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Veränderungen in Europa durch die Reformation

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Beitrag von Moschusochse Sa Mai 16, 2015 2:16 pm

Hier würde ich gerne den Versuch wagen, die Veränderungen in Europa durch die Reformation übersichtlich aufzulisten.

Die einfachste ist wohl diejenige, dass es nun die reformierten Kirchen gab. Aber sonst?
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Beitrag von ArnoldB. Sa Mai 16, 2015 9:04 pm

Auf folgende "Veränderungen" möchte ich aufmerksam machen: die Menschen mussten 1) sich nun intensiver mit ihrem persönlichen Glauben auseinandersetzen und 2) lernen, mit Menschen umzugehen, die einen anderen Glauben lebten als sie selbst.

Kurz: zwei Probleme, für die Lösungen gefunden werden mussten.

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Beitrag von wfwbinder So Mai 17, 2015 11:34 pm

ArnoldBentheim schrieb:Auf folgende "Veränderungen" möchte ich aufmerksam machen: die Menschen mussten 1) sich nun intensiver mit ihrem persönlichen Glauben auseinandersetzen und 2) lernen, mit Menschen umzugehen, die einen anderen Glauben lebten als sie selbst.

Kurz: zwei Probleme, für die Lösungen gefunden werden mussten.

Da stellt sich für mich die Frage, haben die einfachen Menschen sich wirklich diese Gedanken gemacht? Oder sind sie dem Glauben des Landesherrn einfach gefolgt. Oft mussten sie ja auch folgen.

Vor der Reformation haben sie sich das Geld für die Ablassbriefe vom Mund abgespart.

Ich denke zuerst an die viele kriegerischen Auseinandersetzungen. Selbst innerhalb der Herrscherfamilien. Mary die ältere Tochter von Heinrich VIII. katholisch. Ihre jüngere (Halb-)Schwester Elizabeth protestantisch.

Heinrich IV. von Navarra und August der Starke wurden katholisch um König von Frankreich, bzw. König von Polen zu werden.

Durch die Hugenottenkriege und spätere Abwanderung/Vertreibung verlor Frankreich wertvolle Handwerker.

Friedrich der Große verkündete Religionsfreiheit und gewann dadurch wertvolle Menschen für sein bevölkerungsarmes Land.

Man muss ja auch sehen, es gibt eine katholische Kirche, aber viele reformierte/protestantische Kirchen.

Unterschiedlich auch aus den GRünden für ihre GRündung.

Die anglikanische Kirche wurde gegründet, weil Rom nicht den Wünschen von Heinrich dem VIII. entsprechen wollte.

Die, die wir heute nach dem Gründer die evangelisch - lutherische Kirche nennen, weil Luther Kritik an der katholischen Kirche übte.

Calvinisten, Baptisten, 7. Tags Adventisten .................. Vermutlich könnten wir einige einzelne Themen mit der Vielzahl der Reformierten Kirchen füllen.
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Beitrag von Exmitglied-2 Mo Mai 18, 2015 12:59 am

Die Menschen der Zeit waren gottesfürchtig gerade auch im Alltag. Gott war für sie eine Lebensrealität, also denke ich schon, dass sie sich bis zu einem gewissen Grad mit ihrem eigenen Glauben auseinandergesetzt haben. Sicherlich wird sich ein Bäckergeselle anders damit beschäftigen als ein Patrizier, aber er wird sich spätestens damit auseinandersetzen, wenn der Landesherr einen anderen Glauben annimmt, es also ihn direkt betrifft. Ich frage mich allerdings, ob das schon in Richtung Blasphemie geht.

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Beitrag von Klartext Mo Mai 18, 2015 9:52 am



Man muss ja auch sehen, es gibt eine katholische Kirche, aber viele reformierte/protestantische Kirchen.

Es gibt immerhin auch die Altkatholiken, enstanden nach dem völlig anachronistischen Schritt von 1870, den Papst für unfehlbar zu halten.

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Beitrag von wfwbinder Mo Mai 18, 2015 2:29 pm

Die entscheidenden reformierten Kirchen, die zu einer Spaltung geführt haben, sind m. E. die Lutheraner, weil der ja auch die Bibelübersetzung machte und die evangelische lutherische Kirche auch zahlenmäßig sehr stark ist. Daneben, ebenfalls wegen der großen Verbreitung die anglikanische Kirche (Church of England) weil die eben durch die Briten auch nach Afrika und andere Kolonien gebracht wurde.

Die Übersetzung der Bibel war mit Sicherheit für die Gemeinschaft der Christen der größte Fortschritt. Jeder der lesen konnte (gut, waren im 16. Jahrhundert auch noch nicht so viele), hatte nun die Möglichkeit die Bibel zu lesen.
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Beitrag von Wallenstein Di Mai 19, 2015 11:13 am

Man sollte vielleicht die Folgen der Reformation in verschiedene Unterpunkte aufteilen:

Ökonomische Folgen:
Als Ergebnis der Reformation wurde in einigen Ländern der Großgrundbesitz der Kirche konfisziert.

England:
Mit der Suprematsakte von 1536 wurde das kirchliche Land enteignet und die Klöster aufgelöst. Ein Viertel des englischen Grundbesitzes wurde somit anschließend an Kaufleute und die Gentry verkauft, die aus feudalem Landeigentum kapitalistische Unternehmen machten. Gilt als wichtigste Ursache für die Modernisierung Englands.

In Schweden und Dänemark wurde ebenfalls das kirchliche Land enteignet und den Königen unterstellt.

In Deutschland haben einige protestantische Fürsten auch Land enteignet. Wo dies nicht geschah, wurden Kirchengüter den Landesherren unterstellt. Deren Einnahmen gingen nun an den Staat und flossen nicht nach Rom ab. Die Abschaffung oder Reduzierung des Ablasshandels bewirkte, dass das Geld im Land verblieb.

Politische Folgen:


Die Kirchen verwandelten sich in Staatskirchen, wurden unabhängig von Rom und sie unterstanden jetzt den Monarchen oder Landesherren. In England und Dänemark stehen bis heute die Könige an der Spitze der Kirche, in Schweden bis zum Jahr 2000.  In Deutschland wurden die Landesherren auch die Oberherren über ihrer jeweiligen Landeskirchen (bis 1918, lutherisches Staatskirchentum). Die Einheit von weltlicher und geistlicher Herrschaft bereitete dem Absolutismus den Weg. Die Reformation nützte also vor allem den Herrschenden. Deshalb bezeichnet man sie in Deutschland auch als Fürstenreformation. Dies war im Sinne von Luther, der anders als Thomas Münzer keine sozialrevolutionäre Veränderung wollte.

Soziale Folgen und Wertewandel
Eine wichtige Spielart des Protestantismus wurde der Calvinismus, der vor allem Anhänger fand bei Kaufleuten, Handwerkern, die sich aus den Zünften lösten, kommerziell denkenden Adligen und mittelständischen Bauern.

Im Zentrum der Lehre Calvins und seiner Nachfolger stand die Lehre der Prädestination, der Vorherbestimmung des Schicksals. Gott hätte in seiner Weisheit vorherbestimmt, wer verdammt bliebe und wer selig werden würde.  Es sei aber möglich, die Zeichen des Erwähltseins an sich zu erkennen. Im beruflichen Erfolg oder Misserfolg zeigt sich, ob eine Person in den Genuss göttlicher Gnade kommen würde oder nicht. Wirtschaftlicher Erfolg war ein Erkennungszeichen göttlicher Gnade. Der Protestant vergeudet nicht sein Geld in Luxus, sondern investiert es in Bildung und Technologien. So wurde aus einer religiösen Überzeugung der „Geist des Kapitalismus“. Er schuf den neuen Unternehmer, den stets vernünftig kalkulierenden und in allen Lebenslagen disziplinierten Unternehmer mit seiner Arbeitsmoral: fleißig, gewissenhaft, sparsam, emsig, tatkräftig und bescheiden.

Stetige Arbeit, Verzicht auf Konsum, Sparsamkeit, kalkuliertes und vorausplanendes Verhalten, Investition des Gewinns in den Betrieb, Offenheit für jede Veränderung, die Profit bringen würde. Das alles macht eine kapitalistische Wirtschaftsordnung erst möglich.

Der Calvinismus geriet somit in einen Gegensatz zum Feudalismus und Merkantilismus, die Eigentum auf vielfache Weise beschränkten. Die Calvinisten akzeptieren die Ungleichheit unter den Menschen, aber vor Gott sind alle Menschen gleich und deshalb müssten auch die irdischen Gesetze für alle gelten. Bezugspunkt war für sie die eigene, sich selbst verwaltende Gemeinde. Damit gerieten sie in einen Gegensatz zum absolutistischen Ständestaat. Dem Calvinismus wohnt also ein revolutionäres und demokratisches Element inne.

Ihre Anhänger, die viele verschieden Namen hatten, gerieten in einen Gegensatz zu den Herrschenden. (Freiheitskampf der Niederländer, Kämpfe der Hugenotten in Frankreich, puritanische Revolution in England usw.)

Wichtig ist der Calvinismus in Nordamerika, denn viele protestantische Sekten wanderten dorthin aus und bestimmen bis heute maßgeblich Politik und Wirtschaft. Aus den Protestanten entwickelten sich die Machteliten nach der Unabhängigkeit, die W.A.S.P. (White Anglo-Saxon-Protestants).

Dem Lutheranertum fehlt diese revolutionäre und demokratische Tendenz, da er die Unterordnung unter den absolutistischen Staat zur ersten Bürgerpflicht erhob. Er hat dem territorialen Absolutismus en Weg geebnet und die bestehende Ständeordnung legitimiert, die patriarchalische Bevormundung und die ständisch korporative Gesinnung gefördert. Nicht individueller Wagemut, sondern die Befriedigung des gewohnten, standesgemäßen Bedarfs und ein gerechter Preis waren die Ideen des Wirtschaftens in lutherischen geprägten Territorien. In dieser Hinsicht unterschieden sich Lutheraner und Katholiken viel weniger voneinander als Lutheraner und Calvinisten.

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Beitrag von ArnoldB. Sa Mai 23, 2015 1:10 pm

wfwbinder schrieb:
ArnoldBentheim schrieb:Auf folgende "Veränderungen" möchte ich aufmerksam machen: die Menschen mussten 1) sich nun intensiver mit ihrem persönlichen Glauben auseinandersetzen und 2) lernen, mit Menschen umzugehen, die einen anderen Glauben lebten als sie selbst.

Kurz: zwei Probleme, für die Lösungen gefunden werden mussten.

Da stellt sich für mich die Frage, haben die einfachen Menschen sich wirklich diese Gedanken gemacht? Oder sind sie dem Glauben des Landesherrn einfach gefolgt. Oft mussten sie ja auch folgen. (...)

Wegen der raschen Verbreitung (Buch- und Flugschriftendruck) des reformatorischen Gedankenguts, das viele Menschen selbst lesen oder, von anderen vorgelesen, hören und dann diskutieren konnten, lässt sich sagen, dass "die einfachen Menschen sich wirklich diese Gedanken gemacht" haben. Natürlich nicht nur diese, denn selbstverständlich war die durch die Reformation möglich gewordene Bekenntniswahl ein wichtiges Politikum im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, um das zwischen den Reichsständen heftig gerungen wurde. Der Augsburger Religionsfrieden 1555 garantierte den Bestand zunächst der katholischen und der lutherischen Konfession, während sich die Calvinisten/Reformierten mit dieser Garantie bis zum Frieden von Münster und Osnabrück 1648 gedulden mussten.

Was die Bekenntniswahl der "kleinen Leute" angeht, gab es im Reich keine einheitliche Handhabung. Es gab den Konsens, dass man keinem Menschen ein bestimmtes Bekenntnis aufzwingen konnte. Zwar waren im 16. und der ersten Hälfte des 17. Jh.s die Landesherrschaften berechtigt, die Konfession im Lande festzulegen, aber die Untertanen konnten sich diesem Zwang durch Auswanderung entziehen. Gewiss, nur wenige haben davon Gebrauch gemacht und ihre soziale Existenz gefährdet. Einige Landesherren fuhren auch einen toleranten Kurs, der private Religionsausübung nicht verfolgte. Da die Landesherren die Ortsgeistlichen visitieren lassen konnten, übten sie eine effektive religiöse Kontrolle aus, wenn sie es wollten. Allerdings waren die Landesherren in ihren Befugnissen durch die Stände beschränkt. In etlichen Reichsgebieten kam es daher zu einem Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Konfession und der Notwendigkeit, miteinander auszukommen. Das war manchmal problemlos, manchmal auch nicht.

Das erste Freiheitsrecht, das im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation für alle Stände und Untertanen galt, war die Religionsfreiheit, die ebenfalls im Frieden von Münster und Osnabrück festgeschrieben wurde. Seitdem brauchten die Untertanen einen Religionswechsel der Landesherrschaft nicht mehr mitzumachen und konnten die Religion ausüben, die sie wollten.

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Beitrag von ThomasAral Mo Mai 25, 2015 11:51 pm

Durch die Reformation wurde der 30-Jährige-Krieg ausgelöst und dieser wiederum hat das Gebiet was nun Deutschland ist in der Entwicklung gegenüber den anderen Ländern zurückgeworfen. Deshalb sind auch Deutsche erst so spät mit Schiffen aufgebrochen. Haben sich nicht in Amerika die besten Stücke vom Kuchen geholt, waren auch in Afrika die letzten. Und nicht zuletzt hat dieses Problem dann in den Ersten WK (D wollte einen Platz an der Sonne, Kolonien in Afrika) und von da in den 2ten WK geführt. Ich sage mal: wenn in D die Reformation genau wie in Frankreich mit den Hugenotten niedergeschlagen worden wäre, dann hätte heute D die Stellung in der Welt die jetzt Frankreich hat, oder sogar noch mehr.

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Beitrag von Marek1964 Di Mai 26, 2015 11:27 pm

Also, als reformierter, als Calvinist und Hussite, wage ich da Widerspruch. Der 30 jährige Krieg wurde durch die Rekatholisierungsversuche der Böhmischen Länder verursacht. Siehe hier:


http://de.wikipedia.org/wiki/Drei%C3%9Figj%C3%A4hriger_Krieg

Dazu will ich nur eine noch ergänzen: Die katholische Kirsche hat gegen die Hussiten mehr Kreuzzüge geführt als gegen die Muselmänner... aber gegen die Hussiten alle verloren.

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Beitrag von Nemeth Fr Okt 02, 2015 9:43 am

Zitat Marek: "aber gegen die Hussiten alle verloren"

Dem ist nicht so.

Die beiden letzten Schlachten waren nicht erfolgreich. Man muss schon schreiben vernichtend.
Die Schlacht von Lipany am 30.5.1434 und die Schlacht von Brüx am 23.September 1434.

Zwischen den Hussitenkriegen und dem Dreißigjährigen Krieg lagen immerhin knapp 200 Jahre.
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Beitrag von Marek1964 So Nov 22, 2015 8:27 pm

Nemeth schrieb:Zitat Marek: "aber gegen die Hussiten alle verloren"

Dem ist nicht so.

Die beiden letzten Schlachten waren nicht erfolgreich. Man muss schon schreiben vernichtend.
Die Schlacht von Lipany am 30.5.1434 und die Schlacht von Brüx am 23.September 1434.

Zwischen den Hussitenkriegen und dem Dreißigjährigen Krieg lagen immerhin knapp 200 Jahre.

Die beiden Schlachten, die Du erwähnst, waren aber keine Kreuzzüge mehr - sie wurden nach den Basler Kompaktaten geführt, als sich die Hussiten spalteten und ein Teil von ihnen (die Utraquisten) an Seite der katholischen Kirche kämpften.

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