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Elitenaustausch in der ehemaligen DDR

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Elitenaustausch in der ehemaligen DDR Empty Elitenaustausch in der ehemaligen DDR

Beitrag von Wallenstein Fr Feb 06, 2015 1:40 pm

In der einstigen DDR haben wir einen klassischen Fall für die Zirkulation von Eliten vor uns, sogenannte Zirkulationseliten, während sich in den meisten anderen Ostblockstaaten große Teile der alten Eliten unter neuen Bedingungen behaupten konnten (sogenannte Reproduktionseliten, besonders krass in einigen GUS-Staaten).

Elite definiere ich hier im Sinne von Dahrendorf, der Funktionseliten unterscheidet, wichtige Entscheidungsträger in den jeweiligen Sektoren der Gesellschaft. Er kennt acht Funktionseliten in den Bereichen Politik, Verwaltung, Justiz, Militär, Wirtschaft, Kommunikation, Kultur und Kirche.

Nach der Wende wurden die Eliten in Ostdeutschland weitaus tiefgreifender umgewandelt als die westdeutsche Elite nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes. Es kam zu einem fast völligen Austausch auf nahezu allen Ebenen.

Das liegt vor allem daran, dass es in der alten BRD ein großes Potential an Führungskräften gab, die bereit waren, alle vakanten Positionen neu zu besetzen. So gab es einen großen Elitetransfer von West nach Ost, vor allem beim Militär, in der Verwaltung, in der Justiz und in den Großunternehmen der Wirtschaft. Zwischen 80 bis 100 Prozent aller Führungsstellen wurden nach 1990 durch Westdeutsche ausgeübt, vor allem im Bereich des Militärs und der Justiz, Bereiche, die als politisch belastet galten. Die privatisierte Wirtschaft gehörte schnell zu über 80% westdeutschen Firmen mit Stammsitzen in den alten Bundesländern. Einen gewaltigen Westimport gab es in der Wissenschaft, in den Medien und Gewerkschaften.

Kann man von Kolonisierung sprechen? In gewisser Weise ist dies sicherlich nicht ganz unberechtigt. Aber die gesamte Struktur der DDR sollte nach westdeutschem Vorbild schnell umgestaltet werden und da brauchte man entsprechende Fachkräfte.

Im Bereich der Politik sieht es etwas anders aus. Hier konnten sich Ostdeutsche behaupten und Merkel und Gauck sind die besten Beispiele dafür.

Untersuchungen zeigen, dass ostdeutsche Führungskräfte oftmals etwas anders denken als die Westdeutschen. Sie plädieren für die Einführung plebiszitärer Elemente (Volksbegehren und Volksentscheid), wollen ein Mehr an Staat und haben höhere Erwartungen an Sozialleistungen. Sie fordern stärkere Beteiligung der Staatsbürger an politischen Entscheidungen und erwarten vom Staat mehr regulierende Eingriffe, insbesondere zugunsten der sozial Schwachen.
(Angaben aus ; Rainer Geißler, Die Sozialstruktur Deutschlands, Heidelberg 2006, S.121 ff.)

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Beitrag von Exmitglied-1 Fr Feb 06, 2015 2:43 pm

Wallenstein schrieb:

...

Im Bereich der Politik sieht es etwas anders aus. Hier konnten sich Ostdeutsche behaupten und Merkel und Gauck sind die besten Beispiele dafür.

Untersuchungen zeigen, dass ostdeutsche Führungskräfte oftmals etwas anders denken als die Westdeutschen. Sie plädieren für die Einführung plebiszitärer Elemente (Volksbegehren und Volksentscheid), wollen ein Mehr an Staat und haben höhere Erwartungen an Sozialleistungen. Sie fordern stärkere Beteiligung der Staatsbürger an politischen Entscheidungen und erwarten vom Staat mehr regulierende Eingriffe, insbesondere zugunsten der sozial Schwachen.
(Angaben aus ; Rainer Geißler, Die Sozialstruktur Deutschlands, Heidelberg 2006, S.121 ff.)


Zu dieser Aussage fehlt aber jeglicher Beweis.

Die ostdeutschen Führungskräfte machen das, was die Wirtschaft von ihnen verlangt. Etwas anderes lässt man ihnen nicht durchgehen. Auch der grüne MP in Stuttgart muss hupfen, wie die Richtung vorgegeben ist. Für mich war der Volksentscheid plötzlich FÜR den Bahnhofsumbau nach seiner Wahl zum MP kein Zufall.
Und der linke MP in Thüringen kann auch nicht anders als im Takt hupfen. Das wird die Linken restlos entzaubern.

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Beitrag von Marek1964 Fr Feb 06, 2015 10:34 pm

segula schrieb:



Zu dieser Aussage fehlt aber jeglicher Beweis.

Die ostdeutschen Führungskräfte machen das, was die Wirtschaft von ihnen verlangt. Etwas anderes lässt man ihnen nicht durchgehen. Auch der grüne MP in Stuttgart muss hupfen, wie die Richtung vorgegeben ist. Für mich war der Volksentscheid plötzlich FÜR den Bahnhofsumbau nach seiner Wahl zum MP kein Zufall.
Und der linke MP in Thüringen kann auch nicht anders als im Takt hupfen. Das wird die Linken restlos entzaubern.

Also, wer für welche These einen Beweis" erbringt, ist schwierig. Zum einen erwähnt Wallenstein eine 9 Jahre alte Quelle. Seither dürfte sich ja auch wieder einiges geändert haben. Und zum anderen können als "Beweis" nur Studien oder Umfragen herangezogen werden, was natürlich immer schwierig zu bewerten ist.

Die Forumulierung "was die Wirtschaft verlangt" - was meinst Du damit? Wer ist die "Wirtschaft"? Der Markt? Irgendwelche Lobbyies? Dann erwähnst Du aber politische Beispiele, von denen Wallenstein eben gerade nicht gesprochen hat, dass dort der Elitetransfer nicht in dem Masse stattgefunden hat.

Ich kann die Situation hier in Tschechien schildern. Hier hat tatsächlich in hohem Masse das stattgefunden, dass sich die alten Eliten vielfach halten konnten, besonders im Staatssektor. Dissidenten hatten in den Anfangsjahren viele Vertrauenspositionen, aber von denen gab es nicht viele. Aber es gab einen entstehenden Privatsektor, der durchaus auch jungen Möglichkeiten bot. Dann gabe es ausländische Firmen, die hierherkamen und die setzten haupsächlich Expats ein. Die aber in vielen Firmen nach und nach abgelöst wurden, manchmal aber auch nicht.

Heute, eine Generation danach, hat sich das natürlich alles vermischt
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Beitrag von Exmitglied-1 Sa Feb 07, 2015 5:58 pm

Marek, welchen Volksentscheid hat denn Frau Merkel bzw. Herr Gauck jemals befürwortet oder herbeigeführt? Ihre Entscheidungen trifft Frau Merkel doch lieber  über das Volk hinweg. Möglichst noch, wenn das Volk durch Events abgelenkt ist und "Toooor!" schreit. Da werden gleich mal unpopuläre Gesetze geändert.
Und wenn ich schreibe, sie müssen hupfen, wie die Wirtschaft es will, dann meine ich die Großindustriellen, die an einem reichen Volk kein Interesse haben und nur ihren Profit sehen und dafür wirken. Es nicht deren Ziel, den asiatischen Kuli auf das Lebensniveau eines Europäers zu hieven. Andersrum wird ein Schuh draus - der Europäer soll auf das asiatische Niveau gedrückt werden. Und die Politiker sind dazu da, das dem Volk beizubringen und einzublöden. Dass das gut ist.
Warum wird denn der Flughafen in Berlin nicht fertig? Glaubst du, das lag am Wowereit? Nein, da werden einfach mittelständige Betriebe als Konkurrenz platt gemacht. Frei nach Wilhelm Busch, Hans Huckebein, der Rabe: "... der größte Lump bleibt obenauf!"

Und nun nach Stuttgart. Der MP Kretzschmann muss doch froh gewesen sein, dass sein Volksentscheid gegen allen Erwartens FÜR den Bau des Bahnhofes ausfiel. Da braucht er doch keine Revolution zu machen, kann sich allerdings auch nicht profilieren. Aber die "Wirtschaft" stellt ihm erstmal kein Bein.

Und der linke Ramelow in Thüringen wird das Hupfen auch bald lernen müssen oder scheitern.

MfG Heiner

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Beitrag von Nemeth So Feb 08, 2015 11:46 am

Bei allem Respekt zu Heiner Geißler, so muss ich sagen von seiner Warte her als westdeutscher Politiker
hat "vollkommen" recht.
Er war nie DDR Bürger und konnte oder wollte , das nicht nachfühlen, was den Otto-Normal- DDR-Bürger empfindet.
Zur Problematik.
In der Bundesrepublik hatte sich eine Situation entwickelt, daß viele der "Elite" im Wartestau standen. Ohne daß ein
Vorgesetzter wegstarb war keine Karriere möglich.
So kam der Zusammenbruch der DDR wie ein warmer Regen auf die karriereverhinderten 3.-4. und 5 Eliten.
Noch dazu wurde alles, was mit der DDR in Verbindung stand, verächtlich gemacht und als unbrauchbar deklariert.
So war es sehr leicht als Missionar und als Heilbringer aufzutreten, noch dazu daß dieser Patriotismus mit der Buschzulage
aufgewertet wurde.
Heute noch, nach 25 Jahren ist am Dialekt zu erkennen, wer hier im Osten das Sagen hat.
Dieses stößt manches mal sehr bitter auf und viele hatten sich die Vereinigung doch anders vorgestellt.

Dies , soweit mein Kommentar zu den Ausführungen von Heiner Geißler
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Beitrag von Gontscharow So Feb 08, 2015 12:02 pm

Direkt nach der Maueröffnung im Herbst 1989 - sogar schon vor der Einführug der DM in der
DDR am 1.7.1990 - gingen viele Leute, die man wohl als "Glücksritter" bezeichnen muß,
in den Osten .... Mt der alleinigen Absicht, dort Geld zu verdienen, indem sie die mit dem
westlichen System nicht vertrauten DDR -Bürger zu übervorteilen suchten.
Ich habe diese Leute seinerzeit zutiefst verachtet und einige DDR-Bürger warnen können ( jetzt nicht die
fünfte überflüssige Versicherung abuschließen, weil der nette Mann aus dem Westen das empfiehlt).
Natürlich haben die DDR-Bürger schnell gemerkt, wie in dieser Hinsicht der Hase läuft und deshalb ist
die Stimmung auch sehr schnell gekippt - nach meiner Einschätzung Anfang/Mitte 1991....
Zu dieser Zeit hatte sich im Osten die Erkenntnis durchgesetzt, daß der Westen nicht so golden ist wie
angenommen und daß wahrlich nicht alles Gold ist, was so zu glänzen scheint.
Bei vielen hat das -bis heute -eine nachhaltige Verärgerung über das westdeutsche System ausgelöst -
aber bitte bedenkt dabei eins : Dieses westeutsche System ist n i c h t erdacht worden, um die Ostdeutschen damit hinters Licht zu führen/ zu degradieren etc. Es existierte schon lange vor 1989, und wir Westdeutschen haben damit genau so leben müssen, mit seinen positiven wie negativen Seiten.
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