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Fallen gewaltsame Revolutionen vom Himmel? Sind sie gut für die Entwicklung der Menschheit?

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Beitrag von Marek1964 Mo Feb 16, 2015 6:31 pm

Eine interessante Frage, wann und warum es gewaltsame Revolutionen gibt.

Mein erster Versuch einer Erklärung:

Revolutionen entstehen dann, wenn Eliten sich weigern, Entwicklungen zu erkennen und notwendige Massnahmen, die auf inneren Ausgleich zielen, ergreifen. Einschränkend muss ich sagen, dass ich von gewaltsamen Revolutionen spreche - also F 1789, Europa 1848, RU 1917, D und A 1918.

Die samtenen Revolution 1989 sehe ich schon speziell, da sie durch den Versuch Gorbatschows, Reformen einzuleiten, ermöglicht wurde.

Insofern kann es für abgehobene Eliten wie auch für aussenstehende schon so aussehen, dass die Revolution vom Himmel gefallen ist. Man kann es mit einem Staudammbruch vergleichen. Ob es mit dem heiteren Himmel vergleichbar ist, ist eigentlich dann auch eine Frage an Meteorologen Very Happy
Marek1964
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Beitrag von Wallenstein Di Feb 17, 2015 4:25 pm

Die folgende Definition finde ich recht gut:

Revolution
[lat.] R. bezeichnet eine schnelle, radikale (i. d. R. gewaltsame) Veränderung der gegebenen (politischen, sozialen, ökonomischen) Bedingungen. Politische R. zielen i. d. R. auf die Beseitigung der bisherigen politischen Führer und die Schaffung grundsätzlich neuer Institutionen, verbunden mit einem Führungs- und Machtwechsel. Ziel der bewusst herbeigeführten, tief greifenden Veränderungen ist es, mit einem politischen Neuanfang die bisherigen Probleme und Machtstrukturen zu beseitigen und radikal Neues an ihre Stelle zu setzen (z. B. neue Machtstrukturen, neue Eliten, neue Eigentumsverhältnisse, eine neue [Verfassungs-]Ordnung etc.).

Quelle: Schubert, Klaus/Martina Klein: Das Politiklexikon. 5., aktual. Aufl. Bonn: Dietz 2011.

Damit man von einer wirklichen Revolution sprechen kann, genügt es nicht, dass nur politische Eliten ausgetauscht werden. Dies passiert auch bei einer Palastrevolution oder einem Militärputsch. Es muss auch eine Veränderung der politischen Organisationsform erfolgen, ein Umbruch der Institutionen, eine Umwälzung der Legitimationsideologie, es entstehen neue Normen und  Ideale als geistige Grundlagen einer neuen gesellschaftlichen und politischen Ordnung. Die Veränderung erfasst auch die sozialen Strukturen und Eigentumsverhältnisse. Die neuen Eliten, die jetzt an die Macht gelangen, haben eine andere soziale Basis als die des gestürzten Regimes.

Der Begriff Revolution wurde in Europa erstmals von Thomas Hobbes für die englische Revolution von 1642-1660 verwendet, weil es hier zu Umwälzungen auf allen Gebieten kam. Der Bürgerkrieg war kein singulärer Vorgang, sondern führt zu dauernden Veränderungen. Das gilt auch für die spätere (unblutige) Glorreiche Revolution von 1688, die überall in Europa als Revolution bezeichnet wurde, da sie zu einer verfassungsmäßigen Staatsform führte und damit zu einer dauerhaften politischen Neuordnung.

Eine Revolution entsteht, wenn sich in der alten Gesellschaft neue Strukturen bilden, die sich aber noch nicht richtig entfalten können: Nämlich dann, wenn eine wirtschaftlich und gesellschaftlich aufsteigende Klasse sich in ihren Entfaltungsmöglichleiten wie z.B. verstärkter politischer Partizipation eingeschränkt sieht, wenn sich eine plötzliche Diskrepanz ergibt zwischen der erwarteten und tatsächlichen Bedürfnisbefriedigung einer Bevölkerung bzw. einer sozialen Gruppe. Falls nicht soziale und ökonomische  Umbrüche eine entscheidende Rolle spielen, können auch enttäuschte Hoffnungen die neuen Reichen  oder die neuen Armen zum Träger einer Revolution machen.

Man könnte vielleicht oberflächlich sagen: In einer Revolution kommen Gegeneliten durch einen Aufstand der Bevölkerung an die Macht, um anschließend genau diese Bevölkerung später als neue Elite zu regieren.

Ganz so banal ist das aber nicht, durch die Revolution verändern sich alle gesellschaftlichen Bereiche entscheidend. Ob es aber anschließend besser ist, das kann man nicht sagen. War Cromwell besser als Karl I? Robespierre und Napoleon besser als Ludwig XVI? Stalin besser als Nikolaus II? Das ist ein neues Thema.

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Beitrag von Exmitglied-1 Fr Feb 20, 2015 4:16 am

Irgend einer schrieb treffend: Revolutionen sind Geburtshelfer einer neuen Gesellschaftsordnung.

Da muss allerdings auch gesagt werden, dass die neue Gesellschaftsordnung der alten überlegen sein muss und die Alte dem Großteil der gesellschaftlich Aktiven zum Überdruss geworden ist. Sonst funktionierts nicht.
Wir sehen es an der Geschichte der UdSSR. Bis Chruschtschow ging es ja noch. Aber dann kam die Stagnation unter Breschnew und ein Rückschlag trat ein. Der Fortschrittsoptimismus ging verloren und der Sozialismus hatte keine Anziehungskraft mehr. Die freie Welt kam den eingemauerten Völkern wie das Schlaraffenland vor. Wenn es so weit kommt, hat die Gesellschaftsordnung verloren.

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Beitrag von Gontscharow Fr Feb 20, 2015 10:00 am

Ja, Wallenstein, diese Erkenntnis - daß Revolutionen ein "Elitenaustauch" bei fraglichem
Nutzen für die Gesellschaft sind - hatte mich, als sie mir als Jugenddlicher so langsam dämmerte,
schwer desillusioniert.
Gibt es Beispiele für Revolutionen, in denen die Verhältnisse so geändert wurden,
daß eine eindeutig positive Wirkung auf die Gesellschaft konstatiert werden konnte ?
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Beitrag von Wallenstein Fr Feb 20, 2015 10:55 am

Gontscharow schrieb:Ja, Wallenstein, diese Erkenntnis - daß Revolutionen ein "Elitenaustauch" bei fraglichem
Nutzen für die Gesellschaft sind - hatte mich, als sie mir als Jugenddlicher so langsam dämmerte,
schwer desillusioniert.
Gibt es Beispiele für Revolutionen, in denen die Verhältnisse so geändert wurden,
daß eine eindeutig positive Wirkung auf die Gesellschaft konstatiert werden konnte ?

Längerfristig schon. Ich glaube, das die Revolution in England, Frankreich, in den USA und anderen Ländern  weltweit einen Nutzen erbracht haben in puncto mehr Freiheit und auch wirtschaftlichen Wohlstand. Aber es handelt sich um sehr langfristige Entwicklungen und unmittelbar nach den revolutionären Ereignissen zeigten sich wenig positive Resultate. Die Französische Revolution führte zur Tyrannei der Jakobiner, dann zu einer neuen Monarchie unter Napoleon. Dessen Kriege verwüsteten Europa und forderten vermutlich wesentlich mehr Todesopfer als die Kriege seiner absolutistischen Vorgänger. Die Revolution, so sagen einige Historiker, hätte hauptsächlich nur zu einer neuen Qualität von Massenterror und Vernichtungskriegen geführt. Aber meines Erachtens nicht nur.

Nach dem Ende von Napoleon gab es in Frankreich wieder neue Monarchien und weitere Revolutionen und eigentlich hat erst die Dritte Republik nach 1871 wirklich Fortschritte in Richtung Menschenrechte, Demokratie und ein klein wenig Wohlstand, zumindest für Teile der Bevölkerung, gebracht.

Auch in anderen Ländern brachte die Revolution Fortschritte, z.B. in Deutschland, wenn auch nur auf sehr lange Sicht.

Schau ich mir die heutige Welt an, so möchte ich sagen: In einigen Ländern lebt es sich heute besser  als im 18. Jahrhundert und das verdanken wir zu einem großen Teil den Revolutionen.
Man muss bescheiden sein. Revolutionen schaffen kein Schlaraffenland und nicht eine grundsätzlich bessere Welt, aber ein klein wenig vielleicht doch.

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Beitrag von Gontscharow Sa Feb 21, 2015 9:55 am

Danke für deine interessanen Beiträge hier, Wallenstein Smile
Es ist immer eine Freude, dich zu lesen.
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