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Lee Kuan Yew, Staatsgründer von Singapur gestorben

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Lee Kuan Yew, Staatsgründer von Singapur gestorben Empty Lee Kuan Yew, Staatsgründer von Singapur gestorben

Beitrag von Wallenstein Di März 24, 2015 11:21 am

Lee Kuan Yew, der Staatsgründer und langjährige Präsident von Singapur, ist am 23. März gestorben.

Mit Singapur verbindet mich eine besondere Beziehung, denn als junger abenteuerlustiger Mann kam ich Anfang der sechziger Jahre kurz nach der Unabhängigkeit 1959 für mehrere Wochen in diese Stadt, deren Exotik mich seinerzeit faszinierte. Sie sah so aus, wie ich mir eine chinesische Stadt nach den Romanen von Joseph Conrad immer vorgestellt hatte. Sie bestand zu einem großen Teil aus Holzhäusern, in den engen Straßen herrschte ein quirliges Leben voll von Händlern, Bettlern, Straßenmusikanten und kleinen Trupps, die Theaterstücke aufführten. Viele schmuddelige Kneipen und Bordelle, die Bugis Street mit ihren zahlreichen Transvestiten, ein Mekka für Matrosen aus aller Welt.

Aus beruflichen Gründen kam ich später alle fünf bis sechs Jahre in diese Stadt und staunte über die atemberaubenden Veränderungen, die sich hier vollzogen. Heute ist Singapur eine supermoderne Hightech-Stadt, eine der reichsten Städte in Asien mit einer wohlhabenden Bevölkerung und hat mit der versifften Tropenstadt von damals nur noch den Namen gemeinsam. Massive Kapitalinvestitionen aus aller Welt haben Singapur vollkommen umgekrempelt.

Die stürmische Verwandlung ist vor allem das Werk von Lee Kuan Yew, dem Sohn einer chinesischen Kaufmannsfamilie, der mit eiserner Faust die Stadt in die Moderne trieb und dabei nicht gerade rücksichtsvoll vorging. Offiziell ist Singapur eine parlamentarische Republik, doch eigentlich eine Art Demokratur, der Präsident regiert autoritär und besitzt zahlreiche Vetorechte gegenüber dem Parlament. Seine Partei, die „Peoples Action Party“ kontrolliert nahezu alle Bereiche, die Opposition ist ohnmächtig, die Justiz nur bedingt neutral, Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Er verwandelte die Stadt in eine Erbmonarchie, denn seit 1990 ist sein Sohn Dauerpräsident und regiert jetzt die Stadt als sein Nachfolger.

Prowestlich orientiert, aber mit guten Beziehungen zu den kommunistischen Staaten und speziell zur Volksrepublik China, bezeichnete man Singapur oft als das „Dritte China“ neben Peking und Taipeh. Ähnlich wie Mao wollte auch Lee einen neuen Menschen schaffen mit immer neuen staatlichen Kampagnen zur Besserung der Bewohner. 1965 führte er die Zwei-Kind-Politik ein, um die Bevölkerungszahl zu stabilisieren. Wer mehr Kinder hatte, musste mit hohen Strafen rechnen. Die Stadt sollte sauber werden, drakonische Geldbußen wurden verhängt, wer Papier fallen ließ oder auf den Boden spukte. Es folgten Kampagnen gegen „unnatürliche Sexualität“, vor allem gegen Homosexualität, Kaugummis wurden verboten, Rauchen ist fast überall streng untersagt, Essen und Trinken sowie der Transport gefährlicher Güter in öffentlichen Verkehrsmitteln unterliegen hohen Strafen. In Singapur gibt es Prügelstrafen und die Todesstrafe.
Da Lee aber nicht so große Macht besaß wie Mao, kam es nicht zu solchen Exzessen wie in der VR China, aber chinesische Herrscher haben schon immer den Wunsch gehabt, ihre Untertanen zu moralisch besseren Menschen zu erziehen.

Die Chinesen kennen keine Demokratie. Sie wurden immer regiert von Kaisern, Militärdiktatoren oder Kolonialherren. Nach chinesischer Auffassung besitzt der Herrscher das Mandat des Himmels, muss aber auch für seine Untertanen sorgen. Tut er das nicht, gibt es für das Volk ein Recht auf Revolution. Die chinesische Geschichte ist voll von Aufständen und einem rastlosen Wechsel der Dynastien, die verjagt wurden, wenn sie versagten. Aber die Chinesen sind pragmatisch. Solange es ihnen wirtschaftlich gut geht, sind sie zufrieden und verspüren keinen Wunsch nach demokratischen Veränderungen.

In Singapur werden die Bewohner sehr stark vom Staat überwacht und wenn mehr als drei Personen über Politik reden wollen, muss dies offiziell genehmigt werden. Das undemokratische System in dem Stadtstaat wurde vom Westen oft kritisiert, doch die Regierung ist der Auffassung, dass sie zwar marktwirtschaftlich organisiert sind, jedoch ein anderes Wertesystem hätten als die westlichen Staaten. Solange die Ökonomie blüht, droht dem Familienclan an der Spitze des Staates keine Gefahr.

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Beitrag von Marek1964 Di März 24, 2015 12:49 pm

Es ist ja schon erstaunlich, wenn ich mich da richtig entsinne war anfang der siebziger Jahre noch Asien allgemein gleich schlecht dran wie Afrika - heute haben die Asiaten in vielen Ländern zu Europa aufgeschlossen oder zumindest Afrika klar distanziert.

Ich werde dazu ein Thema eröffnen. https://geschichte-forum.forumieren.de/t298-die-erstaunliche-entwicklung-asiens#2302
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Beitrag von wfwbinder Sa Aug 01, 2015 9:57 am

Singapur ist mit Sicherheit kein demokratisches Musterländle.

Todesstrafe, Prügelstrafe, Homophobie und Strafe auf Homosexualität. Nicht durchgeführte Wahlen wegen "Kandidatenmangel."

Aber es gibt keine Abstimmung mit den Füßen. Die Einwohner könnten jederzeit auswandern, tun es aber nicht.

Die Stadt ist die sauberste, die ich kenne. keiner wirft Kippen, oder Kaugummi weg, weil es sehr hohe Strafen kostet.

Keine alkoholisierten Leute, oder Junkies auf der Straße.

Ich gebe zu, ich denke öfter, ob 200,- Euro Geldstrafe für das wegwerfen von Zigarettenkippen unserer DEmokratie Schaden zufügen würde.
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Beitrag von Gontscharow Sa Aug 01, 2015 12:59 pm

Ist das Entwicklungsmodell à la Singapur positiv zu beurteilen ?
Zunächst einmal ja, denn es hat die dort lebenden Menschen von Armut,
Krankeit und Not befreit und die materielle Basis für ein menschenwürdiges
Leben geschaffen.
Das Problem ist aber, daß eine sehr erfolgreiche Regierung zu Verblendung ob der eigenen Erfolge führt. Dann folgt Erstarrung ( "Keine Experimente !") bishin zur Sklerose,
Reformunfähigkeigt und Niedergang. Wenn also dieses autoritäre Entwicklungsmodell,
daß die Chinesen und ihre Nachahmer par excellence in mehreren Ländern Asiens durchführen
sich nicht in Richtung mehr Freiheit und Individualität weiterentwickeln kann, weil die Machthaber es verhindern, so wird letztendlich doch der Westen wieder die Nase vorn haben, trotz unserer weggeworfenen Kippen und Alkoholiker auf den Straßen Wink
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Beitrag von Waldi Sa Aug 01, 2015 2:24 pm

wfwbinder schrieb:Singapur ist mit Sicherheit kein demokratisches Musterländle.

Todesstrafe, Prügelstrafe, Homophobie und Strafe auf Homosexualität. Nicht durchgeführte Wahlen wegen "Kandidatenmangel."

Aber es gibt keine Abstimmung mit den Füßen. Die Einwohner könnten jederzeit auswandern, tun es aber nicht.

Die Stadt ist die sauberste, die ich kenne. keiner wirft Kippen, oder Kaugummi weg, weil es sehr hohe Strafen kostet.

Keine alkoholisierten Leute, oder Junkies auf der Straße.

Ich gebe zu, ich denke öfter, ob 200,- Euro Geldstrafe für das wegwerfen von Zigarettenkippen unserer DEmokratie Schaden zufügen würde.

Moin Walter,

Kippen, Kaugummi, Spucke, beschmierte Fahrgasträume in Bahn, Bus,... uvm., sind in D überall in jeder Stadt zu finden.
Und nicht zu vergessen, die Hunde, die Gehwege, Grünstreifen .. im Beisein ihrer Halter vollscheißen. Hundesteuer für Wiederholungstäter im 1/4-Jahr auf 500.-- Euronen ansetzen.
Hier gehörte seitens der Regierung massiv eingegriffen, so wie es die Regierung in Singapur vormacht.
Unsere Regierung ist lasch und unfähig, massiv gegen so vieles anzugehen.

Was ich in Hundekacke trete, wenn ich z. Bspl. im Ghetto (Innenstadt) unterwegs bin, ist der Wahnsinn!
Wie oft habe ich die Halter darauf aufmerksam gemacht, sie sollten die Kacke ihres Hundes aufnehmen und entsorgen. Durch die Bank nur böse Blicke und rotzfreche Antworten.
Es wird der Tag kommen, wo ich die frisch geworfene Kacke aufhebe und dem Halter in die Fre.... schmiere!!!!!!!!!!!!!!!!!!

200,--Euronen sind viel zu wenig!
Neben einer saftigen Geldstrafe (500,--) ist im Wiederholungsfall der Fürherschein für mind. 6 Monate eingezogen.

Bin mir sicher, daß im Handumdrehen unsere Städte erblühen werden!

GW - Grüße Waldi

Waldi

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