Das Radio entsteht
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Geschichte Forum :: Redaktionsteil - Abgeschlossene Artikel zu allen Epochen :: Die Zwischenkriegszeit
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Das Radio entsteht
Es war Hans Bredow, der 1919 den englischen Begriff „broadcasting“ mit Rundfunk übersetzte. Nachdem das Funkwesen aus den Entwicklungsjahren in die Kinderschuhe stieg, begann am 29. Oktober 1923 der erste deutsche Rundfunksender Deutschlands mit seiner ersten Sendung. Die Sendung dauerte eine Stunde von 20:00 bis 21:00 Uhr.
Hier die Abschrift der Programmanzeige dazu:
M U S I K F O L G E
1. Cello – Solo mit Klavierbegleitung: „Andantino“ von Kreisler, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier Herr Fritz Goldschmidt.
2. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: Arie aus dem „Paulus“, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
3. Violin – Solo mit Klavierbegleitung: Langsamer Satz aus dem Violinkonzert von Tschaikowsky, gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
4. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: Arie der Dalila aus „Samson und Dalila“, gesungen von Frau Ursula Windt. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
5. Voxplatte: „Hab´ Mitleid“, Zigeunerlied (S. Pawlowicz), gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman (Violine), Herrn Kapellmeister Otto Urack (Cello), Herrn Max Saal (Klavier).
6. Voxplatte: „Daß nur für Dich mein Herz erbebt“, aus Troubadour, gesungen von Herrn Kammersänger Alfred Piccaver.
7. Klarinetten – Solo mit Klavierbegleitung: „Larghetto“ von Mozart, vorgetragen von Herrn Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
8. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: „Der schlesische Zecher“ von Reißiger, vorgetragen von Herrn Kammersänger Adolf Lieban. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
9. Cello – Solo mit Klavierbegleitung: „Träumerei“ von Schumann, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier Herr Goldschmidt.
10. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: „Über Nacht“ von Hugo Wolf, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
11. Violin-Solo mit Klavierbegleitung: „Menuett“ von Beethoven, vorgetragen von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
12. Voxplatte: „Deutschland, Deutschland über alles“, gespielt vom Infanterie – Regiment III/9, Obermusikmeister Adolf Becker.
Mitteilungen der Mithörer über Urteile usw. An Voxhaus, Berlin W 9, werden erbeten.
Der Sender entstand ziemlich spät, da Deutschland nach dem verlorenen Krieg andere gravierende Probleme hatte: soziale Missstände, Inflation und bürgerkriegsähnliche Szenen. So war gerade der Hamburger Aufstand unter Thälmann im Abklingen und der Hitlerputsch stand kurz bevor.
Das Abhören dieses Programmes war kosten- und genehmigungspflichtig. Daher werden nur sogenannte „Schwarzhörer“ Zaungäste gewesen sein. Diese bauten ihre Empfangsgeräte mit einfachen Mitteln selbst, denn einen industriell gefertigten Kristallempfänger mit Kopfhörer oder gar ein Röhrengerät mit Lautsprecher konnte sich der Durchschnittsdeutsche nicht leisten. Sparen auf ein Gerät ging nicht, denn das Geld musste sofort ausgegeben werden, da es am nächsten Tag verfallen war.
So war in Drogerien und Apotheken das Bleikristall ein gefragter Artikel. Eine hohe und lange Antenne war Grundvoraussetzung, die zwischen Häusern oder Bäumen gespannt und bei Gewitter geerdet werden musste. Ein Kopfhörer kostete ein Vermögen.
Was man dann zwischen atmosphärischem Knistern und Rauschen hörte, ist mit unseren Qualitätsvorstellungen nicht zu vergleichen. Der Empfang war leise und lies sich oft nur erahnen.
Aber immerhin – das Tor, resp. das Ohr zur Welt war aufgestoßen.
Hier die Abschrift der Programmanzeige dazu:
VORTRAGSFOLGE
FÜR EIN
E R Ö F F N U N G S K O N Z E R T
Am 29. X. 1923, abends 8 – 9 Uhr
1. Hier Sendestelle Berlin, Voxhaus, Welle 400
2. Kurze Mitteilung, daß die Berliner Sendestelle Voxhaus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt.
In dem heutigen Konzert wirken mit: Herr Kapellmeister Otto Urack, Herr Fritz Goldschmidt, Herr Kammersänger Alfred Wilde, Herr Konzertmeister Rudolf Deman, Frau Ursula Windt, Herr Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus, Herr Konzertsänger Alfred Lieban - Zur Begleitung wird ein Steinwayflügel benutzt
FÜR EIN
E R Ö F F N U N G S K O N Z E R T
Am 29. X. 1923, abends 8 – 9 Uhr
1. Hier Sendestelle Berlin, Voxhaus, Welle 400
2. Kurze Mitteilung, daß die Berliner Sendestelle Voxhaus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt.
In dem heutigen Konzert wirken mit: Herr Kapellmeister Otto Urack, Herr Fritz Goldschmidt, Herr Kammersänger Alfred Wilde, Herr Konzertmeister Rudolf Deman, Frau Ursula Windt, Herr Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus, Herr Konzertsänger Alfred Lieban - Zur Begleitung wird ein Steinwayflügel benutzt
M U S I K F O L G E
1. Cello – Solo mit Klavierbegleitung: „Andantino“ von Kreisler, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier Herr Fritz Goldschmidt.
2. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: Arie aus dem „Paulus“, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
3. Violin – Solo mit Klavierbegleitung: Langsamer Satz aus dem Violinkonzert von Tschaikowsky, gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
4. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: Arie der Dalila aus „Samson und Dalila“, gesungen von Frau Ursula Windt. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
5. Voxplatte: „Hab´ Mitleid“, Zigeunerlied (S. Pawlowicz), gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman (Violine), Herrn Kapellmeister Otto Urack (Cello), Herrn Max Saal (Klavier).
6. Voxplatte: „Daß nur für Dich mein Herz erbebt“, aus Troubadour, gesungen von Herrn Kammersänger Alfred Piccaver.
7. Klarinetten – Solo mit Klavierbegleitung: „Larghetto“ von Mozart, vorgetragen von Herrn Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
8. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: „Der schlesische Zecher“ von Reißiger, vorgetragen von Herrn Kammersänger Adolf Lieban. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
9. Cello – Solo mit Klavierbegleitung: „Träumerei“ von Schumann, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier Herr Goldschmidt.
10. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: „Über Nacht“ von Hugo Wolf, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
11. Violin-Solo mit Klavierbegleitung: „Menuett“ von Beethoven, vorgetragen von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
12. Voxplatte: „Deutschland, Deutschland über alles“, gespielt vom Infanterie – Regiment III/9, Obermusikmeister Adolf Becker.
Mitteilungen der Mithörer über Urteile usw. An Voxhaus, Berlin W 9, werden erbeten.
Das Abhören dieses Programmes war kosten- und genehmigungspflichtig. Daher werden nur sogenannte „Schwarzhörer“ Zaungäste gewesen sein. Diese bauten ihre Empfangsgeräte mit einfachen Mitteln selbst, denn einen industriell gefertigten Kristallempfänger mit Kopfhörer oder gar ein Röhrengerät mit Lautsprecher konnte sich der Durchschnittsdeutsche nicht leisten. Sparen auf ein Gerät ging nicht, denn das Geld musste sofort ausgegeben werden, da es am nächsten Tag verfallen war.
So war in Drogerien und Apotheken das Bleikristall ein gefragter Artikel. Eine hohe und lange Antenne war Grundvoraussetzung, die zwischen Häusern oder Bäumen gespannt und bei Gewitter geerdet werden musste. Ein Kopfhörer kostete ein Vermögen.
Was man dann zwischen atmosphärischem Knistern und Rauschen hörte, ist mit unseren Qualitätsvorstellungen nicht zu vergleichen. Der Empfang war leise und lies sich oft nur erahnen.
Aber immerhin – das Tor, resp. das Ohr zur Welt war aufgestoßen.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
Anmeldedatum : 29.01.15
Re: Das Radio entsteht
Die ARD hatte 1989 eine kleine Fernsehserie zur Entstehung des Rundfunks in Berlin
gesendet : "Radiofieber". Es gibt auf YouTube leider keinen Trailer, auch keinen Wikipediaartikel zu
der Serie .... scheint also von der Öffentlichkeit weitgehend vergessen zu sein.
Ich habe die DVD zuhause
gesendet : "Radiofieber". Es gibt auf YouTube leider keinen Trailer, auch keinen Wikipediaartikel zu
der Serie .... scheint also von der Öffentlichkeit weitgehend vergessen zu sein.
Ich habe die DVD zuhause
Gontscharow- Gründungsmitglied
- Anzahl der Beiträge : 939
Anmeldedatum : 18.01.15
Re: Das Radio entsteht
Um die DVD beneide ich dich!
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
Anmeldedatum : 29.01.15
Re: Das Radio entsteht
Ich würde mal bei der ARD anfragen, die haben ein super Archiv!
Rundfunkmuseen wäre auch noch ein Gedanke.
Wenn kein Copy mehr vorhanden ist ....
Rundfunkmuseen wäre auch noch ein Gedanke.
Wenn kein Copy mehr vorhanden ist ....
Waldi- Anzahl der Beiträge : 431
Anmeldedatum : 23.01.15
Re: Das Radio entsteht
Du kannst die DVD bei amazon oder e.bay für 4,50 euro kaufen
Allerdings sind die ersten beiden Teile die besten, dann flacht es ziemlich ab.
Allerdings sind die ersten beiden Teile die besten, dann flacht es ziemlich ab.
Gontscharow- Gründungsmitglied
- Anzahl der Beiträge : 939
Anmeldedatum : 18.01.15
Re: Das Radio entsteht
Danke für den Tipp.
Habe dort eine bestellt. Inzwischen eingetroffen, sehr gut.
Habe dort eine bestellt. Inzwischen eingetroffen, sehr gut.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
Anmeldedatum : 29.01.15
Weitere Sender entstehen
Nach dem Anfang des Rundfunks im Voxhaus Berlin entstanden noch weitere Sender in Deutschland.
Hier die Aufzählung:
29. Oktober 1923 : als erster Rundfunksender Deutschlands;
Radio-Stunde AG in Berlin ;
02. März 1924: Mitteldeutsche Rundfunk AG (MIRAG) in Leipzig;
30. März 1924: Deutsche Stunde in Bayern GmbH München;
01. April 1924: Südwestdeutscher Rundfunkdienst AG Frankfurt;
02. Mai 1924: Nordische Rundfunk AG (NORAG) Hamburg;
11. Mai 1924: Süddeutsche Rundfunk AG (SÜRAG) Stuttgart;
26. Mai 1924: Schlesische Funkstunde AG Breslau;
14. Juni 1924: Ostmarken Rundfunk AG (ORAG) Königsberg;
10. Oktober 1924: Westdeutsche Funkstunde AG (WEFAG) Münster;
Ab 1926 sendete auf Langwelle noch der "Deutschlandsender", der später reichsweit empfangen werden konnte.
Alle kamen mit eigenem Programm heraus und standen im Wettbewerb um die meisten Zuhörer.
Hier die Aufzählung:
29. Oktober 1923 : als erster Rundfunksender Deutschlands;
Radio-Stunde AG in Berlin ;
02. März 1924: Mitteldeutsche Rundfunk AG (MIRAG) in Leipzig;
30. März 1924: Deutsche Stunde in Bayern GmbH München;
01. April 1924: Südwestdeutscher Rundfunkdienst AG Frankfurt;
02. Mai 1924: Nordische Rundfunk AG (NORAG) Hamburg;
11. Mai 1924: Süddeutsche Rundfunk AG (SÜRAG) Stuttgart;
26. Mai 1924: Schlesische Funkstunde AG Breslau;
14. Juni 1924: Ostmarken Rundfunk AG (ORAG) Königsberg;
10. Oktober 1924: Westdeutsche Funkstunde AG (WEFAG) Münster;
Ab 1926 sendete auf Langwelle noch der "Deutschlandsender", der später reichsweit empfangen werden konnte.
Alle kamen mit eigenem Programm heraus und standen im Wettbewerb um die meisten Zuhörer.
Exmitglied-1- Anzahl der Beiträge : 266
Anmeldedatum : 29.01.15
Re: Das Radio entsteht
Durch den Zusatz "AG" , also Aktiengesellschaft, wird bereits deutlich, daß es sich
bei diesen Sendern der 20er Jahre um kommerzielle Unternehmen handelte, deren Zweck
es war, Geld zu verdienen ( wie heute bei RTL & co. ). Sie brauchten für die Ausstrahlung
ihres Programms eine Lizenz der Reichsregierung, die von der Post vergeben wurde.
Die allerersten Radiosendungen in Deutschland wurden übrigens auch inhaltlich von Postbeamten
bestritten ( wie in der hier erwähnten Fernsehserie "Radiofieber" amüsant geschildert ).
Die Verstaatlichung des Rundfunks erfolgte durch die Nazis, er erschien ihnen als ideales Propagandamedium,
durch die Herstellung und flächendeckenden Verbreitung des sogenannten "Volksempfängers" - ein kostengünstiges einfaches Radio für jedermann - sorgten sie afür, daß auch alle deutschen Haushalte den
staatlichen Propagandarundfunk hören konnten.
Nach dem Krieg entstand dann unter alliierter Aufsicht unser heutiges öffentlich-rechtliches System,
das regional gegliedert war - daher haben wir heute noch die verschiedenen ARD- Sender in Köln, München. Hamburg,Berlin etc. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte über 30 Jahre lang ein Monopol, er wird seit den 80er Jahren durch kommerzielle Anbieter im Radio- und Fernsehbereich ergänzt ( Gesetzesänderung durch die Regierung Kohl).
bei diesen Sendern der 20er Jahre um kommerzielle Unternehmen handelte, deren Zweck
es war, Geld zu verdienen ( wie heute bei RTL & co. ). Sie brauchten für die Ausstrahlung
ihres Programms eine Lizenz der Reichsregierung, die von der Post vergeben wurde.
Die allerersten Radiosendungen in Deutschland wurden übrigens auch inhaltlich von Postbeamten
bestritten ( wie in der hier erwähnten Fernsehserie "Radiofieber" amüsant geschildert ).
Die Verstaatlichung des Rundfunks erfolgte durch die Nazis, er erschien ihnen als ideales Propagandamedium,
durch die Herstellung und flächendeckenden Verbreitung des sogenannten "Volksempfängers" - ein kostengünstiges einfaches Radio für jedermann - sorgten sie afür, daß auch alle deutschen Haushalte den
staatlichen Propagandarundfunk hören konnten.
Nach dem Krieg entstand dann unter alliierter Aufsicht unser heutiges öffentlich-rechtliches System,
das regional gegliedert war - daher haben wir heute noch die verschiedenen ARD- Sender in Köln, München. Hamburg,Berlin etc. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hatte über 30 Jahre lang ein Monopol, er wird seit den 80er Jahren durch kommerzielle Anbieter im Radio- und Fernsehbereich ergänzt ( Gesetzesänderung durch die Regierung Kohl).
Gontscharow- Gründungsmitglied
- Anzahl der Beiträge : 939
Anmeldedatum : 18.01.15
Re: Das Radio entsteht
segula schrieb:Es war Hans Bredow, der 1919 den englischen Begriff „broadcasting“ mit Rundfunk übersetzte. Nachdem das Funkwesen aus den Entwicklungsjahren in die Kinderschuhe stieg, begann am 29. Oktober 1923 der erste deutsche Rundfunksender Deutschlands mit seiner ersten Sendung. Die Sendung dauerte eine Stunde von 20:00 bis 21:00 Uhr.
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Am 29. X. 1923, abends 8 – 9 Uhr
1. Hier Sendestelle Berlin, Voxhaus, Welle 400
2. Kurze Mitteilung, daß die Berliner Sendestelle Voxhaus mit dem Unterhaltungsrundfunk beginnt.
In dem heutigen Konzert wirken mit: Herr Kapellmeister Otto Urack, Herr Fritz Goldschmidt, Herr Kammersänger Alfred Wilde, Herr Konzertmeister Rudolf Deman, Frau Ursula Windt, Herr Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus, Herr Konzertsänger Alfred Lieban - Zur Begleitung wird ein Steinwayflügel benutzt
M U S I K F O L G E
1. Cello – Solo mit Klavierbegleitung: „Andantino“ von Kreisler, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier Herr Fritz Goldschmidt.
2. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: Arie aus dem „Paulus“, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
3. Violin – Solo mit Klavierbegleitung: Langsamer Satz aus dem Violinkonzert von Tschaikowsky, gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
4. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: Arie der Dalila aus „Samson und Dalila“, gesungen von Frau Ursula Windt. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
5. Voxplatte: „Hab´ Mitleid“, Zigeunerlied (S. Pawlowicz), gespielt von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman (Violine), Herrn Kapellmeister Otto Urack (Cello), Herrn Max Saal (Klavier).
6. Voxplatte: „Daß nur für Dich mein Herz erbebt“, aus Troubadour, gesungen von Herrn Kammersänger Alfred Piccaver.
7. Klarinetten – Solo mit Klavierbegleitung: „Larghetto“ von Mozart, vorgetragen von Herrn Alfred Richter vom Deutschen Opernhaus. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
8. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: „Der schlesische Zecher“ von Reißiger, vorgetragen von Herrn Kammersänger Adolf Lieban. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
9. Cello – Solo mit Klavierbegleitung: „Träumerei“ von Schumann, gespielt von Herrn Kapellmeister Otto Urack. Am Klavier Herr Goldschmidt.
10. Gesang – Solo mit Klavierbegleitung: „Über Nacht“ von Hugo Wolf, vorgetragen von Herrn Kammersänger Alfred Wilde. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
11. Violin-Solo mit Klavierbegleitung: „Menuett“ von Beethoven, vorgetragen von Herrn Konzertmeister Rudolf Deman. Am Klavier Herr Kapellmeister Otto Urack.
12. Voxplatte: „Deutschland, Deutschland über alles“, gespielt vom Infanterie – Regiment III/9, Obermusikmeister Adolf Becker.
Mitteilungen der Mithörer über Urteile usw. An Voxhaus, Berlin W 9, werden erbeten.
Über 20 Jahre später wurde im Januar/Februarheft 1944 der Fachzeitung "Funkschau" zu diesem Ereignis ein Artikel veröffentlicht, der das alles noch einmal dokumentiert.
Hier die Abschrift:
Wie alles anfing ...
Von einem, der vor 20 Jahren dabei war, mögen hier einige Erinnerungen an die erste Zeit des Rundfunks folgen.
Als den „Geburtstag“ des deutschen Rundfunks kann man den 29. Oktober 1923 ansehen, an dem zwischen 8 und 9 Uhr abends von der Gesellschaft „Radiostunde“, der späteren „Berliner Funkstunde“, ein etwa einstündiges Konzert über den Voxhaus-Sender gesendet wurde. Dieser ersten offiziellen Sendung der eigens für diesen Zweck gegründeten ersten deutschen Sendegesellschaft gingen aber zahlreiche Sendungen von Versuchssendern voraus; so hat die Telefunken - Gesellschaft am 15. August 1923 mit einem 1 - kW - Sender aus ihrem damaligen Studio auf Welle 270 m ihre erste Unterhaltungssendung durchgeführt. Diese Sendungen dienten vor allem der Vorführung der eigenen Empfangsgeräte. Der Verfasser erinnert sich an eine solche Veranstaltung in den Räumen einer der neu gegründeten Rundfunk-Verkaufsgesellschaften; hier wurde man mit den neuesten Rundfunkempfängern, bei denen Audion und Nieder-frequenzverstärker noch in eigenen Gehäusen untergebracht waren, von denen jedes den doppelten Rauminhalt eines modernen Kleinsupers besaß, bekanntgemacht. Noch früher waren die Rundfunksendungen eines Lorenz-Senders erfolgt, der in Königswusterhausen arbeitete; schon drei Jahre vorher, am 22. Dezember 1920, verbreitete dieser Sender sein erstes Weihnachtskonzert, und am 8. Juni 1921 wurde von ihm bereits eine Opernübertragung durchgeführt: aus der Staatsoper wurde „Madame Butterfly“ übertragen, zwar als interner Fernbesprechungsversuch geplant, aber doch das ungeteilte Interesse der Öffentlichkeit findend. Dies waren aber alles, wie schon erwähnt, Versuche, und wenn auch das sonntägliche Vormittagskonzert des Königswusterhausener Senders mit großer Regelmäßigkeit zu hören war, so kann man diese Versuche doch nur als interessante Vorläufer und Wegbereiter des eigentlichen Unterhaltungsrundfunks ansehen, der dann im Oktober 1923 aus der Taufe gehoben wurde.
Erwähnung verdienen auch die Rundfunk-Experimentalvorträge, die in dieser Zeit im Vortragssaal des Reichspostzentralamtes, des früheren Telegraphentechnischen Reichsamts, veranstaltet wurden und auf denen viele wissensbegierige Funkjünger ihre erste Bekanntschaft mit den drahtlosen Wellen machten; unter ihnen waren nicht wenige, die heute an verantwortungsvoller Stelle in Rundfunkwesen und Hochfrequenztechnik wirken.
Der erste offizielle Rundfunksender, nämlich der Sender im Berliner Voxhaus, hatte eine Antennenleistung von 0,7 kW, und es war im übrigen eine recht behelfsmäßig zusammengebaute Apparatur. Primitiv waren auch die Verhältnisse im Senderaum; die unzulänglichen Mikrophone zwangen dazu, jeden Nachhall zu ersticken, was mit Hilfe von Kreppapier und großen Decken geschah. Aus den Kopfhörern der Empfänger kam deshalb eine ziemlich farblose, stark gedämpfte Musik, aber den 467 Rundfunkteilnehmern, die Anfang Dezember 1923 vorhanden waren, kam es ja nicht so sehr darauf an, was und wie man hörte, sondern daß man überhaupt hörte; das technische Wunder „Rundfunk“ war alles, das Programm noch nichts.
Seit diesen Anfängen hat der Rundfunk in Deutschland eine ungeheure Entwicklung genommen. Die Zahl der Teilnehmer stieg von 467 auf über 16 Millionen, und auch die Zahl der jährlichen Sendestunden der deutschen Hauptsender vervielfachte sich. 1925 ließ sie sich auf rund 25 000 Stunden berechnen, jetzt beträgt sie fast 200 000. Die Leistungen der Sender kletterten von wenigen Zehnteln Kilowatt auf 100 bis 150 kW, und die Endstufen der Sender setzen heute Hochfrequenzenergien von 300 kW und mehr um, in ihrem Leistungsverbrauch aber kommen sie einer Kleinstadt gleich. Gewaltig sind die Qualitätsverbesserungen, die an allen Gliedern der langen Übertragungskette vom Mikrophon bis zum Lautsprecher erzielt werden konnten; selbst während des Krieges stand die Entwicklung nicht still: in der Raumtonwiedergabe mit zwei getrennten Übertragungskanälen, wie sie vor einiger Zeit mit einer Anlage des Reichsrundfunk verwirklicht wurde, ist eine Naturwahrheit erreicht, die kaum noch überboten werden kann.
Und doch nehme ich auch heute noch gern jene Rotkäppchenröhre zur Hand, mit der ich den ersten Audionempfänger baute, der damals am Rahmen die Sonntagsvormittagskonzerte aus Königswusterhausen in den Kopfhörer zauberte; sie, die meine einzige war und deren Heizspannung ich sorgfältig auf 3,4 Volt einstellte, um ihr ein langes Leben zu sichern, ließ zum erstenmal das Märchen Rundfunk Wirklichkeit werden. ..
Schade, dass der Autor anonym bleibt.
Geschichtlich interessant ist dabei, dass trotz drohendem Zusammenbruch, schon an Stereoübertragungen gearbeitet wurde.
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