte waren vorprogrammiert.

Mit 12 Jahren, beim Übergang in die Realschule in Linz, stellte sich bei ihm Schulversagen ein. Er lernte nicht mehr und bleibt schon in der ersten Klasse der Realschule sitzen und muss sie wiederholen. Nach der dritten Klasse geht es in Linz nicht mehr, er wechselt nach Steyr, doch ohne Abschluss verlässt er dann die Schule. Er selbst schreibt:

„Ich glaubte, dass wenn der Vater erst den mangelnden Fortschritt in der Realschule sähe, er gut oder übel eben doch meinem erwähnten Glück würde zugehen lassen. Ich weiß nicht, ob diese Rechnung gestimmt hätte. Sicher war zunächst nur mein ersichtlicher Misserfolg in der Schule.“
Eine peinliche Angelegenheit, doch darüber hinaus war sein Vater schon gestorben. Dann fabuliert er weiter:

„Was mich freute, lernte ich, vor allem aber auch alles, was ich meiner Meinung nach später als Maler brauchen würde….Am weitaus besten waren meine Leistungen in Geographie und mehr noch in der Weltgeschichte.“

Sein Lehrer war ein deutsch-nationaler Professor, der Österreich verachtete und das preußische Wesen bewunderte. Hitler bekam vermittelt:

„„Heiße Liebe zu meiner deutsch – österreichischen Heimat, aber tiefer Hass gegen den österreichischen Staat, helle Verachtung und Empörung zugleich gegen das kaiserliche Haus Habsburg.“

Die Habsburger waren für ihn undeutsch, nun kam dazu der deutsch-nationale Unterricht,   die Schulagitation gegen Tschechen und Südslawen, Kornblumen und „Heil“ – Grüße, die ganze völkische Atmosphäre der Kleinstadt – Mittelklasse. So entwickelte sich sein extremer Nationalismus. Er selbst schreibt:
„Ich wurde Nationalist, aber freilich auch damals schon ein junger Revolutionär“.

Unklar bleibt, was er unter „Revolutionär“ versteht. Nur die Auflehnung gegen den Vater, war das seine „Revolution“?

Die nächsten Jahre verbringt er mit Nichtstun bei seiner Mutter. Hierüber teilt er uns nichts mit. Angeblich sei er krank gewesen.

Nach ihrem Tod siedelt er nach Wien  über. Hier erlebt er eine schwere Enttäuschung. Er wird von der Kunstakademie nicht aufgenommen. Gelernt hat er nichts, er wird zum obdachlosen Stadtstreicher und er erlebt die Deklassierung. Hierzu macht er eine kluge Bemerkung:

Die Umgebung meiner Jugend setzte sich zusammen aus den Kreisen kleinen Bürgertums, also aus einer Welt, die zu dem reinen Handarbeiter nur sehr wenig Beziehungen besitzt. Denn so sonderbar es auch auf den ersten Blick scheinen mag, so ist doch gerade die Kluft zwischen diesen durchaus nicht glänzend gestellten Schichten und dem Arbeiter der Faust oft tiefer als man denkt. Der Grund dieser, sagen wir fast Feindschaft liegt in der Furcht einer Gesellschaftsgruppe, die sich erst ganz kurze Zeit aus dem Niveau der Handarbeiter herausgehoben hat, wieder zurückzusinken in den alten, wenig geachteten Stand oder wenigstens noch zu ihm gerechnet zu werden.“

Hitler ist selber Kleinbürger, er kennt seine Klasse sehr genau, denkt, fühlt und spricht aus, was sie bewegt. Die Erfahrung der Deklassierung machten Millionen Kleinbürger nach dem Weltkrieg und der chaotischen Nachkriegszeit. Nicht jeder von ihnen könnte ein Hitler werden, aber ein Stück Hitler steckte in jedem von ihnen drin.

Hitler will Architekt werden, stattdessen landet er als Hilfsarbeiter auf dem Bau.

In Wien lernt er das soziale Elend der Arbeiterschaft kennen:
„Tiefstes soziales Verantwortungsgefühl zur Herstellung besserer Grundlagen unserer Entwicklung, gepaart mit brutaler Entschlossenheit in der Niederbrechung unverbesserlicher Auswüchslinge.“

Hitler empfindet aber gleichzeitig  auch tiefen  Abscheu vor den Arbeitern und der organisierten Arbeiterbewegung:

Ich weiß nicht, was mich nun zu dieser Zeit am meisten entsetzte. Das wirtschaftliche Elend meiner damaligen Gefährten, die sittliche und moralische Rohheit oder der Tiefstand ihrer geistigen Kultur.“

Die Arbeiter behandeln ihn schlecht und schikanieren ihn, den ungelernten Hilfsarbeiter. Sie akzeptieren ihn nicht als ihresgleichen. Die Wut auf die Arbeiterschaft ist überall in seinem Buch nachlesbar.

Später kommt der Antisemitismus hinzu:

„Linz besaß nur wenige Juden. Im Laufe der Jahrhunderte hatte sich ihr Äußeres europäisiert und war menschlich geworden; ja, ich hielt sie sogar für Deutsche.“

Später berichtet er, dass er in Wien „richtige“ Juden kennen lernte, in langem Kaftan mit schwarzen Locken. Ihm sei übel geworden und habe:
über die körperliche Unsauberkeit hinaus plötzlich die moralischen Schmutzflecken des auserwählten Volkes entdeckt.“

Nun entdeckt er Juden überall dort, wo er selber gerne wäre, in der Kunst, Literatur, Presse und im Reichtum. Er als armer Landstreicher in Wien entwickelt einen fürchterlichen Neid und Hass auf die Juden.
„Das war Pestilenz, geistige Pestilenz, schlimmer als der schwarze Tod, mit der man das Volk infizierte.“

Hitler fühlt sich zum Politiker berufen. In dem Männerheim hält er vor den Obdachlosen große Reden. Keiner nimmt ihn ernst.

In Wien bewundert er den Bürgermeister Karl Lueger, einem Antisemiten, der vor allem bei den kleinen Leuten sehr beliebt war. Hitler schreibt:

„Er legte das Hauptgewicht seiner politischen Tätigkeit auf die Gewinnung von Schichten, deren Dasein bedroht war und mithin eher zu einem Ansporn als zu einer Lähmung des Kampfwillens wurde. Ebenso war er geneigt, sich all der einmal schon vorhandenen Machtmittel zu bedienen, bestehende mächtige Einrichtungen sich geneigt zu machen, um aus solchen alten Kraftquellen für die eigene Bewegung möglichst großen Nutzen ziehen zu können.“

Damit ist seine spätere Strategie vorgezeichnet: Das deklassierte Kleinbürgertum zu mobilisieren, um sich dann mit den herrschenden Eliten zu verbünden.

Nationalismus, Antisemitismus, Sozialneid, Abscheu vor der Arbeiterschaft bei gleichzeitigem Verständnis für ihre schlechte Lage, so entwickelte sich seine Ideenwelt.

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Beitrag von Marek1964 So Nov 01, 2015 11:09 am


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Beitrag von leonidas Do März 03, 2016 1:48 pm

Bei den ganzen Hitlerbiografien, von Fest bis Haffner, ist ein Aspekt des hitlersichen Antisemitusmus nie beleuchtet worden, seine eigene Vorstellung, möglicherweise ein Kind der Liebe zwischen seiner Mutter und einem durchziehenden Händler zu sein, Trödler. durchziehende Händler waren damals weder unüblich noch war es nicht unüblich, dass diese Leute Juden gewesen sind.

Alle Recherchen haben lediglich nach möglichen jüdische Wurzeln väterlicher oder mütterlicherseits gesucht.
Hitler kam in seiner Wiener Zeit, als es ihm sozial ziemlich dreckig ging, bekanntermaßen mit den Lehren Gobineaus und Chamberlains in Kontakt.
Wenn nun Hitler seine persönliche schlechte soziale  Situation und auch die wirtschaftliche Situation der von ihm so verehrten Mutter  
betrachtet, so ist der Gedanke, dass seine wirtschaftliche Situation und die der Mutter "von Juden" zu verantworten ist.
Ein Handeln gegen diejenigen Verachteten, zu denen man möglicherweise selber gehört, ist bei dem ausgeprägten hitlerischen Selbstzerstörungstrieb eher eine Bestägigung.

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