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Griechische Totenbräuche/Sterberituale:

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Beitrag von Ceres Mi Jun 29, 2016 9:45 am

Für Fremde, die sich kaum oder gar nicht mit dem Totenbrauchtum beschäftigt haben, erscheint sicher dieser Teil ihrer Welt befremdlich. Ich muss zugeben: Was deren höchst bemerkenswerte Sterbekultur betrifft, verlangt meinen höchsten Respekt – denn hier gibt es gravierende Unterschiede zwischen ihnen und einigen Ländern Europas.

Schon immer haben sich die Griechen mit dem Sterben und Tod auseinander gesetzt und sind ihren Bräuchen und Ritualen gefolgt, die oft bis in die Antike zurückreichen. Doch eine genaue Datierung ist nicht zu bestimmen.

Bezüglich der griechischen Totenbräuche besteht eine Glaubenswelt, die hinter jeder einzelnen Handlung steht. Wenn ich vom griechischen Totenbrauchtum spreche, dann von den Menschen in ländlichen Bereichen, in Dörfern, in denen die Einwohner noch immer an ihren alten Traditionen festhalten; wogegen sie in den großen Städten mehr und mehr in den Hintergrund treten.

Besonders in abgelegenen Dörfern sterben Menschen vorwiegend zu Hause. Das ist aber keinesfalls eine reine Familienangelegenheit. Spürt ein Kranker, dass seine Stunde des Todes naht, versammelt er die Mitglieder seiner Familie um sich, damit sie sich von ihm verabschieden können. Der Sterbende gibt dann den Hinterbliebenen seinen Segen.
Ein Sterbefall stellt in den Dörfern ein öffentliches Ereignis dar, in das ein Großteil der Gemeinschaft mit einbezogen ist. Nicht nur Familienangehörige erscheinen am Sterbebett, sondern auch Freunde und Bekannte kommen ins Haus, um sich zu verabschieden. Auch kommen Dorfbewohner mit denen der Sterbende einst in Streit gelegen hatte, damit sie nicht den Hass der Familie auf sich ziehen.
Verschlechtert sich der Zustand des Kranken rapide, wird der Priester geholt, damit er ihn die Beichte abnimmt. Sollte der Priester nicht rechtzeitig zugegen sein können, so der Brauch, können auch die Familienmitglieder dem Sterbenden eine Art letzte Ölung geben. Das geschieht insofern, das sie etwas Öl von der Lampe des Hausaltars kreuzweise über den Sterbenden gießen.
Das hat eine besondere Bedeutung in ländlichen Gebieten Griechenlands wo noch immer der Glaube besteht, ein Mensch, der ohne Sakramente stirbt, wird zum Nachzehrer. (im Volksglauben
übliche Bezeichnung für einen Wiedergänger oder Untoten).
Auch glauben die Menschen, das bei dem Sterben verschiedene übernatürliche Wesen zugegen sind; der Engel Gottes Michael, auch Charon (griechisch Χάρων, ist in der griechischen Mythologie der düstere Fährmann) als personifizierter Tod, sowie die Seelen der schon Verstorbenen. Die beiden, Erzengel Michael und auch Charon, kommen zum Sterbenden, um seine Seele in Empfang zu nehmen.
Die Familienmitglieder erkennen ihre Erscheinungen wenn der Sterbende seinen Blick auf einem der Engel gerichtet ist. Es kommt darauf an, ob er den Erzengel Michael oder Charon im Blickfeld hat. Ruht sein Blick auf Michael, ist er ruhig. Sieht er aber zu Charon, spiegelt sich Angst und Entsetzen in Verbindung mit einem schmerzvollen Todeskampf. War der Sterbende sündenfrei, fürchtet er Charon nicht. Geht eine Gefahr von Charon aus, so könnte die Seele sich weigern, den Körper zu verlassen. Wenn das geschieht, setzt der Todeskampf ein, der auch als das erste Gericht Gottes gilt. Hat der Sterbende vielleicht ein Unrecht, eine Sünde begangen? Hatte er etwas gestohlen? Oder lastet gar ein Fluch auf ihn? Vielleicht muss er für die Sünden einer seiner Vorfahren büßen?

Hat sich der Sterbende mit einer Sünde beladen und windet sich in seinem Todeskampf, können die Überlebenden diesen schmerzvollen Sterbegang erleichtern, indem der Sterbende um Verzeihung bittet und die Familie sowie Bekannte und Freunde ihn vergeben. Auch wenn der Priester ihn die Beichte abnimmt und ihn vergibt. Hatte er einen Diebstahl begangen, werden Teile (wenn sie greifbar sind) des Diebesgutes auf oder unter dem Sterbenden gelegt.
Sehr interessant ist auch, als mir auf Kreta erzählt wurde, man könne ein Fluch neutralisieren, indem man Salz im Wasser auflöst und den Sterbenden und auch Familienangehörige damit besprenkelt.
Im Sterbefall eine Menschen in Griechenland gilt also oberstes Gebot, dass während des Sterbevorgangs Stille herrscht.
Ist er verstorben, so wird er aufgebahrt mit dem Blick nach Osten, damit er das Licht dahin zurück gibt, woher er es nahm.

Nach Eintritt des Todes werden alle Türen und Fenster geöffnet. Kerzen und Öllampen werden angezündet und das Zimmer wird mit Weihrauchduft erfüllt. Die erste danach ist, die Augen des Toten zu schließen. Somit kann er nicht mehr zu unserer Welt zurückfinden oder gar ins Leben zurückkehren. Dies geschieht durch einen zuvor bestimmten Familienangehörigen. Die ausführende Verwandte benetzt ihre Daumen mit Speichel und schließt seine Augen.

Der Leichnam wird dann entkleidet, mit Wasser, Wein oder Öl gewaschen. Mund, Ohren und Nase werden mit Baumwolle verstopft. Es kann sogar sein, dass auch der Anus versschlossen wird.
Dann wird der Tote in einem Leinentuch gehüllt, darüber seine beste Kleidung, die er zu Lebzeiten gern getragen hat – das geschieht nicht aus Schönheitssinn, eher zu Ehren der Angehörigen. Eine Frau wird in ihr Brautkleid gekleidet. Auf Kreta werden oft Frauen mit Rouge und Lippenstift geschminkt. Mit dem bereit liegenden Schmuck wird die Frau geschmückt.
Der Ehering des Toten nimmt die Witwe/der Witwer an sich.
Die Hände, sowie die Füße werden gekreuzt und mit schwarzen Bändern verbunden. Auf den Toten legt man eine Ikone.
All das geschieht sehr schnell, bevor der Leichnam erstarrt.

Weitere Vorbereitungen werden getroffen: Eine Verwandte geht zur Kirche, um die Glocke läuten zu lassen. Beim Ertönen der Glocke werden im Dorf alle Häuser beweihräuchert.
Dieses Geschehen liegt einer alten Tradition zugrunde:
Die heiligen drei Könige bringen dem Jesuskind Gold, Weihrauch und Myrre als Geschenk. Mit dem Weihrauch bringen die Könige zum Ausdruck, dass das Jesuskind etwas göttliches darstellt, denn er ist gen Himmel gestiegen und stellt somit eine Verbindung zwischen den Menschen und Gott her. Dieser Glaube ist in die griechisch-orthodoxen Kirche eingeflossen. Und durch diese symbolische Handlung, Weihrauch und Gebet, wird eine Beziehung zwischen trauernden Menschen und Gott hergestellt - in der Hoffnung, dass es den Verstorbenen, dort wo er jetzt hin geht oder ist, gut geht.

Sobald der Leichnam aufgebahrt ist, beginnt die Totenklage. Um den offenen Sarg sitzen alle Familienangehörige in schwarzer Kleidung und mit aufgelöstem Haar. Mit lautem Klagen und Weinen, sowie durch Gebärden und Schlagen auf der Brust wird ihre Trauer zum Ausdruck gebracht. Es kommt auch vor, dass sich entfernte Verwandte die Haare raufen und diese auf die Hände des Toten legen. Dies geschieht besonders bei tragischen Todesunfällen.
Kleinen Kindern wird der Zugang zu dem Toten verwehrt, auch für frisch verheiratete Frauen, Schwangeren und Kranke.
Bevor weitere Verwandte, Freunde und Bekannte das Trauerhaus betreten, rufen sie den Namen des Verstorbenen aus. Sobald sie im Haus sind, wird ein Gebet gesprochen, Gott möge den Toten vergeben. Sie bringen je nach Jahreszeit Blumen, Früchte: Zitronen, Orangen und besonders Granatäpfel, die sie dem Toten in seinem Sarg legen. Dann nehmen sie auch an der Totenklage teil und trösten die Angehörigen.
Wenn die Hinterbliebenen Schwarze Kleidung anlegen, tragen sie diese ein Leben lang. Es wird sogar darauf geachtet, das auch im heißen Sommer der Körper vollkommen in Schwarz gehüllt ist, selbst Arme und Beine. Frauen legen auch ein schwarzes Tuch um ihrem Kopf und die Arme werden bedeckt bis zum Handgelenk.

Eine besondere Form der Totenklage ist das Singen von Klageliedern, die vorwiegend von Frauen gesungen werden, die für den Toten improvisiert sind. In diesen Texten wird die Sympathie für den Toten, die Krankheitsgeschichte oder die Todesumstände und Ereignisse aus seinem Leben zum Ausdruck gebracht. Zwischen den Texten ist ein Weinen und lautes Klagen. Doch darf der Gesang nicht unterbrochen werden. Es wird dann als schlechtes Omen bewertet.
Das ist noch heute auf Kreta üblich.

Bei Einbruch der Dunkelheit beginnt die Totenwache. Die Klagelieder verstummen, denn sonst werden sie als Sünde angesehen und Charon würde die Seele des Toten quälen. Es bleiben nur diejenigen im Haus, die an der Totenwache teilnehmen, denn über Nacht bleibt der Tote im Haus aufgebahrt bis zur Beerdigung am nächsten Tag. Sein Gesicht wird abgedeckt mit einem weißen Tuch. Während der Totenwache werden Früchte und Nüsse gereicht. Es werden Märchen, Rätsel um den Tod erzählt, auch vom Leben des Verstorbenen.
Die Eingangstür bleibt offen, wogegen aber alle Fenster geschlossen werden, so lange der Tote im Haus ist. So hat seine Seele die Möglichkeit, Lieblingsplätze aufzusuchen.
Am nächsten Morgen wird das Tuch vom Gesicht genommen und die Totenklage beginnt von Neuem.

In Griechenland und auf den Inseln ist es noch heute üblich vor dem Begräbnis an Wänden und Laternenmasten in den Ortschaften, wo Verstorbene gelebt haben, Aushänge über Zeit/Ort des Begräbnisses auf diesem Wege bekannt zu geben. Das wurde zuvor von den Hinterbliebenen beraten.

Bevor der Leichnam aus dem Haus getragen wird, haben sich schon die Verwandten, Nachbarn und Freunde vor dem Haus des Verstorbenen auf das Kirchengeläut, welches Dämonen vertreiben soll, eingefunden. Bevor der Priester kommt, backen in einigen Teilen Griechenlands die Frauen am Morgen eine Bugatsa (Blätterteiggebäck mit Milchcremefüllung) und stellen dieses Küchlein auf den Leichnam.
Kurz darauf kommt der Priester oder gar mehrere, die ein Kreuz und fünf Cherubimen (biblische Mischwesen mit Tierleib und Menschengesicht, welche eine übernatürliche Kraft und auch kultische Schutzfunktion ausstrahlen) tragen, die den Toten vom Trauerhaus zur Kirche und anschließend zum Friedhof schützend begleiten sollen.
Wenn die Priester erscheinen, verstummen sofort die Klagen und der Verstorbene wird von ihnen gesegnet.
Ein Priester hält eine Kerze, und in seiner anderen Hand ein kleines Weihrauchfass. Es wird das Trisajio (eine heilige Hymne – einer Liturgie gleich) vorgelesen. Dann küssen die Hinterbliebenen den Toten. Diese Handlung stellt einen erneuten emotionalen Höhepunkt dar. Auf Kreta tragen dann 4 Männer (Familienangehörige) den nun geschlossenen Sarg aus dem Haus mit dem Blick nach Osten und mit dem Füßen zuerst. Dies geschieht abermals unter dem lauten Klagen und dem Kirchengeläut. Auf Kreta wird vor der Tür ein Krug zerschlagen, um Charon zu erschrecken, so dass er nicht zurückkehrt. Auch gießt man Wasser aus dem Fenster, damit sich die Seele des Verstorbenen sich erfrischen kann.
Es formiert sich sobald ein Leichenzug, der den Toten zur Kirche unter unermüdlichen Geläut der Glocken geleitet. Dort wird der Sarg wieder geöffnet. Doch bevor die Kirche betreten wird, gehen die Trauernden drei mal um das Gebäude, bevor sie eintreten. Beim Betreten der Kirche verstummen die Klagen der Frauen.
Bei der Totenmesse wird in der Mitte der Kirche auf einem Tisch der Leichnam mit Blick auf dem Altar aufgebahrt. Die Totenmesse wird von den Priestern gesungen. Inhalt und Abfolge sind, wie alle orthodoxen Totenrituale, formal festgelegt. Der Bezug zum jeweiligen Toten wird durch Einsetzen seines Namens in festgelegten Passagen hergestellt. Der Bezug zum jeweiligen Toten wird durch Einsetzen seines Namens in festgelegten Passagen hergestellt. Inhalt dieser Liturgie wird die Trennung der Seele vom Körper und die des Toten von den Lebenden thematisiert mit dem Ziel, auch die Reinigung der Seele durch die Vergebung der Sünden und damit den Übergang des Verstorbenen ins Paradies zu schaffen.
Während der Messe sitzen die weiblichen Verwandten um den Leichnam und weinen leise. An alle Anwesenden in der Kirche werden Kerzen verteilt. Sie werden angezündet und für die Dauer der Liturgie in den Händen gehalten.
Die Totenmesse endet mit einer Hymne den letzten Kuss dem Toten zu geben. Alle Anwesenden folgen der Aufforderung. Nach dem letzten Gruß stellen sich die Angehörigen an der Kirchentür in einer Reihe auf, um die Beileidsbekundungen und Tröstungen entgegen zu nehmen.

Nach der Totenmesse zieht der Trauerzug zum Friedhof, der außerhalb der Ortschaft liegt.
Von den Hinterbliebenen und Freunde wird der offene Sarg mit Wehklagen zum Friedhof gebracht. Von den Griechen wird dieser Ort gewöhnlich „Kimitirio“ genannt, was in der Übersetzung „Schlafstätte“ heißt. Der Sarg wird neben dem Grab abgesetzt und der Priester liest das Trisarijo und beweihräuchert den Leichnam.
Die schwarzen Schleifen von Händen und Füßen werden gelöst, auch die Binde von dem Unterkiefer. Auf Kreta werden dem Toten die Schuhe von den Füßen entfernt, die dann nach der Beerdigung auf das Grab gestellt werden. Wer es von den Trauernden möchte, kann diese dann mit sich nehmen.
Klagelieder werden laut gesungen. Oft werden Salutschüsse zu Ehren des Verstorbenen abgefeuert, besonders, wenn der Tote ein Partisan gewesen ist, auch wenn er zu Lebzeiten im Dorf hoch angesehen war. Vor der Grabstätte wird der Sarg verschlossen unter dem lauten Weinen und Gebeten der Hinterbliebenen und den Klagefrauen. Dieser Ablauf gleicht einer Tragödie, denn Bestattungsrituale sind eng an die Jenseitsvorstellungen geknüpft.
Der Tote ruht hier nicht in der Erde. Der hölzerne Sarkophag wird von Stein umsäumt, mit Zement aufgefüllt und mit Platten aus Marmor rundum verschlossen. Dieser Brauch kam aber erst später. Zuvor wurden die Grabstätten mit einer Betonplatte abgedeckt (näheres über Friedhöfe unserer Zeit).

Die Angehörigen geben dem Verstorbenen Dinge mit auf dem Weg ins ewige Leben, die er zu seinen Lebzeiten geliebt hatte. Selbst wenn jemand an Lungenkrebs verstarb, wird ihm die Zigarette nicht verwehrt, auch nicht den geliebten Raki neben Speisen, die er mit Vorliebe gegessen hat.
Die Kreter glauben fest daran, dass alle Seelen ohne Sünde das Jenseits erreichen werden. Der Körper – die menschliche Hülle – bleibt in der irdischen Welt zurück. Doch diese Seelen der Toten werden bei Gott das ewige Leben und Frieden finden.

Der Engel Gottes Michael, auch auf Kreta „Michalaki“ genannt, begleitet die Seele des Toten auf seinem Weg. Michalaki gilt als Todesengel und Seelengeleiter, ein Gegenspieler des Teufels, der alle Seelen in den Hades geleitet. Kaum ein Kreter fürchtet den Prozess des Sterbens, ganz im Gegenteil: Er sieht es als ein hinübergleiten in eine andere Dimension, in ein Himmelreich wo Gott regiert und sanfte Ruhe verspricht.
So kann seine Seele auf den Weg in Begleitung Michalaki friedvoll wandeln, welcher die irdische und der jenseitigen Welt verbindet, bis er an das Ende angelangt ist. Dort empfängt Gott die wandelnde Seele – aber nur wenn sie frei von Sünde ist! – mit offenen Armen und verspricht Frieden in seinem Reich. Die Kreter glauben fest daran, dass alle Seelen, die frei von Sünden sind, das Jenseits erreichen werden. Der Körper, die menschliche Hülle, bleibt in der irdischen Welt zurück; aber die Seelen der Toten werden bei Gott das ewige Leben haben und Frieden finden.

Sobald das Grab verschlossen wird, verlassen die Trauernden den Friedhof – ohne sich umzuwenden, weil sie glauben, sie könnten den Tod bald folgen. Die Angehörigen gehen sofort nach Hause.
In Griechenland ist es unüblich, erst in einigen Tagen den Toten zu beerdigen. Dies hängt erstens am orthodoxen Glauben der Griechen ab, der besagt, das man einen Verstorbenen bereits nach 24 Stunden und spätestens vor Sonnenuntergang des folgenden Tages beerdigen sollte. Zum anderen begründet sich dies auch auf Grund der Tatsache, das in Griechenland meistens keine geeignete Kühlräume für Leichen vorhanden sind.
Zudem müssen die Verstorbenen schon wegen dem raschen Verfallprozess recht schnell beerdigt werden. Nach dem Begräbnis finden in bestimmten Abständen (40 Tage, 90 Tage, 1 Jahr ) noch einmal Totenmessen statt. Die größte Bedeutung hat die Zeremonie nach den ersten 40 Tagen (dem sogenannten Mnimosyno). Es wird hiermit begründet, das nach dem orthodoxen Glauben Jesus Christus nach seiner Auferstehung vom Tode 40 Tage auf der Erde verweilt haben soll, bevor er zum Himmel aufstieg. Auch sind die Hinterbliebenen davon überzeugt, sie werden dem Toten noch etwas Gutes tun.
Früher wurden sogar in griechischen Dörfern eine Mahnwache aufgestellt und von den einheimischen Frauen 24 Stunden Klagelieder gesungen.
Auf dörflichen Friedhöfen finden Besucher weniger Blumen/Kränze vor, eher in städtische Gebiete. Grabsteine findet man kaum vor, eher Kreuze und Grabstätten aus Marmor. Unmittelbar an den Gräbern befinden sich kleine gläserne Kästen, worin Kerzen und Fotos der Verstorbenen aufbewahrt werden.
Die Friedhofsanlagen mit den Marmorgrabstätten, wie wir diese heute kennen, gibt es in den größeren Städten erst nach dem II. Weltkrieg. Bergdörfer, wenn sie gut betucht waren, folgten allmählich nach.
Zuvor wurden die Toten (sofern es die Geologie des Bodens zuließ) in der Erde begraben und mit einer Betonplatte bedeckt, zuvor auch in Erdgruben oder Höhlen bestattet.
Weit verbreitet in Griechenland gibt es als Totenmahl „Kolliva“, eine Speise aus Weizen, der gesäubert und im Wasser mit einigen Tropfen Olivenöl mit Wein und Limonenblätter gekocht. Dann wird er auf ein Blech verteilt, damit die Körner abkühlen können. Sesam und Mandeln werden zerstoßen, Granatapfelkerne und Rosinen, gibt Petersilie und Zimt hinzu und vermischt dieses mit dem Weizen. Zum Schluss wird die Masse mit zerstoßenem Zucker überzogen.
Ein Fleischgericht als Totenmahl ist im allgemeinen nicht üblich, doch auf Kreta habe ich es erfahren, dass es nicht überall in Griechenland gilt. Ich habe auch dort einmal an einem Totenmahl nach der Beerdigung am Abend jenen Tages teilgenommen, an dem es ein Gericht mit Fleisch gab.

Die Hinterbliebenen bleiben auch nach dem Totenmahl nicht allein. Das ist undenkbar!
Das Thema Bestattung/Tod ist bei den Griechen sehr stark nach dem orthodoxen Glauben geprägt. Wie auch in anderen Religionen glauben die orthodox Gläubigen an einem Leben nach dem Tod, so dass alle Seelen ohne Sünde das Jenseits erreichen werden. Der Körper – die menschliche Hülle – bleibt in der irdischen Welt zurück, aber diese Seelen der Toten werden bei Gott das ewige Leben und Frieden finden.
Es kommen Verwandte, Freunde und Bekannte in das Trauerhaus, die Trost und Nahrungsmittel bringen. Sie essen mit den Trauernden und leisten ihnen Gesellschaft. Dies kann bis zu einem Monat andauern; denn der Tod eines Familienangehörigen bedeutet einen tiefen Einschnitt für die Hinterbliebenen, der sich in allen Bereichen ihres Lebens auswirkt. Es besteht eine enge Verbundenheit zwischen den Familien. Somit wird auch eine bedeutende Nähe zum Toten zum Ausdruck gebracht, sowie eine offensichtlichere Intension des Sterbens im Sozialleben der Menschen.

Es gibt auch Abweichungen in dieser Hinsicht. Dabei spreche ich von Stadt-Land-Unterschiede.
In den größeren Städten werden die Sterberituale nicht mehr so streng gehandhabt wie in den Dörfern, wo die Menschen noch an ihren alten Traditionen festhalten. Die Bewohner in den griechisch ländlichen Gegenden fühlen sich diesen alten Traditionen bis in die jüngste Vergangenheit verpflichtet. Hierzu zählen auch die Totenbräuche, da sie zahlreicher Relikte älterer Kulturschichten enthalten.

Eines der Rituale dürfte noch Erwähnung finden, der in Griechenland verbreitet ist: Sobald der Mensch verstorben ist, oder am Tag seiner Begräbnis wird im Sterbezimmer eine Öllampe oder eine Tasse mit Wasser aufgestellt. 40 Tage lang wird darauf geachtet, das die Öllampe nicht verlischt und auch das Wasser wird erneuert aus dem Glauben, dass während dieser Zeit die Seele des Verstorbenen noch auf der Erde verbleiben könne und all die Orte aufsucht, wo sich der Verstorbene zu Lebzeiten aufgehalten hat.
Nach den 40 Tagen wird die Öllampe zur Vertreibung dämonischer Wesen auf das Grab gestellt.

Am ersten Tag nach Ostern besuchen die Hinterbliebenen die Grabstätte, die einige Tage zuvor gründlich geputzt und neu geschmückt wird. In ihren Körben oder Taschen tragen sie die Speisen und Getränke, die der Verstorbene auch gern gegessen und getrunken hat, zu diesem Ort. Bevor gegessen wird, liest der Priester die Neuigkeiten des Dorfes dem Verstorbenen vor, damit auch er am irdischen Geschehen teilhaben kann. Dann teilen sie mit Gebeten und ihre Lieder ihre Speisen und Getränke feierlich mit dem Toten.
Für einen geringen finanziellen Aufwand pro Jahr können sich arme Familien für den Zeitraum von ca. drei Jahren eine Grabstätte mieten. Danach wird der Körper, der im Sarkophag (von den Griechen genannt: Sargophagus (Fleischfresser) verwest ist, von den Hinterbliebenen heraus genommen.
Die Gebeine werden gesäubert und mit Rotwein gewaschen – ein Symbol für das Blut Christi und bedeutet ewiges Leben. Das Öffnen des Grabes nach ca. 3 Jahren liegt auch einer alten Tradition zugrunde, die bis in die Antike zurück geht: Die Hinterbliebenen glauben an den Gebeinen zu erkennen, ob sich die Seelen der Verstorbenen noch im Hades oder sich schon im Elysium befinden. Sind die Gebeine schwarz, dann sind die Seelen noch im Hades. Sind sie aber weiß und zeigen keine Spuren der Verwesung mehr, dann befinden sich die Seelen schon im Elysium.
Ein Fegefeuer ist den Menschen orthodoxen Glaubens nicht bekannt.

Nach diesem Ritual werden die Gebeine in Kisten oder Schachteln gelegt und ins Beinhaus gebracht. Bilder des Verstorbenen werden daran befestigt oder dessen Schädel darauf gelegt. So wird das Ganze im Gebeine-Haus (auf das ich später noch eingehe) aufbewahrt.
Bei den gekauften Grabstätten, die einen hohen finanziellen Aufwand erfordern, werden die Toten mit speziellen Medikamenten versorgt, damit die Körper in den Gräbern nicht zu schnell verrotten.

Bis dahin erstmal. Doch möchte ich bemerken, das diese noch heutigen Rituale noch aus der Antike lebendig sind. Dazu werde ich noch über "Die Gestaltung Griech. Friedhöfe in der Antike" etwas ausarbeiten und posten.
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Griechische Totenbräuche/Sterberituale: Empty Christliche Blutbäder in Griechenland, Kleinasien und Syrien

Beitrag von Tammuz Mi Jun 29, 2016 4:29 pm

Kompliment für den detaillierten Überblick.

Das gemeinsame Auftreten von Erzengel Michael und dem Unterweltsdämon Charon während des Sterbevorgangs ist das Resultat einer synkretistischen Vermischung christlicher und hellenischer Vorstellungen. Leider hat dieses Phänomen einen historischen Hintergrund, der an Negativität nichts zu wünschen übrig lässt. Die Christianisierung Griechenlands wurde gegen den Widerstand der polytheistischen Bevölkerung mit extremer Brutalität durchgesetzt.

Ich nenne die wichtigsten Stationen im 4. Jahrhundert CE:

324

Kaiser Konstantin schließt das apollinische Orakel in Didyma und lässt dessen Priester zu Tode foltern. Die griechischen Tempel auf dem Berg Athos werden zerstört.

326

Er lässt zahlreiche weitere hellenische Tempel zerstören.

335

Er lässt alle hellenischen Orakelpriester kreuzigen.

341

Ebenso verfährt Kaiser Flavius Julius Constantius.

353

Constantius stellt alle nichtchristlichen Kultpraktiken unter Todesstrafe.

354

Er lässt alle nichtchristlichen Tempel schließen oder in Bordelle umwandeln.

359

In Syrien werden Todeslager (Folter und Hinrichtung) für verhaftete Nichtchristen eingerichtet.

361-363

Kaisers Flavius Claudius Iulianus führt bis zu seiner Ermordung 363 vorübergehend wieder nichtchristliche Kulte ein.

370

Kaiser Valens lässt Nichtchristen in der östlichen Reichshälfte brutal verfolgen und töten. Tausende von nichtchristlichen Büchern werden öffentlich verbrannt.

372

Kaiser Valens ordnet an, alle Nichtchristen in Kleinasien sowie ihre Bücher zu vernichten.

(usw. usf.)

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Beitrag von Ceres Mi Jun 29, 2016 6:16 pm

Danke Tammutz für deinen Post.
Ich muss zugeben, das mir die Hintergründe des Erzengel Michael (galt ja als Heiler/Helfer/Beschützer soviel ich weis) und Charon nicht bekannt waren.

Ich würde gerne tiefer graben, also noch mehr darüber wissen über den historischen Hintergrund (ab Kaiser Konstantin). Du hast mich sehr neugierig gemacht!
Daher frage ich dich einfach mal: Aus welcher Quelle hast du dein Wissen? Kannst du mir bitte ein Buch empfehlen mit dieser Thematik ??
Danke schon mal.


Zuletzt von Ceres am Mi Jun 29, 2016 6:43 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Beitrag von Ceres Mi Jun 29, 2016 6:36 pm

Die Gestaltung Griech. Friedhöfe in der Antike

Auch diese lagen zum größten Teil außerhalb der Orte. Zu dieser Zeit entwickelten sich Nekropole. Gemeinschaftsgräber befanden sich vorwiegend in Familienbesitz.
Als Kennzeichen auf oder gar neben Gräber wurde ein großer Stein aufgestellt, doch mit der Zeit entwickelten sich unbehauene Grabstelen, in denen nur die Namen der verstorbenen Personen eingemeißelt war. In der Jahrhundertmitte (7. Jh. v. Chr.) entfalteten sich hohe Stelen mit figürlicher Darstellung (z.B. Frauen mit Spindeln, bewaffnete Krieger), die immer häufiger anzutreffen waren. Besonders im 6. Jh. v. Chr. Entstanden äußerst prunkvolle Gräber, die mit Flachreliefs geschmückt waren, die aber dann im 5. Jh v. Chr.) nach Einführung der Demokratie verboten wurden.
Bemerkenswert ist auch die Regel, dass maximal zehn Männer drei Tage an einer Begräbnisstätte arbeiten durften. Demzufolge wurden die Grabmonumente immer einfacher. Verboten war auch, das  ein Grab weder von aufrechten Steinen noch von bemalten Tafeln geschmückt sein durfte – die Athener mussten sich wohl oder übel damit abfinden.
Doch im 4. Jh. v. Chr. kamen die ersten niedrigen Steinmauern als Einfriedung auf, die mehrere Gräber von Familienmitglieder umfassten. Ruhestätten von Sklaven zierte nur ein schlichter Säulenstumpf, in dem der Name eingemeißelt wurde.
Seit der minoischen Zeit sind Grabkammern aufgemauert oder im Fels gehauen.  Auch diese befanden sich außerhalb von kleinen oder größeren Wohngebieten, denn der Tod sowie die Geburt wurde mit Unreinheit gezeichnet. Damals war es auch ein Vorrecht der Reichen Leute in einem Holzsarg begraben zu werden. Die Zypressen auf Friedhöfe, die noch heute vorzufinden und geheiligt sind, galten oder gelten noch immer  als Apoll (Gott des Lichtes). Dieser immer grüner Baum gilt noch immer wegen seiner Form (Phallus) als ein Symbol des Lebens, der Zeugungskraft, Lebensbaum und Himmelsleiter.

Bei einem spätminoischen Friedhof handelt es sich vorwiegend im Felsboden geschlagene Kammergräber. Sie dienten als Familiengräber. Ein anschauliches Beispiel ist der spätminoische Friedhof von Armeni. Bis heute wurden dort mehr als 220 Gräber freigelegt.
Die gesamten Grabanlagen wurden von ca. 1390 – 1190 v. Chr. datiert, die als Nachpalastzeit (Spätminoisch) bezeichnet wird. Es handelt sich hierbei vorwiegend um Kuppelgräber mit einem zugeschütteten Zugangskorridor – in der Archäologie DROMOS genannt.
Dromos führten stufenartig in den Untergrund als Kalkstein und auch in den Fels selbst. Vor den Grabkammern befanden sich schwere Steinplatten mit dem Zweck, die Eingänge zu verschließen.
Bemerkenswert ist auch, dass die Grabstätten unterschiedlicher Größe in Ost-West-Richtung angelegt wurden. Bei den größten Grabkammern hatten die Erbauer entweder einen mittleren oder zwei an den Seiten Pfeiler aus den Fels heraus gehauen, mit dem Ziel, die Kammerdecken zu stützen.
Das Größte der Gräber überhaupt befindet sich am Südende der Umzäunung. Der Dromos hat zum Beispiel eine Länge von 16 Metern und die quadratische Grabkammer selbst besteht aus 5 Metern Seitenlänge. Das Grab hebt sich hervor durch die aus dem Fels heraus gearbeitete Steinbank.

Die Leichen wurden entweder in Sarkophagen aus Ton, bemalte Holzsärgen oder direkt auf dem Boden in Embryostellung in Leinen gehüllt. Eine Vielzahl von Skeletten wurden untersucht. Es wurde festgestellt, dass die Menschen einst kohlehydratreiche und fleischarme Ernährung bevorzugten. Erstaunlich ist auch, dass die Lebenserwartung sehr niedrig war: Männer wurden nur ca. 30 und Frauen ca. nur 23 Jahre alt.
Es wird angenommen, dass es hier eine spätminoische Kleinstadt in der Nähe des Friedhofs gegeben hat. Dafür sprechen die Nekropole. Die Stadt wurde aber bis heute noch nicht lokalisiert, aber es wird weiter nach ihr gesucht.

Nekropolen entstanden überhaupt außerhalb von Städten. Felder, auf denen die Verstorbenen  der Bürgerschicht in einfachen Gräbern bestattet hat. Auch wurden hoch angesehene Menschen vereinzelt in aufwändigen Grabkammern beigesetzt.
Normalerweise wurden aber prominente und reiche Bürger innerhalb der Stadtmauern, auf öffentlichen Plätzen, auch außerhalb der Stadt an Landstraßen ein pompöses Grabmal gewährt.
Bei den Christen ist die Vorstellung, dass nicht nur im Leben, sondern auch im Tod sie vereint sein wollen, um auf den jüngsten Tag der Auferstehung zu warten. Daher entstanden die gemeinschaftlichen Grabstätten. Zuvor bis zum 4. Jahrhundert waren es vorwiegend Katakomben, d. h. Unterirdische Grabkammern, in denen die Verstorbenen ihre letzte Ruhe fanden.
Betrachtet man insgesamt die Gräber der Alt- und Neupalastzeit, aus denen die anthropologisch untersuchten Skelette stammen, zeigt sich auch bei den Bestattungssitten eine Kontinuität zur
Vorpalastzeit. Bestattet wurde weiterhin außerhalb der Siedlungen in eigens angelegten Friedhöfen.
Häufig wurden in der Vorpalastzeit erbaute Gräber auch noch in der Altpalastzeit genutzt. Beibehalten wurden auch die für verschiedene Regionen Kretas typischen Grabformen: In der Messara-Ebene im Süden der Insel wurden die bereits in der Vorpalastzeit erbauten Tholosgräber, in Ostkreta die Hausgräber weiter genutzt oder auch neu gebaut. Aus Westkreta gibt es zu wenig Grabfunde, um Aussagen über eine spezifische Ausprägung der Bestattungssitten in dieser Region treffen zu können.
n Mittelkreta kam am Ende der Altpalastzeit eine neue Grabform auf:
Hier wurden die ersten Felskammergräber gebaut. Bekannt sind diese aus den Nekropolen auch von
Knossos sowie aus Poros bei Iraklion. Eine Neuerung der Palastzeit, die hauptsächlich auf Ostkreta
beschränkt ist, sind Pithosnekropolen wie die von Gournia.
Ähnlich wie bei den Grabformen lassen sich auch bei den Bestattungsformen regionale Unterschiede feststellen: Die Sitte der Larnaxbestattung war zu Beginn der Neupalastzeit in Mittel- und Ostkreta relativ weit verbreitet, in Westkreta dagegen unbekannt. Pithosbestattungen waren besonders im Osten beliebt. In den mittelkretischen Felskammergräbern tauchen erstmals Holzbahren auf, die eine Zeitlang neben Larnakes und Pithoi bzw. neben der Bodenbestattung bevorzugt wurden.
Typische Grabbeigaben sind Ton- und Steingefäße, teilweise mit Nahrungsresten. Auch Schmuck
wurde häufig beigegeben. Waffen, meist Dolche, wurden vor allem in den Messara-Tholoi gefunden
und waren wohl vor allem auf die Vor- und die Altpalastzeit beschränkt. Einen festen Kanon, womit
ein Toter unbedingt versorgt werden musste, gab es im minoischen Kreta offenbar nicht. Schwierig ist die Zuordnung der Beigaben zu bestimmten Bestattungen häufig deswegen, weil bei
Mehrfachbelegungen frühere Bestattungen einfach beiseite geschoben und dabei unter Umständen
auch ihrer wertvollen Beigaben beraubt wurden.

Im Umgang mit früheren Bestattungen gab es neben dem achtlosen Beiseiteschieben auch andere
Praktiken: Eine Besonderheit auf Kreta sind sogenannte Ossuarien oder Osteotheken, Beinhäuser, in denen besonders die Schädel älterer Bestattungen sorgfältig gesammelt und aufbewahrt wurden. In
den Messara-Tholoi dienten Anbauten an das Rundgrab häufig als Ossuarien. Oder man verwendete eine Larnax oder einen Pithos als Ossuarium und sammelte die Schädel darin. Solche Beinhäuser gibt es auch heute noch in bestimmten orthodoxen Gegenden, sie finden sich aber auch in manchen katholischen Regionen mit einer entsprechenden lokalen Tradition.
Friedhöfe gab es auch in Griechenland und auf der Inselwelt schon immer. Die Gräber aus der frühen Bronzezeit gelten als eine der ältesten und größten Nekropole im Mittelmeerraum.

Z. B. FOURNI auf Kreta:

Mit Fourni ist hier ein lang gestreckter Hügel gemeint, der dem Juchtas nordwestlich vorgelagert ist. Von Archanes können Besucher auf dem Fußweg von Ano Archanes aus die Necropole erreichen.
Schon zu dieser Zeit wurden hier die Toten begraben, auch wurden Gebeine im Ossarium (Kisten oder Schachteln, die auch Ossarien genannt wurden) aufbewahrt. Die Nekropole beinhaltet mehrere Tholos- und Kuppelgräber, ein Ossarium und eine Kultgrotte, ein Ort der kultischen Handlungen und Abläufe.
Unter Tholosgräbern verstehen wir runde Grundrisse auf dem Boden mit ca. 16 m Durchmesser. Diese Gräber wurden errichtet mit Steinen. Die Gewölbe wurde entweder auch mit Steinen, oder mit Holz bedeckt. Die Gräber aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. galten als Sippengruften mit vielen Beigaben auf Kreta und gelten als eine Vorform des mykenischen Kuppelgrabes.
Auch wurden die Toten in Höhlen bestattet. Mit Massengräbern in Höhlen/ Katakomben wurde angestrebt der Platznot Herr zu werden. Erst 2003 wurde in der Lassiti Hochebene eine Höhle entdeckt. Die Trapeza-Höhle (Tropfsteinhöhle) diente schon im späten Neolithikum (3800 – 2800 v. Chr.), der Minoischen Zeit (1700 – 1200 v. Chr.), der Hellenischen Epoche (330 – 67 v. Chr.), der Byzantinischen Zeit (330 – 1204) und auch noch in der Venezianischen Zeit ( 1204 – 1669) als Kultstätte. Auch wurde diese Höhle als Grabstätte genutzt.
Sowie auch die Höhlen von Matala einst als Katakomben dienten. Schon in der Jungsteinzeit waren diese Höhlen bewohnt und dienten auch als Grabstätten, besonders in der Römerzeit wurden diese Höhlen als Katakomben benutzt.

In der Zeit v. Chr., war es üblich, Leichen zu verbrennen. Sie mussten ja „entsorgt“ werden! Erst im 2. Jahrhundert setzte sich die Erdbestattung durch. Im Mittelmeerraum waren für Heiden die Katakomben vorgesehen, die gewöhnlich eine Erdbestattung bevorzugten. Rasch füllten sich die Katakomben auch mit Leichen von Christen.

Abschließend möchte ich noch hinzufügen:

Feuerbestattungen in Griechenland und auf den Inseln verbietet Heutzutage noch streng das griechisch Orthodoxe Christentum. Das Verbrennen einer Leiche steht ganz zum Gegensatz ihrer Glaubenswelt. Hier spielt das Vorbild der Grablegung Jesu Christi und die Erwartung der Auferstehung des Leibes beim jüngsten Gericht eine wesentliche Rolle. Die Menschen orthodoxen Glaubens sehen eine Leichenverbrennung als heidnisch und als eine Leichenschändung an, weil der Mensch als eine Einheit von Leib und Seele gesehen wird. Auch spielt hier die Ehrfurcht vor dem toten menschlichen Körper eine wichtige Rolle. Der Körper selbst ist die irdische Hülle.
Ein Fegefeuer ist der griechisch orthodoxen Glaubenslehre nicht bekannt.
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Beitrag von Skeptik Do Jun 30, 2016 1:08 pm

[quote="Ceres“]

Danke für diesen so informativen und, ich muß sagen, auch berührenden Bericht. Man möchte damals gelebt haben. Jeder konnte sich geborgen fühlen in seiner Umgebung. Bei dieser allgemeinen und umfassenden Anteilnahme war der Gedanke an den eigenen Tod vielleicht erträglicher.

Ich denke, alle diese Handlungen gelten wohl den Toten. Aber sicher in noch größerem Maße den Lebenden. Es ist wie ein Beruhigen und Dämpfen der Gedanken an den und Fürchten vor dem eigenen Tod.

Verschlechtert sich der Zustand des Kranken rapide, wird der Priester geholt, damit er ihn die Beichte abnimmt. Sollte der Priester nicht rechtzeitig zugegen sein können, so der Brauch, können auch die Familienmitglieder dem Sterbenden eine Art letzte Ölung geben. Das geschieht insofern, das sie etwas Öl von der Lampe des Hausaltars kreuzweise über den Sterbenden gießen.

Angst vor dem dann Kommenden.

Auf Kreta wird vor der Tür ein Krug zerschlagen, um Charon zu erschrecken, so dass er nicht zurückkehrt.

Was kann man tun. Was könnte helfen.

Bevor der Priester kommt, backen in einigen Teilen Griechenlands die Frauen am Morgen eine Bugatsa (Blätterteiggebäck mit Milchcremefüllung) und stellen dieses Küchlein auf den Leichnam.

Wie kann man in dieser Situation ein wenig vom normalen Leben weiterführen.

Inhalt dieser Liturgie wird die Trennung der Seele vom Körper und die des Toten von den Lebenden thematisiert mit dem Ziel, auch die Reinigung der Seele durch die Vergebung der Sünden und damit den Übergang des Verstorbenen ins Paradies zu schaffen.

Der Priester sorgt dafür, daß es gut werden wird für alle.

Die schwarzen Schleifen von Händen und Füßen werden gelöst, auch die Binde von dem Unterkiefer. Auf Kreta werden dem Toten die Schuhe von den Füßen entfernt, die dann nach der Beerdigung auf das Grab gestellt werden. Wer es von den Trauernden möchte, kann diese dann mit sich nehmen.

Von dem Toten, den man doch so geliebt hat, geht nun eine Gefahr aus vor der man sich schützen und von der man sich aber auch befreien kann.

Die Kreter glauben fest daran, dass alle Seelen ohne Sünde das Jenseits erreichen werden. Der Körper – die menschliche Hülle – bleibt in der irdischen Welt zurück. Doch diese Seelen der Toten werden bei Gott das ewige Leben und Frieden finden.

Eine sehr menschenfreundliche Religion. Ohne Angst kann sich ein Weiterleben der Zurückgebliebenen entwickeln.

Sobald das Grab verschlossen wird, verlassen die Trauernden den Friedhof – ohne sich umzuwenden, weil sie glauben, sie könnten dem Tod bald folgen.

Aber man weiß nie. Es ist ratsam bestimmte Rituale zu befolgen.

Ein Fegefeuer ist den Menschen orthodoxen Glaubens nicht bekannt.

Diese mitleidlose Härte zusätzlich eingeführt zu haben ist das Verdienst der Römisch-katholischen Kirche.

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Beitrag von Ceres Fr Jul 01, 2016 9:29 am

Sehr schöner Text, Skeptik. Danke dafür.

Die Rituale werden noch heute so durchgeführt. Bei der griechischen Familie stehen Familienangehörigen an 1. Stelle.

Ich habe mich ausgiebig mit dem Thema beschäftigt. Habe wochenlang auf Kreta verbracht und somit studieren können.
Habe auch darüber ein Buch geschrieben.

lg Ceres.

P.S. Ich schreib dir mal eine PN
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Beitrag von Tammuz Fr Jul 01, 2016 3:07 pm

Ceres schrieb:Aus welcher Quelle hast du dein Wissen? Kannst du mir bitte ein Buch empfehlen mit dieser Thematik ??
Danke schon mal.

Der heißeste Tipp in Sachen ´Christentum und Gewalt´ ist natürlich Karlheinz Deschners Werk, dessen Bände du mit Glück in einer Stadt-Bibliothek und auf jeden Fall in einer Staatsbibliothek einsehen kannst.

https://hellenismos.org/2015/12/19/karlheinz-deschner-kriminalgeschichte-des-christentums-band-1/


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Beitrag von Tammuz Fr Jul 01, 2016 3:14 pm

Skeptik schrieb:Zitat Ceres:
Ein Fegefeuer ist den Menschen orthodoxen Glaubens nicht bekannt.

Diese mitleidlose Härte zusätzlich eingeführt zu haben ist das Verdienst der Römisch-katholischen Kirche.

Das Fegefeuer (Purgatorium) ist nicht identisch mit der ´Hölle´. Die Orthodoxen lehnen die Fegefeuer-Vorstellung ab, haben die Höllen-Vorstellung aber beibehalten.

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Beitrag von Ceres Fr Jul 01, 2016 8:59 pm

Tammuz schrieb:
Ceres schrieb:Aus welcher Quelle hast du dein Wissen? Kannst du mir bitte ein Buch empfehlen mit dieser Thematik ??
Danke schon mal.

Der heißeste Tipp in Sachen ´Christentum und Gewalt´ ist natürlich Karlheinz Deschners Werk, dessen Bände du mit Glück in einer Stadt-Bibliothek und auf jeden Fall in einer Staatsbibliothek einsehen kannst.

https://hellenismos.org/2015/12/19/karlheinz-deschner-kriminalgeschichte-des-christentums-band-1/


Danke sehr ♥️
Ich habe mir mal den Link angeschaut. WOW !! das wird vielen - die sich zum ersten Male mit Dreschners Werke beschäftigen, das gesamte Weltbild in bezug Christentum gewaltig ändern.
Ich werde sehen, wo ich zumindest mal den Band I auftreiben kann. In unserer Bibliothek siehts bissel düster aus. Aber viellt. bei einer Fernleihe? Oder ich fahre mal nach Magdeburg und versuchs da mal. Very Happy

EDIT:
Da gebe ich dir recht. Die Griechen haben den Glauben an die Hölle beibehalten, aber lehnen das Fegefeuer ab.
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Beitrag von Skeptik Fr Jul 01, 2016 11:59 pm

Tammuz schrieb:
Das Fegefeuer (Purgatorium) ist nicht identisch mit der ´Hölle´. Die Orthodoxen lehnen die Fegefeuer-Vorstellung ab, haben die Höllen-Vorstellung aber beibehalten.

Orthodoxie verspricht niemandem, ihn in irgendein Paradies oder in irgendeine Hölle zu schicken.
Die orthodoxen Kirchen sehen sowohl Himmel als auch Hölle als intime Nähe zu Gott, diese werde aber von den Gerechten als freudig und segensreich, von den Bösen dagegen als qualvoll und voller Gewissensbisse erlebt.

https://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%B6lle#Orthodoxe_Kirchen

Die Erfahrung von Himmel oder Hölle ist jenseits der Worte und der Sinne. Es ist eine ungeschaffene Realität und nicht eine geschaffene. Die Lateiner schufen den Mythos, dass Himmel und Hölle geschaffene Realitäten sind. Es ist ein Mythos, dass die Verdammten Gott aufgrund seiner Abwesenheit nicht schauen werden. Die Lateiner nahmen auch das Feuer der Hölle als etwas Geschaffenes (z.B. Dante). Die orthodoxe Tradition ist der Heiligen Schrift treu geblieben, dass auch die Verdammten Gott schauen werden (wie der reiche Mann im Gleichnis), allerdings als ein "verzehrendes Feuer.“

Das mir vorliegende Buch von Dantes Göttlicher Komödie mit Zeichnungen von Botticelli gliedert sich in drei Teile. Inferno mit 34 Kapiteln, Purgatorium mit 33 Kapitel und dem Paradies mit 32 Kapiteln. Die Hölle also zuerst und erst dann für "normale" Sünder das Purgatorium als Durchgang zum Paradies. Wobei das Purgatorium den Qualen der Hölle in nichts nachsteht und nur den Vorzug hat endlich zu sein.

Interessant finde ich das letzte Bild des Infernos. Es zeigt den stark behaarten Höllenfürsten mit drei Köpfen und einem unübersehbaren Bauchnabel. Da dieses Bild ja sicher die letzte Steigerung aller Kapitel des Infernos ist verwundert mich doch sehr, wen Dante da in den drei Mäulern verschwinden läßt. Im mittleren Maul verschwindet Judas Ischariot, im linken Maul Brutus, der Mörder Cäsars und im rechten Maul Cassius, der die Verschwörung gegen Cäsar angezettelt hat.

Weiß jemand eine Erklärung? Gäbe es da nicht schlimmere Übeltäter? Oder hat man Jesus und Cäsar früher auch gemeinsam gesehen wegen beider Clementia?

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Beitrag von Ceres So Jul 03, 2016 9:53 am

Ich habe zwar (noch) nicht Dante gelesen. Werde ich aber noch tun.
Was deine Frage betrifft: Ich stelle es mir so vor, dass die Szenerie mit dem Höllenfürsten symbolischen Charakter hat, da diese 3 Gestalten sich mit Sünde beladen haben. Dante hat sich dieses Bild zu eigen gemacht, d. h. er hatte
wahrscheinlich bevorzugt, über diese 3 Gestalten zu berichten und demnach ihre Sünden zu bestrafen.

Natürlich gibt es noch schlimmere Übeltäter, aber diese hatte Dante außen vorgelassen. Wichtig schien ihm wohl diese
3 Gestalten zu "behandeln".

Wie aber schon gesagt: Das Buch wartet noch auf mich, gelesen zu werden.
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Beitrag von Tammuz Di Jul 05, 2016 5:59 pm

Skeptik schrieb:Orthodoxie verspricht niemandem, ihn in irgendein Paradies oder in irgendeine Hölle zu schicken.

Ich denke, dass du die orthodoxe Höllenvorstellung zu weich zeichnest. "Verdammte" sind Verdammte, egal ob ´Gott´ nah oder fern. Das gleiche gilt für die "Hölle". Fakt ist, dass die Verdammten auch in der orthodoxen Hölle(nvorstellung) qualvoll leiden, und zwar auf ewig. Es mag orthodoxe Lehrer gegeben haben und geben, die die Gottesschau  (aber in keiner positiven Weise) auch für Verdammte behaupten, aber die Regel scheint das in der orthodoxen Kirche nicht zu sein. Ich verlinke die Website einer orthodoxen Gemeinde (in Göttingen), wo es klipp und klar heißt:

http://www.orthodoxia.de/Glaubenslehre.htm

58. Was ist die Hölle?
Die Hölle ist der „Ort der Qual" (Luk. 16, 28), wo die Verdammten ewig Qualen erleiden sowie ewig von der Anschauung Gottes ausgeschlossen sind.
Das und nichts anderes wird den Gemeindemitgliedern über die Hölle dort gelehrt.

Im übrigen hatte die Fegefeuer-Vorstellung in früheren Zeiten psychologische Vorteile gegenüber dem Schwarzweiß der Orthodoxen:

1)
Die Horrorshow dauert nicht ewig - was ein dermaßen riesiger Unterschied zur ewigen Hölle ist, dass man es mit Worten nicht ausdrücken kann.

2)
Das Fegefeuer bzw. die Vorstellung davon ist konzipiert für jene, deren Vergehen zu gering für eine Verdammung in die Hölle sind, aber zu schwer für einen direkten Eintritt in den Himmel. Es gibt also eine Grauzone zwischen Schwarz und Weiß, die bei den Orthodoxen fehlt. Ein Orthodoxer lebt dementsprechend in größerer Angst als ein Katholik, da er schon bei geringen ´Sünden´ befürchten muss, verdammt zu werden. Der Katholik darf trotz einer gewissen ´Sündenliste´ immer auf Strafmäßigung, d.h. Fegefeuer, hoffen.

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Beitrag von Ceres Di Jul 05, 2016 7:15 pm

mal kurz darauf einzugehen:
Wie schon gesagt habe ich Kretische Freunde. Es sind christlich-orthodox glaubende Menschen, die nie einen fremden Menschen z. B. bestehlen würden. Als ich bei ihnen war, habe ich sorglos meine Kreditkarte, Bargeld etc. im Zimmer liegen gelassen. Ich hatte da keine Bedenken, da ich ja ihren Glauben und die Hintergründe kenne.
Meine Freunde sind überzeugt, das auf sündige Menschen die Hölle wartet und sie dort Qualen erleiden werden.

Ich muss aber dazu auch sagen, das meine Freunde in einem Bergdorf - fern den Touristenpunkten - wohnen und ihre Sitten und Gebräuche beibehalten und nach ihren alten Traditionen leben, die teilweise bis in die Antike zurückreichen.
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Beitrag von Skeptik Di Jul 05, 2016 9:03 pm

Ich weiß nicht, inwieweit die am Schluß angeführte Interpretation von Himmel und Hölle in der Orthodoxie richtig ist. Aber sie scheint mir "humaner" und mehr auf die alltäglichen Freuden und Ängste abgestimmt zu sein. Immer vorausgesetzt wir sind uns einig, daß Religion eine vom Menschen selbst geschaffene Möglichkeit ist mit Leben und Tod umzugehen.

Eine überraschende Erklärung gaben mir die Ausführungen  von David Sloan Wilson, Professor für Biologie und Anthropologie der Binghamton University New York:

“Gott ist eine soziale Erfindung. Ich betrachte Religion als ein Phänomen der menschlichen Natur. Religion ist ein symbolisches System, mit dem eine Gemeinschaft effizient organisiert werden kann. Alles von der Entstehung des Lebens bis zu Insektenstaaten folgt der Theorie der Evolution von kooperativen Einheiten. Die Gehirne aller Tierarten haben sich entwickelt, um  Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und als Resultat ein Verhalten zu erzielen. Wenn wir menschliches Denken betrachten, müssen wir nicht fragen, ob es rational ist oder ob es uns ein wahrhaftiges Bild von der Welt gibt. Wir müssen untersuchen, welche Handlungen es auslöst. Religion ist verwirrend für Wissenschaftler. All diese Dinge, an die Menschen glauben, ohne daß es Anzeichen für ihre Existenz gibt. Aber wenn man Glauben danach beurteilt, zu welchen Handlungen sie die Gläubigen veranlassen, dann haben die allermeisten der religiösen Systeme einen Sinn. Die Ergebnisse des Handelns können  positiv oder negativ für Außenstehende ausfallen. In Verbindung mit dem Glauben an eine höhere Autorität garantieren sie den Zusammenhalt der Gemeinschaft.”


Hier die Interpretation:

http://www.impantokratoros.gr/paradies-holle.de.aspx

So sind Himmel und Hölle nicht einfach Belohnung und Bestrafung (Verurteilung), sondern die Art und Weise wie ein jeder von uns den Anblick Christi erlebt, entsprechend dem Zustand seines Herzens. Gott bestraft schließlich nicht, wenn auch aus pädagogischen Gründen und in der Heiligen Schrift von Strafe die Rede ist. Je geistlicher jemand wird, desto besser versteht er die Sprache der Heiligen Schrift und unserer Überlieferung. Die Zustand des Menschen (rein-unrein, mit Reue-ohne Reue) gibt den Ausschlag, wie wir Sein Licht aufnehmen, als Himmel oder Hölle.

3. Das anthropologische Problem in der Orthodoxie ist, wie der Mensch in Ewigkeit Christus als Paradies schauen wird, und nicht als Hölle, d.h. wie er an Seinem himmlischen und ewigen „Königreich“ teilhaben wird. Und hier liegt der Unterschied des Christentums als Orthodoxie zu den verschiedenen Konfessionen. Letztere versprechen auch eine "Glückseligkeit" nach dem Tod. Orthodoxie ist nicht die Suche nach Glückseligkeit, sondern die Therapie von der Krankheit der Religion, wie Vater Johannes Romanidis unausgesetzt anhand der Väter predigt. Die Orthodoxie ist ein offenes Krankenhaus innerhalb der Geschichte ("eine geistliche Arztpraxis" nach J. Chrysostomus), welche die Behandlung des Herzens anbietet ("Reinigung"), um zu seiner „Erleuchtung“ durch den Heiligen Geist fortzuschreiten, und schließlich die "Theosis", die einzige Bestimmung des Menschen, zu erreichen.  Das ist der Weg, den Vater Johannes Romanidis und der Ehrwürdige Metropolit von Nafpaktos, Hierotheos (Vlachos) vollständig beschrieben haben; es ist die Heilung des Menschen, wie ihn alle unsere Heiligen leben.

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Beitrag von Tammuz Di Jul 05, 2016 9:45 pm

Ceres schrieb:Wie schon gesagt habe ich Kretische Freunde. Es sind christlich-orthodox glaubende Menschen, die nie einen fremden Menschen z. B. bestehlen würden. Als ich bei ihnen war, habe ich sorglos meine Kreditkarte, Bargeld etc. im Zimmer liegen gelassen. Ich hatte da keine Bedenken, da ich ja ihren Glauben und die Hintergründe kenne.

Meine Freunde sind überzeugt, das auf sündige Menschen die Hölle wartet und sie dort Qualen erleiden werden.

Man sollte aber aus moralischer Überzeugung auf Diebstahl verzichten und nicht, weil man Angst vor der Hölle hat.

Skeptik schrieb:Ich weiß nicht, inwieweit die am Schluß angeführte Interpretation von Himmel und Hölle in der Orthodoxie richtig ist. Aber sie scheint mir "humaner" und mehr auf die alltäglichen Freuden und Ängste abgestimmt zu sein. Immer vorausgesetzt wir sind uns einig, daß Religion eine vom Menschen selbst geschaffene Möglichkeit ist mit Leben und Tod umzugehen.

So einfach, wie es dein letzter Satz zum Ausdruck bringt, ist es nicht. Die religiösen Dogmen des Monotheismus und die Formen des Polytheismus gehen in einem entscheidend hohen Maße auf die antiken autoritären politischen Strukturen und der Anmaßung der Herrscher zurück, Statthalter der Götter zu sein. Das Judentum hat in Ermangelung eines Königs (während und nach dem Exil) die autoritäre Macht komplett auf Jahwe übertragen, was gleichbedeutend mit der politischen Vollmacht des Priestertums war. Wenn es um theistische Religion geht, prägt der politische Faktor, egal ob offen oder latent, die Struktur des theologischen Systems. Es geht immer um Macht, Unterwerfung und Furcht. Der "Umgang mit Leben und Tod", wie er in diesen Religionen betrieben wird, ist immer ein Ausdruck von Machtverhältnissen und Repression (im Christentum der strafende Gott, dessen irdischer Vertreter die Kaiser, Könige und Päpste sind).

Zitat Skeptik:

Hier die Interpretation:

http://www.impantokratoros.gr/paradies-holle.de.aspx

Auf dieser von dir verlinkten Seite wird zustimmend ein ´Heiliger´ so zitiert:

Der Heilige Johannes Chrysostomus bemerkt in seiner 9. Auslegung des ersten Korintherbriefes: „Die Hölle ist ewig… die Sünder werden bestraft im ewigen Verderben. Und das «Verbrannt werden», bedeutet, dass man der Kraft des Feuers nicht standhält."

Auf dieser orthodoxen Seite heißt es:

http://orthofr.de/ICBPT/library/books/SeraphimOst.htm

In allen Gebeten, in allen Schriften ihrer heiligen Väter und Lehrer bekennt die orthodoxe Kirche, daß der sündige Mensch der göttlichen Liebe, Erbarmung und Gnade unwürdig ist, daß er nur Verwerfung und Strafe verdient.

(...)
Der hl. Johannes von Damaskus schreibt: »Es gereicht den im Glauben würdig Empfangenden zur Vergebung der Sünden und zum ewigen Leben und zur Bewahrung von Seele und Leib, den im Unglauben unwürdig Genießenden aber zur Züchtigung und Strafe,  gleichwie  auch  der Tod des Herrn den Gläubigen Leben und Unvergänglichkeit wurde zum Genüsse der ewigen Seligkeit, den Ungläubigen aber und den Mördern des Herrn zur ewigen Strafe und Pein.

Ich halte es also - zumindest in diesem Punkt - für unrealistisch, das orthodoxe Christentum als ein ´Christentum light´ zu deuten.


Zuletzt von Tammuz am Di Jul 05, 2016 10:01 pm bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet

Tammuz

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Beitrag von Skeptik Di Jul 05, 2016 9:59 pm

Tammuz schrieb:
Ich halte es also für unrealistisch, das orthodoxe Christentum als ein ´Christentum light´ zu deuten.

Wenn deine und meine sich widersprechenden Zitate alle Ausfluss orthodoxen Christentums sind ist es wohl so.

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Beitrag von Ceres Di Jul 05, 2016 10:36 pm

Man sollte aber aus moralischer Überzeugung auf Diebstahl verzichten und nicht, weil man Angst vor der Hölle hat.

Ach Tammutz: Da hast du vollkommen recht. Ich hatte es nur als Beispiel gemeint - nicht wörtlich Very Happy
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