Der Hungerwinter in den Niederlanden 1944/45
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Der Hungerwinter in den Niederlanden 1944/45
Die Alliierten landeten in der Operation Overlord ab dem 6. Juni 1944 in der Normandie. Am 15. August endete die Schlacht um Can; am 25. August die Schlacht um Paris. Danach stiessen Truppen sehr schnell in Richtung der niederländischen Grenze vor.
Am 3. September wurde Brüssel befreit, einen Tag später Antwerpen. An diesem 4. September hielt Ministerpräsident Pieter Sjoerds Gerbrandy im Radio Oranje eine Rede und gab bekannt, dass die Alliierten die Grenze passiert hätten und nun die Stunde der Befreiung gekommen sei. Man rechnete mit der Einnahme Rotterdams am 5. September, Utrechts und Amsterdams am 6. September, sowie der Befreiung des übrigen Landes bald darauf.
Viele Niederländer bereiteten sich auf den Empfang der Alliierten vor und verliessen ihre Arbeitsplätze; die Straßen füllten sich mit der erwartungsfrohen Bevölkerung. Bei vielen deutschen Besatzern und den Mitgliedern der Nationaal-Socialistische Beweging (NSB) brach Panik aus; in aller Eile wurden Dokumente vernichtet, mehr als 30.000 NSB-Mitglieder flohen mit ihren Familien aus den Niederlanden auf deutsches Gebiet. Dieser Tag ging als Dolle Dinsdag (Toller, verrückter Dienstag) in die Geschichte ein.
Am 17. September starteten die Alliierten die gewagte Operation Market Garden: einen schnellen Einfall in die südlichen Niederlande, um mit Luftlandetruppen Brücken über die drei Hauptflüsse zu erobern. Die Brücke von Arnheim über den Rhein konnte allerdings nicht erobert werden; die Operation endete in einer Niederlage und hohen Verlusten. Darüber gibt es einen Spielfilm, den ich als relativ gelungen bezeichne würde.
Im Winter 1944/45, der besonders kalt, nass und lang war, mussten viele Niederländer, darunter viele Stadtbewohner, im noch besetzten Gebiet hungern und frieren; er ging als „Hongerwinter“ (Hungerwinter) ins kollektive Gedächtnis der Niederlande ein. Ca. 22.000 Menschen verhungerten. Ältere Darstellungen vermuteten 200.000 Verhungerte; diese Zahl wurde 1999 durch den Historiker David Barnouw widerlegt.
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Was machten die Alliierten?
Als im besetzten Teil eine Hungersnot drohte wurde die Exilregierung in London aktiv, man sprach bei Churchill vor, doch der verwies auf die Deutschen, die Hilfsgüter für sich beanspruchen könnten,
dazu befürchtete er logistische Probleme, die das Militär stören könnten.
Neutrale Länder wie Schweden und die Schweiz waren bereit, etwas zu unternehmen. Und auch Seyss-Inquardt erlaubte angesichts der verschärften Lage, dass das Schwedische und das Internationale Rote Kreuz Lebensmittel lieferten.
Im April wurde Seyss-Inquart schliesslich gesprächsbereit, er wusste, dass Hitler den Krieg verlieren würde. Nun verhandelte er mit den Briten über Abwurforte für die Flugzeuge, aber es war auf beiden Seiten immer noch Misstrauen vorhanden. Man einigte sich schliesslich mit den Niederländern, Amerikanern, Russen, Engländer und Kanadiern am 28. April 1945 auf einen begrenzten Waffenstillstand, der endlich die Bevölkerung ein wenig erlöste.
Am 6. Mai 1945 schliesslich wurde die Kapitulation unterschrieben. Nun startete die B-2 Hilfe (B-2 nannten die Alliierten das Gebiet im Westen der Niederlande). Man lieferte grosse Mengen an Eiweisspulver, damit die vielen Hungerpatienten überleben konnten, doch dieses Pulver war fast ungeniessbar. Es starben noch zu viele Menschen an Hunger. Noch über Jahre litten Niederländer an den Spätfolgen der Unterernährung, es gab viele Fehlgeburten, Diabetes und Kreislaufkrankheiten. Eine Erfahrung, die dann auch grosse Teile der Weltbevölkerung machen mussten.
Am 3. September wurde Brüssel befreit, einen Tag später Antwerpen. An diesem 4. September hielt Ministerpräsident Pieter Sjoerds Gerbrandy im Radio Oranje eine Rede und gab bekannt, dass die Alliierten die Grenze passiert hätten und nun die Stunde der Befreiung gekommen sei. Man rechnete mit der Einnahme Rotterdams am 5. September, Utrechts und Amsterdams am 6. September, sowie der Befreiung des übrigen Landes bald darauf.
Viele Niederländer bereiteten sich auf den Empfang der Alliierten vor und verliessen ihre Arbeitsplätze; die Straßen füllten sich mit der erwartungsfrohen Bevölkerung. Bei vielen deutschen Besatzern und den Mitgliedern der Nationaal-Socialistische Beweging (NSB) brach Panik aus; in aller Eile wurden Dokumente vernichtet, mehr als 30.000 NSB-Mitglieder flohen mit ihren Familien aus den Niederlanden auf deutsches Gebiet. Dieser Tag ging als Dolle Dinsdag (Toller, verrückter Dienstag) in die Geschichte ein.
Am 17. September starteten die Alliierten die gewagte Operation Market Garden: einen schnellen Einfall in die südlichen Niederlande, um mit Luftlandetruppen Brücken über die drei Hauptflüsse zu erobern. Die Brücke von Arnheim über den Rhein konnte allerdings nicht erobert werden; die Operation endete in einer Niederlage und hohen Verlusten. Darüber gibt es einen Spielfilm, den ich als relativ gelungen bezeichne würde.
Im Winter 1944/45, der besonders kalt, nass und lang war, mussten viele Niederländer, darunter viele Stadtbewohner, im noch besetzten Gebiet hungern und frieren; er ging als „Hongerwinter“ (Hungerwinter) ins kollektive Gedächtnis der Niederlande ein. Ca. 22.000 Menschen verhungerten. Ältere Darstellungen vermuteten 200.000 Verhungerte; diese Zahl wurde 1999 durch den Historiker David Barnouw widerlegt.
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Was machten die Alliierten?
Als im besetzten Teil eine Hungersnot drohte wurde die Exilregierung in London aktiv, man sprach bei Churchill vor, doch der verwies auf die Deutschen, die Hilfsgüter für sich beanspruchen könnten,
dazu befürchtete er logistische Probleme, die das Militär stören könnten.
Neutrale Länder wie Schweden und die Schweiz waren bereit, etwas zu unternehmen. Und auch Seyss-Inquardt erlaubte angesichts der verschärften Lage, dass das Schwedische und das Internationale Rote Kreuz Lebensmittel lieferten.
Im April wurde Seyss-Inquart schliesslich gesprächsbereit, er wusste, dass Hitler den Krieg verlieren würde. Nun verhandelte er mit den Briten über Abwurforte für die Flugzeuge, aber es war auf beiden Seiten immer noch Misstrauen vorhanden. Man einigte sich schliesslich mit den Niederländern, Amerikanern, Russen, Engländer und Kanadiern am 28. April 1945 auf einen begrenzten Waffenstillstand, der endlich die Bevölkerung ein wenig erlöste.
Am 6. Mai 1945 schliesslich wurde die Kapitulation unterschrieben. Nun startete die B-2 Hilfe (B-2 nannten die Alliierten das Gebiet im Westen der Niederlande). Man lieferte grosse Mengen an Eiweisspulver, damit die vielen Hungerpatienten überleben konnten, doch dieses Pulver war fast ungeniessbar. Es starben noch zu viele Menschen an Hunger. Noch über Jahre litten Niederländer an den Spätfolgen der Unterernährung, es gab viele Fehlgeburten, Diabetes und Kreislaufkrankheiten. Eine Erfahrung, die dann auch grosse Teile der Weltbevölkerung machen mussten.
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General William Tecumseh Sherman
Re: Der Hungerwinter in den Niederlanden 1944/45
Ja, das Scheitern der Operation Market Garden war eine Tragödie, weil es den Bolschwismus von MItteleuropa hätte fernhalten können. Der Krieg wäre wohl 1944 zu Ende gegangen und die Rote Armee wäre an der Weichsel stehen geblieben. Es sollte anders kommen.
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Re: Der Hungerwinter in den Niederlanden 1944/45
Vermutlich wäre der Krieg bei einem Erfolg von Marketgarden wirklich an Weihnachten 44 zu Ende gewesen, nur war ja das Endziel der Roten Armee schon lange Berlin.
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Re: Der Hungerwinter in den Niederlanden 1944/45
Die Nazis hatten in diesem Hungerwinter Teile der Niederlande geflutet, so dass
die alliierten Truppen nicht weiter vorrücken konnten. Das hatten sie von den Holländern selbst
gelernt, die diese Taktik schon in ihrem Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien im 16. Jahrhundert angewendet hatten. Deshalb war Holland, das bevölkerungsreichste Gebiet des Landes, von den restlichen Niederlanden abgeschnitten. Man hätte es nur noch über die See
versorgen können, aber die deutschen Besatzung sass in diesem Winter noch in den Häfen und hätte es verhindert.
die alliierten Truppen nicht weiter vorrücken konnten. Das hatten sie von den Holländern selbst
gelernt, die diese Taktik schon in ihrem Unabhängigkeitskrieg gegen Spanien im 16. Jahrhundert angewendet hatten. Deshalb war Holland, das bevölkerungsreichste Gebiet des Landes, von den restlichen Niederlanden abgeschnitten. Man hätte es nur noch über die See
versorgen können, aber die deutschen Besatzung sass in diesem Winter noch in den Häfen und hätte es verhindert.
SarahF- Anzahl der Beiträge : 207
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Re: Der Hungerwinter in den Niederlanden 1944/45
Die Grossmutter einer meiner Freundinnen ist Holländerin, sie hat Jahrgang 1933, sie wurde durch diese Hungersnot Diabetikerin, und sie hatte zwei Fehlgeburten. Ihre Familie "ernährte" sich v.A. durch Gras, erst um 1948 verbesserte sich der Standard spürbar.
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