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Tschechoslowakische Eishockeygeschichte

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Beitrag von Marek1964 Mo Mai 04, 2015 12:01 am

Hier will ich die bewegte Geschichte des tschechoslowakischen Eishockeysports thematisieren, wo jetzt hier in Tschechien die WM läuft.

In der Zeit des Stalinismus wurde eine ganze Mannschaft des Verrats verurteilt und in die Uran Minen geschickt. Später entdeckte man den Sport als Identifikationsobjekt, aber bisweilen musste man gegen die Sowjetunion verlieren, so wurde zumindest gemunkelt.

Besonders legendär wurde die Eishockey WM in Schweden 1969, wo das Duell mit der Sowjetunion zu einer Art Revanche für die Okkupation im Sommer zuvor wurde.

Da werde ich inden folgenden Tagen mehr darauf eingehen, Fragen und Einwürfe sind natürlich willkommen.
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Beitrag von Exmitglied-1 Mo Mai 04, 2015 10:18 am

Marek1964 schrieb:...
Besonders legendär wurde die Eishockey WM in Schweden 1969, wo das Duell mit der Sowjetunion zu einer Art Revanche für die Okkupation im Sommer zuvor wurde.

...

Das Spiel, das Marek meinte.
Ja, damals hatten wir noch einen Schwarz-Weiß-Fernseher. Ich erinnere mich noch gut, als beim Eishockeyspiel der russischen und tschechischen Mannschaften Handgreiflichkeiten begannen. Sofort begann das Bild kurz zu flackern, die Aufschrift "Technische Störung" erschien und als diese behoben war, sah man auf der Eisfläche zerschlagene Eishockeyschläger und andere Trümmer herum liegen. Da war jedem noch so gutgläubigen Fernsehzuschauer klar, dass das keine technische Panne war, sondern es sollte vertuscht werden, dass es zwischen Sportmannschaften von befreundeten Bruderstaaten eine wüste Schlägerei gegeben hatte.
Nach dem Niederschlagen des "Prager Frühlings" stand diese Freundschaft für das tschechische Volk verständlicherweise nur auf dem Papier und der Sport wurde zur Ersatz-Arena für den Kampf gegen die neuen Besatzer.

Hier eine geschönte kurze Fassung von 1970:

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Beitrag von Gontscharow Mo Mai 04, 2015 12:11 pm

Spannend !
Natürlich waren und sind die Sympathien auf Seiten der Tschechen.
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Beitrag von Marek1964 Mo Mai 04, 2015 2:16 pm

Danke für Eure Beiträge, segula und Gontscharow - aber damals waren das nicht nur Tschechen, aber auch Slowaken. Also bitte fortan "Tschechoslowaken" oder "Tschechen und Slowaken" verwenden.

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Beitrag von wfwbinder Mo Mai 04, 2015 8:30 pm

Lieber Marek, Du hast so Recht und ich muss schuldig zu Boden blicken, aber zu der Zeit wo wir die Spiele begeistert gesehen haben, da waren die Spieler der CSSR für uns ganz allgemein nur "die Tschechen."

Als ich 1990 zum ersten Mal in Prag war und in späteren Jahren in Karlsbad, war ich erstaunt und beschämt zugleich, wie viele Manschen ich traf, die Deutsch sprechen. Und das mit diesem sympathischen Akzent, den man sonst aus Filmen wie dem braven Soldat Schwejk usw. kennt.

Nie wurde ich östlich unserer Landesgrenze herzlicher aufgenommen als dort. Auch habe ich mit Begeisterung die Burg Karlstein besucht, weil es zwischen Karl IV. und meiner Familie eine (natürlich extrem asymmetrische) Verbindung gibt.

Lange Rede kurzer Sinn, ich habe die bestimmt auch sehr sympathischen Slowaken nie bewusst wahrgenommen und bitte um Entschuldigung.
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Beitrag von Marek1964 Mo Mai 04, 2015 8:55 pm

Kein Problem, wfw.  Ich kann mich erinnern, als 1976 die Tschechoslowakei im Finale der Fussball EM in Belgrad das Penaltyschiessen gewann, titelte am Tag darauf die Basler Zeitung "die Tschechen mit den besseren nerven", obwohl von den fünf Schützen drei Slotwaken waren (Masný, Ondruš, Jurkemik)... wobei berühmt wurde dann Panenkas "Bogenlampe", nachdem Uli Hoeness verschoss, der entscheidende Penalty in die Mitte, während Sepp Maier in die rechte Ecke sprang; Panenka war dann wieder Tscheche. Die Slowaken mögen das ein wenig, nicht zu Unrecht, als etwas ungerecht empfinden.

Kommentiert wurde übrigen das Spiel von einem tschechischen und slowakischen Kommentator, den entscheidenden Penalty von Panenka kommentierte dann der slowakische Kommentator. So irgendwie ausgleichende Gerechtigkeit. Der Satz "jsme majstri Europy" (wir sind Europameister) kling bis heute uns auf slowakisch in den Ohren, was aber niemandem schlecht in den Ohren klingt, schon gar nicht mir, einem Tschechoslowaken.

In der gemeinsamen tschechoslowakischen "Repräsentation" spielten die Slowaken immer eine bedeutende Rolle, die auch bis heute ohne Krämpfe anerkannt wird. Hier ist jeder "Trennungsschmerz" längst verdaut, man anerkennt, das die anderen ihren Staat wollten, aber dass es viele schöne gemeinsame Erinnerungen gibt.
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Beitrag von Gontscharow Di Mai 05, 2015 9:39 am

"Tschechoslowaken" ist mir auch früher schon - als es diesen tschechoslowakischen Staat noch gab - immer schwer über die Lippen gekommen, genau so wie für mein eigenes Bundesland "die Nordrhein-Westfalen", was sich noch künstlicher anhört.
Ich habe für den Staat immer "CSSR" gesagt, und für die Bevölkerung "Tschechen". In späteren Jahren habe ich - beruflich bedingt -  mehr "Slowaken" als Tschechen kennen gelernt und wurde mit dem Problem konfrontiert, daß diese sich nur nominell als Slowken empfinden. Sie gehören der Romaminderheit und sprechen Ungarisch.
Man sieht also, man kann die Differenzierungen noch weiter treiben. Was also, wenn 1968 einer der "Tschechoslowaken" Ungar war ? Wink
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Beitrag von Marek1964 Mi Mai 06, 2015 10:18 pm

Die Tschechen und Slowaken waren staatstragende Völker, die Ungaren eine Minderheit. Alle waren sie aber Bürger der Tschechoslowake Es fällt mir aber schwer, ein adequates anders Beispiel zu finden. Die Belgier sind alle Belgier, egal ob sie Flamen oder Wallonen sind. Würde der Staat aber Flamowallonien heissen, würde es eben böses Blut machen, sie nur Flamen zu nennen, nur weil es einem zu lange vorkommt. Und ja, in Belgien gibt es ja auch noch eine Deutsche Minderheit...
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Beitrag von Marek1964 Mi Mai 06, 2015 11:54 pm

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45861251.html

In diesem Artikel des SPIEGEL wurde vieles geschrieben – die Eishockeyschlacht war eigentlich nur eine bekannt gewordene Spitze des Eisberges.

Die Solidarität vieler Sportverbände mit der Tschechoslowakei war damals beachtlich. Leidtragende waren die Sportler der Sowjetunion, die doch eigentlich auch wenig für die Politik ihrer Obrigkeit konnten und ja wohl auch kaum verstehen konnten, was da passiert ist – wie wir es heute mit der sicher besseren Kenntnis der Funktionsweise totalitärer Systeme wissen.

So wurden Spiele abgesagt, Sportler osteuropäischer Staaten siausgeladen worden sind wie etwa am bekannten Holmenkollen Skispringen. Die Fussballklubs westlicher Staaten wollten nicht gegen osteuropäischer Staaten nicht antreten, die Uefa verloste die Paarungen neu.

Ganz deutlich wurde das an den olympischen Spielen in Mexico 1968, wie der SPIEGEL schreibt:



Noch spürbarer nagte die Reaktion empörter Zuschauermassen am sowjetischen Prestige. Schon bei der Eröffnungsfeier zu den Olympischen Spielen in Mexico City marschierte die Sowjet-Mannschaft unter Pfiffen und "Ceko"-Sprechchören um die Tartan-Bahn; die CSSR -Sportler umfing triumphaler Beifall.

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Beitrag von Gontscharow Do Mai 07, 2015 11:48 am

Natürlich konnten die sowjetischen Sportler nichts für die Politik ihrer Regierung -
und sie wußten wirklich nicht, was vor sich ging, weil sie die sowjetischen Staatsmedien als einzige Informationsquelle hatten.
Heutzutage ist das leider wieder ähnlich. Zwar gibt es das Internet, doch mangels ausreichender Sprachkenntnisse konsumieren fast alle Russen Medien nur in ihrer Muttersprache (in sehr viel höherem Maß als etwa in Deutchland, wo englische und andere Fremdsprachenkentnisse viel verbreiteter sind) - und die werden vom Kreml kontrolliert, bis hin zu Scheindiskussionen in Internetforen .... ein Diskutant vertritt die Kremlmeinung, der andere spielt den advocatus diaboli und tritt für die westliche SIchtweise ein. In WIrklichkeit sind beide vom Kreml bezahlt und natürlich ist der ProPutin-Diskutierende der Sympathischere, Vernünftigere und hat die besseren Argumente scratch
Wahrscheinlich hätte ich - wäre ich im Publikum gewesen auch die sowjetische Mannschaft ausgebuht und die tschechoslowakische freundlich begrüßt. So etwas registriert man in Moskau sehr wohl, in der Beziehung sind sie empfindlich.
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Beitrag von Marek1964 Do Mai 07, 2015 7:50 pm

Da musste man nicht empfindlich sein - wenn Du an den SPIEGEL Artikel denkst, wurden selbst sensible Kunstturnerinnen ausgepfiffen. Irgendwo richtig und irgendwo falsch, ich bin da in einem Zwiespalt.

Es gab aber in Moskau eine Handvoll russischer Dissidenten, die sogar gegen die Invasion demonstriert haben. 1990 hat diese dann Václav Havel geehrt bei seinem Besuch in Moskau.

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Beitrag von Gontscharow Fr Mai 08, 2015 10:42 am

Vaclav Havel ist mir ohnehin sehr sympathisch, dies mal am Rande.
Auch heute gibt es in St.Petersburg und Moskau einige mutige Menschen, die
gegen Putin demonstrieren - und sich auch nicht von den vom Regime in Auftrag gegebenen
Morden an Journalisten / Systemkritikern einschüchtern lassen.Auch sie werden eines Tages geehrt werden.
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Beitrag von Marek1964 Do Mai 14, 2015 10:48 pm

Heute abend durften wir die Dramatik des Eishockeyspiels geniessen, mit dem glücklichen Ende für uns. 1:0 geführt, dann 1:2 in Rückstand gelegen, wieder 3:2 geführt, den Ausgleich entgegennehmen müssen, aber dann hat der 43 Jahre alte Star Jaromir Jágr wieder die Führung geschossen, 20 Sekunden vor Schluss dann noch das 5:3 in das leere Tor.

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Beitrag von wfwbinder Do Mai 14, 2015 11:34 pm

GRatulation, so kann es unter optimalen Bedingungen zum TRaumfinale gegen Russland kommen, obwohl Kanada dieses Jahr als unbezwingbar scheint.
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Beitrag von Marek1964 Mo Mai 18, 2015 6:35 pm

wfwbinder schrieb:GRatulation, so kann es unter optimalen Bedingungen zum TRaumfinale gegen Russland kommen, obwohl Kanada dieses Jahr als unbezwingbar scheint.

Tja, hat leider nicht ganz gereicht, nach dem anstrengenden Halbfinale gegen Kanada mit einem nicht anerkannten Tor war gestern im Spiel um Platz drei gegen die USA die Luft ein wenig draussen.

Leider musste so der grosse Abschied von einer grossen Legende des Jaromír Jágr begangen werden, der nach 43 Jahren von der nationalen Bühne abtritt.

Das Fiasko der Russen am Abend gegen Kanada (1:6) und einer unsportlichen Geste (verlassen der Fläche vor der Siegerehrung) liess mich an die WM 1985 in Prag erinnern, als die Sowjetunion nach 7 Jahren wieder einmal keine WM gewann - auch damals spielte man in Prag. Entscheidend dafür war ein Spiel gegen Kanada, das verloren ging (2:3 glaube ich) und wo die Tschechen alle "go Kanada go" gebrüllt haben - nix mit liebe zum grossen Bruder. Das darauf folgende Spiel gegen Kanada gewann dann die Tschechoslowakei mit 5:3 (einem open netter in der Schlussminute) und durfte wieder einen Weltmeister Titel feiern.

Gestern hatten im Publikum die Russen die klare Mehrheit - es gibt hier in Tschechien viele, die hier leben, auch die Reisegewohnheiten haben sich geändert, zur Zeit der Sowjetunion war auch innerhalb der sozialistischen Zone der Reiseverkehr eingeschränkt.
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