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Geheimrede Chruschtschows Februar 1956 über Stalin - scheiterte er über seine eigenen Pläne?

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Beitrag von Wallenstein Do Feb 05, 2015 2:58 pm

Am 5.März 1953 war Genosse Josef Wissarionowitsch Dschughaschwili, genannt Stalin, der Führer der fortschrittlichen Menschheit, die Inspiration der Welt,  der Vater der sowjetischen Nation, das größte Genie der Geschichte, die große Koryphäe der Wissenschaft, das größte militärische Genie aller Zeiten und welche Ehrbezeichnungen es noch gegeben haben mag, endlich auf dem Fußboden in seiner Datscha verreckt.

Der beispiellose Personenkult wurde schon kurze Zeit nach seinem Tode zurückgefahren, immer seltener erschien sein Name in den Medien. Im Februar 1956 dann der Paukenschlag: Der neue Parteichef Chruschtschow hielt in einer geschlossenen Sitzung auf dem XX. Parteitag sein berühmtes Referat über den Personenkult. Die gedruckte Fassung erschien bald im Westen, in der UDSSR und den Ostblockstaaten blieb sie einem ausgewählten Leserkreis vorbehalten. Chruschtschow bezeichnete Stalin als Paranoiker und blutrünstigen Despoten, als militärischen Dummkopf und Massenmörder.

Doch sieht man sich seine Rede genauer an, ist sie enttäuschend, eine richtige Analyse und Generalabrechnung findet sich nicht. Die wirklich großen Verbrechen werden kaum erwähnt, weder die Zwangskollektivierung und die Vernichtung der Kulaken oder die manipulierte Hungersnot in der Ukraine.

Größeren Raum findet die Behandlung der „Großen Säuberung“ von 1936 bis 1938. Allerdings, den Kampf gegen die Trotzkisten und die Anhänger von Sinowjew und Bucharin hält er für richtig und diese werden von ihm auch nicht rehabilitiert. Nur seien damals auch viele Unschuldige hingerichtet worden und er nennt die Namen zahlreicher bekannter Stalinanhänger, die seinerzeit getötet wurden. Scharf verurteilt er auch die Hinrichtungen der vielen Offiziere der Roten Armee, denn dadurch wurde deren Schlagkraft entscheidend geschwächt. Stalin hätte außerdem im Krieg viele falsche Befehle erteilt und wäre ein militärischer Dilettant  gewesen.

Marxisten betrachten Geschichte als Abfolge von Klassenkämpfen und das Handeln einzelner Personen, der „subjektive“ Faktor wird durch „objektive“ Verhältnisse erklärt.  Welche Klasse vertrat denn nun aber Stalin, welche „objektiven“ Bedingungen erklären den Stalinismus? Davon findet sich kein Wort. Chruschtschow hätte erklären müssen, warum sich nach der Oktoberrevolution die Bürokratie als neue Herrschaftsschicht herausbilden konnte. Doch da er selbst zu ihr gehörte, hatte er daran kein Interesse. Seine Botschaft lautete: die Partei hat recht und das System ist im Prinzip in Ordnung, nur ein einzelner ist verrückt geworden, ein Fehler, den wir nun aber korrigieren. Und gleichzeitig: Macht so weiter wie bisher, wir verschaffen euch aber Sicherheit, in Zukunft wird kein größenwahnsinniger Diktator euch unter falschen Vorwürfen verhaften und umbringen. Wer für das System ist und keine Kritik äußert, ist in Sicherheit. Nur wirkliche Konterrevolutionäre werden bekämpft, ihr nicht. Damit konnte er das System einstweilen vorübergehend stabilisieren und die Bürokratie war beruhigt.

Er hätte ruhig einmal bei den Klassikern nachschlagen können. Engels erklärt im „Anti-Dühring“, das Klassen auf zwei verschiedene Arten entstehen können und zwar durch Privateigentum (Feudalherren, Sklavenhalter, Kapitalisten), aber auch durch die Delegation von Gemeinschaftsaufgaben an einzelne Personen, also durch funktionelle Differenzierung, Personen, die dadurch eine große Macht über die Gesellschaft bekommen. Die Bürokratie gehört ohne Zweifel zu der zweiten Klassenkategorie. Sie hat kein Privateigentum, aber durch die Wahrnehmung von wichtigen Positionen übt sie Herrschaft aus und wird so zur Klasse.

Marx glaubte allerdings, dass auch solche Funktionseliten versuchen würden, ihre Macht so zu gebrauchen, dass sie langfristig ebenfalls Privateigentum erlangen. Das hat sich in der früheren UDSSR und anderen Ostblockstaaten auch bewahrheitet. Die Nomenklatura hat das staatliche Eigentum inzwischen aufgelöst und privatisiert. Aus der Funktionselite wurden ganz gewöhnliche Kapitalisten.

Die Rede findet sich unter:
http://www.1000dokumente.de/?c=dokument_ru&dokument=0014_ent&object=translation&l=de

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Beitrag von Marek1964 Do Feb 05, 2015 4:26 pm

Sehr interessanter Beitrag, Wallenstein.

Was denkst Du, waren die Motive von Chruschtschow, eine solchen "Wischiwaschi" Strategie, wie ich sie nennen würde, zu wählen? Wie gross war denn der Kreis der "Eingeweihten"?

Denn sowas nagt doch immer an der Glaubwürdigkeit, einigen wird die Wahrheit zugemutet, der grossen Mehrheit nicht.

Schade, dass man ex post keine Umfrage machen kann, wie die Menschen der Sowjetunion und der Osteuropaländer dachten. Es muss doch schon seltsam vorkommen, dass zuvor Stalin überall gelobt wurde.

Ähnlich seltsam mutet mich die Liquidation des Stalin Denkmal auf dem Prager Sommerberg (Letná). 1962 wurde das Denkmal unter Geheimhaltung abgetragen; da denkt man sich doch - was soll das? Dachte man das merkt keiner?

http://de.wikipedia.org/wiki/Stalin-Denkmal_(Prag)

Ähnliche Vorgehensweisen schildert George Orwell in seinem Werk 1984... da vollzieht innert Sekunden die ganze Volksgemeinschaft den "Frontwechsel" wo (wahrscheinlich inspiriert durch den Hitler Stalin Pakt und dessen Ende) die Masse innert einer einzigen Rede merkt, und nun der Verbundete von gestern zum Todfeind erklärt wird und tut so, als sei es nie anders gewesen...

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Beitrag von Nemeth Do Feb 05, 2015 4:34 pm

Für die damalige Zeit war diese Rede etwas nie dagewesenes. Zum ersten Mal zweifelte jemand,
der selbst auch genug Dreck am Stecken hatte, an den Führern der proletarischen Weltrevolution.
Doch in der damaligen DDR sickerte der Kenntnisstand der Rede nur tröpfenweise durch.
--die Stalinbilder wurden nur nach und nach abgehängt
-- aus dem Quartett"Marx. Engels, Lenin, Stalin" wurde ein Trio
--im Pionierausweis wurde statt Stalin, Thälmann eingefügt
--der Namen Stalinstadt wurde zu Eisenhüttenstadr geändert
-- Straßen bekamen wieder ihre alten oder russische Namen, z.B. Puschkin
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Beitrag von Marek1964 Do Feb 05, 2015 11:41 pm

Auch ein interessantes Beispiel der halbherzigen Destalinisierung unter Chruschtschow, ist General Pawlow, einer von mehreren Generälen, die für Stalins Versagen den Kopf hinhalten mussten.

http://de.wikipedia.org/wiki/Dmitri_Grigorjewitsch_Pawlow

Interessant in diesem Zusammenhang, was wiki schreibt:

Am 31. Juli 1957 hat das militärische Kollegium des höchsten Gerichtes der Sowjetunion Dmitri Grigorjewitsch Pawlow voll rehabilitiert. Am 25. November 1965 wurden ihm der Titel Held der Sowjetunion und andere Auszeichnungen zurückgegeben. Jedoch erst in der Gorbatschow-Ära wurde erklärt, dass Pawlow nicht der Hauptschuldige an der Niederlage gewesen sei und die ihm gegebenen Befehle von niemandem hätten erfüllt werden können.

Also auch hier irgendwo Destalinisierung auf halbem Wege.
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Beitrag von Exmitglied-1 Fr Feb 06, 2015 9:12 am

Der XX. Parteitag der KPdSU, wo die Geheimrede Chruschtschows gehalten wurde, fand im Februar 1956 statt. Und es war eine echte Geheimrede, wurde sie doch in einer geschlossenen Sitzung verlesen.
Selbst Delegierte befreundeter kommunistischer Parteien durften der Sitzung nicht beiwohnen. Den SED Delegierten wurde nachts in ihrem Hotelzimmer der Text dieser Rede vorgelesen.
Die Geheimrede war mit dem Siegel "nicht für die Presse" versehen.
Im März 1956 dann wurde der Text der Rede - bereits mit kleinen Korrekturen versehen - an die jeweiligen Parteiorganisationen der SU verschickt um sie den Mitgliedern bekannt zu geben, weiterhin unter dem Ausschluss der Presse.
Die erste Veröffentlichung durch die Presse in der SU erfolgte dann erst im März 1989 (!) in der "Iswestija ZK KPSS", also erst zu Gorbatschows Zeiten.

Liest man diese Rede, so ist man ob der vielen detailreichen Darstellungen der Verletzung von Humanität und Demokratie des Sowjetsystems, wie sie sich unter Stalin abgespielt haben, erschüttert. Sicher, hier und da habe ich den Eindruck, Chruschtschow will eigene Misserfolge an der Front des Großen Vaterländischen Krieges Stalins umstrittener Verteidigungsstrategie anlasten.

Selbst der Parteiführung unter Chruschtschow war diese Darstellung der Vielfalt und Brutalität der Stalinschen Verbrechen zu viel und zu ausführlich, um sie öffentlich als Fehler zuzugeben. Deshalb "Geheimrede".

Aber der Westen hatte Wind bekommen und ließ die Gerüchteküche brodeln.

Das veranlasste das ZK der KPdSU am 30.Juni - also vier Monate nach Chruschtschows Rede - einen "Beschluss des ZK der KPdSU über die Überwindung des Personenkultes und seine Folgen" nun an die Öffentlichkeit zu geben. Dieser Beschluss enthielt aber keine detaillierten Negativbeispiele mehr, sondern war im gewohnten Parteikauderwelsch, wie man es von kommunistischen Parteierklärungen kennt, verfasst.

In der ehemaligen DDR gelangte die Geheimrede Chruschtschows nie an die Öffentlichkeit. Gewiss wurden einige Straßen und Plätze umbenannt, sogar eine Stadt und Walter Ulbricht, der starke Mann der DDR brach genervt ein Interview eines amerikanischen Fernsehjournalisten ab, der gezielt nach der Entstalinisierung in der DDR fragte. Ulbricht hatte begriffen, dass Stalin out war, nicht aber der Personenkult. Es gab weiterhin Walter Ulbricht Huldigungen, die Leunawerke "Walter Ulbricht" oder in Berlin ein Walter-Ulbricht-Stadion. Ja selbst eine Briefmarke mit seinem Konterfei gab es zu kaufen.  jocolor  
Darüber skandierte der Witz: " Vorn gestempelt und hinten angespuckt!"  king

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Beitrag von Wallenstein Fr Feb 06, 2015 12:56 pm

Chruschtschow wollte mit seiner Geheimrede die Herrschaft der Bürokratie rationalisieren und deshalb richtete er sie nur an einen kleinen, auserwählten Kreis. Seine Botschaft lautete: Stalin war schlecht, die Partei und das System sind hingegen ohne Makel.

Seit den großen Säuberungen herrschte eine Situation, in der auch die privilegiertesten Inhaber von Partei und Staat einschließlich der Mitglieder des Politbüros nicht sicher waren, ob sie nicht  schon am nächsten Tag aufgrund irgendeiner Laune des unfehlbaren Führers verhaftet und hingerichtet wurden. Der Terror wütete oft völlig irrational und alle Parteimitglieder hatten sich in rechtlose Sklaven verwandelt, die täglich um ihr Leben fürchten mussten. Chruschtschow wollte den irrationalen Massenterror durch rationalen, selektiven Terror ersetzen. In Zukunft sollte jeder wissen, wie man sich verhalten muss, um sich vor dem Gefängnis und Arbeitslager zu  schützen. Das war ein großer Fortschritt im Gegensatz zu früher, als es überhaupt keine entsprechenden Regeln gab. Damit sollte die Herrschaft des Parteiapparates rationaler und stabiler werden.

Chruschtschow kritisiert Stalin auch vor allem nur deshalb, weil sich dessen Terror gegen die eigenen Genossen richtete. Der Terror gegen „Konterrevolutionäre“, Kulaken und bürgerliche Kräfte, wird von ihm nicht weiter erwähnt oder diskutiert. Diese Art von Terror wurde ja nicht nur von Stalin, sondern von der gesamten Partei einschließlich Chruschtschow selbst unterstützt und mitgetragen. Deshalb ist dagegen wohl seiner Meinung nach  nichts einzuwenden gewesen.

Chruschtschow wollte weder eine Demokratisierung oder gar eine Revolution, das System der Herrschaft der Nomenklatura sollte in Zukunft besser funktionieren.

Wieso der stalinistische Terror überhaupt 25 Jahre lang möglich war, wird nicht hinterfragt. Chruschtschow erklärt dies vor allem mit dem schlechten Charakter von Stalin. Solche Art von Geschichtserklärung, historische Prozesse aus der Psyche einer einzelnen Person zu erklären, wurde von den Sowjetmarxisten immer als idealistisch und subjektivistisch verurteilt. Chruschtschow macht aber genau das. Eine tiefere Analyse hätte das gesamte System der Nomenklatura hinterfragen müssen. Dazu war er nicht bereit.

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Beitrag von Marek1964 Fr Feb 06, 2015 10:56 pm

Danke für die wie immer kompetente Antwort.

Die Frage, warum konnte der stalinistische Terror 25 Jahre wüten ist mir einen eigenen Thread wert - ich habe mich immer vor allem eines gefragt: Warum wurde er nicht umgebracht? Auf Hitler wurden 42 Attentatsversuche getätigt - auf Stalin?

Der link folgt sogleich.

Ansonsten als Antwort auf meine Frage - Chruschtschow wollte also das Volk davor verschonen, Stalin als Verbrecher darzustellen, weil das vielleicht einen Schock für dieses bedeutet hätte. Er wollte aber diesen sinnlosen Terror abstellen und musste also seine Führungsstruktur einweisen in die neue Politik. Ist das so richtig zusammengefasst?

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Beitrag von Wallenstein Sa Feb 07, 2015 12:31 pm

Marek1964 schrieb:Danke für die wie immer kompetente Antwort.



Ansonsten als Antwort auf meine Frage - Chruschtschow wollte also das Volk davor verschonen, Stalin als Verbrecher darzustellen, weil das vielleicht einen Schock für dieses bedeutet hätte. Er wollte aber diesen sinnlosen Terror abstellen und musste also seine Führungsstruktur einweisen in die neue Politik. Ist das so richtig zusammengefasst?

Ja, so sehe ich das auch. Es war nur schwierig, Stalin zu verurteilen, aber gleichzeitig zu behaupten, die Partei sei trotzdem vollkommen. Deshalb hat man sukzessive seinen Namen aus Geschichtsbüchern entfernt und Fotos retuschiert, ihn also langsam in der Versenkung verschwinden lassen. In der Öffentlichkeit wollte man ihn nicht bloßstellen. Erst Ende der achtziger Jahre kam es zu einer erneuten Stalin-Diskussion.

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Beitrag von Admin Di Feb 17, 2015 8:40 pm

Orianne » Nikita Chruschtschow war ein bauernschlauer und gleichzeitig intelligenter Mann, der unter Stalin diente, ihn aber nach dem Tod aus dem Gedächtnis der Russen streichen wollte. Sein Versagen in der Landwirtschaft sowie seine "kleine" Annäherung an die BRD nach der Kuba Krise kosteten ihn u.A. Amt und Würde. Er wurde durch Leonid Breschnew 1964 abgesetzt und 1966 aus dem ZK verbannt, 1971 starb er als einsamer Mann. Sein Grab liegt auf dem Moskauer Nowodewitschi-Friedhof.

Durch Bücher über ihn schätze ich Chruschtschow als einen Mann ein, der die SU wirklich verändern wollte, aber es nicht schaffte, weil er vielen Parteigenossen zu umtriebig war, er wollte die USA wirtschaftlich überholen, was ihm nicht gelang.

Im Weltall reüssierte er durch den ersten Satelliten der in die Erdumlaufbahn geschossen wurde (Sputnik 1957).

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Beitrag von Marek1964 Di Feb 17, 2015 8:43 pm

Tja, für mich ist das schwierig Chruschtschow angemessen einzuordnen. Sicher war er verglichen mit Stalin sowas wie ein aufgeklärter Diktator. Er liess auch viele Gulag Häftlinge frei, das war sicher auch positiv, obwohl ihm das die Kritik in der Partei eintrug. Die Entstalinisierung war auch ein guter Schritt, leider nicht konsequent zu Ende gebracht.

Die Landwirtschaft - ja, das war wohl irgendwie im Geiste des "Wir befehlen dem Wind Regen*", dem Glauben, der Marxismus könne auch die Natur besiegen. Andererseits war er lernfähig, hatte er auch praktische Ausbildungsmethoden aus den USA übernommen.

Die Aussnpolitik - auch hier widersprüchlich, die blutige Intervention in Ungarn darf nicht verschwiegen werden. Auch dass es fast zum Atomkrieg gekommen wäre. Aber eben nur fast. Hier siegte bei ihm dann im Endeffekt die Vernunft. Einen grossen Krieg löste ein Hitler aus, nicht aber Stalin oder Mao oder eben Chruschtschow.

Ob er über seinen gescheiterten Ziele gestolpert ist - da wären vorher Stalin und Lenin ja auch gestolpert. Es war eher einfach ein interner Machtkampf. Weil er nicht so skrupellos war wie Stalin. Sonst hätte er ja alle potentiellen Gegner vorher ausgeschaltet.

Interessant, ich glaube, dass Nina Chruschtschowowa die einziege Frau eines Sowjetführers vor Raissa Gorbatschowowa war, die man in der Öffentlichkeit sah. Die charmanten Bilder zwischen Jackie Kennedy und Nikita Chruschtschow einerseits und Nina Chruschtschowowa und JFK sind legendär und der von Orianne richtig erwähnte Jovialitat geschuldet.

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Beitrag von Exmitglied-1 Mi Feb 18, 2015 8:30 am

Bezeichnend ist, dass Chruschtschow aus dem Zentralkomitee der KPdSU ausgeschlossen und nicht (!) an der Kremlmauer beigesetzt wurde. Das besagt schon viel.

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Beitrag von karstde Mo Jul 27, 2015 4:10 pm

Meine Kenntnisse sind zu gering um hier wertvolles Beizutragen. Hatte zur DDR-Zeit einen guten Helfer für meine Diplomarbeit. Er war der Stalinexperte der Uni Leipzig (damals Karl-Marx-Universität). Er erzählte mir nur, das er das Zittern und Bluthochdruck bekam als er in Moskau Originale von Stalin in der Hand hielt.

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Beitrag von Rübezahl Mo Jul 27, 2015 5:10 pm

Zittern und Bluthochdruck sind auch von Personen bekannt, die mit Hitler, Mussolini oder mit gewissen Päpsten bzw. deren Reliquien in Berührung kamen. Offensichtlich verursachen Diktatoren gleich welcher ideologischen Ausrichtung die  nämlichen Symptome.

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Beitrag von karstde Mo Jul 27, 2015 5:14 pm

Ich ginge von einen Wissenschaftler aus und nicht von Meier oder Schulze. Kann sein das ich diesbezüglich nicht richtig rübergebracht habe.

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