Mers el Kebir, Oran 1940 – Briten versenken Franzosen – Churchills schwerster Entscheid
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Mers el Kebir, Oran 1940 – Briten versenken Franzosen – Churchills schwerster Entscheid
Bei Mers el Kebir, auch Oran genannt, wurde ein Teil der französischen Marine durch die Britische, wenige Tage nach deren Waffenstillstand mit Deutschland, am 3. Juli 1940, im Rahmen der Operation Catapult, versenkt.
War diese Versenkung nötig? Zwischen (ehemaligen?) Verbündeten? Ein Kriegsverbrechen? Welche Rolle spielten Churchills Gedanken an die Haltung der USA, an Roosevelt?
Roosevelt dachte tatsächlich, Grossbritannien würde nicht standhalten - und verhandelte mit dem Kanadischen Premier MacKenzie King, dass er Churchill bewegen solle, alle britischen Schiffe nach den USA und Kanada zu verlegen. Zuvor hatte ja Churchill argumentiert, dass wenn die Britische Flotte den Deutschen in die Hände fallen würde, würde das auch die USA gefährden. Er wollte so von Roosevelt die Zustimmung erwirken, von den USA einige Zerstörer für den Geleitschutz zu bekommen.
MacKenzie King allerdings meldete Roosevelts Ansinnen Churchill, der schockiert war. Die Situation der Briten schien nun fast hoffnungslos, die Franzosen hatten (de facto) kapituliert, obwohl das im Widerspruch zur Entente war, die keinem der beiden Bündnispartner es erlaubte ohne Zustimmung des Anderen den Kampf aufzugeben.
Die Seeüberlegenheit war einer der ganz wenigen Trümpfe, die die Briten noch hatten. Ein in die Hände Fallen der französischen Flotte den Achsenmächten hätte die Position der Briten im Mittelmeer, auch angesichts der Italiener, die zahlenmässig auch von Bedeutung waren, gefährdet.
Zuvor hatte der Admiral Darlan zwar versprochen, niemals die Flotte den Deutschen auszuliefern, aber Churchill misstraute dem.
Die Rückführung der Flotte Frankreichs nach Toulon war Waffenstillstandsbedingung, die auch die Briten mitbekamen.
Als sich die Britische Flotte Oran näherte, dachten die französischen Matrosen zunächst, man würde gemeinsam weiterkämpfen und waren guter Dinge. Als Admiral Gensoul aber erfuhr, dass Briten ultimativ verlangten, mit ihnen zusammen entweder nach England, oder alternativ einen amerikanischen oder ozeanischen Hafen anzulaufen, war Gensoul empört. Admiral Gensoul funkte Darlan, dieser schickte Verstärkungen nach Mers el Kebir los.
Briten fingen dann den Funkspruch Darlans ab. Es kam der Befehl zum Handeln. Die Franzosen, die nur bedingt kampfbereit waren, waren schliesslich gegen das Feuer machtlos, einzig die Strasbourg entkam.
Churchill war geschockt durch die Anzahl Toten. Er bereitete schweren Herzens eine Rede im Unterhaus vor. Zu seiner Überraschung gab es - Applaus im Parlament, auch die Britische Öffentlichkeit unterstützte den Entscheid.
Auch in den USA wurde der Entschluss gewertet, dass die Briten weiterhin zu allem entschlossen sind - die Zerstörer der US Navy wurden anschliessend Grossbritannien überlassen, was Roosevelt vor der Operation Catapult nicht zusagte.
Als sich die französische Flotte im November 1942 in Toulon selbst versenkte, schrieb Darlan Churchill einen bitteren Brief, in dem er ihm vorhielt, er sehe jetzt, er hätte ihm glauben können.
Für mich ist das Fazit, dass Churchill nicht die Franzosen verraten hatte, aber Frankreich hatte ja schon vorher mit den Deutschen den Waffenstillstand angeboten; Italien hatte sich auf die Seite Deutschlands geschlagen.
Damit war die Lage Grossbritanniens sehr gefährlich geworden, die USA begannen an der Kampfentschlossenheit Grossbritanniens zu zweifeln. Deutschland verlangte, dass Frankreich seine Flotte nach Frankreich zurückbeordert.
Churchill musste handeln.
Den Franzosen in Mers el Kebir (Oran) wurde ein Ultimatum überreicht - ich selbst finde es schade, dass weder der Kommandandt vor Ort, Admiral Gensoul, noch der Oberbefehlshaber der Marine, Admiral Darlan, den Mut hatten, einen eigenen Entscheid zu fällen. Darlan hätte Gensoul einen sybillinischen Befehl geben können, er solle tun "was im Interesse Frankreichs ist", oder "nach bestem Wissen und Gewissen und der Lage entsprechend zu handeln". Die Franzosen waren nicht abwehrbereit. Es wäre also besser gewesen, mit den Briten zu kooperieren und in Richtung Grossbrittanien, oder alternativ in die USA oder in den Indischen Ozean auszulaufen.
Man darf aber nicht vergessen: Hauptursache für die schlechte Rahmenbedingung war, dass Frankreich den Kampf aufgab. Churchill hatte alles erdenkliche angeboten, dass der Kampf von Grossbritannien aus hätte weitergeführt werden können. De Gaulle hatte es in seinem Appel du 22 Juin auch gesagt: Man hatte eine intakte Flotte, Kolonien, Gold und Verbündete. Meiner Meinung nach muss es auch nach zahlreiche Flugzeuge gegeben haben, die sich auch noch hätten nach England retten können - sie hätten noch in der Luftschlacht um England wertvoll sein können. Nur unterstützten de Gaulle zu wenige, George Mandel war noch einer der ganz wenigen.
Churchill war in einer absoluten Zwickmühle und lief Gefahr, von allen Seiten im Stich gelassen zu werden. So musste er handeln.
Sicher war der Angriff auf den ehemaligen Verbündeten, dessen Schiffe ja auch noch die Evakuation von Dünkirchen unterstützt hatten, eine höchst fragwürdige Sache, auch angesichts der Tatsache, dass dieser das nicht erwartet hatte und eigentlich nicht kampfbereit war.
Andererseits zeigte sich der Admiral Gensoul eben auch nicht kooperativ und auch Admiral Darlan handelte ungeschickt. Gensoul nahm zudem das Ultimatum wohl nicht ernst. Anderswo verlief die Operation Catapult (nahezu) reibungslos, in den britischen Häfen, in Alexandria und in Fernost.
So kam es in Oran, Mers el Kebir, wie es kommen musste, die involvierten Briten, waren keinesfalls stolz auf diesen Einsatz.
Entscheide sind in so extrem schwierigen Momenten, wie sie Churchill und Grossbritannien Anfang Juli 1940 hatte, können, vor allem aus heutiger Sicht, nicht perfekt sein. Sie müssen aus der damaligen Situation heraus berücksichtigt werden.
Es war zweifellos schwerer, aber nachvollziehbarer Entscheid. Aufgrund der faktischen Kapitulation Frankreichs musste leider das Schlimmste befürchtet werden. Dass Churchill, der im übrigen nicht allein entschied, sondern das ganze Kriegskabinett, so handelte, ist verständlich. Dass die Franzosen verbittert waren, auch de Gaulle, allerdings auch.
Das Argument von Darlan, man habe 1942 dann ja bewiesen, dass man nie die Flotte den Deutschen überlassen hätte, mag verständlich sein; allein, im November 1942 war bereits eine ganz andere Lage. Hitler kämpfte gegen die Sowjetunion, bei Stalingrad hatte gerade die Falle zugeschnappt. Amerika war auch im Krieg und in Nordafrika gelandet. 1940 war die Die Franzosen hatten dann ja einen sehr schlechten Ruf, auch in der amerikanischen Öffentlichkeit. Filme wie Casablanca oder Fahrkarte nach Marseille" bezeugen dies. Das ist zumindest teilweise ungerecht, wohl gab es Einheiten, die schelcht gekämpft haben, aber auch solche, die sich tapfer geschlagen hatten. Entscheidend für die Niederlage 1940 war die falsche Einsatzdoktrin.
Schlecht war aber eben die Tatsache, dass Frankreich den Kampf aufgegeben hatte. Polen hat vorher und auch zu diesem Zeitpunkt nicht aufgegeben, auch andere von der Wehrmacht überrollte Länder hatten in London ihre Exilregierungen errichtet. Das war in der Tat der grösste Fehler in diesem Zusammenhang.
So kam es denn auch, dass in der Luftschlacht um England mehr Polen oder Tschechoslowaken und selbst Belgier als Piloten diesen wichtigen Kampf führten als Franzosen - angesichts der Nähe Englands zu Frankreich und der Grösse der Nationen bedenklich.
De Gaulle rette Frankreichs Ehre, aber zu diesem Zeitpunkt kann man Churchills Entscheid, zu handeln, nachvollziehen.
Im Grunde aber bestätigte auch de Gaulle die Richtigkeit Churchills Handeln bei Mers el Kebir, Operation Catapult, der ja auch durch das Kabinett getragen war:
Und da möchte ich Churchill - und man darf nicht übersehen, dass das Kabinett, also auch Clement Attlee und andere hinter ihm standen - in Schutz nehmen. In dieser schwierigen Lage musste so wohl gehandelt werden.
In der Tat auch aus der Rede von de Gaulle in seinem Appel du 22 Juin, sagte er: ... Frankreich hat sich verpflichtet, die Waffen nur im Einvernehmen mit den Alliierten niederzulegen. So lange die Alliierten den Krieg fortsetzen, hat seine Regierung kein Recht, sich dem Feind zu ergeben. So haben die polnische Regierung, die norwegische Regierung, die belgische Regierung, die holländische Regierung, die luxemburgische Regierung - obwohl vom eigenen Territorium verjagt - ihre Pflicht verstanden.
Gesunder Menschenverstand! Denn es ist absurd, den Kampf verloren zu geben. Ja, wir haben eine schwere Niederlage litten. Ein schlechtes militärisches System, die bei der Führung der Operationen begangenen Fehler, die Selbstzweifel der Regierung während der letzten Kämpfe haben uns die Schlacht um Frankreich verlieren lassen. Aber uns bleiben ein riesiges Weltreich, eine intakte Flotte, viel Gold. Uns bleiben Verbündete mit gewaltigen Ressourcen, die zudem die Meere beherrschen. Uns bleiben die gigantischen Möglichkeiten der amerikanischen Industrie...
Und dann:
Wenn nun die Kräfte der Freiheit letztendlich über jene der Knechtschaft triumphierten - welches wäre dann das Schicksal eines Frankreich, das sich dem Feind unterworfen hätte?
Die Ehre, der gesunde Menschenverstand, das Interesse des Vaterlandes gebieten allen freien Franzosen, den Kampf dort fortzusetzen, wo sie sind, und so, wie sie es können.
Darum ist es nötig, überall, wo dies geht, eine möglichst große französische Streitmacht aufzustellen. Alles, was sich an französischen Militäreinheiten oder französischen Rüstungskapazitäten sammeln lässt, muss überall, wo es sie gibt, organisiert werden.
Ich, Général de Gaulle, unternehme hier in England diese nationale Aufgabe.
Ich fordere alle französischen Soldaten der Land-, See- und Luftstreitkräfte, die französischen Ingenieure und Facharbeiter der Rüstungsindustrie, die sich auf britischem Boden befinden oder dorthin gelangen können, auf, sich mit mir zu anzuschliessen.
Ich fordere die Offiziere und Soldaten, die Matrosen und Flieger der französischen Land-, See- und Luftstreitkräfte, wo immer sie sich im Augenblick befinden, auf, sich mit mir in Verbindung zu setzen.
Leider hat man nun aber in Frankreich diesen Appel viel zu wenig befolgt, vor allem nicht die Regierung. Auch die Admiräle Darlan und Gensoul nicht. Die Briten waren nun in der schweren Lage, zu entscheiden, wie sie verfahren wollen. Das Risiko, einen weiteren schweren Gegner zu haben, war zu gross. Und man sah Frankreichs de facto Kapitulation als Verrat an - de Gaulle bestätigt es.
Die französische Regierung reagierte in dieser Situation schlecht, wie de Gaulle klar andeutet, die anderen Regierungen reagierten besser - übrigens gab es auch eine tschechoslowakische Exilregierung, die den Kampf weiterzuführen bereit war, mit dem in Frankreich noch 10 000 Freiwilligen, von denen nun 3500 übrig geblieben waren.
Für mich ist deshalb klar: bevor man Winston Churchill einen Vorwurf macht, muss man der damaligen französischen Regierung den Vorwurf machen wie auch den Admirälen Darlan und Gensoul.
Trotz Oran: Grosser Teil der französischen Marine kämpfte als Flotte der freien Franzosen an alliierter Seite weiter Quelle: http://www.museedelaresistanceenligne.org
Und zuletzt möchte ich festhalten: hätte sich die französische Flotte der Britischen angeschlossen und für die europäische Zivilisation gekämpft - sie hätte wohl in der Atlantikschlacht die höheren Verluste erlitten als bei Mers el Kebir (Oran) - allerdings im Kampf gegen der richtigen Gegner.
Hier kann die Diskussion geführt werden: https://geschichte-forum.forumieren.de/t53-mers-el-kebir-oran-1940-briten-versenken-franzosen-churchills-schwerster-entscheid
War diese Versenkung nötig? Zwischen (ehemaligen?) Verbündeten? Ein Kriegsverbrechen? Welche Rolle spielten Churchills Gedanken an die Haltung der USA, an Roosevelt?
Roosevelt dachte tatsächlich, Grossbritannien würde nicht standhalten - und verhandelte mit dem Kanadischen Premier MacKenzie King, dass er Churchill bewegen solle, alle britischen Schiffe nach den USA und Kanada zu verlegen. Zuvor hatte ja Churchill argumentiert, dass wenn die Britische Flotte den Deutschen in die Hände fallen würde, würde das auch die USA gefährden. Er wollte so von Roosevelt die Zustimmung erwirken, von den USA einige Zerstörer für den Geleitschutz zu bekommen.
MacKenzie King allerdings meldete Roosevelts Ansinnen Churchill, der schockiert war. Die Situation der Briten schien nun fast hoffnungslos, die Franzosen hatten (de facto) kapituliert, obwohl das im Widerspruch zur Entente war, die keinem der beiden Bündnispartner es erlaubte ohne Zustimmung des Anderen den Kampf aufzugeben.
Die Seeüberlegenheit war einer der ganz wenigen Trümpfe, die die Briten noch hatten. Ein in die Hände Fallen der französischen Flotte den Achsenmächten hätte die Position der Briten im Mittelmeer, auch angesichts der Italiener, die zahlenmässig auch von Bedeutung waren, gefährdet.
Zuvor hatte der Admiral Darlan zwar versprochen, niemals die Flotte den Deutschen auszuliefern, aber Churchill misstraute dem.
Die Rückführung der Flotte Frankreichs nach Toulon war Waffenstillstandsbedingung, die auch die Briten mitbekamen.
Als sich die Britische Flotte Oran näherte, dachten die französischen Matrosen zunächst, man würde gemeinsam weiterkämpfen und waren guter Dinge. Als Admiral Gensoul aber erfuhr, dass Briten ultimativ verlangten, mit ihnen zusammen entweder nach England, oder alternativ einen amerikanischen oder ozeanischen Hafen anzulaufen, war Gensoul empört. Admiral Gensoul funkte Darlan, dieser schickte Verstärkungen nach Mers el Kebir los.
Briten fingen dann den Funkspruch Darlans ab. Es kam der Befehl zum Handeln. Die Franzosen, die nur bedingt kampfbereit waren, waren schliesslich gegen das Feuer machtlos, einzig die Strasbourg entkam.
Churchill war geschockt durch die Anzahl Toten. Er bereitete schweren Herzens eine Rede im Unterhaus vor. Zu seiner Überraschung gab es - Applaus im Parlament, auch die Britische Öffentlichkeit unterstützte den Entscheid.
Auch in den USA wurde der Entschluss gewertet, dass die Briten weiterhin zu allem entschlossen sind - die Zerstörer der US Navy wurden anschliessend Grossbritannien überlassen, was Roosevelt vor der Operation Catapult nicht zusagte.
Als sich die französische Flotte im November 1942 in Toulon selbst versenkte, schrieb Darlan Churchill einen bitteren Brief, in dem er ihm vorhielt, er sehe jetzt, er hätte ihm glauben können.
Für mich ist das Fazit, dass Churchill nicht die Franzosen verraten hatte, aber Frankreich hatte ja schon vorher mit den Deutschen den Waffenstillstand angeboten; Italien hatte sich auf die Seite Deutschlands geschlagen.
Damit war die Lage Grossbritanniens sehr gefährlich geworden, die USA begannen an der Kampfentschlossenheit Grossbritanniens zu zweifeln. Deutschland verlangte, dass Frankreich seine Flotte nach Frankreich zurückbeordert.
Churchill musste handeln.
Den Franzosen in Mers el Kebir (Oran) wurde ein Ultimatum überreicht - ich selbst finde es schade, dass weder der Kommandandt vor Ort, Admiral Gensoul, noch der Oberbefehlshaber der Marine, Admiral Darlan, den Mut hatten, einen eigenen Entscheid zu fällen. Darlan hätte Gensoul einen sybillinischen Befehl geben können, er solle tun "was im Interesse Frankreichs ist", oder "nach bestem Wissen und Gewissen und der Lage entsprechend zu handeln". Die Franzosen waren nicht abwehrbereit. Es wäre also besser gewesen, mit den Briten zu kooperieren und in Richtung Grossbrittanien, oder alternativ in die USA oder in den Indischen Ozean auszulaufen.
Man darf aber nicht vergessen: Hauptursache für die schlechte Rahmenbedingung war, dass Frankreich den Kampf aufgab. Churchill hatte alles erdenkliche angeboten, dass der Kampf von Grossbritannien aus hätte weitergeführt werden können. De Gaulle hatte es in seinem Appel du 22 Juin auch gesagt: Man hatte eine intakte Flotte, Kolonien, Gold und Verbündete. Meiner Meinung nach muss es auch nach zahlreiche Flugzeuge gegeben haben, die sich auch noch hätten nach England retten können - sie hätten noch in der Luftschlacht um England wertvoll sein können. Nur unterstützten de Gaulle zu wenige, George Mandel war noch einer der ganz wenigen.
Churchill war in einer absoluten Zwickmühle und lief Gefahr, von allen Seiten im Stich gelassen zu werden. So musste er handeln.
Sicher war der Angriff auf den ehemaligen Verbündeten, dessen Schiffe ja auch noch die Evakuation von Dünkirchen unterstützt hatten, eine höchst fragwürdige Sache, auch angesichts der Tatsache, dass dieser das nicht erwartet hatte und eigentlich nicht kampfbereit war.
Andererseits zeigte sich der Admiral Gensoul eben auch nicht kooperativ und auch Admiral Darlan handelte ungeschickt. Gensoul nahm zudem das Ultimatum wohl nicht ernst. Anderswo verlief die Operation Catapult (nahezu) reibungslos, in den britischen Häfen, in Alexandria und in Fernost.
So kam es in Oran, Mers el Kebir, wie es kommen musste, die involvierten Briten, waren keinesfalls stolz auf diesen Einsatz.
Entscheide sind in so extrem schwierigen Momenten, wie sie Churchill und Grossbritannien Anfang Juli 1940 hatte, können, vor allem aus heutiger Sicht, nicht perfekt sein. Sie müssen aus der damaligen Situation heraus berücksichtigt werden.
Es war zweifellos schwerer, aber nachvollziehbarer Entscheid. Aufgrund der faktischen Kapitulation Frankreichs musste leider das Schlimmste befürchtet werden. Dass Churchill, der im übrigen nicht allein entschied, sondern das ganze Kriegskabinett, so handelte, ist verständlich. Dass die Franzosen verbittert waren, auch de Gaulle, allerdings auch.
Das Argument von Darlan, man habe 1942 dann ja bewiesen, dass man nie die Flotte den Deutschen überlassen hätte, mag verständlich sein; allein, im November 1942 war bereits eine ganz andere Lage. Hitler kämpfte gegen die Sowjetunion, bei Stalingrad hatte gerade die Falle zugeschnappt. Amerika war auch im Krieg und in Nordafrika gelandet. 1940 war die Die Franzosen hatten dann ja einen sehr schlechten Ruf, auch in der amerikanischen Öffentlichkeit. Filme wie Casablanca oder Fahrkarte nach Marseille" bezeugen dies. Das ist zumindest teilweise ungerecht, wohl gab es Einheiten, die schelcht gekämpft haben, aber auch solche, die sich tapfer geschlagen hatten. Entscheidend für die Niederlage 1940 war die falsche Einsatzdoktrin.
Schlecht war aber eben die Tatsache, dass Frankreich den Kampf aufgegeben hatte. Polen hat vorher und auch zu diesem Zeitpunkt nicht aufgegeben, auch andere von der Wehrmacht überrollte Länder hatten in London ihre Exilregierungen errichtet. Das war in der Tat der grösste Fehler in diesem Zusammenhang.
So kam es denn auch, dass in der Luftschlacht um England mehr Polen oder Tschechoslowaken und selbst Belgier als Piloten diesen wichtigen Kampf führten als Franzosen - angesichts der Nähe Englands zu Frankreich und der Grösse der Nationen bedenklich.
De Gaulle rette Frankreichs Ehre, aber zu diesem Zeitpunkt kann man Churchills Entscheid, zu handeln, nachvollziehen.
Im Grunde aber bestätigte auch de Gaulle die Richtigkeit Churchills Handeln bei Mers el Kebir, Operation Catapult, der ja auch durch das Kabinett getragen war:
Und da möchte ich Churchill - und man darf nicht übersehen, dass das Kabinett, also auch Clement Attlee und andere hinter ihm standen - in Schutz nehmen. In dieser schwierigen Lage musste so wohl gehandelt werden.
In der Tat auch aus der Rede von de Gaulle in seinem Appel du 22 Juin, sagte er: ... Frankreich hat sich verpflichtet, die Waffen nur im Einvernehmen mit den Alliierten niederzulegen. So lange die Alliierten den Krieg fortsetzen, hat seine Regierung kein Recht, sich dem Feind zu ergeben. So haben die polnische Regierung, die norwegische Regierung, die belgische Regierung, die holländische Regierung, die luxemburgische Regierung - obwohl vom eigenen Territorium verjagt - ihre Pflicht verstanden.
Gesunder Menschenverstand! Denn es ist absurd, den Kampf verloren zu geben. Ja, wir haben eine schwere Niederlage litten. Ein schlechtes militärisches System, die bei der Führung der Operationen begangenen Fehler, die Selbstzweifel der Regierung während der letzten Kämpfe haben uns die Schlacht um Frankreich verlieren lassen. Aber uns bleiben ein riesiges Weltreich, eine intakte Flotte, viel Gold. Uns bleiben Verbündete mit gewaltigen Ressourcen, die zudem die Meere beherrschen. Uns bleiben die gigantischen Möglichkeiten der amerikanischen Industrie...
Und dann:
Wenn nun die Kräfte der Freiheit letztendlich über jene der Knechtschaft triumphierten - welches wäre dann das Schicksal eines Frankreich, das sich dem Feind unterworfen hätte?
Die Ehre, der gesunde Menschenverstand, das Interesse des Vaterlandes gebieten allen freien Franzosen, den Kampf dort fortzusetzen, wo sie sind, und so, wie sie es können.
Darum ist es nötig, überall, wo dies geht, eine möglichst große französische Streitmacht aufzustellen. Alles, was sich an französischen Militäreinheiten oder französischen Rüstungskapazitäten sammeln lässt, muss überall, wo es sie gibt, organisiert werden.
Ich, Général de Gaulle, unternehme hier in England diese nationale Aufgabe.
Ich fordere alle französischen Soldaten der Land-, See- und Luftstreitkräfte, die französischen Ingenieure und Facharbeiter der Rüstungsindustrie, die sich auf britischem Boden befinden oder dorthin gelangen können, auf, sich mit mir zu anzuschliessen.
Ich fordere die Offiziere und Soldaten, die Matrosen und Flieger der französischen Land-, See- und Luftstreitkräfte, wo immer sie sich im Augenblick befinden, auf, sich mit mir in Verbindung zu setzen.
Leider hat man nun aber in Frankreich diesen Appel viel zu wenig befolgt, vor allem nicht die Regierung. Auch die Admiräle Darlan und Gensoul nicht. Die Briten waren nun in der schweren Lage, zu entscheiden, wie sie verfahren wollen. Das Risiko, einen weiteren schweren Gegner zu haben, war zu gross. Und man sah Frankreichs de facto Kapitulation als Verrat an - de Gaulle bestätigt es.
Die französische Regierung reagierte in dieser Situation schlecht, wie de Gaulle klar andeutet, die anderen Regierungen reagierten besser - übrigens gab es auch eine tschechoslowakische Exilregierung, die den Kampf weiterzuführen bereit war, mit dem in Frankreich noch 10 000 Freiwilligen, von denen nun 3500 übrig geblieben waren.
Für mich ist deshalb klar: bevor man Winston Churchill einen Vorwurf macht, muss man der damaligen französischen Regierung den Vorwurf machen wie auch den Admirälen Darlan und Gensoul.
Trotz Oran: Grosser Teil der französischen Marine kämpfte als Flotte der freien Franzosen an alliierter Seite weiter Quelle: http://www.museedelaresistanceenligne.org
Und zuletzt möchte ich festhalten: hätte sich die französische Flotte der Britischen angeschlossen und für die europäische Zivilisation gekämpft - sie hätte wohl in der Atlantikschlacht die höheren Verluste erlitten als bei Mers el Kebir (Oran) - allerdings im Kampf gegen der richtigen Gegner.
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