Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
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Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Es gibt die Meinung, die Feldzüge ins rechtsrheinische Germanien in augusteischer und tiberischer Zeit hätten lediglich Expeditionscharakter gehabt und vornehmlich der Sicherung Galliens gegolten.
Die Mehrzahl der Althistoriker und Archäologen geht allerdings davon aus, dass Augustus das Reichsgebiet bis zur Elbe ausdehnen wollte. Das entspricht nicht nur den Aussagen in den "Res gestea divi Augusti" und anderer historiographischer Quellen, sondern auch den archäologischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte im heutigen Niedersachsen, Hessen und Thüringen.
Nun stellt sich vielfach die Frage, welchen Gewinn sich die Römer von diesem "trostlosen Land aus Wäldern und Sümpfen" versprachen.
Waren es Bernstein, Felle, Frauenhaar oder die Bleivorkommen ?
Sicher von allem etwas. Auch könnte eine Verkürzung der Grenzlinie nach Osten an der Elbe strategisch günstiger gewesen sein.
Was die Römer aber am meisten begehrten waren drei andere Aspekte: Menschen, Holz und Ackerland.
1.) Durch die Eroberung des neuen Gebietes hätte Rom eine große Zahl an neuen Arbeitskräften hinzugewonnen. Nicht nur Sklaven, sondern auch Krieger, die als Bundesgenossen die Legionen unterstützen sollten. Die besondere Kampfkraft der Germanen war den Römern seit langem bekannt und man hätte dieses Potenzial gerne in das eigene Heer eingegliedert.
2.) Germanien bestand um Christi Geburt zu einem großen Teil aus dichtem Wald. Holz war in jener Zeit ein begehrter Rohstoff, sozusagen das Erdöl der Antike. Nicht nur als Brennstoff wurden große Mengen an Holz benötigt, sondern auch als Bauholz für neue Städte und Militärlager und natürlich zum Schiffbau.
3.) Durch die Rodung der Wälder wären große Flächen an Ackerland gewonnen worden. Den Römern wird nicht entgangen sein, dass Germanien ein sehr wasserreiches Land war und der Boden in großen Teilen sehr fruchtbar. Getreide war die bevorzugte Verpflegung der Legionen. Zudem hätte man das neu gewonnene Ackerland als Pension an Veteranen verteilen können.
Das rechtsrheinische Germanien bot den Römern also durchaus attraktive Ziele. Allerdings waren die Einwohner, also die Germanen, auf einer derart niedrigen kulturellen Entwicklungsstufe, dass nach der Eroberung durch Drusus bzw. Tiberius eine gewaltige Pionierarbeit auf die Legionäre wartete.
Wege mussten angelegt, Brücken gebaut, Militärlager errichtet, Städte und Märkte gegründet, eine Geldwirtschaft etabliert und ein Rechtssystem geschaffen werden.
Diese Pionier-und Verwaltungsangelegenheiten waren die Aufgaben, die Varus ab 6 n.Chr. zu erfüllen hatte.
Die Mehrzahl der Althistoriker und Archäologen geht allerdings davon aus, dass Augustus das Reichsgebiet bis zur Elbe ausdehnen wollte. Das entspricht nicht nur den Aussagen in den "Res gestea divi Augusti" und anderer historiographischer Quellen, sondern auch den archäologischen Entdeckungen der letzten Jahrzehnte im heutigen Niedersachsen, Hessen und Thüringen.
Nun stellt sich vielfach die Frage, welchen Gewinn sich die Römer von diesem "trostlosen Land aus Wäldern und Sümpfen" versprachen.
Waren es Bernstein, Felle, Frauenhaar oder die Bleivorkommen ?
Sicher von allem etwas. Auch könnte eine Verkürzung der Grenzlinie nach Osten an der Elbe strategisch günstiger gewesen sein.
Was die Römer aber am meisten begehrten waren drei andere Aspekte: Menschen, Holz und Ackerland.
1.) Durch die Eroberung des neuen Gebietes hätte Rom eine große Zahl an neuen Arbeitskräften hinzugewonnen. Nicht nur Sklaven, sondern auch Krieger, die als Bundesgenossen die Legionen unterstützen sollten. Die besondere Kampfkraft der Germanen war den Römern seit langem bekannt und man hätte dieses Potenzial gerne in das eigene Heer eingegliedert.
2.) Germanien bestand um Christi Geburt zu einem großen Teil aus dichtem Wald. Holz war in jener Zeit ein begehrter Rohstoff, sozusagen das Erdöl der Antike. Nicht nur als Brennstoff wurden große Mengen an Holz benötigt, sondern auch als Bauholz für neue Städte und Militärlager und natürlich zum Schiffbau.
3.) Durch die Rodung der Wälder wären große Flächen an Ackerland gewonnen worden. Den Römern wird nicht entgangen sein, dass Germanien ein sehr wasserreiches Land war und der Boden in großen Teilen sehr fruchtbar. Getreide war die bevorzugte Verpflegung der Legionen. Zudem hätte man das neu gewonnene Ackerland als Pension an Veteranen verteilen können.
Das rechtsrheinische Germanien bot den Römern also durchaus attraktive Ziele. Allerdings waren die Einwohner, also die Germanen, auf einer derart niedrigen kulturellen Entwicklungsstufe, dass nach der Eroberung durch Drusus bzw. Tiberius eine gewaltige Pionierarbeit auf die Legionäre wartete.
Wege mussten angelegt, Brücken gebaut, Militärlager errichtet, Städte und Märkte gegründet, eine Geldwirtschaft etabliert und ein Rechtssystem geschaffen werden.
Diese Pionier-und Verwaltungsangelegenheiten waren die Aufgaben, die Varus ab 6 n.Chr. zu erfüllen hatte.
Agrippa- Gründungsmitglied
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Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Hochinteressanter Artikel Agrippa.
Ja, ich denke auch, was konnten Römer von einen rückständigen Land erwarten? Dass sie also erstmal kultivieren mussten, bevor sie es "ausbeuten" konnten.
Sicher Sklaven waren sicher ein lukratives Geschäft, aber sonst?
Meinem Eindruck nach wollte man einfach expandieren. Aber ich stelle mir die Frage, ob wirklich Germanien ein sinnvolles Ziel war. Vielleicht werteten das als nicht so interessant. Aber da spekuliee ich.
Ja, ich denke auch, was konnten Römer von einen rückständigen Land erwarten? Dass sie also erstmal kultivieren mussten, bevor sie es "ausbeuten" konnten.
Sicher Sklaven waren sicher ein lukratives Geschäft, aber sonst?
Meinem Eindruck nach wollte man einfach expandieren. Aber ich stelle mir die Frage, ob wirklich Germanien ein sinnvolles Ziel war. Vielleicht werteten das als nicht so interessant. Aber da spekuliee ich.
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Marek1964- Admin
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Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Ich meine, die Römer betrachteten das klimatisch ungastliche Land als Schatzkammer, als "Sibirien" Roms. Es gab neben Holz auch Bodenschätze, welche zur Waffenherstellung unentbehrlich waren.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
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Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Das Land war nicht das Problem. Es hatte einiges zu bieten. Holz in großen Mengen und wasserreiche, fruchtbare Böden.
Das Problem waren die dort lebenden Menschen, also die Germanen.
Sie mussten erst lernen, dass man auch durch Handel Gewinn erreichen kann und nicht nur durch Raub und Krieg. Sie hätten erst die Vorzüge einer Geldwirtschaft lernen müssen. Sie hätten auch verstehen müssen, dass ständige Raubzüge den Handel und damit den Wohlstand des Landes stören.
Die Römer werden auch erkannt haben, dass das Land ein großes landwirtschaftliches Potenzial in sich birgt, die Germanen dieses jedoch nicht nutzen oder nicht nutzen wollen. Die Germanen zeigten nicht das geringste Interesse daran, dieses Land in irgendeiner Art und Weise zu entwickeln. Stattdessen fanden sie Gefallen daran, sich gegenseitig in Fehden zu bekriegen.
Das muss einen römischen Statthalter zur Verzweiflung gebracht haben.
Das Problem waren die dort lebenden Menschen, also die Germanen.
Sie mussten erst lernen, dass man auch durch Handel Gewinn erreichen kann und nicht nur durch Raub und Krieg. Sie hätten erst die Vorzüge einer Geldwirtschaft lernen müssen. Sie hätten auch verstehen müssen, dass ständige Raubzüge den Handel und damit den Wohlstand des Landes stören.
Die Römer werden auch erkannt haben, dass das Land ein großes landwirtschaftliches Potenzial in sich birgt, die Germanen dieses jedoch nicht nutzen oder nicht nutzen wollen. Die Germanen zeigten nicht das geringste Interesse daran, dieses Land in irgendeiner Art und Weise zu entwickeln. Stattdessen fanden sie Gefallen daran, sich gegenseitig in Fehden zu bekriegen.
Das muss einen römischen Statthalter zur Verzweiflung gebracht haben.
Agrippa- Gründungsmitglied
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Anmeldedatum : 27.01.15
Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Hinsichtlich des Entwicklungsrückstandes der Germanen in der Antike
drängen sich Parallelen zur heutigen Zeit auf ....
"Wir sind Rom" würde ich da sagen, inspiriert von "Je suis Charlie".
drängen sich Parallelen zur heutigen Zeit auf ....
"Wir sind Rom" würde ich da sagen, inspiriert von "Je suis Charlie".
Gontscharow- Gründungsmitglied
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Anmeldedatum : 18.01.15
Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Da es unter den Germanenstämmen bereits Schmiede gab, ist anzunehmen, dass es auch Bodenschätze gab, denn die Eisenzeit bestand ja schon 700 Jahre. Die Gewinnung von Eisenerz war vielleicht etwas anders.
Die Zeit des germanischen Schmiedes in dieser Zeit ist schwer zu werten. Seine Technologie war sicher geringer entwickelt und große Werkstätten wird es auch nicht gegeben haben. Aber seine Werkzeuge haben gereicht, von der Goldfibel bis zum Erntegerät und letztlich zu Jagd- und Kampfwaffen alles herzustellen.
Auch fand der Rennofen bald Einzug bei den Germanen, mit dem schmiedbares Eisen gewonnen werden konnte.
Die Zeit des germanischen Schmiedes in dieser Zeit ist schwer zu werten. Seine Technologie war sicher geringer entwickelt und große Werkstätten wird es auch nicht gegeben haben. Aber seine Werkzeuge haben gereicht, von der Goldfibel bis zum Erntegerät und letztlich zu Jagd- und Kampfwaffen alles herzustellen.
Auch fand der Rennofen bald Einzug bei den Germanen, mit dem schmiedbares Eisen gewonnen werden konnte.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
Anmeldedatum : 29.01.15
Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
segula schrieb:Da es unter den Germanenstämmen bereits Schmiede gab, ist anzunehmen, dass es auch Bodenschätze gab, denn die Eisenzeit bestand ja schon 700 Jahre. Die Gewinnung von Eisenerz war vielleicht etwas anders.
Die Zeit des germanischen Schmiedes in dieser Zeit ist schwer zu werten. Seine Technologie war sicher geringer entwickelt und große Werkstätten wird es auch nicht gegeben haben. Aber seine Werkzeuge haben gereicht, von der Goldfibel bis zum Erntegerät und letztlich zu Jagd- und Kampfwaffen alles herzustellen.
Auch fand der Rennofen bald Einzug bei den Germanen, mit dem schmiedbares Eisen gewonnen werden konnte.
Der germanische Schmied war genau genommen der einzige, der nach heutigen Verständnis einen Beruf ausübte. Er verfügte über spezielle Fähigkeiten, die nicht jeder beherrschte. Eine germanische Schmiedewerkstatt ist aus Warburg-Desenberg bekannt.
Allerdings herrschte bei den Germanen allgemeine Metallarmut. Römische Händler brachten Gebrauchsgegenstände aus Metall, wie Eimer und Schüsseln ins Land, die bei den Germanen sehr begehrt waren. Was sie dagegen im Tausch erhielten, ist ungewiss, wahrscheinlich germanische Stoffe. Einzig das germanische Blei (Plumbum Germanicum), hier aus dem Raum Soest, war ein Metall, das die Römer aus Germanien importierten.
Die Ausrüstung der germanischen Krieger war dementsprechend metallarm. Schwerter oder schwere Lanzen konnten sich nur wenige Germanen leisten, bevorzugt war ein kurzer Wurf-und Nahkampfspieß, die Frame.
Nach Tacitus war der Metallmangel bei den Germanen so groß, dass auch Framen ohne Metallspitze, also lediglich aus gehärtetem Holz, Verwendung fanden (Tac. Ann. II, 14).
Der Sieg über Varus und sein Heer stellte für die Germanen nicht nur einen ideellen Erfolg dar, sondern auch einen enormen materiellen Gewinn. Die Sieger konnten sich mit römischen Offensiv-und Defensivwaffen in sehr großem Umfang eindecken, ganz abgesehen von den zahlreichen metallenen Gebrauchsgegenständen, die erbeutet wurden.
Zuletzt von Agrippa am Fr März 06, 2015 1:44 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Agrippa- Gründungsmitglied
- Anzahl der Beiträge : 70
Anmeldedatum : 27.01.15
Re: Weshalb wollten die Römer Germanien erobern?
Oben genannte Textpassage (Tacitus Annalen, Buch II, 14) ist es wert, genauer betrachtet zu werden.
Vor der Schlacht von Idistaviso 16 n.Chr. lässt Tacitus den Germanicus eine Rede an seine Legionäre halten, in der er sagt:
"Die Germanen haben keine Panzer, keine Helme, auch ihre Schilde seien nicht mit Eisen oder Leder verstärkt, sondern nur ein Weidengeflecht oder ein dünnes, mit Farbe bestrichenes Brett. Die erste Reihe sei einigermaßen mit Lanzen ausgerüstet, aber alle übrigen hätten nur vorn im Feuer gehärtete kurze Lanzen."
Die Germanen hatten natürlich Kettenhemden, Helme und Schilde aus den Schlachten gegen Varus und Caecina erbeutet. Allerdings reichten die verfügbaren Metallwaffen offensichtlich nicht aus, um das Massenheer, das Arminius bei Idistaviso aufbot, ausreichend auszurüsten.
Vor der Schlacht von Idistaviso 16 n.Chr. lässt Tacitus den Germanicus eine Rede an seine Legionäre halten, in der er sagt:
"Die Germanen haben keine Panzer, keine Helme, auch ihre Schilde seien nicht mit Eisen oder Leder verstärkt, sondern nur ein Weidengeflecht oder ein dünnes, mit Farbe bestrichenes Brett. Die erste Reihe sei einigermaßen mit Lanzen ausgerüstet, aber alle übrigen hätten nur vorn im Feuer gehärtete kurze Lanzen."
Die Germanen hatten natürlich Kettenhemden, Helme und Schilde aus den Schlachten gegen Varus und Caecina erbeutet. Allerdings reichten die verfügbaren Metallwaffen offensichtlich nicht aus, um das Massenheer, das Arminius bei Idistaviso aufbot, ausreichend auszurüsten.
Agrippa- Gründungsmitglied
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