Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
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Marek1964
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Geschichte Forum :: Spezialthema - Flüchtlings- und Migrationsbewegungen - Gegenwart und Geschichte :: Flüchtlings- und Migrationsbewegungen in der Vergangenheit
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Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Eine sicher erwähnenswerte Flüchtlingsbewegung waren die Hugenotten, die in die protestatischen Länder Deutschlands und der Schweiz geflohen sind - und diesen Ländern sicher viel positives gebracht haben- De Maiziere - ein Beispiel.
Leider weiss ich soviel auch wieder nicht über diese Flüchtlingsbewegung, so stelle ich das Thema hier rein, in der Hoffnung, jemand anders greift dies auf.
Leider weiss ich soviel auch wieder nicht über diese Flüchtlingsbewegung, so stelle ich das Thema hier rein, in der Hoffnung, jemand anders greift dies auf.
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Marek1964- Admin
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Schade, dass es hierzu noch gar keine Diskussion gab! Die Hugenotten waren ja allein aufgrund der schieren Größe der Flüchtlingsbewegung eine ganz außergewöhnliche Gruppe.
Ich habe mich gerade mal - wenn auch etwas sarkastisch - in meinem Blog näher mit ihnen auseinandergesetzt.
Die Folgen der Einwanderung in Preußen oder England habe ich da jetzt absichtlich nur angedeutet. Was denkt ihr darüber?
Ich habe mich gerade mal - wenn auch etwas sarkastisch - in meinem Blog näher mit ihnen auseinandergesetzt.
Die Folgen der Einwanderung in Preußen oder England habe ich da jetzt absichtlich nur angedeutet. Was denkt ihr darüber?
Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Als Louis XIV. das Edikt von Nantes widerrief lebten 800.000 Protestanten in Frankreich (20 Millionen Einwohner). Davon entschlossen sich 200.000 zur Flucht. Aus dem nördlichen Bereich nach den Niederlanden und England. Aus dem Süden nach Deutschland und hauptsächlich in die Schweiz. Später wurden dann viele aus der Schweiz nach Deutschland ausgewiesen.
Z.B. in Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main wurde den Hugenotten, streng getrennt von der einheimischen Bevölkerung, Land zugewiesen. Noch bis ins späte 19. und frühe 20. Jahrhundert war die französische Sprache neben dem Deutschen vorherrschend. Der Gottesdienst fand auf Französisch statt. 1964, nach einem längeren Aufenthalt in Frankreich, nahm mich ein 90jähriger Einwohner zur Seite. Es war ihm sichtlich ein Bedürfnis mir Fragen nebst Antworten aus dem französischen Katechismus aufzusagen.
Vielleicht ein Beispiel für eine interessante Verbindung der Hugenotten in unsere moderne Zeit: Die Diskussion über den Zusatz von Harnstoffen für Dieselmotoren mit dem Namen „AdBlue“. Ob es eine Verbindung mit der Farbe Blau gibt?:
...Daneben ist eine Färberei nachgebaut. Zwischen 1750 und 1830 gab es in der Hugenottenstraße 45 Farbhäuschen, die heute zum Beispiel als Kiosk oder Pizzeria genutzt werden. Die Färber färbten auf die französische Art, mit Zutaten, die man hier nicht kannte. Einige Rezeptbücher sind erhalten. Sonntags rückte die Familie an, denn neben Pflanzen wie Blauholz und Indigo brauchte es auch Urin zum Färben. Wenn vorher Alkohol getrunken wurde, nahm der Stoff die Farbe besser an. Daher rührt die Redewendung „blau sein“ für betrunken sein.
http://www.fr.de/rhein-main/alle-gemeinden/hochtaunus/friedrichsdorf-als-die-hugenotten-kamen-a-811411
Z.B. in Friedrichsdorf bei Frankfurt am Main wurde den Hugenotten, streng getrennt von der einheimischen Bevölkerung, Land zugewiesen. Noch bis ins späte 19. und frühe 20. Jahrhundert war die französische Sprache neben dem Deutschen vorherrschend. Der Gottesdienst fand auf Französisch statt. 1964, nach einem längeren Aufenthalt in Frankreich, nahm mich ein 90jähriger Einwohner zur Seite. Es war ihm sichtlich ein Bedürfnis mir Fragen nebst Antworten aus dem französischen Katechismus aufzusagen.
Vielleicht ein Beispiel für eine interessante Verbindung der Hugenotten in unsere moderne Zeit: Die Diskussion über den Zusatz von Harnstoffen für Dieselmotoren mit dem Namen „AdBlue“. Ob es eine Verbindung mit der Farbe Blau gibt?:
...Daneben ist eine Färberei nachgebaut. Zwischen 1750 und 1830 gab es in der Hugenottenstraße 45 Farbhäuschen, die heute zum Beispiel als Kiosk oder Pizzeria genutzt werden. Die Färber färbten auf die französische Art, mit Zutaten, die man hier nicht kannte. Einige Rezeptbücher sind erhalten. Sonntags rückte die Familie an, denn neben Pflanzen wie Blauholz und Indigo brauchte es auch Urin zum Färben. Wenn vorher Alkohol getrunken wurde, nahm der Stoff die Farbe besser an. Daher rührt die Redewendung „blau sein“ für betrunken sein.
http://www.fr.de/rhein-main/alle-gemeinden/hochtaunus/friedrichsdorf-als-die-hugenotten-kamen-a-811411
Skeptik- Anzahl der Beiträge : 1364
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Mir fällt da noch die Farbe "Berliner Blau" ein, die bestimmt auch von den Hugenotten stammt.
Ja, die Hugenotten waren Zuwanderer, von denen die Gebiete, in d ie sie kamen, stark profitierten.
Noch heute kann man ihre Nachkommen treffen und an den Namen erkennen. So oft ich in meinem Leben
Nachkommen der Hugenotten traf, handelte es sich ausnahmslos um kultivierte Leute.
Ja, die Hugenotten waren Zuwanderer, von denen die Gebiete, in d ie sie kamen, stark profitierten.
Noch heute kann man ihre Nachkommen treffen und an den Namen erkennen. So oft ich in meinem Leben
Nachkommen der Hugenotten traf, handelte es sich ausnahmslos um kultivierte Leute.
Gontscharow- Gründungsmitglied
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Es ist in der bisherigen Geschichte jeder Nation gut zu Gesicht gestanden, Verfolgten ( aus welchen Gründen immer )
Schutz, Sicherheit und Heimstatt zu gewähren. Im Umkehrschluss häuften sich "Staaten", die verfolgten, verwiesen, deportierten
Schimpf und Schande auf ihr Haupt.
Dererart gibt es auch in jüngerer Geschichte zu Hauf.
Die aufnehmenden Staaten haben häufig vom Wissen und Können der Einwanderer und Flüchtlinge partizipert.
Dazu ein Bonmot; Ein ungarischer Regierungsbeamter sagte beim Anblick der der Deportatonszüge.
Das gegen sie nun und nehmen den Reichtum des Landes in ihren leeren Händen mit.
Schutz, Sicherheit und Heimstatt zu gewähren. Im Umkehrschluss häuften sich "Staaten", die verfolgten, verwiesen, deportierten
Schimpf und Schande auf ihr Haupt.
Dererart gibt es auch in jüngerer Geschichte zu Hauf.
Die aufnehmenden Staaten haben häufig vom Wissen und Können der Einwanderer und Flüchtlinge partizipert.
Dazu ein Bonmot; Ein ungarischer Regierungsbeamter sagte beim Anblick der der Deportatonszüge.
Das gegen sie nun und nehmen den Reichtum des Landes in ihren leeren Händen mit.
Nemeth- Gründungsmitglied
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Das Zitat des ungarischen Regierungsbeamten kannte ich noch gar nicht.
Wenn es sich nicht um Mord handeln würde, hätte ich jetzt gesagt " ein sehr gelungenes Bonmot".
Wenn es sich nicht um Mord handeln würde, hätte ich jetzt gesagt " ein sehr gelungenes Bonmot".
Gontscharow- Gründungsmitglied
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Hallo Gontscharow,in dem Falle handelt es sich, selten genug in der Geschichte, bei dieser
Deportation nicht um Mord. Sondern nur um ethnische Säuberung. Der ungarische Staat "befreite" sich
von den Donauschwaben.
Heute ist die Welt eine Andere. Die Deportierten von damals, sind die Hofierten von heute.
Somit hatte das Bonmot durchaus seine Berechtigung und auch einen Wahrheitsgehalt.
Deportation nicht um Mord. Sondern nur um ethnische Säuberung. Der ungarische Staat "befreite" sich
von den Donauschwaben.
Heute ist die Welt eine Andere. Die Deportierten von damals, sind die Hofierten von heute.
Somit hatte das Bonmot durchaus seine Berechtigung und auch einen Wahrheitsgehalt.
Nemeth- Gründungsmitglied
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Ach so - er meinte die Deutschen, ich war davon ausgegangen, daß er das über die Juden gesagt hätte.
Trifft aber wohl auf beide zu.
Trifft aber wohl auf beide zu.
Gontscharow- Gründungsmitglied
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Hallo. Diese Flüchtlinge waren willkommen. Gerade erst zum Königreich geworden, befindet sich Preussen Anfang des 18. Jahrhunderts noch ganz am Beginn seiner erstaunlichen Entwicklung. Zwar hatte sich die Einwohnerzahl Berlins zwischen 1690 und 1710 mehr als verdoppelt; trotzdem war die Hauptstadt im Vergleich zu Paris noch ein Nest. Zu tun gab´s mehr als genug. Gerne nahm man im protestantischen Brandenburg/Preussen die Hugenotten auf. Das war keine barmherzige Handlung, sondern sehr pragmatisch. Denn die Neuankömmlinge sind weit überdurchschnittlich ausgebildet. Es befinden sich unter ihnen Akademiker, Ärzte, Gelehrte, Erfinder oder Facharbeiter. Als unterprivilegierte Minderheit im Wettbewerb um die interessantesten und begehrtesten Stellen im Königreich des Sonnenkönigs konnten sie sich "zuhause" nur gegen ihre katholischen Mitbewerber durchsetzen, wenn sie (viel) besser ausgebildet waren. Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal reagiert eine Minderheit so auf den Status Quo und verwirrt die Demographen.
peter o.- Anzahl der Beiträge : 88
Anmeldedatum : 01.07.17
Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Gontscharow schrieb:Nachkommen der Hugenotten traf, handelte es sich ausnahmslos um kultivierte Leute.
Interessante Bemerkung. Wenn ich so drüber nachdenke, deckt sich das auch mit meiner Erfahrung. Ist schon bemerkenswert, wie lange sich soziokulturelle Rahmenbedingungen teilweise halten können.
Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Man darf auch hier sich fragen, ob damals es sich halt nur bestimmte Leute leisten konnten, zu fliehen - oder vielleicht auch nur auf die Idee kamen.
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Marek1964- Admin
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Genau, Marek. Es wurde ja hier festgestellt, dass die Hugenottenflüchtlinge zumindest durchschnittlich kultivierter und wissender waren als sonst. Es war wohl daher, dass die, die sich´s nicht leisten konnten, auch nicht gingen. Sie konnten von der Schweiz oder von Preussen keine Staatshilfe wie heute erhoffen. Schönen Sonntag allerseits.
peter o.- Anzahl der Beiträge : 88
Anmeldedatum : 01.07.17
Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Ja, das stimmt mit Sicherheit. Wobei sich das nicht so grundsätzlich geändert hat, würde ich doch meinen. Zur Flucht benötigt man damals wie heute einiges an finanziellen Mitteln. Damals für die Reise samt verbundenen Kosten und den Neubeginn vor Ort. Heute für Schlepper. Kann sich nach wie vor nicht jeder leisten.
Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Man brauchte die Leute und hat ihnen geholfen zu kommen:
http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00003190#fn:12
… Fast gleichzeitig erließ König Christian V. von Dänemark, der in der gleichen Lage war wie der englische Souverain, ein Edict, durch welches den aus Frankreich auswandernden Augsburger Konfessionsverwandten acht Freijahre, Beibehaltung ihrer Grade und Ehren, den Adligen und Officieren ihr Rang, den Gründern von Fabriken hingegen Häuser, Vorschüsse und allerlei Privilegien versprochen wurden. Am meisten aber bethätigte Holland sein lebhaftes Interesse. Gleich auf die Kunde der ersten Dragonnaden lud es durch Erlaß vom 25. September 1681 die bedrängten Glaubensgenossen zu sich ein. Die Harlemer Zeitung brandmarkte das wiederauflebende Mittelalter schonungslos vor Europa und die Stadt Amsterdam verlieh allen in ihr sich niederlassenden Flüchtlingen das Bürgerrecht. Die im December 1682 "zum Troste der muthigen Bekenner" ausgeschriebene Collecte brachte allein in der Stadt Leiden gegen 20 000 fl. ein. Selbst die Juden in Amsterdam steuerten zum Hugenottenfonds das erkleckliche Sümmchen von 40 000 Gulden. Die französisch redenden reichen wallonischen Kolonien, die in den Jahren 1578 bis 1589 in Amsterdam, Leiden, Harlem, Delft, Utrecht, Dortrecht und Middenburg errichtet worden waren, erleichterten den Ankömmlingen die Ansiedelung.
… Aehnlich fiel das Edict aus, mit dem kaum einen Monat später, am 23. November 1685, Markgraf Christian Ernst von Bayreuth hugenottische Ansiedler zu sich entbot. Etwa 1000 Résugiés gründeten vom October 1686 bis 1688 in Erlangen eine besondere Fabrikstadt, die im Gegensatz zur Altstadt den Namen "Neu=Erlang oder Christian=Erlang" führte und bald zu einer blühenden Kolonie geworden war. Desgleichen versprach Ernst August von Hannover am 1. December 1685 den Hugenotten zwanzigjährige Steuerfreiheit für ihre Waaren, fünfundzwanzigjährige für die neuerbauten Häuser, Zulassung zu allen Diensten und Ehrenämtern, besondere Gerichtsbarkeit und freie Religionsausübung.
… Der Herzog seinerseits sichert den Ankömmlingen für 6 Jahre freie Wohnung und Steuerfreiheit zu. Er verspricht ein Haus erbauen zu wollen, in dessen Mitte ein großer Raum - une grande sale - für die Abhaltung des Gottesdienstes bestimmt werden soll. Denjenigen, die selbst bauen wollen, wird ein Bauplatz unentgeltlich angewiesen, Holz und Steine geliefert werden und für diese die Steuerfreiheit auf 10 Jahre verlängert. Für den Unterhalt eines Predigers und eines Schulmeisters werden 200 Thlr. ausgeworfen. Mit 4 Familien soll der Versuch gemacht werden, sie als Tabackpflanzer auf dem Lande anzusiedeln. Land und einiges Nutzvieh soll ihnen zu Theil werden. Eine größere Anzahl als 30 Familien anzusiedeln, behält sich der Herzog vor. Jedenfalls darf Niemand kommen, bevor er sich angemeldet hat und angenommen ist.
… Drei in Hamburg wohnende Kaufleute, Jacques Vignoles, Alexandre Flavard und Nicolas Gentien, versprachen, 50 französische Familien in das Land zu führen, vorzugsweise Handwerker, "so Wolle verarbeiten." Dieselben sollten redlichen und untadelhaften Rufes sein.
Jede Familie erhielt 50 Thaler Lösegeld, sowie auf die Dauer von 6 Jahren ein allerdings erst zu erbauendes Haus miethfrei. Für die gleiche Zeit wurde allen Freiheit von Auflagen und Steuern versprochen, während man ihnen die Rechte aller sonstigen Unterthanen zusicherte. Die freie Ausübung der reformierten Religion war selbstverständlich.
http://mvdok.lbmv.de/mjbrenderer?id=mvdok_document_00003190#fn:12
… Fast gleichzeitig erließ König Christian V. von Dänemark, der in der gleichen Lage war wie der englische Souverain, ein Edict, durch welches den aus Frankreich auswandernden Augsburger Konfessionsverwandten acht Freijahre, Beibehaltung ihrer Grade und Ehren, den Adligen und Officieren ihr Rang, den Gründern von Fabriken hingegen Häuser, Vorschüsse und allerlei Privilegien versprochen wurden. Am meisten aber bethätigte Holland sein lebhaftes Interesse. Gleich auf die Kunde der ersten Dragonnaden lud es durch Erlaß vom 25. September 1681 die bedrängten Glaubensgenossen zu sich ein. Die Harlemer Zeitung brandmarkte das wiederauflebende Mittelalter schonungslos vor Europa und die Stadt Amsterdam verlieh allen in ihr sich niederlassenden Flüchtlingen das Bürgerrecht. Die im December 1682 "zum Troste der muthigen Bekenner" ausgeschriebene Collecte brachte allein in der Stadt Leiden gegen 20 000 fl. ein. Selbst die Juden in Amsterdam steuerten zum Hugenottenfonds das erkleckliche Sümmchen von 40 000 Gulden. Die französisch redenden reichen wallonischen Kolonien, die in den Jahren 1578 bis 1589 in Amsterdam, Leiden, Harlem, Delft, Utrecht, Dortrecht und Middenburg errichtet worden waren, erleichterten den Ankömmlingen die Ansiedelung.
… Aehnlich fiel das Edict aus, mit dem kaum einen Monat später, am 23. November 1685, Markgraf Christian Ernst von Bayreuth hugenottische Ansiedler zu sich entbot. Etwa 1000 Résugiés gründeten vom October 1686 bis 1688 in Erlangen eine besondere Fabrikstadt, die im Gegensatz zur Altstadt den Namen "Neu=Erlang oder Christian=Erlang" führte und bald zu einer blühenden Kolonie geworden war. Desgleichen versprach Ernst August von Hannover am 1. December 1685 den Hugenotten zwanzigjährige Steuerfreiheit für ihre Waaren, fünfundzwanzigjährige für die neuerbauten Häuser, Zulassung zu allen Diensten und Ehrenämtern, besondere Gerichtsbarkeit und freie Religionsausübung.
… Der Herzog seinerseits sichert den Ankömmlingen für 6 Jahre freie Wohnung und Steuerfreiheit zu. Er verspricht ein Haus erbauen zu wollen, in dessen Mitte ein großer Raum - une grande sale - für die Abhaltung des Gottesdienstes bestimmt werden soll. Denjenigen, die selbst bauen wollen, wird ein Bauplatz unentgeltlich angewiesen, Holz und Steine geliefert werden und für diese die Steuerfreiheit auf 10 Jahre verlängert. Für den Unterhalt eines Predigers und eines Schulmeisters werden 200 Thlr. ausgeworfen. Mit 4 Familien soll der Versuch gemacht werden, sie als Tabackpflanzer auf dem Lande anzusiedeln. Land und einiges Nutzvieh soll ihnen zu Theil werden. Eine größere Anzahl als 30 Familien anzusiedeln, behält sich der Herzog vor. Jedenfalls darf Niemand kommen, bevor er sich angemeldet hat und angenommen ist.
… Drei in Hamburg wohnende Kaufleute, Jacques Vignoles, Alexandre Flavard und Nicolas Gentien, versprachen, 50 französische Familien in das Land zu führen, vorzugsweise Handwerker, "so Wolle verarbeiten." Dieselben sollten redlichen und untadelhaften Rufes sein.
Jede Familie erhielt 50 Thaler Lösegeld, sowie auf die Dauer von 6 Jahren ein allerdings erst zu erbauendes Haus miethfrei. Für die gleiche Zeit wurde allen Freiheit von Auflagen und Steuern versprochen, während man ihnen die Rechte aller sonstigen Unterthanen zusicherte. Die freie Ausübung der reformierten Religion war selbstverständlich.
Skeptik- Anzahl der Beiträge : 1364
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Jedenfalls darf Niemand kommen, bevor er sich angemeldet hat und angenommen ist.
Grundsätzlich hat sich im Vergleich der hugenottischen Flüchtlingsbewegung damals zu heute doch was geändert, denn heute kommen die Flüchtlinge unkontrolliert zu uns.
https://www.youtube.com/watch?v=4qEhnrR0KhA
Mein hugenottischer Vorfahre Richard Henrion komponierte diesen Fehrbelliner Reitermarsch.
Grundsätzlich hat sich im Vergleich der hugenottischen Flüchtlingsbewegung damals zu heute doch was geändert, denn heute kommen die Flüchtlinge unkontrolliert zu uns.
https://www.youtube.com/watch?v=4qEhnrR0KhA
Mein hugenottischer Vorfahre Richard Henrion komponierte diesen Fehrbelliner Reitermarsch.
marylinjackson- Anzahl der Beiträge : 366
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Wurden die Hugenotten damals etwa besser "kontrolliert"? Das würde mich angesichts der porösen Grenzen sehr wundern
Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Im 17. und 18. Jahrhundert gab es Kleinstaaterei mit vielen Schlagbäumen an den Grenzen.
Kein Hugenotte kam damals unkontrolliert an seinen Wunschort.
Kein Hugenotte kam damals unkontrolliert an seinen Wunschort.
marylinjackson- Anzahl der Beiträge : 366
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Das war früher wohl ein ordentliches Verfahren das auf Gegenseitigkeit basierte. Wer kommen wollte, war sehr daran interessiert in Sicherheit mit anderen Hugenotten eine echte Perspektive zu haben. Und die Herrscher, die sie einluden, taten das wohl auch aus Mitmenschlichkeit, aber hauptsächlich waren sie an den besonderen handwerklichen und anderen Kenntnissen der neuen Bewohner interessiert.
Heute wissen Flüchtlinge schon in ihren Herkunftsländern, wie man am besten Grenzen überwindet. Wie man Asyl beantragt, evtl. sich seiner Papieren entledigt und hofft durch eine lange Dauer der Prüfung und Änderung anderer Umstände letztendlich zu einer Duldung zu kommen. Sollte eine Ausweisung drohen gibt es immer noch eine Menge Möglichkeiten diese hinauszuschieben oder zu umgehen.
Da sind heutige Gesetze zum Teil zahnlos oder die Mitmenschlichkeit erzeugt eine gewisse "Beißhemmung".
Heute wissen Flüchtlinge schon in ihren Herkunftsländern, wie man am besten Grenzen überwindet. Wie man Asyl beantragt, evtl. sich seiner Papieren entledigt und hofft durch eine lange Dauer der Prüfung und Änderung anderer Umstände letztendlich zu einer Duldung zu kommen. Sollte eine Ausweisung drohen gibt es immer noch eine Menge Möglichkeiten diese hinauszuschieben oder zu umgehen.
Da sind heutige Gesetze zum Teil zahnlos oder die Mitmenschlichkeit erzeugt eine gewisse "Beißhemmung".
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Die Toleranz vor allem kriminellen Asylbewerbern ist eigentlich ein Verrat an der eigenen Bevölkerung. Denn wenn jemand Hilfe in Anspruch nimmt, und gegen denselben Gewalt anwendet, sollte überhaupt keine Gnade geben. Hier geht unser Humanismus zu weit und gefährdet viele eigene Bürger, die zudem unter der Steuerlast ächzen.
Klartext- Anzahl der Beiträge : 393
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Re: Die Hugenotten - eine Bereicherung für Preussen und die Schweiz
Die Hugenotten sind ein interessantes Thema. 1685 vertrieb sie Ludwig XIV aus Frankreich und ungefähr 170.000 machten sich auf den Weg. Das Vermögen der Flüchtlinge wurde vom französischen Staat konfisziert, den Männern drohte bei Entdeckung lebenslange Galeerenstrafe und die Frauen wurden in Klöster gebracht oder ins Gefängnis geworfen.
Es gab verschiedene Ziele. Die Nordfranzosen zogen in die nahen Niederlande. Für die Hugenotten im Westen Frankreichs bot sich ein Schiff nach England an.
Die Mehrzahl der Hugenotten lebte aber im Süden Frankreichs und versuchte, von dort in die Schweiz zu entkommen. Das kleine Land wurde geradezu überschwemmt von den Flüchtlingen. Die Schweizer Kantone versuchten in Verhandlungen mit deutschen Fürstenhäusern den Weiterzug eines großen Teils der Flüchtlinge zu erreichen.
Aufnahme fanden sie in den verschiedensten Kleinstaaten, Baden ( Friedrichstal, Neureut), Franken (Fürstentum Bayreuth und Fürstentum Ansbach, heute Teil von Bayern), Hessen-Kassel und Württemberg.
20.000 gingen nach Preußen, da Friedrich Wilhelm, der „Große Kurfürst“, am 29. Oktober 1685 das Edikt von Potsdam erließ, um sie in das Land zu locken, nicht ganz einfach, denn "keiner wird Preuße denn aus Not“. Die meisten Hugenotten sammelten sich in Frankfurt am Main. Kurfürst Wilhelm ließ Flugblätter verteilen, auf denen Fluchtwege eingezeichnet waren, wie sie am besten sein Land erreichen konnten. Bald bestand die Einwohnerschaft von Berlin zu einem Viertel aus Hugenotten.
Hass und Ablehnung von der Bevölkerung
Die Hugenotten waren nur bei der Obrigkeit beliebt, nicht bei der Bevölkerung. Die Elendszüge der Flüchtlinge wurden angegriffen und beschimpft. Den Lutheranern waren die Hugenotten Ketzer, die zu Recht jetzt ihre Strafe bekamen. Die Neuansiedler bekamen Steuervergünstigungen, Kredite Zunftfreiheit und andere Privilegien. Die Bevölkerung verweigerte die Bereitstellung von Unterkunft und die freiwillige Abgabe von Geld.“ Der Große Kurfürst forderte darum eine Extrasteuer für die Unterstützung der Flüchtlinge. Dazu kam, dass die Flüchtlinge das Bürgerrecht kostenlos erhalten sollten, dass sie in ihren Siedlungen oft eine eigene Justiz hatten, dass sie sich bald in eigenen Zünften organisierten, dass französisch-reformierte Bauern ein vererbbares Eigentumsrecht über ihre Höfe erhielten und von Frondiensten und Leibeigenschaft befreit waren.
Außerdem: Die Zuwanderer sprachen französisch. Sie richteten französische Schulen ein. Französisch war damals fast europaweit die Sprache der Höfe. Der Adel sprach in Europa französisch, für Friedrich dem Großen war deutsch die Sprache der Kanaille, er selber sprach fast nur französisch. Die Hugenotten hatten also einen Sprachvorteil und machten schnell Karriere bei Hofe.
Offener Hass und Anschläge auf die Hugenotten waren weit verbreitet, zumal sie oft auch in eigenen Vierteln lebten und so etwas wie Parallelgesellschaften bildeten.
Die Integration war außerordentlich schwierig, zumal die preußischen Herrscher daran auch kein Interesse hatten. Offensichtlich kommt es erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert langsam zur Auflösung der Sonderexistenz der Flüchtlinge und zu einer Verschmelzung mit der deutschen Bevölkerung. Bismarck jedenfalls sprach davon, dass die Hugenotten die besten Deutschen sind, die es gibt.
Es gab verschiedene Ziele. Die Nordfranzosen zogen in die nahen Niederlande. Für die Hugenotten im Westen Frankreichs bot sich ein Schiff nach England an.
Die Mehrzahl der Hugenotten lebte aber im Süden Frankreichs und versuchte, von dort in die Schweiz zu entkommen. Das kleine Land wurde geradezu überschwemmt von den Flüchtlingen. Die Schweizer Kantone versuchten in Verhandlungen mit deutschen Fürstenhäusern den Weiterzug eines großen Teils der Flüchtlinge zu erreichen.
Aufnahme fanden sie in den verschiedensten Kleinstaaten, Baden ( Friedrichstal, Neureut), Franken (Fürstentum Bayreuth und Fürstentum Ansbach, heute Teil von Bayern), Hessen-Kassel und Württemberg.
20.000 gingen nach Preußen, da Friedrich Wilhelm, der „Große Kurfürst“, am 29. Oktober 1685 das Edikt von Potsdam erließ, um sie in das Land zu locken, nicht ganz einfach, denn "keiner wird Preuße denn aus Not“. Die meisten Hugenotten sammelten sich in Frankfurt am Main. Kurfürst Wilhelm ließ Flugblätter verteilen, auf denen Fluchtwege eingezeichnet waren, wie sie am besten sein Land erreichen konnten. Bald bestand die Einwohnerschaft von Berlin zu einem Viertel aus Hugenotten.
Hass und Ablehnung von der Bevölkerung
Die Hugenotten waren nur bei der Obrigkeit beliebt, nicht bei der Bevölkerung. Die Elendszüge der Flüchtlinge wurden angegriffen und beschimpft. Den Lutheranern waren die Hugenotten Ketzer, die zu Recht jetzt ihre Strafe bekamen. Die Neuansiedler bekamen Steuervergünstigungen, Kredite Zunftfreiheit und andere Privilegien. Die Bevölkerung verweigerte die Bereitstellung von Unterkunft und die freiwillige Abgabe von Geld.“ Der Große Kurfürst forderte darum eine Extrasteuer für die Unterstützung der Flüchtlinge. Dazu kam, dass die Flüchtlinge das Bürgerrecht kostenlos erhalten sollten, dass sie in ihren Siedlungen oft eine eigene Justiz hatten, dass sie sich bald in eigenen Zünften organisierten, dass französisch-reformierte Bauern ein vererbbares Eigentumsrecht über ihre Höfe erhielten und von Frondiensten und Leibeigenschaft befreit waren.
Außerdem: Die Zuwanderer sprachen französisch. Sie richteten französische Schulen ein. Französisch war damals fast europaweit die Sprache der Höfe. Der Adel sprach in Europa französisch, für Friedrich dem Großen war deutsch die Sprache der Kanaille, er selber sprach fast nur französisch. Die Hugenotten hatten also einen Sprachvorteil und machten schnell Karriere bei Hofe.
Offener Hass und Anschläge auf die Hugenotten waren weit verbreitet, zumal sie oft auch in eigenen Vierteln lebten und so etwas wie Parallelgesellschaften bildeten.
Die Integration war außerordentlich schwierig, zumal die preußischen Herrscher daran auch kein Interesse hatten. Offensichtlich kommt es erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhundert langsam zur Auflösung der Sonderexistenz der Flüchtlinge und zu einer Verschmelzung mit der deutschen Bevölkerung. Bismarck jedenfalls sprach davon, dass die Hugenotten die besten Deutschen sind, die es gibt.
Wallenstein- Gründungsmitglied
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