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Hätte die Sowjetunion ohne die Unterstützung der Amerikaner und Briten (lend and lease) den Ansturm der Wehrmacht überstanden?

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Beitrag von Atzec Do Jun 25, 2015 10:16 am

Das sehe ich wie marek und mit uns gemeinsam die sowjetische Führung. Die hat ja bekanntlich alles unternommen, um sich zeit zu verschaffen gegenüber einem Überfall Nazideutschlands, von dem sie seit Hitlers Machtusurpation immer ausging. Zeit, Zeit, Zeit um sich selber aufzurüsten und sich in eine widerstandsfähige Position u bringen. Das war eigentlich das beherrschende strategische Credo der Sowjets und der - für mich trotzdem fragwürdige - Grund für das Hitler-Stalin-Abkommen. An dem wiederum sind natürlich auch die späteren Westalliierten nicht ganz schuldlos, weil sie sich geziert haben, ihrerseits frühzeitig in einem Anti-HitlerBündnis mit Stalin zu kumpeln...
Ohne Bindung von Truppen in Nordafrika, am Atlantikwall und gegen die alliierte Invasion Italiens und ohne alliierte Hilfslieferungen wre es für die Rote Armee sehr, sehr eng geworden... Dafür muss man eigentlich nur 1 und 1 zusammenzählen können.

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Beitrag von Marek1964 Fr Jun 26, 2015 10:45 pm

Atzec schrieb:Das sehe ich wie marek und mit uns gemeinsam die sowjetische Führung. Die hat ja bekanntlich alles unternommen, um sich zeit zu verschaffen gegenüber einem Überfall Nazideutschlands, von dem sie seit Hitlers Machtusurpation immer ausging. Zeit, Zeit, Zeit um sich selber aufzurüsten und sich in eine widerstandsfähige Position u bringen. Das war eigentlich das beherrschende strategische Credo der Sowjets und der - für mich trotzdem fragwürdige - Grund für das Hitler-Stalin-Abkommen. An dem wiederum sind natürlich auch die späteren Westalliierten nicht ganz schuldlos, weil sie sich geziert haben, ihrerseits frühzeitig in einem Anti-HitlerBündnis mit Stalin zu kumpeln...
Ohne Bindung von Truppen in Nordafrika, am Atlantikwall und gegen die alliierte Invasion Italiens und ohne alliierte Hilfslieferungen wre es für die Rote Armee sehr, sehr eng geworden... Dafür muss man eigentlich nur 1 und 1 zusammenzählen können.

Das ist eine der beliebten Erklärungen und Entschuldigungen für den Pakt mit Hitler seitens Stalin, aber das greift zu kurz. Hautmotivation für Stalin mit Hitler einzugehen, war, dass Hitler ihm Finnland, das Baltikum, Ostpolen und Bessarabien überliess. Sowas hätten die Westmächte Stalin nie gegeben.
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Beitrag von Atzec So Jun 28, 2015 10:15 am

Warum wurden dann zuvor so intensive verhandlungsgespräche über die Schaffung einer Dreier-Allianz mit GB und Frankreich geführt...? Und diese Dreierallianz hätte auch Bestandsverpflichtungen gegenüber jenen Staaten eingehen sollen, deren Einverleibung du als Hauptmotivation für den Hitler-Stalin-Pakt ansiehst. Das beißt sich also extrem mit dem ereignisgeschichtlichen Ablauf... :-)

Jedem, der unfallfrei bis drei zählen konnte, war klar, dass Hitler früher oder später die Sowjetunion, die "Bruttstätte des Bolschewismus" mitsamt seiner slawischen "Untermenschen" angreifen würde, um neuen "Lebensraum" für die "arische Herrenrasse zu generieren.
Demgegenüber suchte die Sowjetunion Zeit und Bündnispartner zu gewinnen, stieß aber bei den Briten auf sehr wenig "Gegenliebe" und Interesse.
Insofern erklärt sch der Pakt durchaus über den Aspekt des zeitgewinns und der Schaffung einer zusätzlichen Pufferzone. Das rechtfertigt oder entschuldigt ihn aber nicht - schon gar nichtsolche Nebenaspekte wie die Auslieferung exilierter deutscher Kommunisten an die SS...
Bezogen auf das Threadthema macht der Pakt aber eben auch deutlich, dass die Lagebeurteilung der sowjetischen Führung selber davon ausging, einen Krieg gegen Hitlerdeutschland auf sich alleine gestellt kaum erfolgreich gestalten zu können und man sich Zeit organisieren musste, um sich militärisch konkurrenzfähig zu machen. Darauf ist auch das sowjetische Aufrüstungsprogramm ausgelegt...

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Beitrag von Atzec So Jun 28, 2015 10:20 am

Kleines Beispiel:
Die sowjetische Panzerwaffe war der deutschen zu Begnn des Barbarossa-Feldzugs deutlich überlegen - existierte aber nur in Gestalt von ein paar hundert Panzern des Typs T 34. Ein Jahr später hatte man von dem Typen schon über 10.000 zur Verfügung.

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Beitrag von Marek1964 So Jun 28, 2015 10:47 am

Die Britischen Appeaser hielten wohl tatsächlich Hitler als das kleinere Übel als Stalin aber im März 1939, mit dem eklatanten Wortbuch Hitlers, mit der Besetzung Böhmen und Mährens änderte sich dies.

Stalin und Molotov hielten sich für besonders clever, als sie sich mit Hitler Polen aufteilten und sich auf die Aufteilung der Interessenssphären einigten. Aber der Schuss ging hintenhinaus, und ja, ich glaube weiterhin, dass das Zückerchen, dass Hitler anbot, Finnland, das Baltikum, Ostpolen und Bessarabien eben mehr wog als Sicherheitsbedenken.

Die Sowjets konnten sehr wohl davon ausgehen, dass Briten und Franzosen gegen Hitler den Krieg zu führen bereit gewesen wären, sie waren aber ähnlich wie Stalin nicht dazu bereit - oder fühlten sich zumindest nicht.

Hätte sich Stalin auf die Seite von England, Frankreich und Polen gestellt, hätte Hitler den Angriff nicht gewagt.

Der T 34 war zwar zu seinem Zeitpunkt state of the art und für die Deutschen eine unangenehme Überraschung. Er hatte aber ein entscheidenes Minus: Bis auf die Kommandantenpanzer war er ohne Funkgerät, wie alle anderen Panzer. Durchaus vergleichbar mit einem Superboxer, der blind ist.

Die Alliierten lieferten den Sowjets im Rahmen von Lend and Lease 38 000 Funkgeräte.

Den Hitler Stalin Pakt wollen wir in einem separaten Pakt diskutieren, link https://geschichte-forum.forumieren.de/t497-der-hitler-stalin-pakt-und-sein-vorspiel-welche-motive-hatte-stalin-begingen-die-westalliierten-fehler#4436


Zuletzt von Marek1964 am So Jun 28, 2015 11:12 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
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Beitrag von Atzec So Jun 28, 2015 10:58 am

Auch das Funkgerätebeispiel verdeutlicht nur, dass die Sowjets mehr zeit brauchten... :-)
Ansonsten wollten sie sich ja an die Seite von Frankreich, GB und Polen stellen. Sogar an die Seite der baltischen republiken... :-) Aber in Polen und GB zierte man sich. Folglich suchte man nach einer anderen Möglichkeit.

Und warum taten sie das?

Weil,hier nun wieder der Bogen zum Thema, sie selber sich icht fit fühlten, es alleine mit Nazideutschland militärisch aufzunehmen. DAs wiederum untermauert noch einmal deutlich die Notwendigkeit westalliierter Hilfslieferungen aber auch zusätzlicher Kriegsschauplätze (Nordafrika, Italien, Atlantikwall, Luftkrieg).

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Beitrag von Marek1964 So Jun 28, 2015 11:13 am


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Beitrag von Marek1964 So Sep 03, 2023 7:50 pm

Ein interessanter Aspekt ist, wie sich die Rezeption in der Sowjetunion und später in Russland gewandelt hat, ein Hin und Her zwischen verzweifelten Bitten, Anerkennung, Mutmachen der eigenen Bevölkerung nach den ersten fürchterlichen Niederlagen im Sommer und Herbst 1941, über das schon sehr viel gelassenere Statement von Stalin gegenüber Eisenhower anlässlich der Siegesparade vom 24. Juni 1945, dass der Krieg einfach länger gedauert hätte.

Heute bin ich auf diese https://www.armyweb.cz/clanek/vyznam-dodavek-lend-lease-do-sovetskeho-svazu tschechische Webseite gestossen, und dort wird etwas gesagt, was ich schon in der sonst guten Russia Today Doku, die irgendwann vor 2011 gedreht worden ist - der Anteil der alliierten Hilfen am BSP der Sowjetunion hätte 4% betragen - geäussert von einer Historikerin aus dem Sozniki (Verbündete) Museum in Moskau:

Einer der beständigsten und bekanntesten Mythen über Lend-Lease (materielle Hilfe der Alliierten an die Sowjetunion) entstand gleich zu Beginn des Kalten Krieges. Sein Urheber ist der damalige Vorsitzende des Staatlichen Planungskomitees der UdSSR Nikolai Alexejewitsch Voznjesenskij, der in seinem Buch "Die Militärwirtschaft der UdSSR während des Vaterländischen Krieges" (das Buch wurde 1948 veröffentlicht) schrieb: "Vergleicht man den Umfang der alliierten Lieferungen von Industriegütern an die UdSSR mit dem Umfang der Industrieproduktion in den sozialistischen Betrieben der UdSSR während desselben Zeitraums, so stellt sich heraus, dass der Anteil dieser Lieferungen im Verhältnis zur Inlandsproduktion in der Kriegswirtschaft nur etwa 4 % beträgt."

Voznesensky gibt jedoch im Verlauf seiner Argumentation nicht an, mit welcher Berechnungsmethode er zu diesem Ergebnis gekommen ist. Der Anteil der Lieferungen von so unterschiedlichen Produkten wie Kleidung, Lebensmitteln, Rohstoffen, Fahrzeugen und Waffen kann nur in Geldwerten geschätzt werden, aber angesichts der Unmöglichkeit, den damaligen sowjetischen Rubel in den Dollar umzurechnen, scheint diese Aufgabe unlösbar.
Wir sind nur in der Lage, die Angebotszahlen mit der sowjetischen Produktion zu vergleichen, und das auch nur für einige Rohstoffe. Bei einigen Gütern ist die Qualität des Produkts von großer Bedeutung; so war z.B. die Oktanzahl des im Westen hergestellten Automobilbenzins höher als die des sowjetischen Kraftstoffs, und auch die von den Vereinigten Staaten gelieferten Lastwagen waren von wesentlich besserer Qualität als die sowjetischen Lastwagen. Die sprichwörtlichen 4 % waren also höchstwahrscheinlich eine Erfindung, geschuldet der damaligen Zeit.

Übersetzt mit http://www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version), übrigens schon beeindruckend, wie genau diese Übersetzung heute ist: nur drei kleine Korrekturen brachte ich an, zwei die ohnehin diskutable russische Transliteration, die im tschechischen anders ist als im Deutschen.

Die 4% sind jedenfalls schon ohne grosse ökonometrische Kenntnisse als Unfug erkennbar, wenn man nur die Anteile der alliierten Lieferungen an den Gesamtbeständen der Roten Armee, der sowjetischen Eisenbahnen und am Nahrungsmittelbestand der Bevölkerung ansieht. Dazu kommen viele kritischen Lieferungen wie eben Flugbenzin, Aluminium für Panzermotoren, hochproteinige Konserven mit vielen Vitaminen, Funkgeräte, Feldtelefone, Lokomotiven, Eisenbahnwaggons, LKW und Jeeps mit Allradantrieb, Schwimmwagen aber dann auch an Dingen wie Kleiderstoffen, Mantelknöpfen, Stacheldraht oder Eisenbahnschienen.

Auch zeitlich waren die Lieferungen von enormer Bedeutung, denn ohne alliierte Lieferungen wäre den Sowjets im November 1941 der Sprengstoff und im April 1942 die Panzer ausgegangen, wie ein User mal in einem Forum minutiös vorgerechnet hat.

Aber auch schon die Wehrmachtssoldaten konnten das erahnen, denn sie waren im Kampf den westlichen Materialien konfrontiert. Ein interessantes Zitat dazu im nächsten Post.

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Beitrag von Marek1964 So Sep 03, 2023 7:57 pm

Werner Brähler war als Leutnant an der Ostfront im Winter 1945 in Gefangenschaft geraten. Auf seiner Seite http://www.ausmeinerzeit.de/, die wirklich lesenswert ist, hat er im 7. Teil eine in Zusammenhang mit oben sehr interessante Passage:

Zitat:
Die Indoktrination über den Marxismus - Leninismus - Kommunismus, die durch Vorträge der ANTIFA - Leute in den Baracken erfolgte, war von der politischen Führung in Moskau eine gewollte „Umerziehungsaktion”. Dabei war eindeutig festzustellen, dass die permanenten Bemühungen der Agitatoren bei der überwiegenden Anzahl der Kriegsgefangenen überhaupt nicht aufgenommen und nicht akzeptiert wurden. Es war über die ganze Zeit der Gefangenschaft eine vergebliche Mühe, uns klarzumachen, dass das kommunistische System eine nachahmenswerte Regierungsform für uns Deutsche sei. Es wunderte mich dennoch, mit welcher Ausdauer und Geduld man uns die angeblichen Vorteile immer wieder präsentierte und diese erfolglosen Überzeugungsversuche
fortsetzte. Als ein ANTIFA - Redner bei einem dieser politischen Vorträge in unserer Baracke pathetisch fragte: „Wer hat denn den Krieg letztendlich gewonnen?”, da kam aus einer der dreistöckigen Pritschenplätze die lapidare Antwort: „Oscar Meyer, Chicago”! Zur Erklärung: Wir hatten seit etlichen Wochen in unserer Wassersuppe kleine, fingernagelgroße quadratische Stückchen Schinken, englisch: „shoped ham” bekommen, oder bekamen eine 1-pound-Dose davon, das waren 456 g, die sich dann 16 Leute teilen mussten. Das waren dann für jeden Mann 28,5 g. Diese Lieferungen stammten von einer der größten Fleischfabriken in den Vereinigten Staaten von Amerika, nämlich von Oscar Meyer in Chicago, die auch heute noch existiert.

Es wurde bei uns häufiger darüber gesprochen, was wohl geworden wäre, wenn die U.S.A. der Sowjetunion nicht mit immensen Lebensmittellieferungen, Materialien und Ausrüstungsgegenständen geholfen hätte? Überall für uns sichtbar: Amerikanische Schuhe bei der Roten Armee, LKWs der Marken „DODGE” und STUDEBAKER, und jetzt sogar bei uns „shoped ham”. Wir merkten, dass die Sowjetunion einfach nicht in der Lage war, solche Grundbedürfnisse der Menschen und der Armee in ausreichender Menge selbst zu produzieren, zu verteilen und gut zu organisieren.

Die starre Bürokratie hatte ja - wie wir mit Erstaunen feststellen mussten - nicht nur Versorgungsprobleme mit Kriegsgefangenen, sondern auch mit der eigenen Bevölkerung, ja sogar mit den Armeeangehörigen. Überall, wo wir Einblick bekamen, bestand Unterversorgung und Mangelwirtschaft in fast allen Lebensbereichen. Lediglich diejenigen Menschen, die im Räderwerk der Beschaffung und Verteilung, oder privilegierte Funktionäre, die in ähnlichen Funktionen angesiedelt waren, konnten sich ausreichend versorgen oder hatten Kompensationsmöglichkeiten.


Ein wenig zwiespältig lese ich diese Zeilen von einem Wehrmachtsoffizier der damaligen Zeit schon - denn obwohl ohne Frage das Sowjetsystem ineffizient und Russland rückständig war, darf doch nicht übersehen werden, dass durch die in weiten Gebieten der Sowjetunion angewandte Taktik der verbrannten Erde, sowohl bei der Roten Armee zu Beginn des Krieges wie dann beim Rückzug der Wehrmacht, natürlich enorme Nöte ausgelöst hat, dazu die Ausbeutung der zu versklavenden "Untermenschen", bei der gemäss Generalplan Ost der Tod von 30 Millionen billigend in Kauf zu nehmen war. Sowas mochte ein Leutnant damals nicht gewusst haben, war er doch erst ab dem Sommer 1944 an der Front. Wohl aber nach dem Krieg, als er seine Memoiren schrieb.

Klar ist auch, dass Stalin die eigene Bevölkerung egal war, als nach dem Krieg es galt, die Bevölkerung der Tschechoslowakei mit den Kommunisten gut zu stellen, lieferte die Sowjetunion reichlich Getreide trotz der viel grösseren Not zu Hause.

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