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Entschädigungsforderungen vom Haus Hohenzollern und der Streit mit Historikern

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Beitrag von marylinjackson Fr Jan 22, 2021 2:46 pm

Hat der damalige Kronprinz Wilhelm als Oberhaupt der Hohenzollern dem Nationalsozialismus erheblich Vorschub geleistet oder nicht?
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Das ist die Frage, die von Historikern geklärt werden soll. Die Öffentlichkeit ist daran interessiert, jedoch das Haus Hohenzollern verhindert mit diversen Abmahnverfahren die Veröffentlichung von Verhandlungspositionen. Juristische Fragen verunsichern vor allem Historiker, die sich seit Jahren mit dem Fall beschäftigen.

https://m.pnn.de/brandenburg/die-hohenzollern-wehren-sich-prinz-von-preussen-fuehlt-sich-zu-unrecht-kritisiert/26841202.html

Zur Vorgeschichte:

https://www.deutschlandfunk.de/adlige-angelegenheit-warum-die-hohenzollern-entschaedigung.724.de.html?dram:article_id=481238

daraus auszugsweise:

Georg Friedrich Prinz von Preußen ist seit 1994 Oberhaupt des Hauses Hohenzollern, als Nachfahre Wilhelms II., des letzten deutschen Kaisers. Als Familienchef vertritt er eine der „bedeutendsten Dynastien des ehemaligen deutschen Hochadels“, wie es auf der Homepage der Hohenzollern heißt. Für Aufsehen sorgte der Prinz zuletzt, weil er die Rückgabe bzw. Entschädigung von Immobilien und Kunstgegenständen forderte.
Nachdem sich Wilhelm II. während der Novemberrevolution 1918 ins holländische Exil abgesetzt hatte, wurde das Vermögen der Hohenzollern beschlagnahmt, aber nicht enteignet. Die Deutschen gingen mit ihrem Herrscherhaus milder um als beispielsweise die Franzosen, Russen oder Österreicher. 1926 schlossen das Land Preußen und die Hohenzollern einen Vergleich, wonach zahlreiche Schlösser und Ländereien sowie weitere Vermögenswerte an den Staat fielen, beträchtliche Immobilien und Mobilien aber Eigentum des Fürstenhauses blieben – bis die sowjetische Besatzungsmacht nach 1945 auf ihrem Territorium das vollzog, was SPD und KPD 1926 vergeblich gefordert hatten: die entschädigungslose Enteignung deutscher Fürstenhäuser.

Maßgebend heute ist das Entschädigungsgesetz aus dem Jahr 1994, das – Zitat „staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungshoheitlicher Grundlage“ vorsieht.

Der Bevollmächtigte des Hauses Hohenzollern:
Es geht um Mobilien, also vereinfacht gesagt um das, was in bestimmten Liegenschaften an Kunstgegenständen, Möbeln usw. vorhanden war. Und das muss halt entschädigt bzw. dem Enteigneten wieder ausgehändigt werden. Da geht es um Tausende von Bildern, Möbeln und anderen Kunstobjekten.“

Der Streit um Immobilien und Mobilien wurde und wird seit geraumer Zeit am Verhandlungstisch, inzwischen jedoch auch vor dem Verwaltungsgericht Potsdam ausgetragen. Das Land Brandenburg hatte eine Entschädigung abgelehnt, wogegen das Haus Hohenzollern klagte. Das Verfahren ruht aber vorläufig.
Brandenburgs Finanzministerin Katrin Lange:

„Festzustellen ist, dass diese Problematik die öffentliche Hand und das Haus Hohenzollern nun seit fast drei Jahrzehnten beschäftigt, und dass die in dieser Zeit geleisteten Beiträge aller Beteiligten das Problem in keiner Weise einer Lösung nähergebracht haben.“

Dieser Verhandlungsmarathon ist insbesondere auf einen Passus im Entschädigungsgesetz von 1994 zurückzuführen, wonach keine Zuwendung erhält, wer vor oder nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs einem totalitären System erheblich Vorschub geleistet hat. Konkret mündet dies im vorliegenden Fall in die Frage:

Hat der damalige Kronprinz Wilhelm als Oberhaupt der Hohenzollern dem Nationalsozialismus erheblich Vorschub geleistet oder nicht?

„Und diese Frage verknüpft nun die familiengeschichtliche und juristische Betrachtung mit der historiographischen. Deswegen sind neben Juristen auch Historikerinnen und Historiker aufgerufen, sie zu beantworten. Und sie fühlen sich unwohl mit dieser Frage.“ Erklärt Martin Sabrow, Direktor des Zentrums für Zeithistorische Forschung in Potsdam.

Denn unsere Befunde sind immer an die Bedingung der Vorläufigkeit gebunden und auch von einem Maß an Subjektivität gekennzeichnet, das größer oder kleiner sein kann, aber nie völlig aufhebbar ist. Und deswegen haben wir zu diesen Fragen der erheblichen Vorschubleistung auch sehr unterschiedliche Positionen.“
So kommen etwa vier historische Gutachten, die dem Verwaltungsgericht Potsdam zum Wirken Kronprinz Wilhelms vorliegen, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Die Antworten reichen von „erheblichem Vorschub“ über „Vorschub“ bis zu „keinem Vorschub“.

Die Historiker Sabrow und Conze:

"Wir leben von der Offenheit des Diskurses. In dem Moment aber, wo die Zunge mit dem Schwert der Justitia bewaffnet wird, um unter formaljuristischen Voraussetzungen dann diesen Diskurs zu beeinflussen, ist eine historiografische Urteilsbildung nicht mehr angemessen möglich. Und das ist das Klima der Einschüchterung, und das berührt natürlich auch am Ende das Selbstverständnis der Bundesrepublik.“



Einschüchterungen sind heute gängige Methoden, die nicht nur Historiker und Journalisten beschäftigen und sie auch direkt betreffen. Eine freie Debattenkultur sollte immer das Ziel bleiben, ohne Ausgrenzungen (Framing) .

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Beitrag von Skeptik Mo Feb 08, 2021 9:33 am

Hätte man wie Franzosen, Russen und Österreicher klaren Tisch gemacht mit den Adelshäusern und nicht windelweiche Entschädigungsgesetze mit zu erbringenden „Beweisen“, dass der Jeweilige „erheblichen Vorschub“ geleistet haben müsse, wäre das Ganze kein Thema mehr.


Martin Sabrow an den sehr geehrten Herrn von Preußen:

"...Das Schreiben Ihres Anwalts vergisst allerdings darauf hinzuweisen, dass das Haus Hohenzollern selbst die Unterlagen zurückhält, deren fehlenden Abgleich es rügt. Ist es übertrieben, eine solche Argumentation als zynisch zu bezeichnen?"

https://www.pnn.de/brandenburg/zzf-chef-martin-sabrow-zu-den-hohenzollern-das-vorgehen-greift-die-freiheit-der-wissenschaft-an/25356704.html


Dem ist doch wohl nichts hinzuzufügen. Slehe auch hier:

https://www.cicero.de/kultur/preussen-hohenzollern-rueckgabe-nationalsozialismus-historikerstreit-gericht

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Beitrag von karstde Di Apr 13, 2021 5:59 pm

Die Russen haben klar Schiff gemacht. In der DDR hat man diese vollkommen enteignet. Nach der Wende haben diese Verbrecher vieles wieder bekommen. Wer diesen ganzen Adelsmist belassen hat, waren die Westalliierten. Im Potsdamer Abkommen steht es drin. Nichts haben die eingehalten.
Ob das Haus Hohenzollern nun im Nationalsozialismus negativ hervorgeht oder nicht, ist für mich nicht so relevant. Wichtiger ist, von wem haben die das ganze Geld und Vermögen? Das haben die Jahrhunderte lang vom arbeitenden Menschen heraus gepresst. Das ist die Ursache. Im Nationalsozialismus waren die Bedingungen anders. Heute können wir über diese Zeit dumm daher quatschen, weil wir heute unter anderen gesellschaftlichen Bedingungen leben. Wie würden heute viele reagieren, wenn wir die Bedingungen des Nationalsozialismus hätten? Einfach mal selber die Frage beantworten. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auf einmal alle Kommunisten wären und ins KZ abgewandert wären.

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Entschädigungsforderungen vom Haus Hohenzollern und der Streit mit Historikern Empty Re: Entschädigungsforderungen vom Haus Hohenzollern und der Streit mit Historikern

Beitrag von marylinjackson Mi Apr 14, 2021 5:47 pm

Es wurde 1994 ein Ausgleichsleistungsgesetz bei uns geschafffen, auf das sich der Hohenzollern-Clan bezieht, nach Ablauf von 20 Jahren, also seit 2014 wurde die Herausgabe verbliebener Kunstschätze aus ehemaligen Immobilien gefordert.

https://www.gesetze-im-internet.de/ausglleistg/__5.html

Hiernach ist eine Restitution möglich, "wenn in redlicher Weise an dem Vermögenswert Eigentum erworben" wurde.

Georg Friedrich von Preußen verklagte viele Journalisten und Historiker, nachdem die vielen Geheimverhandlungen zur Restitution der Mobilien zu keinem Erfolg führten und die Maßlosigkeit der Hohenzollern in der Presse bekannt wurde. Es wurde sogar ein Hilfsfond für Anwaltskosten der Verklagten eingerichtet (Prinzenfond).
Der Streit wurde zuletzt zwischen Justiz und Historikern ausgetragen, weil es um den Passus "dem Nationalsozialismus Vorschub leisten" ging.
Im Februar dieses Jahres entschied nun eine Expertenkommission, die Gespräche abzubrechen. Unsere Demokratie würde Schaden nehmen, daher halten sich Politiker hier raus.
Auch Georg Friedrich von Preußen rudert seit paar Wochen zurück mit seinen Forderungen.
Das Ganze erinnert an den gerichtlichen Restitutionsstreit um den Welfenschatz, der jetzt in den USA wegen Nichtzuständigkeit abgewiesen wurde.
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