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Vergangenheitsbewältigung in der BRD - von der Entnazifizerung bis zu den verlorenen Siegen

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Beitrag von Moschusochse Di Jun 09, 2015 8:40 pm

Hallo lieber Forumskörper,

ich möchte hier das Thema der Vergangenheitsbewältigung in der BRD und zuvor den drei westlichen Zonen thematiiseren - inwelchen Phasen ging das von Statten, was kann man sagen, wie war die Akzeptanz? Wenn ein Manstein von verlorernen Siegen scheiben durfte..
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Beitrag von Atzec Mi Jun 10, 2015 8:50 am

Na ja, am Anfang waren auch die Westalliierten wohl sehr motiviert und umtriebig. Mit dem sich rasch abzeichnenden Umschwenk zum Kalten Krieg wurde die Entnazifizierung aber schnell abgeschlossen und verharmlost.
Es gibt einen sehr guten Ami-Spielfilm, der das zeitgenössisch thematisiert. Der ist wohl noch so kurz vor kanpp der McCarthy-Ära in den USA in die Kinos gekommen...
Im Anschluss dominierte dann der Versuch des "aktiven Vergessens" und Verdrängens, der Abschiebung von Verantwortung, der Vertuschung, der stillschweigenden Hinnahme kultischer Täterinszenierungen leicht unterhalb der öffentlichen Wahrnehmung... (Kammeradschaftstreffen ehemaliger SS-Angehöriger z.B.) und einer Vielzahl anderer alltäglicher Widerwärtigkeiten.
Höhe- aber gleichzeitig auch End- wie Wendepunkt einer kruden Auseinandersetzung markiert die Bitburg-Kontroverse.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bitburg-Kontroverse
Natürlich im Verbund mit jener bahnbrechenden Rede des damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizäckers, der in Westdeutschland die konservative Hegemonier über den Vergangenheitsbewältigungsprozess ziemlich vollständig zerbröselte.
http://de.wikipedia.org/wiki/Zum_40._Jahrestag_der_Beendigung_des_Krieges_in_Europa_und_der_nationalsozialistischen_Gewaltherrschaft

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Beitrag von Atzec Mi Jun 10, 2015 8:56 am

Demgegenüber verkam die "Entnazifizierung" in der DDR sehr schnell zu einem obrigkeitsstaatlichen, pflichtenschuldigen, öffentlichen Bekenntnisritual ohne großartige gesellschaftliche Nachhaltigkeit. Im bilanzierenden Vergleich zu Westdeutschland ist die komplette Ausschaltung der Zivilgesellschaft und das reine Setzen auf obrigkeitsstaatliches, totalitäres Verbieten und Unterdrücken bei der Auseinandersetzung mit der nazivergangenheit ein vollkommenes Fiasko. Sieht man an den Wahlerfolgen der Rechtsextremisten, der Existenz von Pegida und dem Hinterherhinken zivilgesellschaftlichen Protestes gegen Rechtsextremismus in der ehemaligen Zone.

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Beitrag von Gontscharow Mi Jun 10, 2015 12:50 pm

Wie ich schon so oft geschrieben habe : eine Generationenfrage !
Die Mehrheit der vor ca. 1940 geborenen Deutschen trauerte sicherlich lange den
"verlorenen Siegen" hinterher, arrangierte sich aber dank materiellem Wohlergehens durch
das Wirtschaftswunder aber mit der neu enstandenen Bundesrepublik.
Für die Mehrheit der nach 1940 geborenen Deutschen ist die Bundesrepublik Heimat, mitsamt
ihrer demokratischen Wertvosrstellungen und der Ablehung des Nationalsozialismus.
Natürlich gibt es in beiden Gruppen Ausnahmen und man könnte noch viel weiter differenzieren,
das soll nur eine grobe Einteilung sein.
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Beitrag von Atzec Mi Jun 10, 2015 1:32 pm

Klar, das istauch eine Frage der Generationen. Natürlich erodieren im Zeitverlauf hinterwäldlerische Vorstellungen und Überzeugungen einfach auch durch generative Wechsel. Aber das Ausmaß, die Tiefe und Dynamik der bundesrepublikanischen Vergangenheitsbewältigung ist weit mehr noch der Intensität geschuldet, mit der sich die Zivilgesellschaft hier mit ihrer braunen Vorgescichte tabulos immer wieder aufs neue auseinandergesetzt hat.

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Beitrag von SarahF Do Jun 11, 2015 1:00 pm

Manchmal glaube ich, die deutsche öffentlich-rechtliche Besessenheit der "Vergangenheitsbewältigung" ist zu einer Art Ersatzreligion und
Staatsphilosophie geworden.
Hitler aller Orten - du kannst praktisch jeden Abend irgendeine Dokumentation auf
einem der zahlreichen Sender sehen, bei Youtube findest du hunderte.
Irgendwie nervt´s.
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Beitrag von Atzec Do Jun 11, 2015 9:12 pm

Mich nervt das nicht. :-) Im Gegenteil, oft präsentieren diese Dokus auch für mich mal wieder sehr neue und interessante Aspekte und Erkenntnisse. Z.B. habe ich dort überhaupt zum ersten Mal etwas von Sir Nicholas Winton gehört (Marek, übernimm mal... :-) ) Weiter sind diese Dokus doch im Wesentlichen auf 3-4 Sender beschränkt, n24, Phoenix, arte. Und wenn wie so oft ansonsten nur Mist läuft.. Außerdem stellt sich doch keiner mit der Knarre hinter dich und zwingt dich, solche Dokus zu schauen... :-)
Andererseits bestimmt nunmal der Hitlerfaschismus und in der Folge die aktive Auseinandersetzung mit ihm ganz wesentlich und vor allem auch ganz unvermeidlich das Selbstverständnis von uns Deutschen. Wer also irgendetwas sinnvolles über unsere Gegenwart äußern möchte, kommt kaum umhin, auch deren Vorgeschichte mitzureflektieren.

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Beitrag von Marek1964 Sa Jun 13, 2015 9:27 pm

SarahF schrieb:Manchmal glaube ich, die deutsche öffentlich-rechtliche  Besessenheit der "Vergangenheitsbewältigung" ist zu einer Art Ersatzreligion und
Staatsphilosophie geworden.
Hitler aller Orten - du kannst praktisch jeden Abend irgendeine Dokumentation auf
einem der zahlreichen Sender sehen, bei Youtube findest du hunderte.
Irgendwie nervt´s.

Ich kann Dich zwar schon irgendwo verstehen, es gibt sehr viel, aber es ist ja niemand gezungen, sich das alles anzusehn. Aber leider gilt das auch für rechtsextreme Sendungen, wie diese Diskussion hier zeigt:

https://www.gutefrage.net/frage/wurden-die-deutschen-damals-194445-und-wenige-jahre-danach-wirklich-in-der-form-geschaendet-gefoltert-gedemuetigt-usw-

Dabei wird Bezug auf eine youtube Dokumentation genommen - ¨ein fürchterliches Machwerk.


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Beitrag von Greyff Sa Jun 13, 2015 10:53 pm

Einen gewissen Prozentsatz an Rechtsextremen gibt es in allen europäischen Ländern
( und sicher auch darüber hinaus ) , und man kann sie auch nicht daran hindern, schwachsinnige
Youtubevideos zu erstellen. Das ist allerdings ein anderes,kaum Ernst zu nehmendes Kaliber , im Gegensatz zu den öffentlich-rechtlichen
deutschen Semdern, die in der Tat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl von Dokumentationen
über das III. Reich produziert haben, nachdem sie sich bis in die 80er Jahre hinein über dieses
Thema herum gedrückt hatten, wohl wissend, das unter den Zuschauern sehr viele sind, die es
miterlebt haben, die Täter oder Opfer waren. Dieses Thema war damals brisant, man wollte
niemandem auf den Schlips treten und ein falsches Wort seitens der Verantwortlichen dieser
Sendungen konnte eine Karriere beenden.
Da ist man heute entspannter, was mit dem Generationenwechsel zu tun hat. Vielleicht auch mit
einer allgemeinen Verflachung des TV- Niveaus. Sicherlich - ich muß mir diese Dokus nicht ansehen,
wenn ich es aber doch tue, muß ich wissen, wie viele Erdbeertörtchen Hitler am 3.6.1931 im
Münchner Café XY gegessen hat, ob mit oder ohne Schlagsahne und was der Kellner dachte bzw.
ob die anderen Gäste ihn erkannt haben und falls ja, ob sie erfreut  waren oder sich belästigt fühlten ?

Ich parodierte gerade ein Stilmittel der Sendungen von Guido Knopp zum Thema - in der Tat war
mir in seinen Sendungen zu viel von Hitlers Schäferhund, Eva Braun oder seiner Sekretärin Traudl Jung
( ich weiß sogar den Namen einer einer Sekretärinnen, was die deutsche "Vergangenheitsbewältigung"
nicht alles bewertstelligt ;-) ) die Rede. Jemamd hat das mal als "Nazistadl" zur Volksunterhaltung
karikiert. Entsprechend haben übrigens amerikanische Juden " There is no business like Shoa business" in die
Welt gesetzt, denn so wie Knopp und Konsorten Hitler zum Beruf gemacht haben, gibt es
jenseits des Atlantik Ähnliches.
Wer es sich nicht mehr angucken mag, soll abschalten. Wenn genügend Leute abschalten, werden
solche seichten, der Unterhaltung dienenden Sendungen nicht mehr produziert werden. Das gleiche
gilt für viele der Hollywoodproduktionen zum Thema.
Ich möchte meinen Beitrag ausdrücklich NICHT gegen Dokumentationen zum Thema verstanden wissen
( wenn diese denn wirklich dokumentieren und aufklären), auch würde es mir im Leben nicht
einfallen, Spielfilme wie "Der Pianist", oder "Das Leben ist schön", die sich mit den Leiden
der NS-Opfer befassen zu verunglimpfen. Manche US-Produktion allerdings sehr wohl.
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Beitrag von Rübezahl Sa Jun 13, 2015 11:03 pm

Deutsche Vergangenheitsbewältigung wird ja nicht nur in Deutschland betrieben, sondern z. B. auch in Italien, wo man immer wieder Dokumentationen über Naziverbrechen im Fernsehen sehen kann. Faschistische Verbrechen wie etwa die Ermordung hunderttausender Äthiopier mit Giftgas und Massenerschießungen werden nicht einmal erwähnt, da es ja nach dem Krieg eine Amnestie gegeben hat und das Kapital damit abgeschlossen war.

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Beitrag von Greyff Sa Jun 13, 2015 11:10 pm

Interessanter Hinweis, Rübezahl !
Und nicht nur in Italien, sondern in allen anderen Ländern, die mit uns zu tun haben und hatten,
ebenso. Und da ist der Blick auf den Umgang mit den eigenen Kriegsverbrechen übrigens
ebenfalls sehr aufschlußreich.
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