Warum sagt Max Weber, dass die Industrialisierung mit Freisetzung aus Zwängen verbunden ist ?
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Warum sagt Max Weber, dass die Industrialisierung mit Freisetzung aus Zwängen verbunden ist ?
Warum sagt Max Weber, dass mit der Industrialisierung eine Freisetzung aus traditionellen Zwängen erfolgt ?
Ist damit gemeint, dass die Menschen nicht mehr so stark abhängig waren, wie vorher. Weil sie vor der Industrialisierung ausgebeutet wurden?
Ist damit gemeint, dass die Menschen nicht mehr so stark abhängig waren, wie vorher. Weil sie vor der Industrialisierung ausgebeutet wurden?
Moschusochse- Anzahl der Beiträge : 267
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Re: Warum sagt Max Weber, dass die Industrialisierung mit Freisetzung aus Zwängen verbunden ist ?
Eine Antwort, wie ich sie mir vorstelle, könnte so aussehen:
Die Industrialisierung brachte gesellschaftliche Veränderungen mit sich, die vorher so nicht gekannt waren. Solche Veränderungen führen auch zur Aufgabe mancher Tradition und Konvention, auch zu Änderungen von Machtverhältnissen.
So sehe ich auch die Aufgabe traditioneller Zwänge, ist aber nur eine Vermutung von mir.
Stimmt Ihr dem zu, habt Ihr vielleicht Beispiele anhand derer man Max Webers Aussage nachvollziehen kann?
Die Industrialisierung brachte gesellschaftliche Veränderungen mit sich, die vorher so nicht gekannt waren. Solche Veränderungen führen auch zur Aufgabe mancher Tradition und Konvention, auch zu Änderungen von Machtverhältnissen.
So sehe ich auch die Aufgabe traditioneller Zwänge, ist aber nur eine Vermutung von mir.
Stimmt Ihr dem zu, habt Ihr vielleicht Beispiele anhand derer man Max Webers Aussage nachvollziehen kann?
Moschusochse- Anzahl der Beiträge : 267
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Re: Warum sagt Max Weber, dass die Industrialisierung mit Freisetzung aus Zwängen verbunden ist ?
So gut kenne ich Weber nicht... Vielleicht kannst du ihn da mal ausführlicher zitieren...
Ansonsten drängt sich natürlich die Analogie zum doppelt freien Lohnarbeiter bei Marx auf...
Im Prozess der Industrialisierung setzt sich auch die Idee formaler Rechtsgleichheit aller Individuen durch, die Befreiung von leibeigenschaftlichen Abhängigkeiten aber auch Bodenbesitz ganzer Heerscharen von Bauernmassen, die sich ff. ihren lebensunterhalt durch Lohnarbeit verdienen müssen...
Ansonsten drängt sich natürlich die Analogie zum doppelt freien Lohnarbeiter bei Marx auf...
Im Prozess der Industrialisierung setzt sich auch die Idee formaler Rechtsgleichheit aller Individuen durch, die Befreiung von leibeigenschaftlichen Abhängigkeiten aber auch Bodenbesitz ganzer Heerscharen von Bauernmassen, die sich ff. ihren lebensunterhalt durch Lohnarbeit verdienen müssen...
Atzec- Anzahl der Beiträge : 166
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Re: Warum sagt Max Weber, dass die Industrialisierung mit Freisetzung aus Zwängen verbunden ist ?
Max Weber unterscheidet zwischen Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung. Für unsere Zeit ist die Vergesellschaftung typisch:
Vergemeinschaftung:
„»Vergemeinschaftung« soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns – im Einzelfall oder im Durchschnitt oder im reinen Typus – auf subjektiv gefühlter ( affektueller oder traditionaler) Zusammengehörigkeit der Beteiligten beruht….
Vergemeinschaftung kann auf jeder Art von affektueller oder emotionaler oder aber traditionaler Grundlage ruhen: eine pneumatische Brüdergemeinde, eine erotische Beziehung, ein Pietätsverhältnis, eine »nationale« Gemeinschaft, eine kameradschaftlich zusammenhaltende Truppe. Den Typus gibt am bequemsten die Familiengemeinschaft ab.“
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. http://www.textlog.de/7319.html
Heute haben wir es vorwiegend mit Vergesellschaftung zu tun:
„Vergesellschaftung« soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns auf rational (wert- oder zweckrational) motiviertem Interessenausgleich oder auf ebenso motivierter Interessenverbindung beruht.“
Als Beispiele führt er an:
„Die reinsten Typen der Vergesellschaftung sind a) der streng zweckrationale, frei paktierte Tausch auf dem Markt: ein aktuelles Kompromiß entgegengesetzt, aber komplementär Interessierter; – b) der reine, frei paktierte Zweckverein, eine nach Absicht und Mitteln rein auf Verfolgung sachlicher (ökonomischer oder anderer) Interessen der Mitglieder abgestellte Vereinbarung kontinuierlichen Handelns.“
http://www.textlog.de/7319.html
Mit anderen Worten: Heute sind die Beziehungen zwischen den Menschen weitgehend versachlicht oder objektiviert. Es sind Tauschbeziehungen auf dem Markt, Arbeitsverträge und dergleichen. Laut Weber sind die Beziehungen jetzt rationalisiert, berechenbar, objektiviert. Vorher hingegen unterlagen sie subjektiver Willkür, waren daher oft unkalkulierbar. Max Weber sieht im Kapitalismus eine zunehmende Rationalisierung.
Ob er auch einen Zusammenhang mit Zwängen sieht ist mir nicht bekannt.
Vergemeinschaftung:
„»Vergemeinschaftung« soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns – im Einzelfall oder im Durchschnitt oder im reinen Typus – auf subjektiv gefühlter ( affektueller oder traditionaler) Zusammengehörigkeit der Beteiligten beruht….
Vergemeinschaftung kann auf jeder Art von affektueller oder emotionaler oder aber traditionaler Grundlage ruhen: eine pneumatische Brüdergemeinde, eine erotische Beziehung, ein Pietätsverhältnis, eine »nationale« Gemeinschaft, eine kameradschaftlich zusammenhaltende Truppe. Den Typus gibt am bequemsten die Familiengemeinschaft ab.“
Max Weber, Wirtschaft und Gesellschaft. http://www.textlog.de/7319.html
Heute haben wir es vorwiegend mit Vergesellschaftung zu tun:
„Vergesellschaftung« soll eine soziale Beziehung heißen, wenn und soweit die Einstellung des sozialen Handelns auf rational (wert- oder zweckrational) motiviertem Interessenausgleich oder auf ebenso motivierter Interessenverbindung beruht.“
Als Beispiele führt er an:
„Die reinsten Typen der Vergesellschaftung sind a) der streng zweckrationale, frei paktierte Tausch auf dem Markt: ein aktuelles Kompromiß entgegengesetzt, aber komplementär Interessierter; – b) der reine, frei paktierte Zweckverein, eine nach Absicht und Mitteln rein auf Verfolgung sachlicher (ökonomischer oder anderer) Interessen der Mitglieder abgestellte Vereinbarung kontinuierlichen Handelns.“
http://www.textlog.de/7319.html
Mit anderen Worten: Heute sind die Beziehungen zwischen den Menschen weitgehend versachlicht oder objektiviert. Es sind Tauschbeziehungen auf dem Markt, Arbeitsverträge und dergleichen. Laut Weber sind die Beziehungen jetzt rationalisiert, berechenbar, objektiviert. Vorher hingegen unterlagen sie subjektiver Willkür, waren daher oft unkalkulierbar. Max Weber sieht im Kapitalismus eine zunehmende Rationalisierung.
Ob er auch einen Zusammenhang mit Zwängen sieht ist mir nicht bekannt.
Wallenstein- Gründungsmitglied
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Re: Warum sagt Max Weber, dass die Industrialisierung mit Freisetzung aus Zwängen verbunden ist ?
Wer ist Max Weber? Egal.Moschusochse schrieb:Warum sagt Max Weber, dass mit der Industrialisierung eine Freisetzung aus traditionellen Zwängen erfolgt ?
Dass die Industrialisierung die gesellschaftlichen Normen durcheinandergewirbelt hat, ist doch offensichtlich. So verstehe ich den Satz. Im Dorf wurde ein extrem angepasstes Verhalten erwartet. Es gab kaum Entfaltungsmöglichkeiten außer der Auswanderung. Ehe, Religion, Hof, Bauer, Frau, Kind, Gutsbesitzer, Lehrer, Knecht und Magd waren fest gefügte Rollen.
In den Städten mussten häufig alle arbeiten. Prostitution und die größere Auswahl untergruben die Ehe, Anonymität und Beliebigkeit sowie das Nebeneinander unterschiedlicher Religionen vergrößerten den Spielraum. Die möglichen Rollen für einen Heranwachsenden waren viel breiter gefächert. Alles aber trat unter dem Druck der Armut in den Hintergrund.
Die Arbeit half den Frauen aus der Abhängigkeit, genauso wie das heute in der Dritten Welt zu beobachten ist. Das wurde durch die Kriegswirtschaft noch beschleunigt.
So würde ich das deuten.
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