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Die Wiener Philharmoniker und die Nazizeit

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Die Wiener Philharmoniker und die Nazizeit Empty Die Wiener Philharmoniker und die Nazizeit

Beitrag von Orianne So Jan 03, 2016 2:53 pm

Schon ab dem März 1938 wurden von den Wiener Philharmonikern 29 Musiker ermordet oder ins Ausland gejagt. Jeder zweite Musiker war NSDAP-Mitglied.

Hofrat Arnold Rosé bürgerlich Rosenblum wird von einem jungen Geiger mit Parteiabzeichen aufgefordert "Herr Hofrat, hier sind Ihre Tage gezählt", der Konzertmeister muss abtreten.

Rosenblum gelang es mit Hilfe seiner Tochter Alma* und des Musikers Carl Flesch nach London zu fliehen, bis zur Flucht war Rosenblum vom Orchesterbetrieb beurlaubt.

Als Beispiel eines steilen Aufstiegs wurde der Solotrompeter Helmut Wobisch genannt, wohl der strammste Nazi des Orchesters, laut Musikwissenschafter Fritz Trümpi. Nach der Entlassung 1945 stösst Wobisch wieder zum Verein, er gilt als politisch belastet, und ist daher nicht wahlfähig. 1953 wird Wobisch doch Geschäftsführer der Wiener Philharmoniker.
Das Protokoll über die Wahl ist verschwunden laut Trümpi, Wobisch amtet bis 1969 darunter sitzen viele ehemalige Parteigenossen im Vorstand.

2013 haben die Verantwortlichen des Kärntner Musikfestivals "Carinthischer Sommer beschlossen, die Ehrenkonzerte für den Gründer und Intendanten Helmut Wobisch zu streichen. Zu viele belastende NS Details wurden durch Historiker über die Wiener Philharmoniker entdeckt.

Das Archiv war lange Zeit nicht zugänglich, Tonbandaufnahmen von Sitzrungen wurden zurück gehalten oder gleich vernichtet.

*Alma (1906–1944) war ebenfalls Geigerin und kam im KZ Auschwitz-Birkenau ums Leben, sie starb vermutlich an einer Vergiftung, man weiss nicht ob es Suizid war, oder ob sie von anderen Frauen ermordet wurde. Sie hat wie auch ihr Vater ein Ehrengrab in Wien erhalten. Arnold Rosé starb 1946 in London.

Buchhinweis Exclamation

Bernadette Mayrhofer, Fritz Trümpi: «Orchestrierte Vertreibung. Unerwünschte Wiener Philharmoniker. Verfolgung, Ermordung und Exil», Mandelbaum Verlag, 2014.

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Beitrag von Marek1964 So Jan 03, 2016 9:16 pm

Ja, es ist leider so, dass die Österreicher im allgemeinen wie halt die Wiener Philharmoniker im besonderen halt einfach mitgemacht haben - der eine mehr, der andere weniger engagiert, teils aus Opportunismus, teils wohl durchaus auch aus Überzeugung. Auch für die Beseitigung von Rivalitäten ein willkommener Anlass.

Andere wiederum zeigten sich mutig und ethisch grundsatzfest. Aber das waren Ausnahmen. Dass sich das Blatt wenden könnte, daran dachten die wenigsten.

Nach dem Krieg wollte man natürlich von all dem nichts mehr wissen - wie Du oben richtig schreibst - man verdrängte, man verwischte Spuren oder man legte sich die verschiedenen Rechtfertigungen oder Verharmlosungen zu Recht. Eine beispielsweise, dass so gut wie niemand "Mein Kampf" gelesen habe. Oder das der sauberen Wehrmacht.

Für Österreich war es besonders einfach, denn dieses wurde schon während des Krieges als erstes Opfer der Nazi Aggression bezeichnet. Hierzu werde ich noch das Thema des Moskauer Memorandums eröffnen (link folgt).

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Beitrag von Nemeth Do Jan 07, 2016 5:09 pm

Bei der Beschreibung "Leben in Diktaturen" brauchen wir die Wiener Philharmoniker nicht besonders
herauszustellen.
Es ist auch müßig zu diskutieren " Ich hätte ". Doch die Wiklichkeit sieht anders aus.
Überall, ob Diktatur oder Demokratie wird intrigiert, katzbuckelt, sich in Positur gebracht
und verschiedenes mehr.
Wenn sich so eine Gelegenheit ergibt, daß der Mensch Karriere und dergl machen kann, so ist er sofort dabei.
Ich habe mehrere Diktaturen erlebt, weiß demzufolge von was ich schreibe.
Es wird, wie dargestellt , auch über Leichen gegangen und hinterher war es wieder keiner.
So war es im III. Reich, so war es in den Nachkriegs- Scheindemokratien, in den Volksdemokratien.

Die Aufarbeitung von verbrecherischen Handlungen wird nicht oder schleppernd oder garnicht
vollzogen.
Man hat schon seine Gründe sich hinter Befehlen, Gesetzen oder dem Zeitgeist zu verstecken.
Da machen diese Musiker keine Ausnahme.
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Beitrag von Marek1964 Fr Jan 08, 2016 10:51 pm

Du hast schon Recht, der Zeitgeist, der Oppurtunismus und dem Herdentrieb, dem folgen die meisten. Es sollte aber auch nicht vergessen werden, dass es auch viele gibt, die sich zumindest nichts gröberes zu Schulden kommen lassen. Und dann auch immer wieder dienigen, die sich tapfer verhielten.

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Beitrag von Orianne Sa Jan 09, 2016 10:14 am

Marek1964 schrieb:Du hast schon Recht, der Zeitgeist, der Oppurtunismus und dem Herdentrieb, dem folgen die meisten. Es sollte aber auch nicht vergessen werden, dass es auch viele gibt, die sich zumindest nichts gröberes zu Schulden kommen lassen. Und dann auch immer wieder dienigen, die sich tapfer verhielten.

Das stimmt, aber Österreich war ein Sonderfall, ein Land, das nach dem WWI auf dem Kartentisch klein gestrichen wurde, der Anschluss war eigentlich eine logische Konsequenz, trotz des Vertrages von Saint-Germain.
Nicht zu vergessen, dass Vorarlberg nach einer Abstimmung zur Schweiz wechseln wollte, dies wurde aber von den USA, dem DR und auch Italien verwehrt, die Schweiz hätte sogar den Kanton Tessins
an Italien abgeben müssen, damit die katholischen Kantone nicht einen Ueberhang gehabt hätten.

Auf die deutsche Besatzung in Metz komme ich später noch zurück, auch da gab es die Merkmale wie von Euch beschrieben.

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Die Wiener Philharmoniker und die Nazizeit Empty Re: Die Wiener Philharmoniker und die Nazizeit

Beitrag von Nemeth Sa Jan 09, 2016 5:22 pm

Soviel Aufmerksamkeit haben die Wiener Musikanten garnicht verdient, daß wir sie hier
besonders herausstellen.
Sie selbst waren nur ein Teil des Ganzen, wobei auch Österreich keine Sonderstellung hatte
, weder im Guten noch im Schlechten.

Ich habe mal von einer großen Untersuchung gehört, die nach dem II. Weltkrieg in den
Niederlanden stattgefunden haben soll. Danach waren
4 % der Bevölkerung für die aktive Zusammenarbeit mit den Besatzern
4 % der Bevölkerung dagegen (Widerstandskämpfer, Saboteure )
und 92 % wollten mit der oder der anderen Sache nichts zu tun haben.

Diese Zahlen sind durchaus glaubhaft, wenn sich auch in manchen Fällen,
die Zahlen  ein wenig verändern.
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Beitrag von Orianne Sa Jan 09, 2016 6:09 pm

Die Zahlen decken sich in etwa mit denen in der Schweiz, wie es aber bei einer Besetzung durch die WH ausgesehen hätte, das kann man nicht sagen.

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