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Vorgehensweisen der Imperialisten (Kolonialmächte) bei der Beherrschung ihrer Kolonien

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Beitrag von Moschusochse Di Jun 21, 2016 8:17 pm

Ich habe hier dies und jenes schon über das Vorgehen der Kolonialmächte gelesen.

Da möchte ich mal die generelle Frage stellen, wie man das Vorgehen der verschiedenen Kolonialmächte strukturieren und kategorisieren könnte. Sicher war militärische Überlegenheit ein wichtiger Moment, die auch eine gewisse militärische Präsenz notwendig machte. Andererseits musste man auch mit den Eingeborenen und deren Eliten irgendwie kooperieren - die Spanier hatten ja in Südamerika massakriert, aber zur Zeit des Imperialismus wählte man dann doch andere Wege.

Fühlt sich jemand berufen, Struktur zu bringen und anhand Beispielen zu erörtern?
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Beitrag von van Kessel Fr Jun 24, 2016 12:00 am

hi Moschusochse,
ein weites Feld, welches man wohl nicht katalogisieren oder klassifizieren kann. Jede Kolonialmacht (oder - wie im deutschen Fall -) hatten höchst unterschiedliche Ambitionen, von denen die militärischen erst eine Reaktion auf vorangegangenen Aktionen waren.

Händler, Missionare und 'Zweitsöhne ohne Land', waren die Vorreiter. Aber auch goldgeile Abenteurer erhofften sich ein Schnäppchen mit der Vergewaltigung fremder Ethnien und/oder Tribes. Militärisch wurden diese Aktionen erst dann abgesichert, als sich die unterdrückten, verkauften, armen Seelen gegen diese Vergewaltigung wehrten.

Mir ist kein "Kolonialherr" bekannt, wo es anders gelaufen wäre. Ob nun - wie die deutschen, hanseatischen Pfeffersäcke - sich in Afrika bemühten, die Einheimischen in Säcke zu stecken, um deren Scham zu verhüllen um sie dann aber denoch in der Wüse verdursten zu lassen; oder die Briten sich China einverleibten, um deren Erzeugnisse mit der 'Opium-Währung' zu bezahlen, so sind dies nur Strategien, wie man an die Wirtschaftskraft oder Ressourcen anderer Länder kommen konnte.

Natürlich brachten die Kolonialherren viel Know-how in diese Länder; immer aber unter der Prämisse des effektiveren Abbaues von Rohstoffen und/oder des Transportes von Militär.

Wenn man die Kolonialgeschichte betrachtet (ab wann, denn schon die Griechen und Römer hatte Kolonien?), dann kann dies dezidiert nur Staat für Staat erfolgen. Die Kolonialisierung fremder Staaten zwecks militärischer Sicherung des eigenen Landes und/oder Einflußzonen (Hegemonialbestreben), ist wahrscheinlich schon bei Griechen und Römern 'Stand der Technik' gewesen (militärische Stützpunkte), und nicht erst seit 1945ff.

Meine 'afrikanischen' Kenntnisse über die (ausgehende) Kolonialzeit dort, zeigen einen moralisch, materiellen Verlust bei Ethnien und Tribes, als Ergebnis unmündig gehaltener Menschen unter kolonialer 'Herrschaft'. Stammesgesellschaften unter korrupten 'Leadern', stellen jetzt die Boatpeople, welche den Kolonialmächten ihren Fortschritt zurück ins Maul stecken werden.

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Beitrag von Moschusochse Fr Jun 24, 2016 12:31 pm

Danke für die Antwort, van Kessel. Kannst Du vielleicht ein Beispiel eingehender darstellen? Vielleicht der Briten in Indien?
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Beitrag von Wallenstein Fr Jun 24, 2016 1:36 pm

Es gibt meines Erachtens vier verschiedene Typen von Kolonien:
Rohstoffkolonien, Siedlerkolonien, Handelskolonien, Stützpunktkolonien.

Rohstoffkolonien:
Hauptsächlich in Afrika, Südostasien, Karibik. Typisch hierfür. Plantagen und Bergwerke, meistens im Besitz von Ausländern. Bewirtschaftet mit einheimischen Zwangsarbeitern oder importieren Arbeitskräften (Inder, Chinesen).
In manchen Ländern wurden Cash Crops (Kakao, Kaffee etc.) von freien eingeborenen Bauern auf eigener Fläche angebaut. Es gab aber ausländische monopolitische Aufkäufer (z.B. Ghana, Elfenbeinküste).

Siedlerkolonien:

Typus A
Freie Siedler betreiben Landwirtschaft für den Weltmarkt ohne eingeborene Arbeitskräfte.
Die Eingeborenen werden vernichtet oder dezimiert, spielen für die Wirtschaft keine Rolle.
Beispiel: Australien, Kanada, Neuseeland, Argentinien, Uruguay.

Typus B
Freie Siedler betreiben Landwirtschaft für den Weltmarkt durch Ausbeutung der einheimischen Arbeitskräfte.
Die Arbeitskraft der Eingeborenen ist entscheidend für die Reproduktion
Beispiel: Südafrika, Zimbawe, Kenia, Algerien, Angola, Kongo.

Handelskolonien:
Ein formal selbstständiges Land wie etwa China wird durch ungleiche Verträge gezwungen, seinen Markt den Ausländern unbegrenzt zur Verfügung zu stellen. Für den Kauf von Opium gegen Silber z.B.

Stützpunktkolonien
Gebiete, die nur aus strategischen Gesichtspunkten beherrscht werden wie z.B. Gibraltar.

Natürlich gibt es auch Mischformen. Vor allem einige lateinamerikanische Länder lassen sich in diese Gliederung nicht so einfach einordnen.

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Beitrag von Anticus Sa Jun 25, 2016 11:54 am

Sehr interessant, Wallenstein. Gut im Strukturieren. Selten bei Geschichte Fans.

Kann man vielleicht sagen, dass die Römer auch ähnlich vorgingen? Da gab es ja Provinzen. Wie war das zum Beispiel mit Dacia (heutiges Rumänien)?
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Beitrag von Wallenstein Sa Jun 25, 2016 12:30 pm

Anticus schrieb:Sehr interessant, Wallenstein. Gut im Strukturieren. Selten bei Geschichte Fans.

Kann man vielleicht sagen, dass die Römer auch ähnlich vorgingen? Da gab es ja Provinzen. Wie war das zum Beispiel mit Dacia (heutiges Rumänien)?

Das wäre noch ein zweites Thema. Vielleicht später.

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Beitrag von van Kessel So Jun 26, 2016 1:39 am

hi Moschusochse,
Danke für die Antwort, van Kessel. Kannst Du vielleicht ein Beispiel eingehender darstellen? Vielleicht der Briten in Indien?
gern geschehen, aber ich äusere Meinungen - im besonderen die Meine - und bin kein Experte, wo Fachliteratur im Netz zu finden ist.

Über die englische Kolonialgeschichte in Indien (und rundherum) gibt es Literatur. Mich interessiert z.B. an diesem Abschnitt der Geschichte nur, dass selbst die Engländer, mit all ihrer militärischen Macht es nicht fertig brachten, in Afghanistan dunnemals einen Fuss in die Tür zu bekommen. Und dann denke ich, warum ein deutscher Politfuzzi meinte, dass dies die Bundeswehr ein Jahrhundert später, leicht vollbringen könnte ("Deutschland wird auch am Hindukusch verteidigt").

Ich persönlich habe nur Nachfahren der Inder in Afrika kennen gelernt, wo ihre Vorfahren als Bahnarbeiter von den Briten in deren afrikanischen Kolonien eingesetzt wurden. Inzwischen findet in Ostafrika ein Geburtenwettlauf zwischen den Afrikanern und den Indern statt. Die Inder stellen i.d.R. das Handelspotential der dortigen Länder dar. Diese Geburtenwettläufe lösten in der Geschichte sehr oft einen Machtwechsel aus. Wesentlicher für Afrika jetzt, ist aber der Neokolonialismus chinesischen Prägung, wo der Kolonialherr China, das Kapital und Arbeit(er) selbst stellt. Rohstoffausbeutung ohne jegliche soziale Komponente (selbst die Briten haben in ihren Kolonien Krankenhäuser gebaut), die Chinesen frönen dagegen einem puren Kapitalismus.




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Beitrag von Wallenstein So Jun 26, 2016 12:22 pm

@hi Moschusochse,

Indien ist eine Mischung aus Handels- und Rohstoffkolonie. Es gibt in der Tat eine riesige Literatur über das Land.

Ich bin öfters in Indien gewesen und als ich noch so etwas wie ein Hippie war, in den sechziger Jahren, habe ich dort eine Zeitlang gelebt, vor allem in Goa, in einer kleinen Hütte am Strand.

Über den Kolonialismus gibt es auch nicht nur negative Dinge zu berichten. Die Engländer haben eine hervorragende Infrastruktur hinterlassen, ein gutes Bahnsystem, welches alle wichtigen Orte miteinander verbindet. (Afghanistan war keine Kolonie und hier gibt es nichts, was den Namen Infrastruktur verdient). Und so manch eine Stadt, die erst von den Briten richtig ausgebaut wurde wie Bombay oder Kalkutta, sieht aus, als wäre sie in England gebaut und dann nach Indien transportiert worden. Überall rote Backsteinbauten. Die Straßen heißen wie in London: Oxford-Street, Regent-Street, Pitstreet, überall gibt es einen Hyde-Park.
Das ist übrigens typisch für die Engländer, ihre Kolonialstädte sehen alle ähnlich aus und immer die gleichen Straßennamen. Das hat mir gut gefallen und ich habe viele davon gesehen: Rangun, Sydney, Port of Spain, Colombo, Singapur, Hong Kong, Georgetown usw.

Englisch wurde zur Verwaltungssprache gemacht (neben Hindi). Die 400 Völker können sich jetzt verständigen. Das Rechtssystem funktioniert leidlich, das Bildungssystem ist nicht schlecht, obwohl es angesichts der riesigen Armut nicht alle erreicht. Indien ist seit der Unabhängigkeit eine Demokratie und nicht nur auf dem Papier. Es gibt freie Medien, lebhafte Diskussionen im Fernsehen. Für ein Entwicklungsland durchaus ungewöhnlich.


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