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Bhutan – Insel der Glückseligkeit?

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Beitrag von Wallenstein Mo Jul 13, 2015 10:52 am

Bhutan ist eines der ärmsten Länder der Welt, ein Gebirgsstaat im Himalaya von der Größe der Schweiz mit 1,2 Millionen Einwohnern. Angesprochen auf die klägliche Wirtschaftsleistung seines Landes soll in den siebziger Jahren der vierte König des Landes, Jigme Singye Wangchuk, gesagt haben: „"Das Bruttoinlandsprodukt interessiert mich nicht. Mich interessiert das Bruttoinlandsglück!"

Inzwischen wurde die Regierung verpflichtet, alles zu tun, damit die Bürger glücklich werden. So steht in der Verfassung:

Artikel 9 Absatz 2: "Der Staat bemüht sich, jene Bedingungen zu fördern, die das Streben nach Bruttoinlandsglück ermöglichen."

Analog zum westlichen Bruttosozialprodukt entwickelte Bhutan das Gross National Happiness (GNH) Produkt. Anhand von 33 Indikatoren will man in Erfahrung bringen, ob die Bürger glücklich sind. Dies wird untersucht mit Fragebögen, keine leichte Aufgabe in einem Land mit vielen Analphabeten. Damit seine Bürger auch wirklich glücklich sind, soll der Staat die folgenden Ziele anstreben:

   Förderung einer sozial gerechten Gesellschafts- und Wirtschaftsentwicklung

   Bewahrung und Unterstützung kultureller Werte

   Errichtung von guten Regierungs- und Verwaltungsstrukturen

   Gesetze zum Schutz der Umwelt

Nach den neuesten Untersuchungen des Glücksministeriums sind schon 40,9 % der Einwohner glücklich. Na toll!

Nicht dazu gehört aber die nepalesische Minderheit im Süden des Landes, die schon seit Jahren einer brutalen Repression und Unterdrückung ausgesetzt ist. Offensichtlich will man diese ungeliebte Bevölkerungsgruppe loswerden. Schon ungefähr 100.000 Menschen sind geflüchtet und leben in Internierungslagern in Nepal. Dort will  man an sie aber auch nicht haben.

Der Grund für die Unterdrückung ist vielfältig. Ausschlagebend waren hierfür wohl die Unruhen in dem nepalesischen Bevölkerungsteil des anderen Zwergstaates im Himalaya, in Sikkim. Die Auseinandersetzungen nahm Indien zum Anlass, diesen Miniaturstaat einfach zu annektieren. In Bhutan befürchtet man wohl ähnliches.

Internationale Hilfsorganisationen versuchen, die Flüchtlinge weltweit neu anzusiedeln, in den USA, Kanada, Australien, Europa und das nicht ohne Erfolg. Wer es schafft, aus dem Lager herauszukommen, hat dann auch sein Glück gefunden, aber eben außerhalb von Bhutan, der vermeintlichen Insel der Glückseligkeit.

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Beitrag von Judas Phatre Mo Jul 13, 2015 6:06 pm

Man darf nicht vergessen, dass Bhutan lange Zeit fast in einer anderen Welt lag. Jeder Staat, jedes Volk braucht Zeit, um sich zu ändern und damit meine ich 2 bis 3 Generationen. Das kann man an den Kindern und Enkeln der türkischen Einwanderer in unserem Land sehen. Gerade isolierten und dazu armen Staaten muss man diese Zeit lassen. Bhutan hat sich von einer Monarchie mit Leibeigenschaft zu einer konstitutionellen Demokratie entwickelt. Soweit ich das herausbekommen habe, wird auch versucht, die nepalesische Minderheit schrittweise zu integrieren. Die Erhaltung von Kultur und Umwelt als eines der wichtigsten Staatsziele festzuschreiben und die Menschen zu fragen, ob sie zufrieden sind und nicht nur einfach wählen zu lassen, ist doch nicht verkehrt.
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Beitrag von Gontscharow Mo Jul 13, 2015 11:52 pm

Über Bhutan hört man nur wenig - zumindest dann, wenn man auf die deutsche
und englische Sprache angewiesen ist.
Ich selbst habe einige Dokumentationen im öffenlich- rechtlichen Medien gesehen,
die das Land als sympathisch schilderten.
Und mit dem Gkück - tja, das ist so eine Sache. Als wir neulich einen Regenbogen sahen,
habe ich einem Freund gesagt "Wünsche dir etwas ! " und er hat sich gewünscht, "immer"
glücklich zu sein. EIn nachvollziehbarer Wunsch, aber in sich unlogisch .... denn wäre man "immer" glücklich, dann wüßte mam gar nicht, daß man es ist, weil man das Unglück ja gar nicht kennt. Um sein Glück auszukosten, muß man das Gegenteil, das Unglück kennen.
Ich will nur sagen : Egal, wann, wo und wie man lebt oder gelegt hat und wer man ist,
Glück und Unglück kennen, erleben und erleiden alle Menschen, vom Bettler bis zum Kaiser. Keine Regierung, Religion oder Philosophie der Welt
wird daran etwas ändern, weil es ein Naturgesetz uns somit eben nicht zu ändern ist.

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Beitrag von Judas Phatre Di Jul 14, 2015 2:21 pm

Seneca min: "Mir tun die Menschen leid, die nie gelitten haben." Wink
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Beitrag von Judas Phatre Do Jul 16, 2015 7:08 am

Gontscharow schrieb:
Und mit dem Gkück - tja, das ist so eine Sache. Als wir neulich einen Regenbogen sahen,
habe ich einem Freund gesagt "Wünsche dir etwas ! " und er hat sich gewünscht, "immer"
glücklich zu sein. EIn nachvollziehbarer Wunsch, aber in sich unlogisch .... denn wäre man "immer" glücklich, dann wüßte mam gar nicht, daß man es ist, weil man das Unglück ja gar nicht kennt. Um sein Glück auszukosten, muß man das Gegenteil, das Unglück kennen.
Das Wort "Glück" im Deutschen bezeichnet nach meinem Gefühl 3 verschiedene Sachen:
1. "luck" (=die germanische Wurzel) im Sinne von "Schwein gehabt".
2. Euphorie, physiologisch wohl eine akute Ausschüttung von Dopamin und damit eine Belohnung für Erfolg, die nur kurz anhält, aber in 3. münden kann.
3. Das Fehlen von Stressfaktoren, "Not". Kein Hunger, keine Minderwertigkeit, keine Existenzangst, Möglichkeit, sich fortzupflanzen.

Für unsere Diskussion ist vor allem der letzte Punkt wichtig. Als ich begann, Ägyptisch zu lernen, hat mich gewundert, dass es kein Wort für "Glück" gab. RASCHE bezeichnet "Freude" (Punkt 2) und HOTP "Zufriedenheit" (Punkt 3). Das Ziel von Jesus' Lehre und der Gnosis ist die ANAPAUSIS (gr. für "Ruhe"). Dasselbe Ziel haben die Stoiker. Für den asiatischen Raum passt vielleicht "Harmonie". Wenn die Politik Bhutans auf einen Ausgleich mit der Umwelt und zwischen den Menschen ausgerichtet ist, dann kann man das als die Suche nach Glück bezeichnen.
Das Problem, das ich sehe, ist, dass diese Form des Glücks mehr etwas für die ältere Generation ist. Junge Menschen suchen eher Veränderung, Entwicklungsmöglichkeiten und Erfolg (Punkt 2). Jeffersons Eintrag in die amerikanische Verfassung passt hierzu. Auch das gehört zu einer glücklichen Gesellschaft und scheint mir weniger gut von Bhutans Politik abgedeckt zu sein.
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Bhutan – Insel der Glückseligkeit? Empty Re: Bhutan – Insel der Glückseligkeit?

Beitrag von Wallenstein Do Jul 16, 2015 10:33 am

Der Begründer der Nationalökonomie, Adam Smith, war eigentlich Moralphilosoph und ihn  beschäftigte die Frage: Wie kann eine Gesellschaft aus lauter Egoisten trotzdem glücklich werden? Sein Fazit: Das allgemeine, gesellschaftliche Glück werde maximiert, indem jedes Individuum im Rahmen seiner ethischen Gefühle versucht, sein persönliches Glück zu erhöhen. Dafür müssen die strukturellen Voraussetzungen geschaffen werden.  Durch die unsichtbare Hand des Marktes werde der Wohlstand vermehrt und somit gleichzeitig auch das allgemeine, gesellschaftliche Glück erhöht.

Adam Smith setzt weitgehend Glück mit materiellem Reichtum gleich. Der Markt sorgt dafür, dass alle Menschen wohlhabend und damit auch glücklich werden.

Ganz so simpel würde man dies heute nicht so sehen. Doch auch bei uns ist für viele Reichtum eine wichtige Voraussetzung für Glück. Wir wissen aber auch: „Geld macht nicht glücklich, aber mit viel Geld kann man auf relativ angenehme Weise unglücklich sein.“

Man kann natürlich auch kleine Brötchen backen. Der Realist, der verstanden hat, dass er in einem darwinistischen Universum lebt, ist einfach dankbar, wenn er es bis zum nächsten Sonnenuntergang schafft.

Wahrscheinlich denken die meisten Einwohner von Bhutan so. Da sich aber die Gesellschaft jetzt ganz rapide verändert, werden sich auch die Vorstellungen über das Glück ändern.

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