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Waren Kolonien profitabel? Wie wichtig waren sie für die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Industrieländer?

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Beitrag von Moschusochse Mi Apr 29, 2015 11:08 am

Waren Kolonien profitabel? Wie wichtig waren sie für die wirtschaftliche und politische Entwicklung der Industrieländer?

Eine Frage auf die ich schon widersprüchliche Antworten gehört habe.

Gerade der wirtschaftliche Aufschwung Deutschlands wird oft darauf zurückgeführt, dass sein Staatshaushalt nicht zu sehr durch Ausgaben für Kolonien belastet wurde. Auch die USA hatten eher wenige Kolonien.

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Beitrag von Gast14 Mi Apr 29, 2015 12:04 pm

Wirtschaftlich waren die Kolonien für das DR ständig ein großes Verlustgeschäft. Die vielen Investitionen sollten irgendwann mal Früchte tragen, aber da waren die Kolonien schon wieder fort und andere versuchten zu "ernten"
In anderen Ländern kann das anders gewesen sein. Gerade GB ist durch die starken und pritablen Kolonien zu einem reichen Staat geworden.

Der Aufschwung Deutschlands nach 1871 liegt m.E. vor allem darin begründet, daß die französischen Reparationen einerseits und die Reichsgründung andererseits zu einer Gründerzeit führten.

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Beitrag von Wallenstein Mi Apr 29, 2015 1:02 pm

Für einige Staaten hat es sich gelohnt, für andere nicht. Dem Deutschen Reich brachte es nichts ein, die USA brauchten keine Kolonien, da sie ihr eigenes Land zunächst erschließen konnten.

Spanien hat ohne Zweifel von Lateinamerika profitiert, mehr noch aber die anderen Länder, denn die spanische Oberschicht hat mit den Reichtümern Amerikas überall in Europa Waren eingekauft. Das Gold und Silber landete in Frankreich, Holland und England und stimulierte dort die Wirtschaft. In Spanien wurde es nicht investiert, das Land blieb unterentwickelt.
Für das kleine Holland war der Kolonialismus sehr wichtig, es brauchte auswärtige Märkte und Rohstoffe.
In einer ähnlichen Lage war auch England. Der größte Teil der heimischen Textilproduktion arbeitete für den auswärtigen Markt, fast 90%, zumeist saßen die Abnehmer in den Kolonien.

Der Ökonom Hobson, der 1902 den Imperialismus analysierte mit seinem Buch „Der Imperialismus“, zeigte aber auf, das auch in den Kolonialmächten meistens nur einige Gruppen davon profitierten, oft auf Kosten der anderen:

„Die ökomische Wurzel des Imperialismus liegt in dem Wunsch streng organisierter industrieller und finanzieller Interessen, mit Hilfe öffentlicher Ausgaben und der öffentlichen Gewalt private Märkte für ihr überschüssiges Kapital zu sichern und zu entwickeln….

Diese Politik bringt ein starkes Anwachsen der öffentlichen Ausgabe mit sich. Wenn jene Kreise die Kosten dieser Politik aus der eigenen Tasche in Form von Einkommens- und Eigentumssteuern bezahlen müssten, so würde sich der ganze Aufwand nicht lohnen, mindestens, was die Warenmärkte betrifft. Deshalb müssen sie Mittel und Wege finden, diese Ausgaben der Öffentlichkeit aufzubürden.“


( Hobson, Der Imperialismus, 3.Auflage, Frankfurt am Main 1968, S.80 F.)

Man kann also sagen: Für einige Länder hat es sich gelohnt, Kolonien zu besitzen, für andere nicht. Und auch in den Ländern selbst profitierten letztlich meist nur einige Gruppen davon, aber das waren die einflussreichsten, welche die Kosten für diese Politik auf andere überwälzen konnten.

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Beitrag von Moschusochse Mi Apr 29, 2015 1:23 pm

Wallenstein schrieb:Für einige Staaten hat es sich gelohnt, für andere nicht. Dem Deutschen Reich brachte es nichts ein, die USA brauchten keine Kolonien, da sie ihr eigenes Land zunächst erschließen konnten.

Spanien hat ohne Zweifel von Lateinamerika profitiert, mehr noch aber die anderen Länder, denn die spanische Oberschicht hat mit den Reichtümern Amerikas überall in Europa Waren eingekauft. Das Gold und Silber landete in Frankreich, Holland und England und stimulierte dort die Wirtschaft. In Spanien wurde es nicht investiert, das Land blieb unterentwickelt.

Erinnert mich irgendwie an die heutige Lage. Warum investierte man nicht?


Ökonom Hobson, der 1902 den Imperialismus analysierte mit seinem Buch „Der Imperialismus“, zeigte aber auf, das auch in den Kolonialmächten meistens nur einige Gruppen davon profitierten, oft auf Kosten der anderen:

„Die ökomische Wurzel des Imperialismus liegt in dem Wunsch streng organisierter industrieller und finanzieller Interessen, mit Hilfe öffentlicher Ausgaben und der öffentlichen Gewalt private Märkte für ihr überschüssiges Kapital zu sichern und zu entwickeln….


Diese Politik bringt ein starkes Anwachsen der öffentlichen Ausgabe mit sich. Wenn jene Kreise die Kosten dieser Politik aus der eigenen Tasche in Form von Einkommens- und Eigentumssteuern bezahlen müssten, so würde sich der ganze Aufwand nicht lohnen, mindestens, was die Warenmärkte betrifft. Deshalb müssen sie Mittel und Wege finden, diese Ausgaben der Öffentlichkeit aufzubürden.“


( Hobson, Der Imperialismus, 3.Auflage, Frankfurt am Main 1968, S.80 F.)

So wie heute die Globalisierung?
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Beitrag von Wallenstein Mi Apr 29, 2015 2:18 pm

Moschusochse schrieb:

Erinnert mich irgendwie an die heutige Lage. Warum investierte man nicht?

Es ist einfacher, Geld auszugeben als zu investieren.  Der spanische Adel begnügte sich damit, die Reichtümer, die von Indios und afrikanischen Sklaven erzeugt wurden, einfach zu konsumieren. Konsumieren, Geld ausgeben, ist viel einfacher, als Geld zu verdienen. Investition bedeutet: Manufakturen und Industrien aufbauen, Arbeitskräfte einstellen, Material einkaufen, Arbeitsabläufe zu organisieren, Technik  entwickeln, Vertriebsnetze und Logistik aufbauen usw. Mit anderen Worten: Sehr viel Arbeit. Dazu hatten sie keine Lust. Das überließ man den Leuten in den anderen Ländern. Deren Erzeugbisse konnte man dann einfach kaufen.




So wie heute die Globalisierung?

Vielleicht, so ähnlich. Hobson wurde allerdings auch schon damals widersprochen: Der Tee aus den Kolonien, die billige Baumwolle und viele andere Produkte. Das nützte in gewisser Weise auch den britischen Unterschichten, deren Lebensstandard durch die Waren aus den Kolonien stieg. Zudem schuf der Imperialismus auch Arbeitsplätze: Der Bau von Schiffen, Ausbau der Häfen, Waffenproduktion und dergleichen mehr. Der Imperialismus nützte somit auch teilweise den Arbeitern.

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Beitrag von wfwbinder Mi Apr 29, 2015 7:02 pm

Gast14 schrieb:Wirtschaftlich waren die Kolonien für das DR ständig ein großes Verlustgeschäft. Die vielen Investitionen sollten irgendwann mal Früchte tragen, aber da waren die Kolonien schon wieder fort und andere versuchten zu "ernten"
In anderen Ländern kann das anders gewesen sein. Gerade GB ist durch die starken und profitablen Kolonien zu einem reichen Staat geworden.

Der Aufschwung Deutschlands nach 1871 liegt m.E. vor allem darin begründet, daß die französischen Reparationen einerseits und die Reichsgründung andererseits zu einer Gründerzeit führten.

Das deutsche Reich hatte die Kolonien auch kürzer als andere Länder deren Kolonien. Ausserdem haben die Deutschen, das wird heute noch bestätigt, sehr viel in die Kolonien investiert. Auch in Tansania, Kenia und Kamerun erzählt man heute noch davon, dass in der Zeit der Kolonisation das Schulwesen begründet wurden. Im Bereich wo Suhaeli gesprochen wird, wurde die Sprache gebildet, eine Grammatik erstellt udn die Sprache schulfähig gemacht.

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Beitrag von Gontscharow Fr Mai 01, 2015 10:33 am

In diesem Zusammenhang finde ich es bemerkenswert, daß das DR in Deutsch-Ostafrika Suaheli zur Vewaltungssprache machte und nicht Deutsch - also ein ganz anderer Ansatz als etwa der französische. Frankreich wollte seinen Kolonien auch seine Sprache aufzwingen.
Das ging so weit, daß in Algerien Arabisch und die Berbersprachen zu "Fremdsprachen" deklariert wurden. Also ein "Sendungsbewußtsein" hatte Deutschland in Bezug auf seine Sprache anders als Frankreich nicht, wohl aber wollten sie die deutsche Ordnung und Disziplin in den Kolonien einführen.
Großbritannien hatte das größte Kolonialreich und sein Aufstieg zur ersten WIrtschaftsmacht Europas im 18. und 19.Jahrhundert wäre ohne Kolonien nicht möglich gewesen. leichzeitig kamen aus diesem Land aber auch die energischsten anti-kolonialen Appelle. Und leider auch so heuchlerische Traktate wie "The white man´s burden". wo darüber gestöhnt wird, was für eine Bürde es doch für den weißen Mann sei, den Eingeborenen die Zivilisation zu bringen ....

In Deutschland klagten seinerzeit schon August Bebel und die damalige Sozialdemokratie über das "Verlustgeschäft" und die "Sinnlosigkeit" der Kolonien, gleichzeitig wurden von ihm Menschenrechtsverletzungen in den Kolonien durch die Verwaltung und Militärs angeprangert.
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Beitrag von monplesir312 Fr Mai 01, 2015 10:57 am

Ich bin in einer "russsichen Kolonie" geboren und dort aufgewachsen - in Alma Ata ( kasachisch "Almaty") in Zentralasien.
Kasachstan und die anderen heutigen Staaten in Zentralasien waren Teil des russischen Imperiums und später der Sowjetunion, die Entkolonialsierung hat erst nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 stattgefunden. Alma Ata war die frühere Hauptstadt dieses Gebietes -
Vor 150 Jahren hatten die Kaschen aus russischer Perspektive keine Zivilisation, d.h.sie befanden sich außerhalb der europäischen Zivlisation. Die Kasachen hatten aber ihre eigenen Traditionen, die eine Symbiose aud Islam und früheren asiatischen Kulten darstellt. Die Armut war sehr groß, es gab kein Erziehungswesen, keine medizinische Versorgung oder Industrien, sie waren Nomaden.
Angeblich hat Abdul Khair Khan - ein Herrscher der Kasachen - die Zarin Anna Iwanowna gebeten, sein Gebiet in das Russische Reich zu integrieren, nachdem ihm dieser Zivilisationskluft zwischen den nomadischen Kasachen und den entwickelteren Europäern deutlich geworden ist. Außerdem drohte den Kasachen aus Richtung Osten eine andere Gefahr : die Dschungaren und Chinesen wollten sie unterwerfen und ihren Ländern einverleiben.
Kasachstan und Zentralasien wurden also russsiche Kolonien und die russischen Kolonisten entwickelten dort eine öffentliche Infrastruktur, ein Erziehungs- und Militärwesen und Manufakturen.
Heutzutage werden die Russen in Kasachstan abgelehnt, sie waren für sie die Okkupanten. Die Russen hatten die Traditionen, die Sprache und Kultur der Kasachen unterdrückt, teilweise verboten. Russische Offizielle behandelten die einheimische Bevölkerung teilweise tyrannisch und grausam.Außerdem sind die russische und die kasachische Kultur einfach grundverschieden voneinander.
Natürlich bin auch ich gegen jede Art von Grausamkeit oder militärische Aktionen. Als jemand, der in Alma Ata aufgewachsen ist und die Geschichte und Mentalität dieser Region kennt, weiß ich, daß Kasachstan ohne die russische Kolonialzeit in sehr primitiven Zuständen verblieben wären und heute nicht besser leben würden wie andere asiatische Länder wie z.B. die Mongolei.
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Beitrag von wfwbinder Fr Mai 01, 2015 5:32 pm

Gontscharow schrieb:In diesem Zusammenhang finde ich es bemerkenswert, daß das DR in Deutsch-Ostafrika Suaheli zur Vewaltungssprache machte und nicht Deutsch - also ein ganz anderer Ansatz als etwa der französische. Frankreich wollte seinen Kolonien auch seine Sprache aufzwingen.
Das ging so weit, daß in Algerien Arabisch und die Berbersprachen zu "Fremdsprachen" deklariert wurden. Also ein "Sendungsbewußtsein" hatte Deutschland in Bezug auf seine Sprache anders als Frankreich nicht, wohl aber wollten sie die deutsche Ordnung und Disziplin in den Kolonien einführen.
Großbritannien hatte das größte Kolonialreich und sein Aufstieg zur ersten WIrtschaftsmacht Europas im 18. und 19.Jahrhundert wäre ohne Kolonien nicht möglich gewesen. leichzeitig kamen aus diesem Land aber auch die energischsten anti-kolonialen Appelle. Und leider auch so heuchlerische Traktate wie "The white man´s burden". wo darüber gestöhnt wird, was für eine Bürde es doch für den weißen Mann sei, den Eingeborenen die Zivilisation zu bringen ....

In Deutschland klagten seinerzeit schon August Bebel und die damalige Sozialdemokratie über das "Verlustgeschäft" und die "Sinnlosigkeit" der Kolonien, gleichzeitig wurden von ihm Menschenrechtsverletzungen in den Kolonien durch die Verwaltung und Militärs angeprangert.


Ich denke, dass dies mit der Art der Lebensweise in den Ländern zu tun hat und vorallem mit dem Selbstverständnis.

Die Deutschen hatten schon seit über 1000 Jahren ein großes Reich, aber auch ein Reich unterschiedlicher Kulturen, mit Kaisern die in Italien geboren waren, als Reisekaiser durch die zum Reich gehörenden Ländern gezogen waren.

So haben die Deutschen vermutlich den Kolonien die deutsche Ordnung und Verwaltung bringen wollen (am deutschen Wesen soll die Welt genesen), waren aber bereit die dortigen Sprachen und Kulturen zu akzeptieren.

Ähnlich die Briten. Die britische Verwwaltung, der Country Club, Cricket, Golf, five a Clock Tea, aber im Übrigen wurde relativ gering eingegriffen. Die Inder sprachen weiter Hindi, auch wenn Englisch natürlich auch Amtssprache war.

Die Frankzosen hatten von geringen Zeiten abgesehen ein Reich, dass sich auf das heitige Frankreich beschränkte mit einigen Aussensprenkeln. Dazu die absolute Gewissheit, das die französiche Kultur die einzige ist, nach der man sinnvoll leben kann und Französich die einzige Sprache in der man sich sinnvoll und kultiviert verständigen kann.

So etwas führt dann zu den von Dir genannten Auswüchsen, die eigentliche Landessprache zu einer Fremdsprache zu degradieren.
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