Chronologiefehler im 1. Millennium AD - Materialien I
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Chronologiefehler im 1. Millennium AD - Materialien I
Die Sensation: Dem ersten Millennium fehlen 232 Jahre!
Es ist die Sensation in der Geschichtszählung Europa’s: Die Antike rutscht um 232 Jahre in Richtung Gegenwart. Wie kann das sein?
Mehrere Generationen Historiker haben fest geglaubt (und die meisten glauben es auch heute noch), daß unsere ‚Chronologie Anno Domini‘, fest gefügt und quasi eine naturwissenschaftliche Ordnungsvorgabe sei. Dabei ist die Chronologie AD niemals nach naturwissenschaftlichen Kriterien entwickelt worden. Die Zeitzählung war vielmehr eine mit der religiösen Bindung gleichgeschaltete Informationskonstante, die nie in Frage gestellt wurde.
Die Daten der Antike, die wir heute millionenfach in den Geschichtsbüchern oder anderen Medien wie zB. Wikipedia finden, sind erst seit ca. 400 Jahren nach und nach zusammengetragen worden. Dabei haben sich mehrere Fehler eingeschlichen: Die christliche Chronologie ist gemeinsam mit der antiken Chronologie des römischen Reiches in Relation zur wirklich absoluten Chronologie, vielleicht schon in historischer Zeit aus religiösen Gründen, falsch gesetzt worden. Und es ist - weil im Hochmittelalter der Streit um die Macht von allen gesellschaftspolitischen Parteien (Kirche, Kaiser, etc.) massiv mit dem System der Fälschung von Urkunden bestritten und diese Fälschungen von der jeweiligen Gegenpartei mit neuen Gegenfälschungen beantwortet wurde - eins total übersehen worden: Es war plötzlich zuviel ‚Erzählung’ in der Pipeline, also Geschichte, die reine Phantasiegebilde waren!
Aber das störte niemanden, denn es konnte kaum einer unterscheiden, was real geschehen und was fiktiv erfunden war, kaum jemand hatte das universelle Wissen dazu. Die entscheidenden Fragen heute sind nun, wodurch wurden die Zeitfehler sichtbar, und wie wirken sie sich auf die tradierte Historiographie aus? Eine andere Frage wäre noch, wie könnten die Zeitfehler wohl entstanden sein, aber darüber läßt sich z.Zt. nur spekulieren.
Einführung zur Materialsammlung
Unsere Chronologie des christlichen Abendlandes ist jedem von uns mit dem Krippenspiel der Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas von Kindheit an an‘s Herz gewachsen. Daher fühlen sich alle persönlich betroffen, käme jemand daher und versuchte, an dieser emotionalen Festung zu rütteln. Es sei daher versichert, daß an dieser Geschichte nicht gerüttelt werden soll.
Aber an unserer Chronologie soll und muß gerüttelt werden! Jedenfalls gibt es inzwischen aus den Naturwissenschaften heraus etliche unabhängig voneinander entstandene Argumentationsstränge, die uns in ihrer Bündelung veranlassen müssen, die Chronologie Anno Domini in Teilen zu überdenken; zumindest ist es diese These es Wert, ihr in einer öffentlichen Diskussion Raum zu geben.
Zählweise der Chronologien
Wir haben uns über die letzten tausend Jahre hinweg daran gewöhnt, unsere Zeitrechnung nach ,Anno Domini‘ als eine absolute zu betrachten, bei der die geschichtliche Überlieferung absolut übereinstimmt mit einer wissenschaftlich nachweisbaren Zählung wie beispielsweise einer Rückberechnung von Sonnenfinsternissen oder Baumringchronologien. Langsam wird aber deutlich, daß diese Gleichsetzung nicht in Gänze aufrecht zu erhalten ist. Im folgenden soll daher neben unserer klassischen Zählweise nach Anno Domini (v.Chr./AD) auch eine wissenschaftliche Zählung geführt werden, die sich beispielsweise an der Rückberechnung von astronomischen Ereignissen ausrichtet. So gäbe es nach wie vor die Zählung für das Jahr 962 AD (Krönung Otto I. zum Kaiser), das auch gleichzusetzen ist mit dem Jahr 962 AD abs als ,terminus technicus‘ für die wissenschaftlich-absolute Zählung der Chronologie - von heute aus rückwärts in die Vergangenheit gesehen.
Im Falle des Todes von Julius Caesar behalten wir die milliardenfach in allen Geschichtsbüchern verbreitete Zählweise nach Anno Domini für das Jahr 44 v.Chr. bei, aus wissenschaftlicher Sicht gesehen fällt der Tod Cäsar‘s jedoch 232 Jahre später in das Jahr 188 abs. Im Falle eines Datums vor der Zeitenwende wird das Minuszeichen verwendet, zB. -200 abs.
Diese hier nur kurz angedeutete Verschiebung der Antike in Richtung Gegenwart wird natürlich ab irgendeinem Zeitpunkt im 1. Jahrtausend (wahrscheinlich zeitlich nach dem Untergang Westroms und vor Beginn der Herrschaft der Ottonen) zu einer Kollision der beiden Chronologien nach AD und abs führen. Es werden wohl entsprechende 232 Jahre aus der von Menschen überlieferten/erzeugten Geschichte im 1. Millenium herausfallen müssen. Dies gilt es im weiteren Ablauf der Untersuchung im Auge zu behalten.
Sprachregelung zur Benennung von Zeitbezügen
Wie wollen wir zukünftig die verschiedenen Zeiten benennen? Ich habe mir darüber schon den Kopf zerbrochen, denn einfacher wird die Historiographie durch die Erkenntnis des Zeitfehlers nicht. Es sollte aber die ungeheure Menge der bereits existierenden Literatur mit den darin kursierenden Zeitbezügen nicht vollständig entwertet werden. Daher plädiere ich dafür, die Zeitzählung der Chronologie AD beizubehalten. Es sollte immer dann, wenn nötig, durch den Zusatz ‚abs‘ die Unterscheidbarkeit in absolute und relative Zeitbezüge vorgenommen werden. Ich werde versuchen, dies im folgenden beizubehalten.
Allgemeines zu den Wissenschaften
Im folgenden wird viel von wissenschaftlichen Ergebnissen gesprochen. Die hier zitierten Betrachtungen aus der Naturwissenschaft haben bis jetzt nie den Nachweis der Wahrhaftigkeit unserer Chronologie AD im Blick gehabt, sie wurde nie wirklich grundsätzlich in Frage gestellt. Die hier vorgestellten Ergebnisse sind in der Regel also nicht gezielt erarbeitet worden, sondern sind als ,Abfallergebnis‘ nebenher entstanden. Bisher fehlte nur das Zusammenbringen der wissenschaftlichen Ergebnisse aus verschiedenen Disziplinen, um daraus neue Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Diskussion erwünscht - im Nachbar-Thread
Die im folgenden auf- und fortgeführte Liste der Materialien soll möglichst ungestört fortlaufend entwickelt werden. Die Möglichkeiten einer allgemeinen Diskussion an dieser Stelle werden daher aus rein praktischen Gründen unterbunden. Die dazu wirklich erwünschte Diskussion soll stattdessen im nebenstehenden Thread ,Diskussion zum Chronologiefehler‘ offen für Jedermann geführt werden.
Danksagung
Die ersten Hinweise zur Thematik habe ich vor Jahren schon den unzähligen Publikationen Heribert Illig‘s entnommen, dessen bis heute unermüdliche und, trotz aller Anwürfe, ungebrochene Materialsammlung das Thema erst hat seriös werden lassen (s. Mantis Verlag). Ihm sei hiermit ausdrücklich gedankt.
Den entscheidenden Hinweis auf die Ursache der These der Zeitverschiebung verdanken wir aber den beiden Schweden Lars-Ake Larsson und Petra Ossowski Larsson von ‚Cybis’, die auf Grund ihrer profunden Kenntnis im Bereich der Dendrochronolgie den entscheidenden Hinweis auf den Systemfehler in dieser naturwissenschaftlichen Sparte erarbeitet und gefunden haben. Über ihren Tellerrand hinausschauend, haben sie dann auch in anderen naturwissenschaftlichen Bereichen wie Astronomie und den Eisbohrkerndaten Grönlands nach ähnlichen Anzeichen wie die eines Chronologiefehlers Ausschau gehalten - und sind über die Maßen fündig geworden.
Weitere Danksagungen wären durchaus zu nennen, dafür ist hier aber nicht ausreichend Platz.
Man kann sich aber nicht wirklich sicher sein, ob man den beamteten Historiographen für den Zeitraum des ersten Milleniums AD hier einen Dank aussprechen soll! Sie haben in der Regel ihrer Wissenschaft einen Bärendienst erwiesen, in dem sie über bald 30 Jahre hinweg alle Anläufe und Überlegungen in Richtung dieser These prinzipiell zerredet, schlecht gemacht oder einfach nur absichtlich übersehen haben. Ob es Ihnen etwas genützt hat? Warum ist ein Berufsstand offensichtlich nicht bereit, seine Arbeitsgrundlagen kritisch in Frage zu stellen und aktiv an dieser Diskussion teilzunehmen?
Den Hilfswissenschaftlern (aus Astronomie, Dendro- und C14-Technologie, Eisbohrkernanalyse, etc.), die sich aktiv mit der Verifizierung der geschichtlichen Chronologie AD auch in ihrem Fachgebiet beschäftigen, sei ihr hasenfüßiges Verhalten gegenüber den ,Geschichtlern‘ vorgeworfen: Werdet endlich unabhängig und beruft Euch einzig und allein auf Eure Naturwissenschaft und eure Erkenntnisse!
Inhaltsverzeichnis Argumente
Argument 1 - Der Komet nach Caesars Tod
Argument 2 - Der Komet Swift-Tuttle und die Astronomie
Argument 3 - Sonnenfinsternisse der Antike / Plinius d.Ä.
Argument 4 - Sonnenfinsternisse der Antike / Plutarch
Argument 5 - Sonnenfinsternisse der Antike / Xenophon
Argument 6 - Die Offenbarung des Johannes / Deutung Morosov
Argument 1: Der Komet nach Caesar‘s Tod
„So it is up to you, dear reader. Whatever you believe, the tale of the comet(s) of 44 B.C. is a fine piece of interdisciplinary detective work and makes fascinating reading.“ Brian Marsden, Harvard-Smithsonian Center of Astrophysics, Cambridge, USA, December 1996 (1.1)
Dieses Schlußwort im Vorwort der gemeinsamen Arbeit von John T. Ramsey und A. Lewis Licht mit dem Titel ,The Comet of 44 B.C. and Caesar‘s Funeral Games‘, 1997, ist rätselhaft. Denn Marsden, gefragt als ,ausgewiesener Kometenjäger’ der NASA, läßt hier die Antwort auf die Frage nach der Existenz von Caesar‘s Kometen schon im Vorwort offen. Gab es ihn nun oder gab es ihn nicht? Eine Antwort auf diese Frage hatten der Historiker John Ramsey und der Astronom Lewis Licht in ihrer gemeinsamen Arbeit zu finden versucht, jedoch ohne einen eindeutigen Erfolg.
Mehrere mögliche Kandidaten aus dem chinesischen Kometenkatalog der zugehörigen Zeit 44 BC waren von Ihnen mit den römischen Berichten abgeglichen worden - die Römer selbst führten über solche Beobachtungen keine organisierten Aufzeichnungen. Hingegen, die gut organisierten, chinesischen Berichte lieferten keine Kometen in der Zeit des Jahres 44 BC (Before Christ), in der die Römer vom Tode Caesar’s und von der Erscheinung des ,Sidus Julius‘ während der lang dauernden Spiele und Feierlichkeit zu Ehren Caesar’s berichteten. Denn beide Mal werden Kometen gesichtet.
Das die römischen Berichte, genauer gesagt, primär der Bericht in den Memoiren des Augustus Oktavian, Hand und Fuß gehabt haben müssen, läßt sich schon daran erkennen, das - wohl auf Betreiben Oktavian‘s - der Senat römische Denare mit dem Kopf des Caesar sowie einem Stern mit Schweif und der Beischrift ,Divus Julius‘ umseitig prägen ließ. Da der jahrelange Krieg zwischen Caesar und Pompeius gerade beendet worden war, war es angesichts der Tatsache, das sich Rom nun in einem neuen Bürgerkrieg befinden würde, der weitere 15 Jahre dauern sollte, kaum vorstellbar, daß Oktavian mit einer Unwahrheit, für die Partei der Julier und sich selbst, unlautere Propaganda betrieben hätte. Glaubwürdigkeit ist das oberste Gebot, wenn man im Ringen um die Macht den Rückhalt bei den Zeitgenossen sucht. Die Kometenerscheinung muß also tatsächlich stattgefunden haben, sonst hätte jeder Römer mit dieser Münze ein nachprüfbares Gegenargument in seiner Hand gehalten.
Bild 1.1: Römischer Denar mit Aufschrift ,Divus Julius, Sterndarstellung’
Immerhin, die Geschichtsschreibung hat die reale Existenz des Kometen nie aufgegeben, dessen Erscheinen auch Shakespeare in seinem Werk ,Julius Caesar‘ zitiert:
„When beggars die, there are no comets seen;
the heavens themselves blaze forth the death of princes.“
Und hier kommt ein weiteres Moment einer Kometenerscheinung ins Spiel, das schlechte Omen, die Warnung vor einem bösen Geschehen. Über alle Jahrhunderte hinweg von der Antike bis hinein in die nahe Vergangenheit wurden Kometen immer als Vorboten kommender Übel gesehen. Nur Caesar‘s Komet nicht! Schon während seiner Erscheinung wurde der Komet als eine göttliche Weisung Jupiters gedeutet, den ermordeten Julius Caesar an den Tisch der Götter aufzunehmen. Daher die Inschrift auf der Rückseite des Denars: ,Divus Juli’ - göttlicher Julius, mit der Darstellung eines achtstrahligen Sterns mit kurzem, flammenden Schweif. Offensichtlich bildete der Komet nur einen vergleichsweise kurzen Schweif aus und sah eher punktförmig wie ein diffuser Stern aus.
Das heißt, diese Erscheinung muß sich deutlich abgehoben haben von dem eines gewöhnlichen, nächtlichen Kometen. So wird berichtet, der Komet sei bereits in der 11. Stunde am Tageshimmel gesehen worden - im Juli des Jahres 44 B.C. Im Juli sind die Tage länger hell, ein Komet der weit vor Sonnenuntergang hell genug im Firmament steht, muß eine herausragende Erscheinung gewesen sein. Dies konnte jeder Römer erleben und nachprüfen. - Das machte Octavian glaubwürdig!
Und doch, beide Kometen bleiben ein Rätsel, denn auch mit heutiger Rückberechnung ließen sie sich nicht nachweisen. Auch zum ersten Kometen in den Iden des März, zu Caesar’s Tod, gibt es keinen passenden Hinweis in den chinesischen Aufzeichnungen.
Gab es sie nun oder gab es sie nicht?
Literatur
1.1 J. T. Ramsey and A. L. Licht, 1997. The Comet of 44 b.c. and Caesar’s Funeral Games, American Philological Association, Atlanta: Scholars Press
Herzlich, Peter Paul
Argument 2: Der Komet Swift-Tuttle oder die Astronomie
Im Jahr 1982 wurde von Astronomen und Kometenjägern die Wiederkehr des Kometen 109P/Swift-Tuttle erwartet. Der war 1862 von den Herren Swift und Tuttle unabhängig voneinander beschrieben worden und trägt seitdem ihren Namen. Swift und Tuttle hatten aus ihren Beobachtungen seine Umlaufzeit mit 120 Jahren ermittelt.
Doch der Komet erschien 1982 nicht wie erwartet. Die Astronomen nahmen sich die alten Berechnungen noch einmal vor und entdeckten einen Fehler in der damaligen Bahnberechnung, die Umlaufzeit verlängerte sich um 10 auf 130 Jahre. Und richtig, im Dezember 1992 erschien der Komet Swift-Tuttle bis über die Jahreswende hinweg. Seine Bahndaten wurden noch einmal mit hoher Präzision vermessen und in die Zukunft wie auch in die Vergangenheit voraus und zurück berechnet.
In der Publikation ,Yau, Yeomans, Weissman; The past and future motion of Comet P/Swift/Tuttle’ werden tabellarisch die Umläufe des Kometen um die Sonne in Zukunft und Vergangenheit zusammengestellt. So wird es möglich, ihm historische Kometensichtungen zuzuordnen. Vor 1737 wurde der Komet jedoch weder in China noch in Europa gesichtet, weil sein Größe am Firmament zu gering war, um ihn mit dem bloßen Auge sehen zu können. Schließlich muß ein Stern mindestens die Magnitude von 3,4 mag oder besser erreichen, damit er überhaupt mit bloßem Auge gesehen werden kann. Nach den Berechnungen von YYW ergaben sich aber meistens geringere Magnituden als 3.4 mag für Swift-Tuttle, so daß er tatsächlich größtenteils unentdeckt blieb (s. Abb 2.2).
Im Jahr 188 AD abs allerdings sei Swift-Tuttle mit nur 13% einer astronomischen Einheit AE (= Entfernung Sonne-Erde) der Erde so nahe gekommen wie es Kometen höchst selten tun, so daß er damals eine unübersehbare Erscheinung gewesen sein muß. Die Astronomen sprechen von einem Ereignis, wie es vielleicht nur ein- bis zweimal im Jahrhundert passieren wird. Der Komet wird dabei so hell, daß er auch am Tageshimmel gesehen werden kann.
Bild 2.1 YYW, Figure 6 a, Minimum distances between Earth and Comet P/S-T
Bild 2.2 YYW, Figure 6 b, The brightest apparent magnitude of Comet P/S-T
YYW berichten auch detailliert von einer chinesischen Sichtung im Juli 188 AD, gemäß dem chin. Kometenkatalog. Der Stern war ,so groß wie ein Gefäß‘. So beschrieben die chinesischen Beobachter die besondere Größe des Kometen. Die im chin. Katalog notierten Bahndaten bestätigen auch die Richtigkeit der Synchronisation der chinesischen Beobachtung mit der heutigen, wissenschaftlichen Rückberechnung.
Jedoch, auch hier wieder (188 AD abs) fehlt ein entsprechender Bericht in mediterranen (römischen o. griechischen) Annalen, obwohl doch der Komet Swift-Tuttle jedem in‘s Auge gesprungen sein muß! Stimmt etwas nicht mit der Synchronisation der Chronologie in der Antike?
Der griechische Schriftsteller und Gelehrte Plutarch (ca. 45 - 125 AD) berichtete in seinem Biographie über Caesar, daß bereits ‚… ein Komet erschien sieben Tage nach der Ermordung Caesar’s.‘ Wir suchen also nicht nur einen, sondern gleich zwei Kometen. Einer erschien nach den Iden des März und der zweite im Juli/August 44 vChr zu den Spielen zu Ehren Caesar’s.
Neue Synchronisation der Chronologie AD
Setzt man die Kometenerscheinungen zum Tode Caesar‘s 44 B.C. mit der von YYW rückberechneten Erscheinung von 188 AD gleich, so erhält man den Nachweis der europäischen Sichtung von Swift-Tuttle zur erforderlichen Zeit im Juli 188 AD. Daraus folgt, daß der gesamte Komplex der antiken Chronologie inkl. der daran angebundenen christlichen Chronologie bis heute um 232 Jahre in Richtung Vergangenheit falsch angebunden liegt, also veraltet ist - gegenüber der heute über Rückberechnungen wissenschaftlich (zB. astronomisch) ermittelten absoluten Chronologie (abs).
Die 232 Jahre ergeben sich aus der Addition von 44 + 188 = 232 Jahre.
(Ein Jahr Null hat es in der antiken/christlichen Zählweise nicht gegeben.)
Und hier der Nachweis:
Der chinesische Kometenkatalog berichtet für das Jahr 188 AD von zwei Kometen, dem ersten im Zeitraum März/April, von dem Plutarch berichtete,
den zweiten im Juli/August. Dessen Bahndaten des chin. Katalogs decken sich mit den rückberechneten Bahndaten von YYW, s.o.
(Im chin. Bericht für das Jahr 44 BC ist jedoch nur eine Kometensichtung verzeichnet, und die fand statt im Mai/Juni. Das ist eindeutig keine richtige Zuordnung.
Das heißt andersherum:
Die uns gut vertraute christliche Chronologie nach der Geburt Christi (= im Jahr des Herrn / Anno Domini) ist um (44 + 188 =) 232 Jahre in Richtung unserer Gegenwart zu verschieben. Damit verringert sich die abgelaufene Zeit des 1. Jahrtausends um 232 Jahre auf nunmehr nur noch 768 Jahre.
Da aber die Geschichtsschreibung seit dem 10. Jhdt. verläßlich daherkommt, müssen die überzählig berichteten 232 Jahre wohl in dem Zeitraum vor dem 10. Jhdt. eliminiert werden.
Literatur
2.1 Yau, K., Yeomans, D., Weissman, P., 1994. The past and future motion of Comet P/Swift-Tuttle. Royal Astronomical Society. Monthly Notices, vol. 266, p. 305-316. (Ist im Internet frei zugänglich.)
2.2 Plutarch, Caesar’s Leben, 69.3
2.3 Ho Peng Yoke, No. 111 und 112, Chinese Catalog of Comets, University of Malaya, Singapore, 1962
Argument 3: Sonnenfinsternisse der Antike / Plinius, der Ältere
Wenn eine Neujustierung der Chronologie Anno Domini Erfolg haben soll, müssen natürlich weitere Nachweise geführt werden, ja es muß sogar ein ganzes Netz an Nachweisen aufgespannt werden, nach denen die damals geschilderten Beobachtungen der Antike mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser passen - also in Übereinstimmung zu bringen sind mit unseren heutigen Rückberechnungen der Ereignisse und mit den überlieferten Sichtungsberichten. Beginnen wir zunächst mit einigen Sonnenfinsternissen, die uns überliefert wurden.
Vorausgeschickt werden muß dazu eine Bemerkung zur Datierung der antiken Sonnenfinsternisse. Denn, da darf man sich nicht täuschen, alle heute in Lexika oder in Wikipedia genannten Datierungen der Sonnenfinsternisse antiker Autoren sind Rückberechnungen aus der Neuzeit. Einige antike Berichte sind mit Angaben zu historischen Begebenheiten ihrer Zeit (Herrscher, Kriege,etc.) verknüpft worden, so daß sie in den historischen Kontext ihrer Zeit eingebunden sind, jedoch längst nicht alle.
3.1 A. Die Sonnenfinsternis von 59 AD -> 291 AD abs, konventionell
Plinius, d.Ä., (ca. 23 - 79 AD) schreibt in seiner Naturgeschichte ,naturalis historiae‘ im Buch II (zitiert nach der englischen Übertragung):
,The eclipse of the sun which occurred the day before the calends of May, in the consulship of Vipstanus and Fonteius, not many years ago, was seen in Campania between the seventh and eighth hour of the day; the general Corbulo informs us, that it was seen in Armenia, between the eleventh and twelfth hour.’
,Vor einigen Jahren am 30. April des Konsulats von Vipstanus und Fonteius geschah eine Sonnenfinsternis, die in Campanien zwischen 1 und 2 Uhr nach Mittag sichtbar war, sie wurde aber von General Corbulo, der in Armenien ein Kommando innehatte, zwischen 4 und 5 Uhr am nachmittag gesehen.‘
(Pliny t.E., Natural History, Book II, 72 - Übersetzung aus dem englischen von mir.)
Bild 3.1 A: Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 30. April 59 AD, sichtbar in Campanien und Armenien
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=00590430
Bei dieser konventionellen Zuschreibung fällt auf, daß die von Plinius angegebenen Tageszeiten der Finsternis nicht ganz erreicht werden, sondern ca. 1 Stunde früher beginnen und enden. Man hat das heute wohl als Ungenauigkeit der Überlieferung hingenommen.
3.1 B. Die Sonnenfinsternis von 59 AD -> 291 AD abs, alternativ
Sucht man auf der Zeitskala AD abs. 232 Jahre später nach einem vergleichbaren Ereignis, also im Jahr 291 AD abs, so findet man die Sonnenfinsternis vom 5. Mai 291.
Sie folgt zufällig genau 232 Jahre später, denn das ist kein ,muß‘.
Bild 3.1 B: Alternative Zuschreibung der SoFi vom 15. Mai 291 AD, sichtbar in Campanien und Armenien
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=02910515
Diese Finsternis ist in ihrer Sichtbarkeit vergleichbar mit der von 59 AD, aber das Timing der Tageszeiten stimmt exakt, sowohl in Campanien wie in Armenien.
3.2 A. Die Sonnenfinsternis von 71 AD -> 303 AD abs, konventionell
,For the eclipse of both sun and moon within 15 days of each other has occurred even in our time, in the year of the third consulship of the elder Emperor Vespasian and the second consulship of the younger.‘
,Denn die Verfinsterung von Sonne und Mond innerhalb von 15 Tagen ist auch zu unserer Zeit geschehen, im Jahr des dritten Konsulats des Kaisers Titus Vespasian und des zweiten Konsulat von (Titus Vespasian) des Jüngeren.‘
(Pliny t.E., Natural History, Book II, 10 - Übersetzung aus dem englischen von mir.)
Nach den römischen Konsullisten wird dies Jahr traditionell gleichgesetzt mit dem Jahr 71 AD. Plinius hat das Beispiel in seinem Werk ,naturalis historiae‘ angeführt, um die Vorlaufzeit einer Mondfinsternis um 15 Tage vor einer Sonnenfinsternis zu belegen. Konventionell wird es verbunden mit dem Finsternisereignis vom 20. März 71 AD. Zugehörig ist die entsprechende Mondfinsternis vom 4. März 71 AD.
Bild 3.2 A Sonne: Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 20. März 71 AD (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=00710320
Bild 3.2 A Mond: Konventionelle Zuschreibung der MoFi vom 4. März 71 AD (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/5MCLEmap/0001-0100/LE0071-03-04P.gif
Bei dieser konventionellen Zuschreibung fällt auf, daß die plinische Schilderung zur verknüpften Mondfinsternis nicht richtig funktioniert. Erstens ist es keine volle, sondern nur eine partielle Mondfinsternis. Der Mond wandert dabei nur zu ca. 30 % durch den Kernschatten der Erde und dürfte somit relativ schlecht als tatsächliche Finsternis zu beobachten gewesen sein. Und zweitens verlief dies Ereignis 16 Tage statt der genannten 15 Tage vor der kommenden SoFi und war somit untypisch.
3.2 B. Die Sonnenfinsternis von 71 AD -> 303 AD abs, alternativ
Sucht man wieder auf der Zeitskala AD abs. 232 Jahre später, also im Jahr 303 AD, so findet man die Sonnenfinsternis vom 27. September 303. Auch sie folgt nur zufällig genau 232 Jahre später.
Bild 3.2 B Sonne: Alternative Zuschreibung der SoFi vom 27. September 303 AD abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=03030927
Bild 3.2 B Mond: Alternative Zuschreibung der MoFi vom 12. September 303 AD abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/5MCLEmap/0301-0400/LE0303-09-12P.gif
Bei dieser Finsternisgruppe für Sonne und Mond treffen die plinischen Aussagen tatsächlich zu: Erstens taucht der Mond mit 100 % Bedeckung in den Kernschatten der Erde ein und zweitens verlief dieses Ereignis tatsächlich 15 Tage vor der folgenden Sonnenfinsternis.
Zusammenfassung
Wir stellen zunächst fest, daß die von Plinius gemachten Aussagen in seinem Werk ,naturalis historiae‘ zu Finsternisereignissen nicht nur 232 Jahre später ebenfalls haben stattfinden können. Wir sind darüber hinaus überrascht zu sehen, wie Plinius‘ Beschreibungen in der alternativen Passung besser funktionieren als im Falle der konventionellen Zuschreibung. Mit anderen Worten, allein wegen der besseren Passung der wenigen Angaben muß es geboten sein, den Ansatz der Zeitverschiebung der Antike um 232 Jahre in Richtung Gegenwart aufrecht zu erhalten.
Literatur
3.1 Plinius d. Ä. ,Natural History‘ (die englische Übersetzung ist ,in public domain’)
http://www.masseiana.org/pliny.htm#BOOK%20II
3.2 NASA Eclipse Web Site: http://eclipse.gsfc.nasa.gov/eclipse.html
Argument 4: Sonnenfinsternisse der Antike / Plutarch
Der griechische Autor Plutarch lebte von ca. 45 bis 120 AD in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts. Er wohnte überwiegend in seiner Heimatstadt Cheironaia in Griechenland und ist bekannt als Autor von Doppelbiographien, in denen er die Charaktere bekannter Persönlichkeiten seiner Zeit einander gegenüberstellte. Im eigentlichen Sinne war er kein Naturwissenschaftler, als Philosoph platonischer Schulung jedoch allen natürlichen Geschehnissen gegenüber aufgeschlossen.
Plutarch hat in seiner Schriftensammlung, bekannt als Moralia, einen Dialog über das ,Antlitz des Mondes‘ geführt, in dem er von einer selbst erlebten Sonnenfinsternis berichtet. Er läßt in seinem Buch über Lacus Curtius den Gesprächspartner sagen:
,Now, grant me that nothing that happens to the sun is so like its setting as a solar eclipse. You will if you call to mind this conjunction recently which, beginning just after noonday, made many stars shine out from my parts of the sky and tempered the air in the manner of twilight.‘ (Zitiert nach der englischen Übertragung von Harold Cherniss, chapter 19; 4.1)
,Nun, gestattet mir, daß es nichts vergleichbares gibt, das der Sonne geschieht wie eine Sonnenfinsternis bei Sonnenuntergang. Wer will, erinnere sich an das Zusammentreffen kürzlich, welches, beginnend kurz nach Mittag, eine Menge Sterne auf meiner Seite des Himmels zum Leuchten brachte und die Atmosphäre in eine Art Dämmerung versetzte.‘ (Übersetzung von mir)
Plutarch gibt in diesem Text leider keine Auskunft darüber, wo und wann diese SoFi beobachtet wurde. Aber der Appell sich zu erinnern ist an alle Teilnehmer des Dialoges gerichtet, die offensichtlich aus verschiedenen Bereichen des römischen Imperiums, wie Italien, Griechenland und Ägypten stammen.
Wir suchen also nach einer - mindestens - ringförmigen Sonnenfinsternis mit ihrem Maximum um die Mittagszeit über wenigstens einem urbanem Zentrum der antiken Welt während der Lebenszeit Plutarch‘s als Erwachsener.
Konventionelle Datierung der SoFi
Nach Stephenson und Fatoohi (4.2) kommen in der angenommenen Lebenszeit Plutarchs dafür vier mögliche totale Finsternisereignisse im zentralen bis östlichen Mittelmeerraum in Frage, und sie argumentieren für die SoFi vom 20.3.71 AD über Griechenland, weil sie den Vorgaben in diesem Zeitfenster am nächsten kommt.
Bild 4.1 Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 20. März 71 AD (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=00710320
Wie wir an Hand der Eclipse-Daten erkennen können, hatte diese SoFi schon gegen 9.00h örtlicher Zeit in Griechenland begonnen und war gegen 12.00h bereits beendet. Plutarch hingegen berichtet eindeutig, daß die Finsternis erst nach dem Mittag einsetzte und bis zum Abend dauerte. Das spricht gegen die konventionelle Passung.
Alternative Datierung der SoFi
Gemäß unserem gewählten Versatz von 232 Jahren hätte Plutarch dann in der Zeit von 277 bis 352 AD abs. gelebt. Wir suchen also eine passende Sonnenfinsternis aus diesem Zeitraum und finden das SoFi-Ereignis vom 17.7.334 AD.
Bild 4.2 Alternative Zuschreibung der SoFi vom 17. Juli 334 AD abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=03340717
Wie wir den Eclipse-Daten entnehmen können, ist dieses SoFi-Ereignis so verlaufen, wie es Plutarch berichtete: Beginn gegen 12.00 h und Ende gegen 15.00 h örtlicher Zeit, so daß seinem Hinweis ,kurz nach Mittag‘ hier deutlich entsprochen wird. Außerdem konnte die Finsternis sowohl in Athen, in Rom und wie auch in Alexandria auf gleiche Weise gesehen worden sein. Dies prädestiniert sie in besonderem Maße als die SoFi des plutarch‘schen Dialogs.
Zusammenfassung
Auch bei Plutarch‘s Bericht wird deutlich, dass die alternative Datierung eine bessere Passung mit den zwar spärlichen, aber eindeutigen Aussagen bedeutet.
Nun mag jemand einwenden, daß im Falle Plutarch’s der Zeitraum zwischen konventioneller und alternativer Datierung nicht 232 Jahre, sondern vielmehr 263 Jahre beträgt. Hier greift das, was oben schon einmal angedeutet wurde: Die konventionell datierte SoFi vom 20.3.71 AD ist schlichtweg nach einem Ausschlußverfahren dem Plutarch-Bericht zugewiesen worden. Eine andere, die besser passte, gab es zu der Zeit nicht. Da Plutarch selbst keine biografischen oder zeithistorischen Hinweise angegeben hat, ist diejenige Passung heranzuziehen, die den Vorgaben am besten entspricht.
Die konventionell datierte Sofi von 71 AD hätte er im Lebensalter von ca. 25 Jahren erlebt, die alternativ datierte in einem Alter von ca. 57 Jahren. Beides ist vorstellbar, aber das kleine Wort ,kürzlich‘ in seinem Dialog spricht doch mehr für die alternative Variante.
Literatur:
4.1 Plutarch, De facie quae in orbe lunae apparet, English translation by Cherniss (1957)
4.2 Stephenson F.R, Fatoohi L.J., The Total Solar Eclipse Described by Plutarch. Histos 2 (1998) p.72-82
4.3 NASA Eclipse Web Site: http://eclipse.gsfc.nasa.gov/eclipse.html
Argument 5: Sonnenfinsternisse der Antike / Xenophon
Von Xenophon wird in seiner Schrift Hellenika eine partielle Sonnenfinsternis beschrieben, die sich am Vorabend der Schlacht von Cheironäa ereignet haben soll, einem Kampf zwischen Sparta und Athen im korinthischen Krieg. Sie fand statt im zweiten Jahr der 96. Olympiade, nach griechischer Zeitzählung (5.1), umgerechnet ergibt es das Jahr 395/4 v.Chr.
Konventionelle Datierung der SoFi
Stephenson datiert die SoFi auf den 14.8.393 v.Chr.
Bild 5.1: Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 14. August 393 v.Chr. (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=-03930814
Bei dieser konventionellen Zuschreibung fällt auf, daß die SoFi mit 393 v.Chr. erst zwei Jahre später datiert. Somit wird eine konkrete Ungenauigkeit der Datierung schon einmal billigend in Kauf genommen. Des weiteren fällt auf, daß diese Sonnenfinsternis vormittags zwischen 7.30 h und 10.30 h stattfand und nicht am späten Nachmittag, wie von Xenophon berichtet. Außerdem befand sich Cheironäa unmittelbar im Kernschattenbereich, so daß das Ereignis wohl als volle SoFi zu betrachten ist.
Alternative Datierung der SoFi
Gemäß unserer Vorgabe einer Verschiebung in Richtung Gegenwart um 232 Jahre fällt das zweite Jahr der 96. Olympiade auf das Jahr 162 v.Chr. abs. Dort finden wir die alternative SoFi vom 15. März 162 v.Chr.
Bild 5.2: Alternative Zuschreibung der SoFi vom 15. März 162 v.Chr. abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=-01620315
Dieses SoFi-Ereignis fand tatsächlich am späten nachmittag bis gegen Abend örtlicher Zeit statt und konnte in Griechenland nur als partielle Finsternis wahrgenommen werden.
Für weitere inhaltliche Argumente zur Umdatierung siehe cybis.se.
Zusammenfassung
Bei diesem Beispiel liegt die konventionelle Zuschreibung wirklich eklatant daneben, die alternative Passung jedoch paßt eindeutig - ‚wie die Faust auf’s Auge’. Das ist also ein weiteres Argument für die Zeitverschiebung.
Literatur
5.1 Xenophon, Hellenika IV, 3, 10
5.2 Stephenson F.R.: Historical Eclipses and Earth's Rotation, Cambridge 1997.
5.3 NASA Eclipse web site, www.eclipse.gsfc.nasa.gov
5.4 www.cybis.se/dendro/ancient history/Xenophon of Athens
Argument 6: Die Offenbarung des Johannes und die Deutung von Morosov
,Die Offenbarung des Johannes oder die Apokalypse ...., ist das letzte Buch des Neuen Testaments. Es ist das einzige prophetische Buch des Neuen Testaments und zugleich eine Trost- und Hoffnungsschrift für die im Römischen Reich unterdrückten Christen.‘ (https://de.wikipedia.org/wiki/Offenbarung_des_Johannes)
Datierung und Autorschaft der ‚Offenbarung’ hat die Fachwelt bisher zweifeln lassen, denn es gibt mehrere, alternative Versuche, den Text historisch einzuordnen. Dieses an sich schon ausreichend komplexe Beziehungsgeflecht hat der russische Astronom Nikolai Morosov 1907 noch weiter verkompliziert, indem er einen Teil des Textes als eine astronomisch äußerst seltene Himmelserscheinung deuten konnte.
Am 30. September 395 AD fand am Himmel eine Konjunktion aus allen damals bekannten, weil mit bloßem Auge sichtbaren, Planeten - Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur - inkl. Sonne und Mond statt. Für eine nächstes Erleben dieser höchst seltenen Kombination muß die Menschheit mehrere 10.000 Jahre lang warten.
Bild 6.1 Alle 5 Planeten gleichzeitig sichtbar, 30.5.395 / Stellarium
Für uns heute ist dabei die Identifizierung dieses Datums als die eines absoluten, also astronomisch-wissenschaftlichen Fixpunktes auf der Zeitachse (gleich einer Sonnenfinsternis), der wesentliche Punkt von Morosov‘s Enträtselung. Morosov selbst hat daraus noch nicht unseren heutigen Schluss einer Zeitverschiebung ziehen können, weil zu seiner Zeit die Infragestellung der Chronologie wohl noch nicht zu erwägen war und er auch keine weiteren Hinweise auf einen Chronologiefehler hatte. Also suchte er nach einem anderen Autoren für die Offenbarung und meinte, ihn eventuell in Johannes von Antiochia, einem spätantiken Historiker (ca. 6.-7.Jhdt AD) gefunden zu haben. Doch aus historischen und stilistischen Gründen konnte die Forschergemeinde ihm hierin nicht folgen.
Andererseits ist Morosov’s Deutung der Planetenkonjunktion vielfach angegriffen worden, weil eine Datierung zu Gunsten des Johannes (Evangelist) bei einer als absolut gesetzten Chronologie Anno Domini natürlich zu weiteren Irritationen führen mußte. Eine so späte Datierung des Ereignisses (395 AD) reißt die Lebenszeit des Johannes Evangelist weit aus seinem frühchristlichen Umfeld und kann folglich nicht in Einklang gebracht werden mit den vorhandenen Erkenntnissen zum Autor des Johannes-Evangeliums. - Mit anderen Worten: z.Zt. herrscht hier einfach nur Konfusion!
In Anbetracht unserer erkannten Zeitverschiebung von 232 Jahren ergibt sich für das Morosov’sche Ereignis am Himmel (395 - 232 =) das Datum vom 30. September 163 AD (= 395 abs.). Die Autorschaft des Johannes rückt damit - wie in seinem Fall gefordert - in eine zwar späte Zeit, relativ zu den anderen drei Evangelisten. Er bleibt damit aber immer noch in der frühen Periode der neuen Christenheit, so wie er traditionell religionsgeschichtlich auch gesehen wird. Und die Morosov’sche Deutung eines Teil des Textes als eine seltene Himmelserscheinung fällt jetzt in die vermutete Lebenszeit des Evangelisten.
Zusammenfassung und Ausblick
Mit einer Zeitverschiebung der Antike paßt jetzt dieses Himmelsereignis mit der Lebenszeit des Johannes Evangelist und Morosov ist rehabilitiert. Das ist eine wunderbare Auflösung dieses historischen Problems und bestätigt unsere These weiter.
Wir haben jetzt auf der relativen Zeitachse nach AD tradierte Überlieferungen (von Xenophon, Plinius d.Ä., und Plutarch bis hin zu Morosov) astronomischen Ereignissen (abs) zuordnen können, die einen Zeitraum von fast sechs Jahrhunderten überspannen. Ausgehend von Xenophon’s SoFi von -162 AD abs bis hin zur Offenbarung des Joh. von 395 AD abs ist die Zeitverschiebung für den Kernbereich der klassischen Antike der Griechen und Römer als richtig und tragfähig bestätigt. Mit weiteren Nachweisen für diesen Kernbereich der Antike kann man die These der Zeitverschiebung sicherlich weiter festigen, interessanter wäre es jedoch, die Zeitinsel der Antike an ihren Rändern weiter zu untersuchen.
Literatur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_%28Evangelist%29#Chronologie
https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolai_Alexandrowitsch_Morosow
Für weitere Argumente s. Thread 'Materialien II'
Herzlich, Peter Paul
Es ist die Sensation in der Geschichtszählung Europa’s: Die Antike rutscht um 232 Jahre in Richtung Gegenwart. Wie kann das sein?
Mehrere Generationen Historiker haben fest geglaubt (und die meisten glauben es auch heute noch), daß unsere ‚Chronologie Anno Domini‘, fest gefügt und quasi eine naturwissenschaftliche Ordnungsvorgabe sei. Dabei ist die Chronologie AD niemals nach naturwissenschaftlichen Kriterien entwickelt worden. Die Zeitzählung war vielmehr eine mit der religiösen Bindung gleichgeschaltete Informationskonstante, die nie in Frage gestellt wurde.
Die Daten der Antike, die wir heute millionenfach in den Geschichtsbüchern oder anderen Medien wie zB. Wikipedia finden, sind erst seit ca. 400 Jahren nach und nach zusammengetragen worden. Dabei haben sich mehrere Fehler eingeschlichen: Die christliche Chronologie ist gemeinsam mit der antiken Chronologie des römischen Reiches in Relation zur wirklich absoluten Chronologie, vielleicht schon in historischer Zeit aus religiösen Gründen, falsch gesetzt worden. Und es ist - weil im Hochmittelalter der Streit um die Macht von allen gesellschaftspolitischen Parteien (Kirche, Kaiser, etc.) massiv mit dem System der Fälschung von Urkunden bestritten und diese Fälschungen von der jeweiligen Gegenpartei mit neuen Gegenfälschungen beantwortet wurde - eins total übersehen worden: Es war plötzlich zuviel ‚Erzählung’ in der Pipeline, also Geschichte, die reine Phantasiegebilde waren!
Aber das störte niemanden, denn es konnte kaum einer unterscheiden, was real geschehen und was fiktiv erfunden war, kaum jemand hatte das universelle Wissen dazu. Die entscheidenden Fragen heute sind nun, wodurch wurden die Zeitfehler sichtbar, und wie wirken sie sich auf die tradierte Historiographie aus? Eine andere Frage wäre noch, wie könnten die Zeitfehler wohl entstanden sein, aber darüber läßt sich z.Zt. nur spekulieren.
Einführung zur Materialsammlung
Unsere Chronologie des christlichen Abendlandes ist jedem von uns mit dem Krippenspiel der Weihnachtsgeschichte nach dem Evangelisten Lukas von Kindheit an an‘s Herz gewachsen. Daher fühlen sich alle persönlich betroffen, käme jemand daher und versuchte, an dieser emotionalen Festung zu rütteln. Es sei daher versichert, daß an dieser Geschichte nicht gerüttelt werden soll.
Aber an unserer Chronologie soll und muß gerüttelt werden! Jedenfalls gibt es inzwischen aus den Naturwissenschaften heraus etliche unabhängig voneinander entstandene Argumentationsstränge, die uns in ihrer Bündelung veranlassen müssen, die Chronologie Anno Domini in Teilen zu überdenken; zumindest ist es diese These es Wert, ihr in einer öffentlichen Diskussion Raum zu geben.
Zählweise der Chronologien
Wir haben uns über die letzten tausend Jahre hinweg daran gewöhnt, unsere Zeitrechnung nach ,Anno Domini‘ als eine absolute zu betrachten, bei der die geschichtliche Überlieferung absolut übereinstimmt mit einer wissenschaftlich nachweisbaren Zählung wie beispielsweise einer Rückberechnung von Sonnenfinsternissen oder Baumringchronologien. Langsam wird aber deutlich, daß diese Gleichsetzung nicht in Gänze aufrecht zu erhalten ist. Im folgenden soll daher neben unserer klassischen Zählweise nach Anno Domini (v.Chr./AD) auch eine wissenschaftliche Zählung geführt werden, die sich beispielsweise an der Rückberechnung von astronomischen Ereignissen ausrichtet. So gäbe es nach wie vor die Zählung für das Jahr 962 AD (Krönung Otto I. zum Kaiser), das auch gleichzusetzen ist mit dem Jahr 962 AD abs als ,terminus technicus‘ für die wissenschaftlich-absolute Zählung der Chronologie - von heute aus rückwärts in die Vergangenheit gesehen.
Im Falle des Todes von Julius Caesar behalten wir die milliardenfach in allen Geschichtsbüchern verbreitete Zählweise nach Anno Domini für das Jahr 44 v.Chr. bei, aus wissenschaftlicher Sicht gesehen fällt der Tod Cäsar‘s jedoch 232 Jahre später in das Jahr 188 abs. Im Falle eines Datums vor der Zeitenwende wird das Minuszeichen verwendet, zB. -200 abs.
Diese hier nur kurz angedeutete Verschiebung der Antike in Richtung Gegenwart wird natürlich ab irgendeinem Zeitpunkt im 1. Jahrtausend (wahrscheinlich zeitlich nach dem Untergang Westroms und vor Beginn der Herrschaft der Ottonen) zu einer Kollision der beiden Chronologien nach AD und abs führen. Es werden wohl entsprechende 232 Jahre aus der von Menschen überlieferten/erzeugten Geschichte im 1. Millenium herausfallen müssen. Dies gilt es im weiteren Ablauf der Untersuchung im Auge zu behalten.
Sprachregelung zur Benennung von Zeitbezügen
Wie wollen wir zukünftig die verschiedenen Zeiten benennen? Ich habe mir darüber schon den Kopf zerbrochen, denn einfacher wird die Historiographie durch die Erkenntnis des Zeitfehlers nicht. Es sollte aber die ungeheure Menge der bereits existierenden Literatur mit den darin kursierenden Zeitbezügen nicht vollständig entwertet werden. Daher plädiere ich dafür, die Zeitzählung der Chronologie AD beizubehalten. Es sollte immer dann, wenn nötig, durch den Zusatz ‚abs‘ die Unterscheidbarkeit in absolute und relative Zeitbezüge vorgenommen werden. Ich werde versuchen, dies im folgenden beizubehalten.
Allgemeines zu den Wissenschaften
Im folgenden wird viel von wissenschaftlichen Ergebnissen gesprochen. Die hier zitierten Betrachtungen aus der Naturwissenschaft haben bis jetzt nie den Nachweis der Wahrhaftigkeit unserer Chronologie AD im Blick gehabt, sie wurde nie wirklich grundsätzlich in Frage gestellt. Die hier vorgestellten Ergebnisse sind in der Regel also nicht gezielt erarbeitet worden, sondern sind als ,Abfallergebnis‘ nebenher entstanden. Bisher fehlte nur das Zusammenbringen der wissenschaftlichen Ergebnisse aus verschiedenen Disziplinen, um daraus neue Schlussfolgerungen ziehen zu können.
Diskussion erwünscht - im Nachbar-Thread
Die im folgenden auf- und fortgeführte Liste der Materialien soll möglichst ungestört fortlaufend entwickelt werden. Die Möglichkeiten einer allgemeinen Diskussion an dieser Stelle werden daher aus rein praktischen Gründen unterbunden. Die dazu wirklich erwünschte Diskussion soll stattdessen im nebenstehenden Thread ,Diskussion zum Chronologiefehler‘ offen für Jedermann geführt werden.
Danksagung
Die ersten Hinweise zur Thematik habe ich vor Jahren schon den unzähligen Publikationen Heribert Illig‘s entnommen, dessen bis heute unermüdliche und, trotz aller Anwürfe, ungebrochene Materialsammlung das Thema erst hat seriös werden lassen (s. Mantis Verlag). Ihm sei hiermit ausdrücklich gedankt.
Den entscheidenden Hinweis auf die Ursache der These der Zeitverschiebung verdanken wir aber den beiden Schweden Lars-Ake Larsson und Petra Ossowski Larsson von ‚Cybis’, die auf Grund ihrer profunden Kenntnis im Bereich der Dendrochronolgie den entscheidenden Hinweis auf den Systemfehler in dieser naturwissenschaftlichen Sparte erarbeitet und gefunden haben. Über ihren Tellerrand hinausschauend, haben sie dann auch in anderen naturwissenschaftlichen Bereichen wie Astronomie und den Eisbohrkerndaten Grönlands nach ähnlichen Anzeichen wie die eines Chronologiefehlers Ausschau gehalten - und sind über die Maßen fündig geworden.
Weitere Danksagungen wären durchaus zu nennen, dafür ist hier aber nicht ausreichend Platz.
Man kann sich aber nicht wirklich sicher sein, ob man den beamteten Historiographen für den Zeitraum des ersten Milleniums AD hier einen Dank aussprechen soll! Sie haben in der Regel ihrer Wissenschaft einen Bärendienst erwiesen, in dem sie über bald 30 Jahre hinweg alle Anläufe und Überlegungen in Richtung dieser These prinzipiell zerredet, schlecht gemacht oder einfach nur absichtlich übersehen haben. Ob es Ihnen etwas genützt hat? Warum ist ein Berufsstand offensichtlich nicht bereit, seine Arbeitsgrundlagen kritisch in Frage zu stellen und aktiv an dieser Diskussion teilzunehmen?
Den Hilfswissenschaftlern (aus Astronomie, Dendro- und C14-Technologie, Eisbohrkernanalyse, etc.), die sich aktiv mit der Verifizierung der geschichtlichen Chronologie AD auch in ihrem Fachgebiet beschäftigen, sei ihr hasenfüßiges Verhalten gegenüber den ,Geschichtlern‘ vorgeworfen: Werdet endlich unabhängig und beruft Euch einzig und allein auf Eure Naturwissenschaft und eure Erkenntnisse!
Inhaltsverzeichnis Argumente
Argument 1 - Der Komet nach Caesars Tod
Argument 2 - Der Komet Swift-Tuttle und die Astronomie
Argument 3 - Sonnenfinsternisse der Antike / Plinius d.Ä.
Argument 4 - Sonnenfinsternisse der Antike / Plutarch
Argument 5 - Sonnenfinsternisse der Antike / Xenophon
Argument 6 - Die Offenbarung des Johannes / Deutung Morosov
Argument 1: Der Komet nach Caesar‘s Tod
„So it is up to you, dear reader. Whatever you believe, the tale of the comet(s) of 44 B.C. is a fine piece of interdisciplinary detective work and makes fascinating reading.“ Brian Marsden, Harvard-Smithsonian Center of Astrophysics, Cambridge, USA, December 1996 (1.1)
Dieses Schlußwort im Vorwort der gemeinsamen Arbeit von John T. Ramsey und A. Lewis Licht mit dem Titel ,The Comet of 44 B.C. and Caesar‘s Funeral Games‘, 1997, ist rätselhaft. Denn Marsden, gefragt als ,ausgewiesener Kometenjäger’ der NASA, läßt hier die Antwort auf die Frage nach der Existenz von Caesar‘s Kometen schon im Vorwort offen. Gab es ihn nun oder gab es ihn nicht? Eine Antwort auf diese Frage hatten der Historiker John Ramsey und der Astronom Lewis Licht in ihrer gemeinsamen Arbeit zu finden versucht, jedoch ohne einen eindeutigen Erfolg.
Mehrere mögliche Kandidaten aus dem chinesischen Kometenkatalog der zugehörigen Zeit 44 BC waren von Ihnen mit den römischen Berichten abgeglichen worden - die Römer selbst führten über solche Beobachtungen keine organisierten Aufzeichnungen. Hingegen, die gut organisierten, chinesischen Berichte lieferten keine Kometen in der Zeit des Jahres 44 BC (Before Christ), in der die Römer vom Tode Caesar’s und von der Erscheinung des ,Sidus Julius‘ während der lang dauernden Spiele und Feierlichkeit zu Ehren Caesar’s berichteten. Denn beide Mal werden Kometen gesichtet.
Das die römischen Berichte, genauer gesagt, primär der Bericht in den Memoiren des Augustus Oktavian, Hand und Fuß gehabt haben müssen, läßt sich schon daran erkennen, das - wohl auf Betreiben Oktavian‘s - der Senat römische Denare mit dem Kopf des Caesar sowie einem Stern mit Schweif und der Beischrift ,Divus Julius‘ umseitig prägen ließ. Da der jahrelange Krieg zwischen Caesar und Pompeius gerade beendet worden war, war es angesichts der Tatsache, das sich Rom nun in einem neuen Bürgerkrieg befinden würde, der weitere 15 Jahre dauern sollte, kaum vorstellbar, daß Oktavian mit einer Unwahrheit, für die Partei der Julier und sich selbst, unlautere Propaganda betrieben hätte. Glaubwürdigkeit ist das oberste Gebot, wenn man im Ringen um die Macht den Rückhalt bei den Zeitgenossen sucht. Die Kometenerscheinung muß also tatsächlich stattgefunden haben, sonst hätte jeder Römer mit dieser Münze ein nachprüfbares Gegenargument in seiner Hand gehalten.
Bild 1.1: Römischer Denar mit Aufschrift ,Divus Julius, Sterndarstellung’
Immerhin, die Geschichtsschreibung hat die reale Existenz des Kometen nie aufgegeben, dessen Erscheinen auch Shakespeare in seinem Werk ,Julius Caesar‘ zitiert:
„When beggars die, there are no comets seen;
the heavens themselves blaze forth the death of princes.“
Und hier kommt ein weiteres Moment einer Kometenerscheinung ins Spiel, das schlechte Omen, die Warnung vor einem bösen Geschehen. Über alle Jahrhunderte hinweg von der Antike bis hinein in die nahe Vergangenheit wurden Kometen immer als Vorboten kommender Übel gesehen. Nur Caesar‘s Komet nicht! Schon während seiner Erscheinung wurde der Komet als eine göttliche Weisung Jupiters gedeutet, den ermordeten Julius Caesar an den Tisch der Götter aufzunehmen. Daher die Inschrift auf der Rückseite des Denars: ,Divus Juli’ - göttlicher Julius, mit der Darstellung eines achtstrahligen Sterns mit kurzem, flammenden Schweif. Offensichtlich bildete der Komet nur einen vergleichsweise kurzen Schweif aus und sah eher punktförmig wie ein diffuser Stern aus.
Das heißt, diese Erscheinung muß sich deutlich abgehoben haben von dem eines gewöhnlichen, nächtlichen Kometen. So wird berichtet, der Komet sei bereits in der 11. Stunde am Tageshimmel gesehen worden - im Juli des Jahres 44 B.C. Im Juli sind die Tage länger hell, ein Komet der weit vor Sonnenuntergang hell genug im Firmament steht, muß eine herausragende Erscheinung gewesen sein. Dies konnte jeder Römer erleben und nachprüfen. - Das machte Octavian glaubwürdig!
Und doch, beide Kometen bleiben ein Rätsel, denn auch mit heutiger Rückberechnung ließen sie sich nicht nachweisen. Auch zum ersten Kometen in den Iden des März, zu Caesar’s Tod, gibt es keinen passenden Hinweis in den chinesischen Aufzeichnungen.
Gab es sie nun oder gab es sie nicht?
Literatur
1.1 J. T. Ramsey and A. L. Licht, 1997. The Comet of 44 b.c. and Caesar’s Funeral Games, American Philological Association, Atlanta: Scholars Press
Herzlich, Peter Paul
Argument 2: Der Komet Swift-Tuttle oder die Astronomie
Im Jahr 1982 wurde von Astronomen und Kometenjägern die Wiederkehr des Kometen 109P/Swift-Tuttle erwartet. Der war 1862 von den Herren Swift und Tuttle unabhängig voneinander beschrieben worden und trägt seitdem ihren Namen. Swift und Tuttle hatten aus ihren Beobachtungen seine Umlaufzeit mit 120 Jahren ermittelt.
Doch der Komet erschien 1982 nicht wie erwartet. Die Astronomen nahmen sich die alten Berechnungen noch einmal vor und entdeckten einen Fehler in der damaligen Bahnberechnung, die Umlaufzeit verlängerte sich um 10 auf 130 Jahre. Und richtig, im Dezember 1992 erschien der Komet Swift-Tuttle bis über die Jahreswende hinweg. Seine Bahndaten wurden noch einmal mit hoher Präzision vermessen und in die Zukunft wie auch in die Vergangenheit voraus und zurück berechnet.
In der Publikation ,Yau, Yeomans, Weissman; The past and future motion of Comet P/Swift/Tuttle’ werden tabellarisch die Umläufe des Kometen um die Sonne in Zukunft und Vergangenheit zusammengestellt. So wird es möglich, ihm historische Kometensichtungen zuzuordnen. Vor 1737 wurde der Komet jedoch weder in China noch in Europa gesichtet, weil sein Größe am Firmament zu gering war, um ihn mit dem bloßen Auge sehen zu können. Schließlich muß ein Stern mindestens die Magnitude von 3,4 mag oder besser erreichen, damit er überhaupt mit bloßem Auge gesehen werden kann. Nach den Berechnungen von YYW ergaben sich aber meistens geringere Magnituden als 3.4 mag für Swift-Tuttle, so daß er tatsächlich größtenteils unentdeckt blieb (s. Abb 2.2).
Im Jahr 188 AD abs allerdings sei Swift-Tuttle mit nur 13% einer astronomischen Einheit AE (= Entfernung Sonne-Erde) der Erde so nahe gekommen wie es Kometen höchst selten tun, so daß er damals eine unübersehbare Erscheinung gewesen sein muß. Die Astronomen sprechen von einem Ereignis, wie es vielleicht nur ein- bis zweimal im Jahrhundert passieren wird. Der Komet wird dabei so hell, daß er auch am Tageshimmel gesehen werden kann.
Bild 2.1 YYW, Figure 6 a, Minimum distances between Earth and Comet P/S-T
Bild 2.2 YYW, Figure 6 b, The brightest apparent magnitude of Comet P/S-T
YYW berichten auch detailliert von einer chinesischen Sichtung im Juli 188 AD, gemäß dem chin. Kometenkatalog. Der Stern war ,so groß wie ein Gefäß‘. So beschrieben die chinesischen Beobachter die besondere Größe des Kometen. Die im chin. Katalog notierten Bahndaten bestätigen auch die Richtigkeit der Synchronisation der chinesischen Beobachtung mit der heutigen, wissenschaftlichen Rückberechnung.
Jedoch, auch hier wieder (188 AD abs) fehlt ein entsprechender Bericht in mediterranen (römischen o. griechischen) Annalen, obwohl doch der Komet Swift-Tuttle jedem in‘s Auge gesprungen sein muß! Stimmt etwas nicht mit der Synchronisation der Chronologie in der Antike?
Der griechische Schriftsteller und Gelehrte Plutarch (ca. 45 - 125 AD) berichtete in seinem Biographie über Caesar, daß bereits ‚… ein Komet erschien sieben Tage nach der Ermordung Caesar’s.‘ Wir suchen also nicht nur einen, sondern gleich zwei Kometen. Einer erschien nach den Iden des März und der zweite im Juli/August 44 vChr zu den Spielen zu Ehren Caesar’s.
Neue Synchronisation der Chronologie AD
Setzt man die Kometenerscheinungen zum Tode Caesar‘s 44 B.C. mit der von YYW rückberechneten Erscheinung von 188 AD gleich, so erhält man den Nachweis der europäischen Sichtung von Swift-Tuttle zur erforderlichen Zeit im Juli 188 AD. Daraus folgt, daß der gesamte Komplex der antiken Chronologie inkl. der daran angebundenen christlichen Chronologie bis heute um 232 Jahre in Richtung Vergangenheit falsch angebunden liegt, also veraltet ist - gegenüber der heute über Rückberechnungen wissenschaftlich (zB. astronomisch) ermittelten absoluten Chronologie (abs).
Die 232 Jahre ergeben sich aus der Addition von 44 + 188 = 232 Jahre.
(Ein Jahr Null hat es in der antiken/christlichen Zählweise nicht gegeben.)
Und hier der Nachweis:
Der chinesische Kometenkatalog berichtet für das Jahr 188 AD von zwei Kometen, dem ersten im Zeitraum März/April, von dem Plutarch berichtete,
den zweiten im Juli/August. Dessen Bahndaten des chin. Katalogs decken sich mit den rückberechneten Bahndaten von YYW, s.o.
(Im chin. Bericht für das Jahr 44 BC ist jedoch nur eine Kometensichtung verzeichnet, und die fand statt im Mai/Juni. Das ist eindeutig keine richtige Zuordnung.
Das heißt andersherum:
Die uns gut vertraute christliche Chronologie nach der Geburt Christi (= im Jahr des Herrn / Anno Domini) ist um (44 + 188 =) 232 Jahre in Richtung unserer Gegenwart zu verschieben. Damit verringert sich die abgelaufene Zeit des 1. Jahrtausends um 232 Jahre auf nunmehr nur noch 768 Jahre.
Da aber die Geschichtsschreibung seit dem 10. Jhdt. verläßlich daherkommt, müssen die überzählig berichteten 232 Jahre wohl in dem Zeitraum vor dem 10. Jhdt. eliminiert werden.
Literatur
2.1 Yau, K., Yeomans, D., Weissman, P., 1994. The past and future motion of Comet P/Swift-Tuttle. Royal Astronomical Society. Monthly Notices, vol. 266, p. 305-316. (Ist im Internet frei zugänglich.)
2.2 Plutarch, Caesar’s Leben, 69.3
2.3 Ho Peng Yoke, No. 111 und 112, Chinese Catalog of Comets, University of Malaya, Singapore, 1962
Argument 3: Sonnenfinsternisse der Antike / Plinius, der Ältere
Wenn eine Neujustierung der Chronologie Anno Domini Erfolg haben soll, müssen natürlich weitere Nachweise geführt werden, ja es muß sogar ein ganzes Netz an Nachweisen aufgespannt werden, nach denen die damals geschilderten Beobachtungen der Antike mindestens genauso gut, wenn nicht sogar besser passen - also in Übereinstimmung zu bringen sind mit unseren heutigen Rückberechnungen der Ereignisse und mit den überlieferten Sichtungsberichten. Beginnen wir zunächst mit einigen Sonnenfinsternissen, die uns überliefert wurden.
Vorausgeschickt werden muß dazu eine Bemerkung zur Datierung der antiken Sonnenfinsternisse. Denn, da darf man sich nicht täuschen, alle heute in Lexika oder in Wikipedia genannten Datierungen der Sonnenfinsternisse antiker Autoren sind Rückberechnungen aus der Neuzeit. Einige antike Berichte sind mit Angaben zu historischen Begebenheiten ihrer Zeit (Herrscher, Kriege,etc.) verknüpft worden, so daß sie in den historischen Kontext ihrer Zeit eingebunden sind, jedoch längst nicht alle.
3.1 A. Die Sonnenfinsternis von 59 AD -> 291 AD abs, konventionell
Plinius, d.Ä., (ca. 23 - 79 AD) schreibt in seiner Naturgeschichte ,naturalis historiae‘ im Buch II (zitiert nach der englischen Übertragung):
,The eclipse of the sun which occurred the day before the calends of May, in the consulship of Vipstanus and Fonteius, not many years ago, was seen in Campania between the seventh and eighth hour of the day; the general Corbulo informs us, that it was seen in Armenia, between the eleventh and twelfth hour.’
,Vor einigen Jahren am 30. April des Konsulats von Vipstanus und Fonteius geschah eine Sonnenfinsternis, die in Campanien zwischen 1 und 2 Uhr nach Mittag sichtbar war, sie wurde aber von General Corbulo, der in Armenien ein Kommando innehatte, zwischen 4 und 5 Uhr am nachmittag gesehen.‘
(Pliny t.E., Natural History, Book II, 72 - Übersetzung aus dem englischen von mir.)
Bild 3.1 A: Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 30. April 59 AD, sichtbar in Campanien und Armenien
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=00590430
Bei dieser konventionellen Zuschreibung fällt auf, daß die von Plinius angegebenen Tageszeiten der Finsternis nicht ganz erreicht werden, sondern ca. 1 Stunde früher beginnen und enden. Man hat das heute wohl als Ungenauigkeit der Überlieferung hingenommen.
3.1 B. Die Sonnenfinsternis von 59 AD -> 291 AD abs, alternativ
Sucht man auf der Zeitskala AD abs. 232 Jahre später nach einem vergleichbaren Ereignis, also im Jahr 291 AD abs, so findet man die Sonnenfinsternis vom 5. Mai 291.
Sie folgt zufällig genau 232 Jahre später, denn das ist kein ,muß‘.
Bild 3.1 B: Alternative Zuschreibung der SoFi vom 15. Mai 291 AD, sichtbar in Campanien und Armenien
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=02910515
Diese Finsternis ist in ihrer Sichtbarkeit vergleichbar mit der von 59 AD, aber das Timing der Tageszeiten stimmt exakt, sowohl in Campanien wie in Armenien.
3.2 A. Die Sonnenfinsternis von 71 AD -> 303 AD abs, konventionell
,For the eclipse of both sun and moon within 15 days of each other has occurred even in our time, in the year of the third consulship of the elder Emperor Vespasian and the second consulship of the younger.‘
,Denn die Verfinsterung von Sonne und Mond innerhalb von 15 Tagen ist auch zu unserer Zeit geschehen, im Jahr des dritten Konsulats des Kaisers Titus Vespasian und des zweiten Konsulat von (Titus Vespasian) des Jüngeren.‘
(Pliny t.E., Natural History, Book II, 10 - Übersetzung aus dem englischen von mir.)
Nach den römischen Konsullisten wird dies Jahr traditionell gleichgesetzt mit dem Jahr 71 AD. Plinius hat das Beispiel in seinem Werk ,naturalis historiae‘ angeführt, um die Vorlaufzeit einer Mondfinsternis um 15 Tage vor einer Sonnenfinsternis zu belegen. Konventionell wird es verbunden mit dem Finsternisereignis vom 20. März 71 AD. Zugehörig ist die entsprechende Mondfinsternis vom 4. März 71 AD.
Bild 3.2 A Sonne: Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 20. März 71 AD (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=00710320
Bild 3.2 A Mond: Konventionelle Zuschreibung der MoFi vom 4. März 71 AD (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/5MCLEmap/0001-0100/LE0071-03-04P.gif
Bei dieser konventionellen Zuschreibung fällt auf, daß die plinische Schilderung zur verknüpften Mondfinsternis nicht richtig funktioniert. Erstens ist es keine volle, sondern nur eine partielle Mondfinsternis. Der Mond wandert dabei nur zu ca. 30 % durch den Kernschatten der Erde und dürfte somit relativ schlecht als tatsächliche Finsternis zu beobachten gewesen sein. Und zweitens verlief dies Ereignis 16 Tage statt der genannten 15 Tage vor der kommenden SoFi und war somit untypisch.
3.2 B. Die Sonnenfinsternis von 71 AD -> 303 AD abs, alternativ
Sucht man wieder auf der Zeitskala AD abs. 232 Jahre später, also im Jahr 303 AD, so findet man die Sonnenfinsternis vom 27. September 303. Auch sie folgt nur zufällig genau 232 Jahre später.
Bild 3.2 B Sonne: Alternative Zuschreibung der SoFi vom 27. September 303 AD abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=03030927
Bild 3.2 B Mond: Alternative Zuschreibung der MoFi vom 12. September 303 AD abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/5MCLEmap/0301-0400/LE0303-09-12P.gif
Bei dieser Finsternisgruppe für Sonne und Mond treffen die plinischen Aussagen tatsächlich zu: Erstens taucht der Mond mit 100 % Bedeckung in den Kernschatten der Erde ein und zweitens verlief dieses Ereignis tatsächlich 15 Tage vor der folgenden Sonnenfinsternis.
Zusammenfassung
Wir stellen zunächst fest, daß die von Plinius gemachten Aussagen in seinem Werk ,naturalis historiae‘ zu Finsternisereignissen nicht nur 232 Jahre später ebenfalls haben stattfinden können. Wir sind darüber hinaus überrascht zu sehen, wie Plinius‘ Beschreibungen in der alternativen Passung besser funktionieren als im Falle der konventionellen Zuschreibung. Mit anderen Worten, allein wegen der besseren Passung der wenigen Angaben muß es geboten sein, den Ansatz der Zeitverschiebung der Antike um 232 Jahre in Richtung Gegenwart aufrecht zu erhalten.
Literatur
3.1 Plinius d. Ä. ,Natural History‘ (die englische Übersetzung ist ,in public domain’)
http://www.masseiana.org/pliny.htm#BOOK%20II
3.2 NASA Eclipse Web Site: http://eclipse.gsfc.nasa.gov/eclipse.html
Argument 4: Sonnenfinsternisse der Antike / Plutarch
Der griechische Autor Plutarch lebte von ca. 45 bis 120 AD in der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts. Er wohnte überwiegend in seiner Heimatstadt Cheironaia in Griechenland und ist bekannt als Autor von Doppelbiographien, in denen er die Charaktere bekannter Persönlichkeiten seiner Zeit einander gegenüberstellte. Im eigentlichen Sinne war er kein Naturwissenschaftler, als Philosoph platonischer Schulung jedoch allen natürlichen Geschehnissen gegenüber aufgeschlossen.
Plutarch hat in seiner Schriftensammlung, bekannt als Moralia, einen Dialog über das ,Antlitz des Mondes‘ geführt, in dem er von einer selbst erlebten Sonnenfinsternis berichtet. Er läßt in seinem Buch über Lacus Curtius den Gesprächspartner sagen:
,Now, grant me that nothing that happens to the sun is so like its setting as a solar eclipse. You will if you call to mind this conjunction recently which, beginning just after noonday, made many stars shine out from my parts of the sky and tempered the air in the manner of twilight.‘ (Zitiert nach der englischen Übertragung von Harold Cherniss, chapter 19; 4.1)
,Nun, gestattet mir, daß es nichts vergleichbares gibt, das der Sonne geschieht wie eine Sonnenfinsternis bei Sonnenuntergang. Wer will, erinnere sich an das Zusammentreffen kürzlich, welches, beginnend kurz nach Mittag, eine Menge Sterne auf meiner Seite des Himmels zum Leuchten brachte und die Atmosphäre in eine Art Dämmerung versetzte.‘ (Übersetzung von mir)
Plutarch gibt in diesem Text leider keine Auskunft darüber, wo und wann diese SoFi beobachtet wurde. Aber der Appell sich zu erinnern ist an alle Teilnehmer des Dialoges gerichtet, die offensichtlich aus verschiedenen Bereichen des römischen Imperiums, wie Italien, Griechenland und Ägypten stammen.
Wir suchen also nach einer - mindestens - ringförmigen Sonnenfinsternis mit ihrem Maximum um die Mittagszeit über wenigstens einem urbanem Zentrum der antiken Welt während der Lebenszeit Plutarch‘s als Erwachsener.
Konventionelle Datierung der SoFi
Nach Stephenson und Fatoohi (4.2) kommen in der angenommenen Lebenszeit Plutarchs dafür vier mögliche totale Finsternisereignisse im zentralen bis östlichen Mittelmeerraum in Frage, und sie argumentieren für die SoFi vom 20.3.71 AD über Griechenland, weil sie den Vorgaben in diesem Zeitfenster am nächsten kommt.
Bild 4.1 Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 20. März 71 AD (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=00710320
Wie wir an Hand der Eclipse-Daten erkennen können, hatte diese SoFi schon gegen 9.00h örtlicher Zeit in Griechenland begonnen und war gegen 12.00h bereits beendet. Plutarch hingegen berichtet eindeutig, daß die Finsternis erst nach dem Mittag einsetzte und bis zum Abend dauerte. Das spricht gegen die konventionelle Passung.
Alternative Datierung der SoFi
Gemäß unserem gewählten Versatz von 232 Jahren hätte Plutarch dann in der Zeit von 277 bis 352 AD abs. gelebt. Wir suchen also eine passende Sonnenfinsternis aus diesem Zeitraum und finden das SoFi-Ereignis vom 17.7.334 AD.
Bild 4.2 Alternative Zuschreibung der SoFi vom 17. Juli 334 AD abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=03340717
Wie wir den Eclipse-Daten entnehmen können, ist dieses SoFi-Ereignis so verlaufen, wie es Plutarch berichtete: Beginn gegen 12.00 h und Ende gegen 15.00 h örtlicher Zeit, so daß seinem Hinweis ,kurz nach Mittag‘ hier deutlich entsprochen wird. Außerdem konnte die Finsternis sowohl in Athen, in Rom und wie auch in Alexandria auf gleiche Weise gesehen worden sein. Dies prädestiniert sie in besonderem Maße als die SoFi des plutarch‘schen Dialogs.
Zusammenfassung
Auch bei Plutarch‘s Bericht wird deutlich, dass die alternative Datierung eine bessere Passung mit den zwar spärlichen, aber eindeutigen Aussagen bedeutet.
Nun mag jemand einwenden, daß im Falle Plutarch’s der Zeitraum zwischen konventioneller und alternativer Datierung nicht 232 Jahre, sondern vielmehr 263 Jahre beträgt. Hier greift das, was oben schon einmal angedeutet wurde: Die konventionell datierte SoFi vom 20.3.71 AD ist schlichtweg nach einem Ausschlußverfahren dem Plutarch-Bericht zugewiesen worden. Eine andere, die besser passte, gab es zu der Zeit nicht. Da Plutarch selbst keine biografischen oder zeithistorischen Hinweise angegeben hat, ist diejenige Passung heranzuziehen, die den Vorgaben am besten entspricht.
Die konventionell datierte Sofi von 71 AD hätte er im Lebensalter von ca. 25 Jahren erlebt, die alternativ datierte in einem Alter von ca. 57 Jahren. Beides ist vorstellbar, aber das kleine Wort ,kürzlich‘ in seinem Dialog spricht doch mehr für die alternative Variante.
Literatur:
4.1 Plutarch, De facie quae in orbe lunae apparet, English translation by Cherniss (1957)
4.2 Stephenson F.R, Fatoohi L.J., The Total Solar Eclipse Described by Plutarch. Histos 2 (1998) p.72-82
4.3 NASA Eclipse Web Site: http://eclipse.gsfc.nasa.gov/eclipse.html
Argument 5: Sonnenfinsternisse der Antike / Xenophon
Von Xenophon wird in seiner Schrift Hellenika eine partielle Sonnenfinsternis beschrieben, die sich am Vorabend der Schlacht von Cheironäa ereignet haben soll, einem Kampf zwischen Sparta und Athen im korinthischen Krieg. Sie fand statt im zweiten Jahr der 96. Olympiade, nach griechischer Zeitzählung (5.1), umgerechnet ergibt es das Jahr 395/4 v.Chr.
Konventionelle Datierung der SoFi
Stephenson datiert die SoFi auf den 14.8.393 v.Chr.
Bild 5.1: Konventionelle Zuschreibung der SoFi vom 14. August 393 v.Chr. (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=-03930814
Bei dieser konventionellen Zuschreibung fällt auf, daß die SoFi mit 393 v.Chr. erst zwei Jahre später datiert. Somit wird eine konkrete Ungenauigkeit der Datierung schon einmal billigend in Kauf genommen. Des weiteren fällt auf, daß diese Sonnenfinsternis vormittags zwischen 7.30 h und 10.30 h stattfand und nicht am späten Nachmittag, wie von Xenophon berichtet. Außerdem befand sich Cheironäa unmittelbar im Kernschattenbereich, so daß das Ereignis wohl als volle SoFi zu betrachten ist.
Alternative Datierung der SoFi
Gemäß unserer Vorgabe einer Verschiebung in Richtung Gegenwart um 232 Jahre fällt das zweite Jahr der 96. Olympiade auf das Jahr 162 v.Chr. abs. Dort finden wir die alternative SoFi vom 15. März 162 v.Chr.
Bild 5.2: Alternative Zuschreibung der SoFi vom 15. März 162 v.Chr. abs (NASA)
http://eclipse.gsfc.nasa.gov/SEsearch/SEsearchmap.php?Ecl=-01620315
Dieses SoFi-Ereignis fand tatsächlich am späten nachmittag bis gegen Abend örtlicher Zeit statt und konnte in Griechenland nur als partielle Finsternis wahrgenommen werden.
Für weitere inhaltliche Argumente zur Umdatierung siehe cybis.se.
Zusammenfassung
Bei diesem Beispiel liegt die konventionelle Zuschreibung wirklich eklatant daneben, die alternative Passung jedoch paßt eindeutig - ‚wie die Faust auf’s Auge’. Das ist also ein weiteres Argument für die Zeitverschiebung.
Literatur
5.1 Xenophon, Hellenika IV, 3, 10
5.2 Stephenson F.R.: Historical Eclipses and Earth's Rotation, Cambridge 1997.
5.3 NASA Eclipse web site, www.eclipse.gsfc.nasa.gov
5.4 www.cybis.se/dendro/ancient history/Xenophon of Athens
Argument 6: Die Offenbarung des Johannes und die Deutung von Morosov
,Die Offenbarung des Johannes oder die Apokalypse ...., ist das letzte Buch des Neuen Testaments. Es ist das einzige prophetische Buch des Neuen Testaments und zugleich eine Trost- und Hoffnungsschrift für die im Römischen Reich unterdrückten Christen.‘ (https://de.wikipedia.org/wiki/Offenbarung_des_Johannes)
Datierung und Autorschaft der ‚Offenbarung’ hat die Fachwelt bisher zweifeln lassen, denn es gibt mehrere, alternative Versuche, den Text historisch einzuordnen. Dieses an sich schon ausreichend komplexe Beziehungsgeflecht hat der russische Astronom Nikolai Morosov 1907 noch weiter verkompliziert, indem er einen Teil des Textes als eine astronomisch äußerst seltene Himmelserscheinung deuten konnte.
Am 30. September 395 AD fand am Himmel eine Konjunktion aus allen damals bekannten, weil mit bloßem Auge sichtbaren, Planeten - Saturn, Jupiter, Mars, Venus und Merkur - inkl. Sonne und Mond statt. Für eine nächstes Erleben dieser höchst seltenen Kombination muß die Menschheit mehrere 10.000 Jahre lang warten.
Bild 6.1 Alle 5 Planeten gleichzeitig sichtbar, 30.5.395 / Stellarium
Für uns heute ist dabei die Identifizierung dieses Datums als die eines absoluten, also astronomisch-wissenschaftlichen Fixpunktes auf der Zeitachse (gleich einer Sonnenfinsternis), der wesentliche Punkt von Morosov‘s Enträtselung. Morosov selbst hat daraus noch nicht unseren heutigen Schluss einer Zeitverschiebung ziehen können, weil zu seiner Zeit die Infragestellung der Chronologie wohl noch nicht zu erwägen war und er auch keine weiteren Hinweise auf einen Chronologiefehler hatte. Also suchte er nach einem anderen Autoren für die Offenbarung und meinte, ihn eventuell in Johannes von Antiochia, einem spätantiken Historiker (ca. 6.-7.Jhdt AD) gefunden zu haben. Doch aus historischen und stilistischen Gründen konnte die Forschergemeinde ihm hierin nicht folgen.
Andererseits ist Morosov’s Deutung der Planetenkonjunktion vielfach angegriffen worden, weil eine Datierung zu Gunsten des Johannes (Evangelist) bei einer als absolut gesetzten Chronologie Anno Domini natürlich zu weiteren Irritationen führen mußte. Eine so späte Datierung des Ereignisses (395 AD) reißt die Lebenszeit des Johannes Evangelist weit aus seinem frühchristlichen Umfeld und kann folglich nicht in Einklang gebracht werden mit den vorhandenen Erkenntnissen zum Autor des Johannes-Evangeliums. - Mit anderen Worten: z.Zt. herrscht hier einfach nur Konfusion!
In Anbetracht unserer erkannten Zeitverschiebung von 232 Jahren ergibt sich für das Morosov’sche Ereignis am Himmel (395 - 232 =) das Datum vom 30. September 163 AD (= 395 abs.). Die Autorschaft des Johannes rückt damit - wie in seinem Fall gefordert - in eine zwar späte Zeit, relativ zu den anderen drei Evangelisten. Er bleibt damit aber immer noch in der frühen Periode der neuen Christenheit, so wie er traditionell religionsgeschichtlich auch gesehen wird. Und die Morosov’sche Deutung eines Teil des Textes als eine seltene Himmelserscheinung fällt jetzt in die vermutete Lebenszeit des Evangelisten.
Zusammenfassung und Ausblick
Mit einer Zeitverschiebung der Antike paßt jetzt dieses Himmelsereignis mit der Lebenszeit des Johannes Evangelist und Morosov ist rehabilitiert. Das ist eine wunderbare Auflösung dieses historischen Problems und bestätigt unsere These weiter.
Wir haben jetzt auf der relativen Zeitachse nach AD tradierte Überlieferungen (von Xenophon, Plinius d.Ä., und Plutarch bis hin zu Morosov) astronomischen Ereignissen (abs) zuordnen können, die einen Zeitraum von fast sechs Jahrhunderten überspannen. Ausgehend von Xenophon’s SoFi von -162 AD abs bis hin zur Offenbarung des Joh. von 395 AD abs ist die Zeitverschiebung für den Kernbereich der klassischen Antike der Griechen und Römer als richtig und tragfähig bestätigt. Mit weiteren Nachweisen für diesen Kernbereich der Antike kann man die These der Zeitverschiebung sicherlich weiter festigen, interessanter wäre es jedoch, die Zeitinsel der Antike an ihren Rändern weiter zu untersuchen.
Literatur:
https://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_%28Evangelist%29#Chronologie
https://de.wikipedia.org/wiki/Nikolai_Alexandrowitsch_Morosow
Für weitere Argumente s. Thread 'Materialien II'
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