Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
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Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
„Wohl jeder, der das Erzgebirge einmal durchfahren oder ‚erwandert‘ hat, vermag sich seines abwechslungsreichen Landschaftsbildes nach Jahren noch deutlich zu erinnern: Wellenförmige Höhenzüge schieben sich eng hintereinander, steigen nach Süden zu immer höher auf, bis ihre von Basaltkuppen markierten Konturen am Horizont zerfließen. Langgezogene Dörfer, in Talmulden versteckt, Streusiedlungen , über Berglehnen hingebreitet, Bergstädte und Industrieorte im weitläufigen Geflecht der Bahnlinien und Straßen. Auf Felsenschroffen ragen sagenumwitterte Burgen und Schlösser empor, die sich in den Wassern der Müglitz und der beiden Weißeritzflüsse, der Flöha, der Zschopau und der beiden Mulden spiegeln.
…
Jede Jahreszeit verleiht der Erzgebirgslandschaft ihren besonderen Reiz. Zart und verhalten sind die Farben der Berge und Täler, der Wälder und Wiesen, wenn nach der Schneeschmelze das Frühjahr kommt, wenn in Drebach die Krokusse, am Waldrand Blausternchen und Anemonen, im Bachgrund die Weiden blühen, wenn die Gebirgler die Starkästen herrichten und Maienbäume vor die Türen ihrer Häuser stellen. Freilich, auch im April und Mai müssen die Bergbewohner noch mit Schneefällen, Reif und Frösten rechnen, welche die Frühjahrsaussaat erschweren und dem Wild böse Tage bereiten. Mitunter trägt der Fichtelberg noch zu Pfingsten sein weißes Winterkleid.“
(Aus dem Vorwort von Hermann Heinz Wille zur Broschüre „Erzgebirge“ vom VEB F.A. Brockhaus Verlag Leipzig, 1966)
Ich finde, treffender kann man das Erzgebirge einleitend nicht beschreiben.
Das als Silbergebirge, Bergmannsheimat und Spielzeugland - das als deutsches Weihnachtsland bekannte Erzgebirge wurde spät besiedelt, als ein ‚“ fast undurchdringlicher Urwald sich über unser Erz¬gebirge hinwegzog,— Ferguna — d.h. das Waldgebirge ‚ benannt. Aus der Zeit der ostdeutschen Kolonisation ist uns der Name MIRIQUIDI für unser Erzgebirge erhalten geblieben.
Um jene Zeit kamen deutsche Bauern aus dem deutschen Westen und des Nordwesten des großen Reiches, aus Bayern, Franken und Sachsen in den fast unbewohnten Osten des Reiches in ehemaliges deutsches Gebiet, was einstmals der deutsche Stamm der HERMUNDURI bewohnt hatte, und in dem sich zur Zeit der Völkerwanderung SLAVEN angesiedelt hatten.“ (Aus einer Festschrift zum hundertjährigen Schul- und Heimatfest in Hennersdorf 1938)
In diesem Thread möchte ich auf historische, kulturelle und mystische Begebenheiten dieses Landstriches unserer deutschen Heimat eingehen.
Jeder ist eingeladen, sein Wissen mit einzubringen.
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Als man bei Freiberg reiche Silbererze fand, begann im 12. Jahrhundert der Bergbau im Erzgebirge. Dem ersten großen "Bergkgeschrey" folgten viele Bergleute aus dem Harz, da dort viele Gruben infolge der Kriegszüge Heinrichs des Löwen stillgelegt worden waren. Auch aus allen Teilen des Reiches kamen Lokatoren ins unerschlossene Land und gründeten Dörfer, Ortschaften und Städte.
Der Maler Hans Hesse hat um 1515 die Sage als Bild im Mittelteil des Annaberger Bergaltars festgehalten. Knappe wird hier von Daniel geführt, den in der Bibel genannten Traumdeuter.
zum Bild Silberbergbau (nach oben scrollen)
Im tiefen Erzgebirge um den Pöhlberg lebte damals ein Bergmann. Er war ein fleißiger und rechtschaffender Mann und hieß Daniel Knappe. Unverschuldet war er in große Not geraten und wusste keinen Ausweg.
Da schien ihm eines Tages im Traume ein Engel. Er sprach zu ihm: "Geh morgen hinaus in den Wald droben am Fuße des Schreckenberges. Dort wirst du eine Tanne finden, die alle anderen Bäume an Höhe überragt. Sie hat in den Zweigen ein Nest mit goldenen Eiern. Suche den Baum, denn die Eier sind dein! Doch wisse sie auch wohl zu gebrauchen!"
Am nächsten Morgen brach der Bergmann auf, um draußen im Walde jenen wundersamen Baum zu suchen. Und bald hatte er die Tanne entdeckt, von der er sich die goldenen Eier versprach. Das machte ihn fröhlich. Bis in des Wipfels höchste Zweige war er gestiegen, doch fand er weder Nest noch die goldenen Eier. Da kehrte seine alte Traurigkeit zurück.
Und weil ihm der Baum genarrt hatte, stieg er unmutig herab, um sich am Fuße des Baumes eine kleine Ruhe zu gönnen. Er dachte über sein Schicksal nach und auch darüber, ob er den Traum nicht falsch gedeutet haben könne. Dabei fiel ihm ein, dass unter den Zweigen wohl auch die Wurzeln des Baumes verstanden sein könnten. So eilte er heim holte Gezäh und begann, nahe des Baumes die Dammerde zu durchbrechen, um einzuschlagen. Er glaubte, den Augen nicht trauen zu dürfen, denn gar nicht weit von der Oberfläche blinkten ihm mächtige Silbergänge entgegen, die nach allen Seiten strichen.
Ein solcher Anbruch konnte nicht verborgen bleiben. Alsbald war die Kunde über alle Lande verbreitet. Das machte Mut zum Bergbau. Und so zogen viele herzu, um sich in der wilden Gegend niederzulassen und zu schürfen. Herzog Georg den Bärtigen veranlasste das, eine neue Bergstadt zu gründen. Am 21. September 1496 wurde der Grundstein zum ersten Haus dieser neuen Stadt am Schreckenberg gelegt, die später Sankt Anna zu Ehren Annaberg geheißen wurde. Zum Andenken an Daniel Knappe heißen noch heute die Bergleute im allgemeinen die Knappen und sie haben noch heute eine eigene Kasse: die Knappschaft.
Frei nach: Quelle: Die Silberne Rose - Europäische Bergmannssagen von Blechschmidt, Leipzig 1984, Sagenbuch des Königreiches Sachsen von Meiche, Leipzig 190
Der Maler Hans Hesse hat um 1515 die Sage als Bild im Mittelteil des Annaberger Bergaltars festgehalten. Knappe wird hier von Daniel geführt, den in der Bibel genannten Traumdeuter.
zum Bild Silberbergbau (nach oben scrollen)
Im tiefen Erzgebirge um den Pöhlberg lebte damals ein Bergmann. Er war ein fleißiger und rechtschaffender Mann und hieß Daniel Knappe. Unverschuldet war er in große Not geraten und wusste keinen Ausweg.
Da schien ihm eines Tages im Traume ein Engel. Er sprach zu ihm: "Geh morgen hinaus in den Wald droben am Fuße des Schreckenberges. Dort wirst du eine Tanne finden, die alle anderen Bäume an Höhe überragt. Sie hat in den Zweigen ein Nest mit goldenen Eiern. Suche den Baum, denn die Eier sind dein! Doch wisse sie auch wohl zu gebrauchen!"
Am nächsten Morgen brach der Bergmann auf, um draußen im Walde jenen wundersamen Baum zu suchen. Und bald hatte er die Tanne entdeckt, von der er sich die goldenen Eier versprach. Das machte ihn fröhlich. Bis in des Wipfels höchste Zweige war er gestiegen, doch fand er weder Nest noch die goldenen Eier. Da kehrte seine alte Traurigkeit zurück.
Und weil ihm der Baum genarrt hatte, stieg er unmutig herab, um sich am Fuße des Baumes eine kleine Ruhe zu gönnen. Er dachte über sein Schicksal nach und auch darüber, ob er den Traum nicht falsch gedeutet haben könne. Dabei fiel ihm ein, dass unter den Zweigen wohl auch die Wurzeln des Baumes verstanden sein könnten. So eilte er heim holte Gezäh und begann, nahe des Baumes die Dammerde zu durchbrechen, um einzuschlagen. Er glaubte, den Augen nicht trauen zu dürfen, denn gar nicht weit von der Oberfläche blinkten ihm mächtige Silbergänge entgegen, die nach allen Seiten strichen.
Ein solcher Anbruch konnte nicht verborgen bleiben. Alsbald war die Kunde über alle Lande verbreitet. Das machte Mut zum Bergbau. Und so zogen viele herzu, um sich in der wilden Gegend niederzulassen und zu schürfen. Herzog Georg den Bärtigen veranlasste das, eine neue Bergstadt zu gründen. Am 21. September 1496 wurde der Grundstein zum ersten Haus dieser neuen Stadt am Schreckenberg gelegt, die später Sankt Anna zu Ehren Annaberg geheißen wurde. Zum Andenken an Daniel Knappe heißen noch heute die Bergleute im allgemeinen die Knappen und sie haben noch heute eine eigene Kasse: die Knappschaft.
Frei nach: Quelle: Die Silberne Rose - Europäische Bergmannssagen von Blechschmidt, Leipzig 1984, Sagenbuch des Königreiches Sachsen von Meiche, Leipzig 190
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Lokator Heinrich gründet das Dorf Heinrichsdorp, das heutige Hennersdorf an der Zschopau
Wie bereits oben erwähnt bin ich im Besitz einer Festschrift zum hundertjährigen Schul- und Heimatfest in Hennersdorf aus dem Jahre 1938. In dieser Festschrift ist der Gründungsakt des Dorfes sehr anschaulich beschrieben.
Chronik
Wie schon am Anfange dieser Festschrift gesagt wurde, verbindet die Gemeinde Hennersdorf mit der Feier des hundertjährigen Bestehens ihrer Schule gleichzeitig die Feier des 658 jährigen Bestehens als Ort. Wollen wir also einen geschichtlichen Überblick über unser Heimatdörfchen dieser Festschrift anschließen, so müssen wir in der Geschichte ein reichliches halbes Jahrtausend zurückblättern ‚ in eine Zeit, da ein unermesslicher ‚ fast undurchdringlicher Urwald sich über unser Erz¬gebirge hinweg zog,— Ferguna — d.h. das Waldgebirge ‚ benannt. Aus der Zeit der ostdeutschen Kolonisation ist uns der Name MIRIQUIDI für unser Erzgebirge erhalten geblieben.
Um jene Zeit kamen deutsche Bauern aus dem deutschen Westen und des Nordwesten des großen Reiches, aus Bayern, Franken und Sachsen in den fast unbewohnten Osten des Reiches in ehemaliges deutsches Gebiet, was einstmals der deutsche Stamm der HERMUNDURI bewohnt hatte, und in dem sich zur Zeit der Völkerwanderung SLAVEN angesiedelt hatten.
Zu jenem Gebiet gehörte auch unser Zschopautal mit seinem Nachbartal der Flöha.
Die ersten bestimmten Nachrichten über Ansiedelungen im Zschopautale haben wir mit einer Lehnsbriefurkunde aus dem Jahre 1223 für die Stadt Zschopau, sowie durch eine Todesnachricht einer Dittmannsdorfer Bäuerin, welche anno 1200 zu Dittmannsdorf starb im Alter von 26 Jahren. Jene Bäuerin war ‚ wie uns ihre Todesnachricht mit berichtet toou dero silva sacra prope ccloniae schape, in der Nähe einer Waldkirche nahe der Ansiedelung Zschopau geboren. Diese silva sacra stellt den urkundlich ältesten Anfang des Ortes Waldkirchen —Zschopautal dar.
Unser Heimatdörfchen kann seine geschicht1iche Vergangenheit durch die Bearbeitung einer Gemeindechronik bis in seine Gründungszeit anno 1280 nachweisen mit der Gründungs- und Lehnsbriefurkunde des Ansiedlers Jakob Heinrich und seinen Tagelöhnern Konrad Morgenstern und Nikolaus Hunger. Alle 3 Ansiedler kamen mit ihrer gesamten Habe aus dem Nordwesten des Reiches ‚ aus Worpsweden, wie uns die Gründungs- u. Lehnsbriefurkunde des Klosters Hersfeld an der Fulda‚ zu dessen Besitz damals das Gebiet des heutigen Ortes Hennersdorf gehörte, überliefert hat. Hennersdorf‚ im Bezirke Flöha an der Zschopau und Goldbach gelegen, ist also siedlungspolitisch gesehen eine rein deutsche Ortsgründung. In der Lehnsbriefurkunde wird lediglich das Vorhandensein einer slavischen HAN, eines slavischen Waldgasthauses erwähnt. Das Vorhandensein dieser slav. Unterkunft erklärt sich aus dem seit anno 1015 nachweisbaren Vorhanden¬sein eines Steiges ‚ wie es wörtlich heißt, vom“ fluvius flowe, secundum cursus fluvius scopa“ zum“ antiquam semitam Bohemorum“, zum alten böhmischen Steig. Ansiedler Jakob Heinrich kam mit seinen Tagelöhnern auf diesem Steig entlang in unser stilles Zschopautal und gründete hier die Ansiedlung HEINRICHSDORP auf Besitzgebieten des Klosters Hersfeld. Das Kloster Hersfeld an der Fulda bestätigt am 15. aprilis im Jahre des Herrn Jesus Christum zu Hersfeld dem Ansiedler Heinrich seinen Lehnsbesitz mit folgender lateinisch geschriebenen Urkunde :
HEINRICUS DEI GRATIA ABBAS ECLESIE HERSFELTENSIS NOTUM ESSE CUPIMUS UNIVERSIS CHRISTI FIDELIBUS HANE LITERAM INSPECTURIS QUOD JACOBUS HEINRICUS A WORPSWENDENSIS, CONRADUS MORGENSTERN ET NICOL. HUNGERN HABET ET HARERE DEBET IN FEUDO A NOBIS ET A NOSTRA ECÖESIE IN MARCHIONATU MYSNENSIS OMNIA SUBSCRIPTIS INFERIUS ET NOTATA FIDELIBUS PREDIUM HERSFELTENSIS ECLESIE A LOCO UBI MAYOR SCHAPE FLUVIUS COMUNICAM HEINRICHSDORPENSIS QUOD HEINRICUS EDIFIKAVERAT ET AB AMNE QUI PREDERFLUIT ANCE HEINRICHSDORPENSIS ADHOC PERDINET AD PROPERIATEM ILLAM MONS SCHALLENBERCHI CASTRUM ET VILLIS ET INCIPIT PREDIUM HEINRICHSDORFENSIS UBI MAJOR COPOVE SECUNDUM CURSUM ILLIUS SLAVO HAN UBI COPOVE, HEC OMNIA ET SINGULA SUPRADICTA SI QUOD ABSIT DICTUS JACOBUS HEINRICUS ABSQUE HEREDIBUS DISCRETERET AB HAC LUCE AD ILLUSTRES PRICIPES(DEUS) TRANSIENT ET TRANSIBUNT A NOSTRA ECLESIA.
HERSFELTENSIS ANNO DOMINI MCCLXX, APRILIS XV,
Diese vorstehend in lateinischer Schrift wiedergegebene Urkunde, welche für die Geschichte unseres Ortes das wichtigste Dokument darstellt, existiert heute noch in den Archiven des ehemaligen Klosters Hersfeld im Original ‚ sowie in einer weiteren Abschrift. Beide für die Ortsgeschichte so wichtigen Urkunden besitzt der Verfasser unserer Gemeindechronik Ing. Kramer in Waldkirchen— Zschopental in Fotocopie . Die Gemeindeverwaltung Hennersdorf erhielt diese Urkunden von dem Verfasser der Gemeindechronik anlässlich unseres Jubelfestes zu Geschenk . Der deutsche Text dieser Lehnsbrief—u. Gründungsurkunde lautet wie folgt:
„Wir Heinrich ‚ von Gottesgnaden Abt des Klosters Hersfeld, wünschen als sichtbares Zeichen allen Gläubigen Christi durch dieses Schreiben Einblick zu gewähren, was Jacob Heinrich aus Worpswede (im Niedersachsenkreise), Conrad Morgenstern und Nicolaus Hunger hat, und haben muss an Grundbesitz von unserer Kirche in der Mark Meißen, nämlich alles, was unten aufgezeichnet und ersichtlich ist an unbeweglichem Besitze der Hersfelder Kirche an dem Flusse Zschopau, nämlich die Gemeinschaft (Gemeinde) Heinrichsdorf, welche Heinrich erbauet hat und erstreckt sich der Besitz der Gemeinde Heinrichsdorf bis zu jenem Berg Schellenberg mit Schloss und Ansiedelung . Der Besitz der Gemeinschaft Heinrichsdorf erstreckt sich entlang des Flusses Zschopau bis zu jener slavischen HAN (d.h. Unterkunft) an der Zschopau.
Dieses alles und oben näher ersichtlich gekennzeichnete unbewegliche Besitztum des Jacob Heinrich geht zurück an unsere Kirche, wenn ‚ welches fern bleiben möge ‚ der genannte Jacob Heinrich ohne Erben sterben sollte und zum herrlichen Herrgott hinübergeht.
Gegeben zu Hersfeld im Jahre des Herrn Jesum Christus 1280 den 15.April“.
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Einer großen Beliebt- und Bekanntheit erfreut sich im Westerzgebirge der 1762 in Scharfenstein an der Zschopau geborene Karl Stülpner.
Dieses Bild kann man auf seinem Grab auf dem Friedhof in Großolberdorf sehen
Durch Armut und Unkenntnis der feudalen Jagdgesetze, wonach das Wild der Wälder und Fluren Eigentum des Adels ist, geriet er mit der Justiz in Konflikt, musste sich verstecken und seinen Unterhalt als Wildschütze verdienen.
Dabei vergaß er die Armut des Volkes nicht, sondern steckte den Häuslern manches erlegte Wildpret zu, die ihn zum Dank verbargen und trotz ausgelobten Kopfgeldes von 50 Talern nicht an die Obrigkeit verrieten.
Gar manches Schelmenstück brachte ihm den Namen „Robin Hood des Erzgebirges“ ein – in den Herzen der Erzgebirgler ist er aber der „Sohn der Wälder“ geblieben.
Die Erinnerung an ihn, in Büchern und Theaterstücken wachgehalten, ist immer etwas heldenhaft verklärt.
Seine Biographie liest sich wesentlich nüchterner. Sein Leben im Ganzen ist geprägt von großer Armut, verbotener Liebe zu seiner späteren Ehefrau Christiane Wolf. Ausgerechnet ist sie die Tochter des Ortsrichters, also eines seiner Verfolger.
Viele Jahre verbrachte Karl Stülpner als Soldat in verschiedenen Armeen.
Er starb verarmt, durch den entstandenen bürgerlichen Staat mit kleinen Hilfen unterstützt, denn er hatte von der Hand in den Mund gelebt und kein Handwerk gelernt.
Bevor ich einige Bravourstückchen aus seinem Leben erzähle, zunächst erst mal sein Lebenslauf:
Ein Gedenkstein erinnert,wo sein Geburtshaus stand
30.09.1762 Wird Karl Stülpner im „Gänsewinkel“ von Scharfenstein geboren. Er ist der Sohn von Johann Christoph und Maria Sophia Stülpner.
1766 – 68 u.
1770 – 72 Hungersnöte in Sachsen.
1769 Der Vater wird des Leinöldiebstahls bezichtigt. Er starb 1771.
1772 Die Mutter, der Schwager Mehner und das Kind Stülpner werden wegen Getreidediebstahls angeklagt, wahrscheinlich mussten die Mutter und Mehner einsitzen.
1772 -1774 Karl Stülpner hält sich bei einem Verwandten, dem Forstadjunkt Müller in Ehrenfriedersdorf auf. Dort soll er seinen ersten Bock geschossen haben. In dieser Zeit wurde das Geburtshaus Stülpners und ein Stück Wald aus dem Familienbesitz verkauft.
1778 Stülpner nimmt als Trossknecht in preußischen Truppen am Bayrischen Erbfolgekrieg teil.
Er kehrt noch im selben Jahr zurück und betreibt in kleinem Rahmen als Mundraub das Handwerk des Wildschützen. In dieser Zeit erlitt er an der Stirn eine Schussverletzung mit bleibender Narbe
18.11.1779 Stülpner wird vom Prinz-Maximilian-Regiment Chemnitz angeworben.
Januar 1780 Stülpner rückt ein. Er war ein guter Schütze und wurde als Regimentsjäger abgestellt, dass er die Offiziersküche versorge.
1784 Er wird nach Zschopau versetzt. Dort wird er beim Wildern erwischt und prügelt sich mit einem Jägerburschen. Daraufhin brachte man ihn nach Chemnitz in den Stabsarrest.
Mai/Juni 1785 Das Prinz-Maximilian-Regiment führt Stülpner als Gefangenen zu einem Manöver bei Mühlberg mit.
03.07.1785 Stülpner gelingt die Flucht als das Regiment auf dem Rückmarsch ist in Simselwitz.
1785 – 1792 Stülpner betreibt im Erzgebirge und Böhmen die Wilddieberei. Dabei wird berichtet, dass er in Preßnitz sogar verhaftet worden sein soll, aber wieder entspringen konnte.
Dann verliert sich seine Spur nach Ungarn, Österreich, Schweiz, Baden, Hessen und Hannover, wo er sich als Dragoner bei der Reiterei verdingte. Aber nach einem anderthalben Jahr dessertierte er erneut und kehrte nach Scharfenstein zurück. Dort aber hielt man ihm seine früheren Verfehlungen immer noch vor und er ging nach Bayern, wo er in Bayreuth preußischen Werbern ins Netz ging. Diese pressten ihn und brachten ihn zum Regiment „Prinz Heinrich“ nach Spandau.
1792 Mit den Preußen zog er gegen die junge französische Republik.
1793 Verwundung bei Kaiserslautern. Danach desertierte er bei den Preußen und geht nach Scharfenstein zurück.
1793 – 1800 „Das große Treiben“ . in dieser Zeit spielen viele der Legenden um ihn. Nach einem vergeblichen Versuch, Stülpner zu verhaften, wobei am
12.10.1795 seine Mutter mißhandelt und seine Jagdutensilien konfisziert wurden. Danach zogen sich die Häscher in die Burg
Scharfenstein zurück.
Burg Scharfenstein
13.10.1795 Stülpner belagert die Burg Scharfenstein 14 Stunden lang und erzwingt die Herausgabe seiner beschlagnahmten Jagdsachen. Das Justizamt Wolkenstein erlässt einen Steckbrief, wo Stülpner mit Ausbietung von 50 Talern gesucht wurde.
16.02.1796 Stülpner verliebt sich in dieser Zeit ausgerechnet in die Tochter des Ortsrichters Wolf, Johanne Christiane Wolf. Daher musste diese Liebe geheim gehalten werden. Aber am 16.Februar gebar sie einen Sohn von Stülpner. Doch es war eine Totgeburt.
Das Haus des Ortsrichters
11.07.1799 Christiane Wolf bringt Johanne Eleonora zur Welt. Das Kind ist gesund.
11.09.1800 Stülpner meldet sich zurück bei seinem alten Prinz-Maximilian-Regiment in Chemnitz.
Er will wegen der Geburt seiner Tochter zu einem zivilisierten Leben zurückfinden.
04.01.1806 Stülpners drittes Kind wird geboren. Die Tochter Christiane Eleonora stirbt eine Woche nach der Geburt.
1806 Stülpner zieht als Scharfschütze gegen Napoleon in die Schlacht bei Jena und Auerstedt. Dort kommt er in französische Gefangenschaft , kann aber fliehen und kehrt in seine Einheit zurück. Seiner Bitte um Entlassung aus dem Militärdienst wird nicht entsprochen.
Mai 1807 Stülpner desertiert endgültig und geht nach Böhmen. Christiane Wolf folgt ihrem Mann mit dem Kinde nach.
03.09.1807 Stülpners Mutter stirbt.
15.10.1807 Die Eltern Ortsrichter enterben ihre Tochter. Zwei Tage später stirbt die Mutter Wolf. Ein paar Tage später erhängte sich der Ortsrichter auf dem Dachboden seines Hauses.
1813 Generalamnestie (-pardon) in Sachsen
22.06.1816 Stülpners – jetzt verheiratet - kaufen in Großolbersdorf - ein Nachbarort Scharfensteins - ein Haus.
24.11.1816 Tochter Christiane Concordia wird geboren. Doch auch diese starb am 7. Dezember.
1820 Die Stülpners verkaufen das Haus an August Schönherr, ihrem künftigen Schwiegersohn. Selbst zogen sie nach Preßnitz ins Böhmische.
31.05.1820 In Böhmen stirbt Stülpners Frau Christiane.
24.04.1821 Stülpner bekommt von der 27jährigen Nachbarin Maria Anna Veronika Wenzora ein Kind geboren, Carl Friedrich. Stülpner erkennt das Kind als seinen Sohn amtlich an.
11.08.1823 Stülpner heiratet Maria Anna Veronika Wenzora und legimitiert damit seinen Sohn.
20.08.1828 Anna Veronika bringt den zweiten Sohn Johann zur Welt. Aber Stülpner hatte inzwischen seine Familie in Preßnitz verlassen und kehrte nach Scharfenstein zurück.
1831 Stülpner ließ sich in Mittweida am grauen Star operieren. Das Geld dafür schenkte ihm ein Marienberger Gönner.
1834 Carl Heinrich Schönberg aus Weißbach beginnt eine Biographie Stülpners zu schreiben.
1835 Stülpner versucht seine Biographie zu vertreiben. Im August wurde er von der Polizei in Leipzig aufgegriffen, die ihn nach Scharfenstein zurückschickten.
05.10.1839 Stülpner wurde entkräftet zusammengebrochen auf offener Straße bei Lauta aufgefunden.
24.09.1841 Stülpner stirbt im Pilzhaus in Scharfenstein.
Das Pilzhaus - hier drin ist Stülper gestorben
Die Daten zu dieser Biographie habe ich u. a. entnommen aus dem Buch „Carl Stülpner, ein berüchtigter Wildschütz im sächsischen Erzgebirge“ vom H&F Verlag Scheibenberg
Dieses Bild kann man auf seinem Grab auf dem Friedhof in Großolberdorf sehen
Durch Armut und Unkenntnis der feudalen Jagdgesetze, wonach das Wild der Wälder und Fluren Eigentum des Adels ist, geriet er mit der Justiz in Konflikt, musste sich verstecken und seinen Unterhalt als Wildschütze verdienen.
Dabei vergaß er die Armut des Volkes nicht, sondern steckte den Häuslern manches erlegte Wildpret zu, die ihn zum Dank verbargen und trotz ausgelobten Kopfgeldes von 50 Talern nicht an die Obrigkeit verrieten.
Gar manches Schelmenstück brachte ihm den Namen „Robin Hood des Erzgebirges“ ein – in den Herzen der Erzgebirgler ist er aber der „Sohn der Wälder“ geblieben.
Die Erinnerung an ihn, in Büchern und Theaterstücken wachgehalten, ist immer etwas heldenhaft verklärt.
Seine Biographie liest sich wesentlich nüchterner. Sein Leben im Ganzen ist geprägt von großer Armut, verbotener Liebe zu seiner späteren Ehefrau Christiane Wolf. Ausgerechnet ist sie die Tochter des Ortsrichters, also eines seiner Verfolger.
Viele Jahre verbrachte Karl Stülpner als Soldat in verschiedenen Armeen.
Er starb verarmt, durch den entstandenen bürgerlichen Staat mit kleinen Hilfen unterstützt, denn er hatte von der Hand in den Mund gelebt und kein Handwerk gelernt.
Bevor ich einige Bravourstückchen aus seinem Leben erzähle, zunächst erst mal sein Lebenslauf:
Stülpners Lebenslauf
Ein Gedenkstein erinnert,wo sein Geburtshaus stand
30.09.1762 Wird Karl Stülpner im „Gänsewinkel“ von Scharfenstein geboren. Er ist der Sohn von Johann Christoph und Maria Sophia Stülpner.
1766 – 68 u.
1770 – 72 Hungersnöte in Sachsen.
1769 Der Vater wird des Leinöldiebstahls bezichtigt. Er starb 1771.
1772 Die Mutter, der Schwager Mehner und das Kind Stülpner werden wegen Getreidediebstahls angeklagt, wahrscheinlich mussten die Mutter und Mehner einsitzen.
1772 -1774 Karl Stülpner hält sich bei einem Verwandten, dem Forstadjunkt Müller in Ehrenfriedersdorf auf. Dort soll er seinen ersten Bock geschossen haben. In dieser Zeit wurde das Geburtshaus Stülpners und ein Stück Wald aus dem Familienbesitz verkauft.
1778 Stülpner nimmt als Trossknecht in preußischen Truppen am Bayrischen Erbfolgekrieg teil.
Er kehrt noch im selben Jahr zurück und betreibt in kleinem Rahmen als Mundraub das Handwerk des Wildschützen. In dieser Zeit erlitt er an der Stirn eine Schussverletzung mit bleibender Narbe
18.11.1779 Stülpner wird vom Prinz-Maximilian-Regiment Chemnitz angeworben.
Januar 1780 Stülpner rückt ein. Er war ein guter Schütze und wurde als Regimentsjäger abgestellt, dass er die Offiziersküche versorge.
1784 Er wird nach Zschopau versetzt. Dort wird er beim Wildern erwischt und prügelt sich mit einem Jägerburschen. Daraufhin brachte man ihn nach Chemnitz in den Stabsarrest.
Mai/Juni 1785 Das Prinz-Maximilian-Regiment führt Stülpner als Gefangenen zu einem Manöver bei Mühlberg mit.
03.07.1785 Stülpner gelingt die Flucht als das Regiment auf dem Rückmarsch ist in Simselwitz.
1785 – 1792 Stülpner betreibt im Erzgebirge und Böhmen die Wilddieberei. Dabei wird berichtet, dass er in Preßnitz sogar verhaftet worden sein soll, aber wieder entspringen konnte.
Dann verliert sich seine Spur nach Ungarn, Österreich, Schweiz, Baden, Hessen und Hannover, wo er sich als Dragoner bei der Reiterei verdingte. Aber nach einem anderthalben Jahr dessertierte er erneut und kehrte nach Scharfenstein zurück. Dort aber hielt man ihm seine früheren Verfehlungen immer noch vor und er ging nach Bayern, wo er in Bayreuth preußischen Werbern ins Netz ging. Diese pressten ihn und brachten ihn zum Regiment „Prinz Heinrich“ nach Spandau.
1792 Mit den Preußen zog er gegen die junge französische Republik.
1793 Verwundung bei Kaiserslautern. Danach desertierte er bei den Preußen und geht nach Scharfenstein zurück.
1793 – 1800 „Das große Treiben“ . in dieser Zeit spielen viele der Legenden um ihn. Nach einem vergeblichen Versuch, Stülpner zu verhaften, wobei am
12.10.1795 seine Mutter mißhandelt und seine Jagdutensilien konfisziert wurden. Danach zogen sich die Häscher in die Burg
Scharfenstein zurück.
Burg Scharfenstein
13.10.1795 Stülpner belagert die Burg Scharfenstein 14 Stunden lang und erzwingt die Herausgabe seiner beschlagnahmten Jagdsachen. Das Justizamt Wolkenstein erlässt einen Steckbrief, wo Stülpner mit Ausbietung von 50 Talern gesucht wurde.
16.02.1796 Stülpner verliebt sich in dieser Zeit ausgerechnet in die Tochter des Ortsrichters Wolf, Johanne Christiane Wolf. Daher musste diese Liebe geheim gehalten werden. Aber am 16.Februar gebar sie einen Sohn von Stülpner. Doch es war eine Totgeburt.
Das Haus des Ortsrichters
11.07.1799 Christiane Wolf bringt Johanne Eleonora zur Welt. Das Kind ist gesund.
11.09.1800 Stülpner meldet sich zurück bei seinem alten Prinz-Maximilian-Regiment in Chemnitz.
Er will wegen der Geburt seiner Tochter zu einem zivilisierten Leben zurückfinden.
04.01.1806 Stülpners drittes Kind wird geboren. Die Tochter Christiane Eleonora stirbt eine Woche nach der Geburt.
1806 Stülpner zieht als Scharfschütze gegen Napoleon in die Schlacht bei Jena und Auerstedt. Dort kommt er in französische Gefangenschaft , kann aber fliehen und kehrt in seine Einheit zurück. Seiner Bitte um Entlassung aus dem Militärdienst wird nicht entsprochen.
Mai 1807 Stülpner desertiert endgültig und geht nach Böhmen. Christiane Wolf folgt ihrem Mann mit dem Kinde nach.
03.09.1807 Stülpners Mutter stirbt.
15.10.1807 Die Eltern Ortsrichter enterben ihre Tochter. Zwei Tage später stirbt die Mutter Wolf. Ein paar Tage später erhängte sich der Ortsrichter auf dem Dachboden seines Hauses.
1813 Generalamnestie (-pardon) in Sachsen
22.06.1816 Stülpners – jetzt verheiratet - kaufen in Großolbersdorf - ein Nachbarort Scharfensteins - ein Haus.
24.11.1816 Tochter Christiane Concordia wird geboren. Doch auch diese starb am 7. Dezember.
1820 Die Stülpners verkaufen das Haus an August Schönherr, ihrem künftigen Schwiegersohn. Selbst zogen sie nach Preßnitz ins Böhmische.
31.05.1820 In Böhmen stirbt Stülpners Frau Christiane.
24.04.1821 Stülpner bekommt von der 27jährigen Nachbarin Maria Anna Veronika Wenzora ein Kind geboren, Carl Friedrich. Stülpner erkennt das Kind als seinen Sohn amtlich an.
11.08.1823 Stülpner heiratet Maria Anna Veronika Wenzora und legimitiert damit seinen Sohn.
20.08.1828 Anna Veronika bringt den zweiten Sohn Johann zur Welt. Aber Stülpner hatte inzwischen seine Familie in Preßnitz verlassen und kehrte nach Scharfenstein zurück.
1831 Stülpner ließ sich in Mittweida am grauen Star operieren. Das Geld dafür schenkte ihm ein Marienberger Gönner.
1834 Carl Heinrich Schönberg aus Weißbach beginnt eine Biographie Stülpners zu schreiben.
1835 Stülpner versucht seine Biographie zu vertreiben. Im August wurde er von der Polizei in Leipzig aufgegriffen, die ihn nach Scharfenstein zurückschickten.
05.10.1839 Stülpner wurde entkräftet zusammengebrochen auf offener Straße bei Lauta aufgefunden.
24.09.1841 Stülpner stirbt im Pilzhaus in Scharfenstein.
Das Pilzhaus - hier drin ist Stülper gestorben
Die Daten zu dieser Biographie habe ich u. a. entnommen aus dem Buch „Carl Stülpner, ein berüchtigter Wildschütz im sächsischen Erzgebirge“ vom H&F Verlag Scheibenberg
Zuletzt von segula am Fr Apr 10, 2015 12:27 am bearbeitet; insgesamt 2-mal bearbeitet
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Besuch eines Bergwerkes bei Freiberg
Lange schon hatte ich ein Bergwerk sehen wollen. Endlich wurde mein Wunsch erfüllt. Auf einem Ferienausfluge begriffen, kam ich nach Freiberg, Sachsens berühmter Bergstadt. Dort besuchte ich den Abrahamsschacht, den tiefsten der Hauptschächte von Himmelfahrt-Fundgrube.
Zunächst wurde ich in das Huthaus gewiesen, wo ich bergmännische Tracht anlegte. Diese besteht in der Hauptsache aus dem Grubenkittel, einer blusenartigen Jacke aus schwarzer Glanzleinwand, einem Bergleder, einem krempelosen Schachthut aus Filz und einer Blendlaterne, die vorn auf der Brust getragen wird. So äußerlich in einen Bergmann verwandelt, begab ich mich unter der Führung eines Bergmannes zum Schachtgebäude. Als ich dort in die ungeheure Tiefe des Fahrschachtes blickte, wurde mir nicht wenig bange; denn ich sagte mir, daß mein Vorhaben mit großen Gefahren verknüpft sein könne. Doch mochte ich auch nicht gern wieder umkehren, und so folgte ich, wenn auch etwas zaghaft, meinem voransteigenden Führer. Auf fast senkrecht stehenden Leitern oder sogenannten Fahrten stiegen wir abwärts. Bald merkte ich, wie notwendig es ist, vor dem Einfahren in die Grube die Kleider zu wechseln; denn an vielen Stellen tropft Wasser von dem Gestein herab, und die Sprossen der Fahrten sind mit feuchtem Schmutze bedeckt. Immer, wenn wir sieben bis neun Meter hinabgestiegen waren, gelangten wir auf Bretterböden oder Bühnen, auf denen wir jedesmal ein wenig ausruhten. Dort begegneten wir öfters Bergleuten, die aus der Tiefe kamen und uns freundlich den alten Bergmannsgruß: „Glück auf!“ zuriefen. Ein donnerartiges Geräusch kündigte an, daß wir in die Nähe des großen Wasserrades, das die Maschinen des Schachtes bewegt, gekommen waren. Zugleich vernahm ich das Rauschen des von den Pumpwerken gehobenen Wassers und den Lärm der großen Fördermaschine.
Nachdem wir schon ein bedeutendes Stück abwärts gestiegen waren, fragte mich mein Führer, ob ich bis zur tiefsten Stelle vordringen wolle, und als ich das bejahte, riet er mir, die sogenannte Fahrkunst zu benutzen; denn, so sagte er, 500 Meter hinab- und wieder heraufzusteigen, würde mich allzusehr ermüden.
Bei einer längeren Rast auf einer der Bühnen hatte ich Gelegenheit, mich seitwärts in den „Strecken“ umzusehen. Das sind tunnelartige Bauten in waagerechter oder doch nur ganz wenig aufsteigender Richtung. Mein Führer leuchtete an der Wand entlang, und ich sah glitzerndes Erz, das noch nicht abgebaut war. Am Ende des Ganges, dem „Orte“, arbeiteten je zwei, selten drei oder vier Bergleute. Sie waren eben damit beschäftigt, mittels Hammers oder Fäustels und einer dünnen Stahlstange (des „Böhrers“) Löcher in das Gestein zu bohren. Diese füllten sie Pulver oder Dynamit und versahen sie außerdem mit einer Zündschnur. Sobald die Bergleute diese angezündet hatten, flohen sie nach einem sicheren Orte, um dort die Wirkung des Schusses abzuwarten. Plötzlich vernahm ich ein kurzes, klatschendes Geräusch, etwa dem Knalle eines Zündhütchens vergleichbar; dann aber folgte donnerartig durch die vielen Strecken der Widerhall. Nachdem sich der entstandene Rauch verzogen, gingen die Bergleute wieder vor Ort. Sie arbeiteten das gelockerte, aber noch nicht ganz losgesprengte Gestein ab und begannen dann aufzuräumen. Dabei nahmen sie schon eine oberflächliche Scheidung vor, indem sie das taube Gestein zur Seite warfen, dagegen das erzhaltige sorgfältig sammelten.
Nun wurden von „Bergjungen“ länglich viereckige, niedrige Karren oder „Hunte“ auf Schienen nach dem „Orte“ geschoben und mit dem gewonnenen Erze beladen. Hierauf führte man die „Hunte“ dem „Füllorte“ zu, wo das „Fördergefäß“ des Treibschachtes das Erz aufnahm und zu Tage brachte.
Über diesen Beobachtungen war eine längere Zeit verflossen. Deshalb kehrten wir nach dem Schachte zurück, um uns von der Fahrkunst in noch größere Tiefe befördern zu lassen. Wir gelangten zu der tiefsten Strecke, wo wir uns über 500 Meter unter Tage befanden. Der Aufenthalt ist hier nicht angenehm; denn die große Tiefe erschwert den Abzug des Pulverdampfes und der „schlechten Wetter“. Außerdem herrscht dort eine so hohe Temperatur, daß die Bergleute mit nacktem Oberkörper arbeiten müssen.
Es fiel mir daher nicht schwer, mich von diesen Tiefen zu trennen. Gern begab ich mich mit meinem Führer zur Fahrkunst zurück, um mich mit ihm zu dem Stollen emporheben zu lassen, der die Grubenwasser der „Himmelfahrt“ dem Rotschönberger Stollen zuleitet. Stundenweit hätte ich mit meinem Führer von hier aus auf einem Laufbrette dahinwandern können. Doch über der Besichtigung des Bergwerkes waren schon mehrere Stunden vergangen, und wir begaben uns daher wieder auf den Rückweg. Dieser wurde mir sauer genug; denn die Fahrkunst hörte auf, und so mußte ich die Fahrten hinaufklimmen, was mich viel mehr anstrengte als das Einfahren, zumal nach langem Steigen, Gehen, Stehen und Kriechen.
Wie freute ich mich deshalb, als ich wieder das helle Tageslicht erblickte, das mit immer stärker werdendem Schimmer in den Schacht hereindrang! Als ich aus demselben ins Freie trat, begrüßte ich hoch aufatmend den vollen Glanz der Sonne.
Mit herzlichem Danke verabschiedete ich mich von meinem Begleiter, zog mich im Huthause um und eilte der Stadt zu.
Beim Eingange zum Donatsfriedhofe begegnete mir ein ernster Zug. Ein Bergmann ward zur letzten Ruhe geleitet. Dem Sarge folgten Freunde des Verstorbenen im Paradeanzuge. Alle trugen auf dem Haupte den grünen Schachthut, den schon die Harzer Bergleute zur Zeit Heinrichs des Finklers getragen haben. Im übrigen glich ihre Tracht derjenigen, die wir bei den Häuern und Steigern drunten im Bergwerke gesehen hatten. Alle Bergleute waren mit einer Art Beil, der „Barte“, bewaffnet. Das Musikchor sang den Trauermarsch aus dem „Bergmannsgruße“, dessen letzte Klänge mir lange noch durch die Seele zogen:
Zunächst wurde ich in das Huthaus gewiesen, wo ich bergmännische Tracht anlegte. Diese besteht in der Hauptsache aus dem Grubenkittel, einer blusenartigen Jacke aus schwarzer Glanzleinwand, einem Bergleder, einem krempelosen Schachthut aus Filz und einer Blendlaterne, die vorn auf der Brust getragen wird. So äußerlich in einen Bergmann verwandelt, begab ich mich unter der Führung eines Bergmannes zum Schachtgebäude. Als ich dort in die ungeheure Tiefe des Fahrschachtes blickte, wurde mir nicht wenig bange; denn ich sagte mir, daß mein Vorhaben mit großen Gefahren verknüpft sein könne. Doch mochte ich auch nicht gern wieder umkehren, und so folgte ich, wenn auch etwas zaghaft, meinem voransteigenden Führer. Auf fast senkrecht stehenden Leitern oder sogenannten Fahrten stiegen wir abwärts. Bald merkte ich, wie notwendig es ist, vor dem Einfahren in die Grube die Kleider zu wechseln; denn an vielen Stellen tropft Wasser von dem Gestein herab, und die Sprossen der Fahrten sind mit feuchtem Schmutze bedeckt. Immer, wenn wir sieben bis neun Meter hinabgestiegen waren, gelangten wir auf Bretterböden oder Bühnen, auf denen wir jedesmal ein wenig ausruhten. Dort begegneten wir öfters Bergleuten, die aus der Tiefe kamen und uns freundlich den alten Bergmannsgruß: „Glück auf!“ zuriefen. Ein donnerartiges Geräusch kündigte an, daß wir in die Nähe des großen Wasserrades, das die Maschinen des Schachtes bewegt, gekommen waren. Zugleich vernahm ich das Rauschen des von den Pumpwerken gehobenen Wassers und den Lärm der großen Fördermaschine.
Nachdem wir schon ein bedeutendes Stück abwärts gestiegen waren, fragte mich mein Führer, ob ich bis zur tiefsten Stelle vordringen wolle, und als ich das bejahte, riet er mir, die sogenannte Fahrkunst zu benutzen; denn, so sagte er, 500 Meter hinab- und wieder heraufzusteigen, würde mich allzusehr ermüden.
Bei einer längeren Rast auf einer der Bühnen hatte ich Gelegenheit, mich seitwärts in den „Strecken“ umzusehen. Das sind tunnelartige Bauten in waagerechter oder doch nur ganz wenig aufsteigender Richtung. Mein Führer leuchtete an der Wand entlang, und ich sah glitzerndes Erz, das noch nicht abgebaut war. Am Ende des Ganges, dem „Orte“, arbeiteten je zwei, selten drei oder vier Bergleute. Sie waren eben damit beschäftigt, mittels Hammers oder Fäustels und einer dünnen Stahlstange (des „Böhrers“) Löcher in das Gestein zu bohren. Diese füllten sie Pulver oder Dynamit und versahen sie außerdem mit einer Zündschnur. Sobald die Bergleute diese angezündet hatten, flohen sie nach einem sicheren Orte, um dort die Wirkung des Schusses abzuwarten. Plötzlich vernahm ich ein kurzes, klatschendes Geräusch, etwa dem Knalle eines Zündhütchens vergleichbar; dann aber folgte donnerartig durch die vielen Strecken der Widerhall. Nachdem sich der entstandene Rauch verzogen, gingen die Bergleute wieder vor Ort. Sie arbeiteten das gelockerte, aber noch nicht ganz losgesprengte Gestein ab und begannen dann aufzuräumen. Dabei nahmen sie schon eine oberflächliche Scheidung vor, indem sie das taube Gestein zur Seite warfen, dagegen das erzhaltige sorgfältig sammelten.
Nun wurden von „Bergjungen“ länglich viereckige, niedrige Karren oder „Hunte“ auf Schienen nach dem „Orte“ geschoben und mit dem gewonnenen Erze beladen. Hierauf führte man die „Hunte“ dem „Füllorte“ zu, wo das „Fördergefäß“ des Treibschachtes das Erz aufnahm und zu Tage brachte.
Über diesen Beobachtungen war eine längere Zeit verflossen. Deshalb kehrten wir nach dem Schachte zurück, um uns von der Fahrkunst in noch größere Tiefe befördern zu lassen. Wir gelangten zu der tiefsten Strecke, wo wir uns über 500 Meter unter Tage befanden. Der Aufenthalt ist hier nicht angenehm; denn die große Tiefe erschwert den Abzug des Pulverdampfes und der „schlechten Wetter“. Außerdem herrscht dort eine so hohe Temperatur, daß die Bergleute mit nacktem Oberkörper arbeiten müssen.
Es fiel mir daher nicht schwer, mich von diesen Tiefen zu trennen. Gern begab ich mich mit meinem Führer zur Fahrkunst zurück, um mich mit ihm zu dem Stollen emporheben zu lassen, der die Grubenwasser der „Himmelfahrt“ dem Rotschönberger Stollen zuleitet. Stundenweit hätte ich mit meinem Führer von hier aus auf einem Laufbrette dahinwandern können. Doch über der Besichtigung des Bergwerkes waren schon mehrere Stunden vergangen, und wir begaben uns daher wieder auf den Rückweg. Dieser wurde mir sauer genug; denn die Fahrkunst hörte auf, und so mußte ich die Fahrten hinaufklimmen, was mich viel mehr anstrengte als das Einfahren, zumal nach langem Steigen, Gehen, Stehen und Kriechen.
Wie freute ich mich deshalb, als ich wieder das helle Tageslicht erblickte, das mit immer stärker werdendem Schimmer in den Schacht hereindrang! Als ich aus demselben ins Freie trat, begrüßte ich hoch aufatmend den vollen Glanz der Sonne.
Mit herzlichem Danke verabschiedete ich mich von meinem Begleiter, zog mich im Huthause um und eilte der Stadt zu.
Beim Eingange zum Donatsfriedhofe begegnete mir ein ernster Zug. Ein Bergmann ward zur letzten Ruhe geleitet. Dem Sarge folgten Freunde des Verstorbenen im Paradeanzuge. Alle trugen auf dem Haupte den grünen Schachthut, den schon die Harzer Bergleute zur Zeit Heinrichs des Finklers getragen haben. Im übrigen glich ihre Tracht derjenigen, die wir bei den Häuern und Steigern drunten im Bergwerke gesehen hatten. Alle Bergleute waren mit einer Art Beil, der „Barte“, bewaffnet. Das Musikchor sang den Trauermarsch aus dem „Bergmannsgruße“, dessen letzte Klänge mir lange noch durch die Seele zogen:
Leb wohl, leb wohl, du Bergmannskind!
Du hast vollbracht den Lauf.
Treu warest du und brav gesinnt;
Drum rufen wir: Glück auf!
Du hast vollbracht den Lauf.
Treu warest du und brav gesinnt;
Drum rufen wir: Glück auf!
Aus einem Realschullesebuch von 1918
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Bitte, liebe Mods macht, dass alle auch hier schreiben können! Oder nehmt es aus dem Redaktionsteil heraus. Habe ich vielleicht falsch eingetragen.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
Anmeldedatum : 29.01.15
Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Der Redaktionsteil war eigentlich nicht für Diskussionen gedacht. Also war er nur für Admins und Gründungsmitglieder eingerichtet, vetrstehe aber nicht, warum das jetzt bei Dir geht, und bei nemeth und Wendenkönig nicht.
Aber gut, ich öffne es jetzt für alle. Wir strukturieren das mal später um.
Aber gut, ich öffne es jetzt für alle. Wir strukturieren das mal später um.
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An unsere stillen Mitleser: werdet aktiv. Stellt Fragen, eröffnet Threads. Es gibt keine dummen Fragen, nur dumme Antworten. Belebt alte Threads - Geschichte veraltet nie. Ein Forum lebt nur, wenn viele mitmachen. Hier wird niemand niedergemacht - früherer Domänenname war geschichte-forum forums ag
Marek1964- Admin
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Vielen Dank, jetzt geht es.
Also, ich wollte zum Stülpner nur beitragen, dass wer großes Interesse hat, sich das Buch "Der grüne Rebell" besorgen kann. Bei ebay ist es u.A. zu bekommen.
Ich hatte mal die Originalausgabe von 1863, die aber auf Grund von Erbschaftsvorgängen, nicht mehr in meinem Besitz ist. Zu meiner Freude habe ich festgestellt, dass "Der grüne Rebell" der Originalausgabe bis auf´s Komma entspricht. Also, Ich kann dieses Buch nur empfehlen.
Euer Wendenkönig
Also, ich wollte zum Stülpner nur beitragen, dass wer großes Interesse hat, sich das Buch "Der grüne Rebell" besorgen kann. Bei ebay ist es u.A. zu bekommen.
Ich hatte mal die Originalausgabe von 1863, die aber auf Grund von Erbschaftsvorgängen, nicht mehr in meinem Besitz ist. Zu meiner Freude habe ich festgestellt, dass "Der grüne Rebell" der Originalausgabe bis auf´s Komma entspricht. Also, Ich kann dieses Buch nur empfehlen.
Euer Wendenkönig
Wendenkönig- Gründungsmitglied
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Die Mundart - Wahrzeichen des Erzgebirges
Ein Wahrzeichen kulturellen Erbes des Erzgebirges ist die typische Mundart, welche dort in vielen Häusern, Dörfern und Städten gesprochen wird. Ein Kenner dieser Materie wird aus dem Klang der einzelnen Idiome die etwaige Herkunft des Sprechers ermitteln können. Von Ort zu Ort gibt es andere Sprechweisen.
Der Unkundige ist sicher mit dem „Holzmichl“ – einem bekannten volkstümlichen Lied der Erzgebirgsgruppe „De Randfichten“ vertraut. Derartige Volksmusikensembles und –gruppen gibt es unzählige im Erzgebirge sowie auch im benachbarten Vogtland.
Einer der Urtypen der erzgebirgischen Volkmusikschaffenden war der einst im tschechischen Bozi Dar (Gottesgab) lebende Anton Günther (1876 - 1937). Eines seiner bekanntesten Lieder war wohl das Feierobndlied.
Der Unkundige ist sicher mit dem „Holzmichl“ – einem bekannten volkstümlichen Lied der Erzgebirgsgruppe „De Randfichten“ vertraut. Derartige Volksmusikensembles und –gruppen gibt es unzählige im Erzgebirge sowie auch im benachbarten Vogtland.
Einer der Urtypen der erzgebirgischen Volkmusikschaffenden war der einst im tschechischen Bozi Dar (Gottesgab) lebende Anton Günther (1876 - 1937). Eines seiner bekanntesten Lieder war wohl das Feierobndlied.
Seine Lieder, auf Grammophonplatten, Radio und Noten auf Postkarten verbreitet, wurde sehr schnell zum Vorbild eines Klischees. Das Klischee des hutzenden Heimarbeiters, des heimkehrenden Waldarbeiters, zeugte aber auch von der großen Liebe des Gebirglers zu seiner Heimat. Heimatgruppen schossen wie Pilze aus dem Boden und boten ihre Darbietungen dar. Immer mehr Literatur und Kultur kam hinzu und bald war ein Weihnachtsmarkt ohne erzgebirgische Weihnachtslieder undenkbar.
Sogar Theaterstücke entstanden, wie das Stück „Kater Lampe“. Die erzgebirgische Sprache ist neben der traditionellen Volkskunst im rauen Gebirge ein Stück Nationalkultur.
Anbei eine kleine Kostprobe eines unbekannten Autors: Sogar Theaterstücke entstanden, wie das Stück „Kater Lampe“. Die erzgebirgische Sprache ist neben der traditionellen Volkskunst im rauen Gebirge ein Stück Nationalkultur.
Mei Nast
Oder do saaht eich emol itze unner Stroß a! Lauter Pach is drauf un dodervu isse schie gelatt un raa wurn. Ah esu is itze alles annersch als früher. Schiene Haiseln stinne von dr Stroß bis na ne Waldrand hi verstraat dorten, Blumen an de Fanster un in de Gärten.
Kumm, zieh e Paar alte Latschen a un mach emol miet naus in Wald! Frische Luft ka mer gut vertrogn. Mer müssen erscht de Dorfwies nunner, nochert übersch Bachel un wieder ne Barg nauf un ball sei mer in Wald.
Vun waagn „ball“!
Wu mer als Kinner mietn Schlieten oder Schneeschuh de „Teufelsbahn“ nunnergeprescht sei, stinne itze de Wochenendhaiseln vun de Summerfrischler un mer muß e Walle üm de Hecken un Zäun vun dann Grundstücken nümlaafen, bis mer ne Waldrand erreicht hot. Ober werklich schiene Bungalows ka mer do sahe.
Heb fei ben Laafen im Busch de Füß e wing, sinst schlaafst de es ganze Haadelbeerkrattich miet feder! Wenn mer e Stück bargauf gestiegen sei, komme mer zen Blockhaus. Aus lauter schwaarn Baamstämm isses gemacht. Als Kind hob ich’s fers Hexenhaus vun Hänsel un Gretel gehaln, aah söll dr Rupperich drinne wuhn.
Gleich naabn Blockhaus giehet dr Kammwaag. Nooch links derreicht mer Hennersdorf , nooch rachts kumme mer bei dr Katzentante verbei nooch Witzschdorf. Wenn dr Wald ewing licht wird, hot mer vun do ubn wunner- schiene Ausblicke hi zer Augustusburg off der aan un nauf zen Erzgebirgskamm auf dr annern Seit. Do drübn kaa mer de öbern Haiser vun Witzschdorf noch sahe.
Wenn mer nunner gucken, sah mer unner Dorf. Wie e klaans Kind in Himmel- bett liegts im Tol drinne. Do is de Kerch un gleich dernaabn de alte un de neie Schul un drüber unten de Tornhall ka mer ausmachen. Wetter ubn derkennt mer de LPG Ställe, die sei sugar in Öderan in „Klein Erzgebirge“ ausgestellt.
Un wenn mer dos Panorama esu in sich aufnimmt, waß mer ah, worüm unner Dorf auch als „Klein-Tirol“ beniemt wird: Viel schenner kaa`s dorten ah net sei.
Mir ober machen sachte de „Hohle“ dingenei. Dos is itze e Faldwaag, geder kennt ne. De Hohle is eigentlich e alter Handelsweg, daar vun Böhmen nooch Chamtz un wetter gange is. Mer sogt ah in alten Schriften „Alter Böhmischer Steig“ derzu. Un wenn nu su e Hannelsmaa domols vor ball achthunnert Gahrn mit senn Pfaarwogn vun Böhme dorch ne „Miriquidi“, wie se domols zen erzgebirgischen Urwald gesogt hobn , hierhaar kam, war daar fruh, doß ar do war un danket Gott. Ümgedreht, wenn aaner nach Böhme musst, baatet aar, doß r heil dort hie kam. Un dos Baaten hobn se hier in aaner Kapelle gemacht, die ein Vorfahre von unner Kerch war. Deswaagn is unner Kerch aane vun de ältesten in dr Gegnd und romanischen Ursprungs.
Mer laafen watter de Hohle nonner, verbei an en alten Staabruch un übersch Bachel kumme mer ans Haisel vun Merbeth, Heinrich. Dos war emol e Zollhaus.
Das Zollhaus, im Vordergrund das Geländer einer
kleinen Brücke, über die ein alter Böhmischer Steig
führte, genannt die Hohle
Dort soll sogar emol dr Stülpner Karl gewaasen sein. Wos daar dorten wollt, derzöhl ich eich e anners mol.
Mehro haben mer ober en Kaffeedorscht kriegt un mer machen de Dorfstroß miet hamm.
Ach is das e schiens Dörfel! Neies stieht nabn Vertrautem. Wenn mer wie ich när gelegntlich ze Besuch do is, kriegt mer ah jedesmol e annere Verännerung in unnerm Dorf weis.
Un wenn mer sich’s racht bedenkt, doß mer hier geburn un groß geworden is, ka mer überoll su e bissel Geborgnhaat und Nastwärme spürn. Un drüm sog ich immer:
Mei Dorf is abn mei Nast!
Heiner Otto
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
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Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Dieser thread über da Erzgebirge und Geschichten rund um diese Region ist angenehm zu lesen und unterhaltsam.
Vielen Dank fürs Einstellen !
Vielen Dank fürs Einstellen !
Gontscharow- Gründungsmitglied
- Anzahl der Beiträge : 939
Anmeldedatum : 18.01.15
Re: Das Erzgebirge - Geschichte, Sagen und Erzählungen, Landschaft und Kultur, Leute und sonstige Eigenheiten
Danke für die Blumen, Gontscharow! Das spornt an.
Ja es geht weiter hier. Aber dazu braucht es Muse, die sich sicher wieder einstellt.
Ein Problem sind Fotos, die ich in Papierform hier liegen habe. Zum Digitalisieren benutze ich eine ungeeignete Kamera, die oft unscharfe Kopien liefert. Mal sehen was ich da unternehme.
Also bitte um Geduld, das Thema ist unerschöpflich für den geschichtlich interessierten Heimatfreund. Und dann soll ja der Beitrag auch ansprechen. Und da geht es leider nicht von der Stange, da muss man selbst auch viel zusammentragen.
Ja es geht weiter hier. Aber dazu braucht es Muse, die sich sicher wieder einstellt.
Ein Problem sind Fotos, die ich in Papierform hier liegen habe. Zum Digitalisieren benutze ich eine ungeeignete Kamera, die oft unscharfe Kopien liefert. Mal sehen was ich da unternehme.
Also bitte um Geduld, das Thema ist unerschöpflich für den geschichtlich interessierten Heimatfreund. Und dann soll ja der Beitrag auch ansprechen. Und da geht es leider nicht von der Stange, da muss man selbst auch viel zusammentragen.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
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Der Bau der Augustusburg
Der Bau der Augustusburg
Bei Chemnitz im sächsischen Erzgebirge thront weithin sichtbar die stolze Augustusburg. Sie ziert mit ihrer erhabenen Schönheit wie eine Königskrone den Schellenberg, der bei Erdmannsdorf von der fischreichen Zschopau umspült wird. Die mit Mischwald begrünten kleineren Berge in dessen Nachbarschaft scheinen sich gezieme vor ihrer Majestät zu ducken.
Beim Anblick der pompösen Burgmauern lebt bisweilen immer wieder der irrige Volksglaube auf, diesen gewaltigen Bau habe der sächsische Kurfürst August, der Starke errichten lassen.
Das ist aber falsch!
Der Bauherr des Jagdschlosses Augustusburg war der Kurfürst August von Sachsen, der von 1526 bis 1586 lebte. Im Volksmund hieß man ihn den „Vater August“, während man seine Gemahlin Anna „Mutter Anna“ nannte.
Vor der Augustusburg stand dort eine ältere Burganlage der Reichsministerialen zu Schellenberg, die aber am 27. April 1547 durch Blitzschlag eingeäschert wurde. An ihrer Stelle sollte nun eine neue Burg entstehen.
So lautete der Beschluss:Beim Anblick der pompösen Burgmauern lebt bisweilen immer wieder der irrige Volksglaube auf, diesen gewaltigen Bau habe der sächsische Kurfürst August, der Starke errichten lassen.
Das ist aber falsch!
Der Bauherr des Jagdschlosses Augustusburg war der Kurfürst August von Sachsen, der von 1526 bis 1586 lebte. Im Volksmund hieß man ihn den „Vater August“, während man seine Gemahlin Anna „Mutter Anna“ nannte.
Vor der Augustusburg stand dort eine ältere Burganlage der Reichsministerialen zu Schellenberg, die aber am 27. April 1547 durch Blitzschlag eingeäschert wurde. An ihrer Stelle sollte nun eine neue Burg entstehen.
„Lieber Getreuer! Du wirst berichtet haben, dass unser Schloss Schellenberg in dem verflossenen 1547 Jahre derer mehrere Teile durch Anzündung eines Hagelwetters abgebrannt, welcherhalben die Mauern bishero also verdorben, dass kein weitere Gebäude beständig darauf zu bleiben, zu wagen. Darum wir nicht umgehen mögen, weil solches des Hauses Sachsens ältester Schlösser eines, aus erforderter Notdurft auch zur Zierde des Landes Sachsen alle, solches Schlosses alte Gebäude abtragen zu lassen, und zu verordnen, dass an des Statt von Grund auf ein neues Schloss erbauet werde ......“.
Aus einer Broschüre zum 100 jährigen Schul- und Heimatfest 1938 in Hennersdorf
So der Befehl des Kurfürsten über die Erbauung der Augustusburg.
Grob beschrieben ist das Kerngebäude ein quadratischer Bau mit Innenhof. An jeder Ecke befindet sich ein turmartiges Haus: das Küchenhaus, das Hasenhaus, das Sommerhaus und das Lindenhaus. Diese Häuser werden mit einer Kirche, einer Galerie und zwei Tortrakten verbunden. Es schlossen sich noch drei Stall- und Gesindegebäude an, von denen heute nur noch zwei erhalten sind. Letztendlich kamen ein Vorbau vor dem Nordtor und ein Brunnenhaus mit Göpelwerk hinzu.
Blick vom Sommerhaus ins Zschopautal
Der Bau der Augustusburg wurde dem damaligen Baumeister und Bürgermeister von Leipzig, Hieronymus Lotter aufgetragen. An ihn erinnert in der Stadt Augustusburg die - "Lotterlinde" - an der Stelle, wo einst sein Haus stand, das aus Trümmern der älteren Burganlage erbaut wurde.
Der Bau der Gebäude dauerte von 1568 bis 1572 und bereitete viele Schwierigkeiten. So konnte die für 1567 geplante Grundsteinlegung wegen des zeitigen Wintereinbruchs erst im März des nächsten Jahres begangen werden. Aus den umliegenden Dörfern mussten die Bauern Frondienste und Fronfuhren leisten.
„Um den Bau zu beschleunigen, wurden 200 Mann zum Grundgraben verwendet, für eine wöchentliche Arbeitsleistung erhielt jeder Arbeiter 18 Groschen Lohn. 31 Einwohner des churfürstlichen Amtsdorfes Haynersdorff haben an diesem Schlossbau teilgenommen. Die Hennersdorfer Bauern mussten sich durch Fronfuhren an der Erbauung der Augustusburg beteiligen. Über das Geschlecht der Kempe zu Haynersdorf und der Bergbauern zu Haynersdorf sind dem Verfasser unserer Gemeindechronik die Unterlagen für diese Fronfuhren bekannt.“
Aus einer Broschüre zum 100 jährigen Schul- und Heimatfest 1938 in Hennersdorf
Kurfürst August zeigte starkes Interesse am Fortgang des Burgbaus und mischte sich oft unangenehm ins Baugeschehen ein. Es sei nicht seine „Arth, so in den Tagk zu bauen!“
Sehr unzufrieden zeigte er sich über das mäßige Bautempo und gebot öfters zur Eile. So ordnete er 1570 an, dass das Lindenhaus, das Küchenhaus und das Sommerhaus bis Jahresfrist bezugsfertig zu sein hätten. Das brachte den Baumeister Lotter arg in Bedrängnis, begannen doch die Arbeiter und Bauern sich gegen die steigenden Arbeitsanforderungen aufzulehnen. Als dann der Kurfürst auch kein Geld mehr schickte und keine Löhne mehr zahlte, kam es sogar zu Arbeitsniederlegungen. Um Schlimmeres zu verhüten, sah sich Lotter gezwungen aus seiner eigenen Tasche Geld vorzuschießen. Dabei soll es sich um 15.000 Taler gehandelt haben! Der Kommentar des Kurfürsten dazu: “Wenn er meint, einen großen Verlegebeutel zu haben …“
Das Geld sah Lotter nie wieder, denn er fiel beim Vater August in Ungnade und wurde im Jahr darauf entlassen. Zur Einweihung des Schlosses am 30. Januar 1572 war er nicht geladen. Er starb in einfachen Verhältnissen.
Ein großes Problem war die Wasserversorgung der Augustusburg. Nachdem es nicht gelang, mit Röhren und einer Wasserkunst Wasser aus der Zschopau hinauf zu leiten, wurde mit dem Graben eines Brunnens begonnen. Dieser musste durch hartes Felsengestein getrieben werden und es dauerte neun lange Jahre – von 1568 bis 1577 – bis man auf Wasser stieß.So wurde der -Brunnen - knapp 131 Meter tief.
Der gnädige Vater August setzte für diese schwere Arbeit gefasste Wilderer ein. Später ordnete er an, dass man diese Armen Tag und Nacht „im Schachte belasse, ihre Notdurft am Haspen aus- und einfahre bis sie Wasser ersinken!“
Um das Wasser zu heben benutzte man einen Pferdegöpel, womit das Wasser kübelweise geschöpft werden konnte. Eine mühselige Angelegenheit, wenn man bedenkt, dass nach Jagden etliche Pferde getränkt, die Jagdbeute zubereitet und die Wäsche gewaschen werden musste. An solchen Tagen soll der Brunnen zuweilen versiegt sein.
Eine sehenswürdige Besonderheit auf dem Burggelände ist die 1421 gepflanzte Schlosslinde, die man heute noch bewundern kann. Wenn diese reden könnte … mit 594 Jahren. Bei Baubeginn der Augustusburg 1568 war sie schon 147 Jahre alt und wurde damals extra gesichert:
„Ferner hatten auch die Einwohner von Hennersdorf während des Baues der Augustusburg Wächter für die alte Linde im Schlosshof (Lindengarten) zu stellen, die während des ganzen Baues eingestrickt war, um sie nicht zu beschädigen.“
Aus einer Broschüre zum 100 jährigen Schul- und Heimatfest 1938 in Hennersdorf[/color]
Der seltsame Wuchs dieser Linde führte zu dem Volks(aber)glauben, sie wäre mit den Wurzeln nach oben, also verkehrt herum eingepflanzt worden. Das ist aber biologisch unmöglich und gehört ins Reich der Märchen.
Die fast 600 Jahre alte Schlosslinde der Augustusburg
Das - Altarbild - in der Schlosskirche zeigt Vater August und Mutter Anna, sowie alle deren Kinder. Dabei sind die Kinder, die ein Kreuz am Halse tragen zu dem Zeitpunkt nicht mehr am Leben. Das Gebäude im Hintergrund des Bildes soll die alte Burganlage Schellenberg darstellen, das ist aber nicht belegt.
Heute ist die Augustusburg und ihre Umgebung ein Touristenmagnet. Sie beinhaltet Museen, Ausstellungen, Führungen und gastronomische Einrichtungen. Das Burgverließ kann in Augenschein genommen werden. Dem Interessierten empfehle ich, am Nordtor die Steinquader zu betrachten, wo man deutlich sichtbar die Zeichen der Steinmetzen erkennen kann – ein schönes Zeugnis aus der Zeit des Schlossbaus.
Im Jagdmuseum auf der Burg
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