Konkurrenzreligionen zum Christentum im antiken Rom
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Konkurrenzreligionen zum Christentum im antiken Rom
Ursprung der Erlösungsreligionen
Mit Beginn der Kaiser Zeit lösten sich im Imperium die bisherigen Organisationsformen, den Stamm oder die Stadt auf und wichen einer allgemeinen Romanisierung. Aber mit den traditionellen Strukturen verschwanden auch die sozialen Gemeinschaften, die zugleich Religionsgemeinschaften gewesen waren. Doch die Menschen suchten nach einem neuen Halt und einer neuen Gemeinschaft und fanden diese in den Erlösungs- bzw. Mysterien Religionen, die sich, vorwiegend aus dem Nahen Osten kommend, im Imperium ausbreiteten. (Der Gläubige heißt Myste). Diese Religionen hatten eine Reihe von Gemeinsamkeiten:
Sie suchten den Sinn des Lebens außerhalb der Politik, da sie im römischen Reich den Endpunkt der Geschichte sahen und eine aktive Beteiligung für den einzelnen Bürger, anders als in der Republik, nicht möglich war.
Die Erlösung aus den Mühen und Sorgen des Alltagslebens sahen sie im Jenseits, in einem Leben nach dem Tod. Dort erwartete den Gläubigen ein ewiges und sorgenfreies Leben, was zu Lebzeiten nicht möglich war.
Die Anhänger versuchten schon zu Lebzeiten, Gott nahe zu kommen mit Ritualen wie Gebete oder rituellen Mahlzeiten. Der Gott ist immer gegenwärtig und man kann sich mit ihm symbolisch durch Kulthandlungen verbinden.
Die Geschichte ist eine Heilsgeschichte, sie wird von Gott gelenkt. Es gibt einen Kampf zwischen den bösen und den guten Kräften, doch am Ende wird das Gute sich in einer Art Finale durchsetzen. Gott nimmt selbst an dem Geschehen teil. Er ist, wie etwa Mithras, der kriegerische Kämpfer gegen das Böse oder wie Jesus, der leidende Gott, der nach seinem Tode wieder aufersteht. Die Vorstellung eines leidenden Gottes ist im Orient weit verbreitet. Dahinter standen ursprünglich Fruchtbarkeits- und Vegetationsgottheiten: Im Wechsel der Jahreszeiten stirbt, wie die Natur, so der Gott und wird danach wiedergeboren. Man kann an dem Leiden des Gottes teilhaben: man feiert seine Geburt, erlebt in der Passion seine Schmerzen, trauert über seinen Tod und freut sich über die Auferstehung.
Die Erlösungsreligionen haben Eingangsrituale, wie z.B. die Taufe, man tritt ein in eine neue Gemeinschaft. Man benötigt heiliges Wissen, welches einem von den Führern sukzessive mitgeteilt wird. Man macht verschiedene Erkenntnisstufen durch, um weiter in dem Glauben aufzusteigen. Das heilige Wissen ermöglicht dem Gläubigen die Erkenntnis der transzendentalen Welt. Das heilige Wissen soll auch die Geschichte der Welt, ihren Ursprung, ihre Entwicklung und ihre Beschaffenheit erklären.
Der Gott wird in der Regel abstrakt gedacht, als eine unbestimmte göttliche Kraft, die nicht genau definiert ist. Anders als in den vorherigen Religionen, wo jedem Gott eine bestimmte Eigenschaft zugeschrieben wird, ist der Gott in den Erlösungsreligionen meistens allmächtig.
Erlösungsreligionen entwickeln eine eigene Ethik und Moralvorstellungen. Sie kennen zahlreiche Gebote und Verbote, die der Gläubige einhalten muss, um später erlöst zu werden.
Andere Gottheiten werden häufig akzeptiert, es gibt aber einen Zentralgott, die anderen sind mehr oder weniger bedeutungslos.
Das Christentum hatte es mit einer ganzen Reihe von Konkurrenten zu tun, gegen die es sich durchsetzen musste.
Der Mithras-Kult
Der Mithras Kult kommt höchstwahrscheinlich aus dem Iran und besitzt Elemente der zoroastischen Religiosität mit ihrem Bild der Welt als einem ständigen Kampf zwischen Licht und Finsternis, Gut und Böse, Tag und Nacht.
Mithras wurde auch am 25. Dezember geboren aus einem Fels und anschließend von Hirten gefunden. Am 25. Dezember wurde in Rom die Geburt des Sonnengottes, Sol Invictus, der unbesiegbare Sonnengott, gefeiert. Dieser avancierte im dritten nachchristlichen Jahrhundert zum Reichsgott und 273 n.Chr. erklärte Kaiser Aurelian dies Datum zum Nationalfeiertag. Die Mithras-Anhänger bezeichneten Mihtras auch gelegentlich als Sol Invictus. Dieser Feiertag war im römischen Reich so populär, das die Kirche ihn im vierten Jahrhundert übernahm und kurzerhand zum Geburtstag von Jesus erklärte.
Mithras kämpfte nach seiner Geburt fortwährend gegen die Mächte des Dunkels, symbolisiert durch Schlange und Skorpion, die Verbündeten des Herrn der Finsternis, Ahriman, manchmal auch Satan genannt. Mithras ist aber nicht der leidende, sondern der kämpfende Gott. Er wird nicht gekreuzigt, sondern in den Himmel entrückt. Die Gläubigen steigen nach ihrem Tod zu ihm auf und leben in seinem Lichtreich. Es gibt auch einen Jüngsten Tag mit einem Weltgericht und dem endgültigen Sieg über Ahriman.
Mithras kämpft für das Gute und seine Gemeinschaft ist eine Gemeinschaft der Kämpfenden, in der jeder jedem hilft. Es ist aber weniger christliche Nächstenliebe als Kameradschaft. Der Mithras Kult war daher vor allem bei Soldaten populär. Es gab Kulthandlungen wie Gebete und rituelle Mahlzeiten, in denen man sich wie beim christlichen Abendmahl mit ihm vereinigen konnte. Durch eine Taufe mit Stierblut wurde man in die Gemeinschaft aufgenommen. Das Wissen wurde vermittelt in einer siebensprossigen Stufenleiter der Erkenntnis, um zur höchsten Weisheit zu gelangen.
Der Mithras Kult hatte noch eine Reihe weiterer Gemeinsamkeiten mit dem Christentum. Er konnte aber keine wirkliche Konkurrenz werden, da er keine Frauen aufnahm, sein Wissen nicht populär verbreitete und wenig Missionierung betrieb. Die Christen haben später versucht, diesen Kult vollständig zu vernichten.
Der Isis- Kult
Der ägyptische Isis-Kult konnte sich im römischen Reich ebenfalls ausdehnen. Das Geschwisterpaar Isis und Osiris lebt in einer inzestuösen Gemeinschaft und hat einen gemeinsamen Sohn, Horus. Nach einer alten Legende wird Osiris von seinem bösen Bruder Seth getötet, zerstückelt und über die Erde verstreut. Isis sucht die Leichenteile, setzt sie zusammen und Osiris erwacht zum neuen Leben.
Dieser Kult machte großen Eindruck durch die Fremdartigkeit und den großen Pomp, da die Priester mit vielen Showeffekten arbeiteten. Die Buntheit und der Lärm der Prozession, von denen das Jahr begleitet und bei denen das Leiden des Osiris, die Suche nach ihm und seine Wiedergeburt nachvollzogen wurden, das Fasten, das Wehklagen und die überschwängliche Freude nach der Neugeburt, das hinterließ einen großen Eindruck. Frauen fielen scharenweise in Ekstase zu den Tänzen und der Musik, dieser Kult wurde eine ernsthafte Konkurrenz für die Christen.
Die Isis Staue wurde an Festtagen mit Kleidern und Schmuck behängt und durch die Straßen getragen. Schaut man sich die Abbildungen von Isis mit ihrem Sohn Horus an, ist die Ähnlichkeit von Marienbildern mit dem Kind Jesus verblüffend. Möglicherweise ist der Marien Kult eine Reaktion auf den Isis Kult. Auch Maria gilt als Gottesgebärerin, ihre Bilder und Statuen werden in katholischen Ländern an Festtagen feierlich geschmückt und auf Prozessionen durch die Straßen getragen. Die Parallelen sind zu auffällig, als das sie zufällig sein könnten.
Es gab noch eine Vielzahl weiterer Kulte: Der Kult der „Großen Mutter“ (magna Mater aus Kybele). Ihr Geliebter Attis wird von einem Eber getötet, erwacht aber, nachdem sie ihn findet, zu neuem Leben. Tod und Auferstehung von Attis werden von der Gemeinde im Wandel der Jahreszeiten gefeiert. Die Widerauferstehungsfeier wurde mit orgiastischer Raserei nachvollzogen.
Der Men-Kult aus Anatolien ist ebenfalls ein Fruchtbarkeitskult, verbunden mit Ekstasen und blutigen Reinigungsritualen.
Ich höre jetzt erst einmal auf. Daneben gab es im Kaiserreich eine Neubelebung der griechischen Philosophie, die ohne Götter auskam, wie der Neuplatonismus von Plotin. Diese konnte allerdings nur eine kleine Gruppe Intellektueller befriedigen.
Mit Beginn der Kaiser Zeit lösten sich im Imperium die bisherigen Organisationsformen, den Stamm oder die Stadt auf und wichen einer allgemeinen Romanisierung. Aber mit den traditionellen Strukturen verschwanden auch die sozialen Gemeinschaften, die zugleich Religionsgemeinschaften gewesen waren. Doch die Menschen suchten nach einem neuen Halt und einer neuen Gemeinschaft und fanden diese in den Erlösungs- bzw. Mysterien Religionen, die sich, vorwiegend aus dem Nahen Osten kommend, im Imperium ausbreiteten. (Der Gläubige heißt Myste). Diese Religionen hatten eine Reihe von Gemeinsamkeiten:
Sie suchten den Sinn des Lebens außerhalb der Politik, da sie im römischen Reich den Endpunkt der Geschichte sahen und eine aktive Beteiligung für den einzelnen Bürger, anders als in der Republik, nicht möglich war.
Die Erlösung aus den Mühen und Sorgen des Alltagslebens sahen sie im Jenseits, in einem Leben nach dem Tod. Dort erwartete den Gläubigen ein ewiges und sorgenfreies Leben, was zu Lebzeiten nicht möglich war.
Die Anhänger versuchten schon zu Lebzeiten, Gott nahe zu kommen mit Ritualen wie Gebete oder rituellen Mahlzeiten. Der Gott ist immer gegenwärtig und man kann sich mit ihm symbolisch durch Kulthandlungen verbinden.
Die Geschichte ist eine Heilsgeschichte, sie wird von Gott gelenkt. Es gibt einen Kampf zwischen den bösen und den guten Kräften, doch am Ende wird das Gute sich in einer Art Finale durchsetzen. Gott nimmt selbst an dem Geschehen teil. Er ist, wie etwa Mithras, der kriegerische Kämpfer gegen das Böse oder wie Jesus, der leidende Gott, der nach seinem Tode wieder aufersteht. Die Vorstellung eines leidenden Gottes ist im Orient weit verbreitet. Dahinter standen ursprünglich Fruchtbarkeits- und Vegetationsgottheiten: Im Wechsel der Jahreszeiten stirbt, wie die Natur, so der Gott und wird danach wiedergeboren. Man kann an dem Leiden des Gottes teilhaben: man feiert seine Geburt, erlebt in der Passion seine Schmerzen, trauert über seinen Tod und freut sich über die Auferstehung.
Die Erlösungsreligionen haben Eingangsrituale, wie z.B. die Taufe, man tritt ein in eine neue Gemeinschaft. Man benötigt heiliges Wissen, welches einem von den Führern sukzessive mitgeteilt wird. Man macht verschiedene Erkenntnisstufen durch, um weiter in dem Glauben aufzusteigen. Das heilige Wissen ermöglicht dem Gläubigen die Erkenntnis der transzendentalen Welt. Das heilige Wissen soll auch die Geschichte der Welt, ihren Ursprung, ihre Entwicklung und ihre Beschaffenheit erklären.
Der Gott wird in der Regel abstrakt gedacht, als eine unbestimmte göttliche Kraft, die nicht genau definiert ist. Anders als in den vorherigen Religionen, wo jedem Gott eine bestimmte Eigenschaft zugeschrieben wird, ist der Gott in den Erlösungsreligionen meistens allmächtig.
Erlösungsreligionen entwickeln eine eigene Ethik und Moralvorstellungen. Sie kennen zahlreiche Gebote und Verbote, die der Gläubige einhalten muss, um später erlöst zu werden.
Andere Gottheiten werden häufig akzeptiert, es gibt aber einen Zentralgott, die anderen sind mehr oder weniger bedeutungslos.
Das Christentum hatte es mit einer ganzen Reihe von Konkurrenten zu tun, gegen die es sich durchsetzen musste.
Der Mithras-Kult
Der Mithras Kult kommt höchstwahrscheinlich aus dem Iran und besitzt Elemente der zoroastischen Religiosität mit ihrem Bild der Welt als einem ständigen Kampf zwischen Licht und Finsternis, Gut und Böse, Tag und Nacht.
Mithras wurde auch am 25. Dezember geboren aus einem Fels und anschließend von Hirten gefunden. Am 25. Dezember wurde in Rom die Geburt des Sonnengottes, Sol Invictus, der unbesiegbare Sonnengott, gefeiert. Dieser avancierte im dritten nachchristlichen Jahrhundert zum Reichsgott und 273 n.Chr. erklärte Kaiser Aurelian dies Datum zum Nationalfeiertag. Die Mithras-Anhänger bezeichneten Mihtras auch gelegentlich als Sol Invictus. Dieser Feiertag war im römischen Reich so populär, das die Kirche ihn im vierten Jahrhundert übernahm und kurzerhand zum Geburtstag von Jesus erklärte.
Mithras kämpfte nach seiner Geburt fortwährend gegen die Mächte des Dunkels, symbolisiert durch Schlange und Skorpion, die Verbündeten des Herrn der Finsternis, Ahriman, manchmal auch Satan genannt. Mithras ist aber nicht der leidende, sondern der kämpfende Gott. Er wird nicht gekreuzigt, sondern in den Himmel entrückt. Die Gläubigen steigen nach ihrem Tod zu ihm auf und leben in seinem Lichtreich. Es gibt auch einen Jüngsten Tag mit einem Weltgericht und dem endgültigen Sieg über Ahriman.
Mithras kämpft für das Gute und seine Gemeinschaft ist eine Gemeinschaft der Kämpfenden, in der jeder jedem hilft. Es ist aber weniger christliche Nächstenliebe als Kameradschaft. Der Mithras Kult war daher vor allem bei Soldaten populär. Es gab Kulthandlungen wie Gebete und rituelle Mahlzeiten, in denen man sich wie beim christlichen Abendmahl mit ihm vereinigen konnte. Durch eine Taufe mit Stierblut wurde man in die Gemeinschaft aufgenommen. Das Wissen wurde vermittelt in einer siebensprossigen Stufenleiter der Erkenntnis, um zur höchsten Weisheit zu gelangen.
Der Mithras Kult hatte noch eine Reihe weiterer Gemeinsamkeiten mit dem Christentum. Er konnte aber keine wirkliche Konkurrenz werden, da er keine Frauen aufnahm, sein Wissen nicht populär verbreitete und wenig Missionierung betrieb. Die Christen haben später versucht, diesen Kult vollständig zu vernichten.
Der Isis- Kult
Der ägyptische Isis-Kult konnte sich im römischen Reich ebenfalls ausdehnen. Das Geschwisterpaar Isis und Osiris lebt in einer inzestuösen Gemeinschaft und hat einen gemeinsamen Sohn, Horus. Nach einer alten Legende wird Osiris von seinem bösen Bruder Seth getötet, zerstückelt und über die Erde verstreut. Isis sucht die Leichenteile, setzt sie zusammen und Osiris erwacht zum neuen Leben.
Dieser Kult machte großen Eindruck durch die Fremdartigkeit und den großen Pomp, da die Priester mit vielen Showeffekten arbeiteten. Die Buntheit und der Lärm der Prozession, von denen das Jahr begleitet und bei denen das Leiden des Osiris, die Suche nach ihm und seine Wiedergeburt nachvollzogen wurden, das Fasten, das Wehklagen und die überschwängliche Freude nach der Neugeburt, das hinterließ einen großen Eindruck. Frauen fielen scharenweise in Ekstase zu den Tänzen und der Musik, dieser Kult wurde eine ernsthafte Konkurrenz für die Christen.
Die Isis Staue wurde an Festtagen mit Kleidern und Schmuck behängt und durch die Straßen getragen. Schaut man sich die Abbildungen von Isis mit ihrem Sohn Horus an, ist die Ähnlichkeit von Marienbildern mit dem Kind Jesus verblüffend. Möglicherweise ist der Marien Kult eine Reaktion auf den Isis Kult. Auch Maria gilt als Gottesgebärerin, ihre Bilder und Statuen werden in katholischen Ländern an Festtagen feierlich geschmückt und auf Prozessionen durch die Straßen getragen. Die Parallelen sind zu auffällig, als das sie zufällig sein könnten.
Es gab noch eine Vielzahl weiterer Kulte: Der Kult der „Großen Mutter“ (magna Mater aus Kybele). Ihr Geliebter Attis wird von einem Eber getötet, erwacht aber, nachdem sie ihn findet, zu neuem Leben. Tod und Auferstehung von Attis werden von der Gemeinde im Wandel der Jahreszeiten gefeiert. Die Widerauferstehungsfeier wurde mit orgiastischer Raserei nachvollzogen.
Der Men-Kult aus Anatolien ist ebenfalls ein Fruchtbarkeitskult, verbunden mit Ekstasen und blutigen Reinigungsritualen.
Ich höre jetzt erst einmal auf. Daneben gab es im Kaiserreich eine Neubelebung der griechischen Philosophie, die ohne Götter auskam, wie der Neuplatonismus von Plotin. Diese konnte allerdings nur eine kleine Gruppe Intellektueller befriedigen.
Wallenstein- Gründungsmitglied
- Anzahl der Beiträge : 872
Anmeldedatum : 03.02.15
Re: Konkurrenzreligionen zum Christentum im antiken Rom
Wallenstein schrieb:Ursprung der Erlösungsreligionen
Die Anhänger versuchten schon zu Lebzeiten, Gott nahe zu kommen mit Ritualen wie Gebete oder rituellen Mahlzeiten. Der Gott ist immer gegenwärtig und man kann sich mit ihm symbolisch durch Kulthandlungen verbinden.
Die subjektiv wahrgenommene Verbindung der Adepten mit ihrer Mysteriengottheit ging sicher über das Symbolische hinaus und wurde als höchst real empfunden, was technisch durch die Einnahme von Psychedelica möglich war. Für die Mysterien von Eleusis haben das Wasson/Hofmann/Ruck plausibel gemacht:
http://www.maps.org/images/pdf/books/eleusis.pdf
Für den Mithraskult hat das Carl Ruck ("Mushrooms, Myths and Mithras") plausibel gemacht. Die persische Urform des Kults basierte gesichert auf dem Konsum von Soma (= auch Lieblingstrank des indischen Gottes Indra). Gesichert ist auch, dass die Kybele-Priesterinnen Psychedelica nahmen, um in Ekstase zu geraten.
Manche Forscher vermuten, der eucharistische Wein des Frühchristentums könne identisch mit dem Getränk des Mithraskultes gewesen sein, also ebenfalls psychedelisch.
Als Vorläufer der Mysterienkulte können die schamanischen Praktiken der Vorgeschichte gelten. Ihr Wesen bestand vor allem darin, in unmittelbaren Kontakt mit der übernatürlichen Welt zu treten,
Für die Schamanen und Schamaninnen (letztere vielleicht in der Überzahl) sind die Höhlen Aufenthaltsorte der Geister, mit denen Kontakt aufgenommen wird, um bestimmte Aufgaben, vor allem die Heilung eines Kranken, zu erledigen. Dafür bringen die Sch. sich in den hinteren Teilen der Höhle in die erforderliche ekstatische Verfassung. Dem schamanischen Glauben zufolge hat der Mensch mehrere Seelen und erkrankt, wenn ihm eine dieser Seelen abhanden kommt. Um sie in der übernatürlichen Welt wiederzufinden und in die irdische Welt zurückzuführen, begibt sich der Schamane, seinen Körper verlassend, in die Überwelt. Dafür und für die Rückführung der verlorenen Seele braucht er aber die Hilfe eines Tiergeistes, den er vor Beginn der Reise im ekstatischen Zustand herbeiruft. Erscheint dieser Geist, geht seine Kraft auf den Schamanen über, der nun bereit ist für den gefährlichen Trip.
In der Bronzezeit, als sich staatliche oder proto-staatliche Strukturen herausbildeten und das Religiöse zunehmend politisch kontrolliert wurde, d.h. als das oberste Priesteramt auf den König überging oder ihm zumindest unterstand, wurden schamanische Praktiken, weil sie mit dem beanspruchten exklusiven Zugang des Königs zu den Göttern kollidierten, aus dem öffentlichen Raum verdrängt, lebten inoffiziell aber fort, vor allem in Ägypten, wo priesterliche Mysterienkulte die älteste Tradition hatten und sicher auch Pharaonen an ihren Praktiken teilnahmen. Die durch Jan Assmann bekannt gewordene Unterscheidung zwischen ´exoterischer´ und ´esoterischer´ Religion rührt daher.
Die wesentlichen Unterschiede zwischen exoterischer antiker Religion und ´esoterischem´, dennoch (eine Zeitlang) staatlich gefördertem Mysterienkult sind also:
(1) Das Individuum tritt in direkten Kontakt mit der göttlichen Sphäre, indem es am Wesen eines Gottes (Dionysos, Isis, Mithras, Kybele) partizipiert. Partizipation heißt: Das Individuum verschmilzt mit dem Gott im Prozess seines Sterbens und seiner Wiedergeburt. Effekt: Das Individuum erringt die Unsterblichkeit.
(2) Konkret folgt daraus: Das Individuum erlangt die Garantie für ein glückliches jenseitiges Leben. Das steht in scharfem Kontrast zu den Bedingungen der exoterischen Religion, deren kultische Observanz dem Individuum maximal ein glückliches Leben im Diesseits als Effekt des guten Willens der Götter ermöglicht.
Der Hades und der Tartaros, welche die griechische exoterische Religion für die jenseitige Existenz in Aussicht stellt, sind wegen ihrer Unattraktivität kein Ziel religiöser Bemühungen. Ihre Diesseitsorientierung auf Kosten eines Jenseitsoptimismus hat dieser Exoterik mit der mesopotamischen Religion gemeinsam, während in Ägypten die Vorstellung des Sechet-Iaru, der seligen Jenseitsgefilde, vorherrscht, in welche jene Toten eintreten, die das Totengericht bestanden haben. Dieses Gefilde ist die exoterische Entsprechung der viel sublimeren Jenseitsvorstellung der ägyptischen Mysterienkulte. Ein betont positives Jenseitsdenken kennzeichnet dann auch die von den Ägyptern inspirierten griechischen Mysterienkulte.
Von daher ist wohl klar, dass die Unterschiede zwischen exoterischer und esoterischer Religion ihre Gemeinsamkeiten weit übertreffen. Im Zentrum des mysterienkultischen Bemühens steht letztlich ein Prozess, der die Bedingungen des exoterischen Polytheismus radikal sprengt: Das Individuum steht nicht einem Gott gegenüber, dessen Gnade es ausgeliefert ist, sondern hat Anteil an seiner Identität. Dieses ´Mysterium´ ist in ein polytheistisches Konzept verpackt, steht aber zugleich im diametralen Gegensatz zum Grundprinzip des exoterischen Polytheismus, dass zwischen Göttern und Menschen ein Abgrund klafft, der für die Menschen unüberbrückbar ist.
Damit ist denn auch der Typ der Erlösungsreligion entstanden, in welchem das Christentum eine seiner Wurzeln hat - die andere Wurzel ist das messianische Judentum.
++++
Zur Eucharistie:Paulus, 1 Kor 10:
16 Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? 17 Denn ein Brot ist's, so sind wir viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.
Das ist antiker Mysterienglaube par excellence, nicht anders als die das Eucharistieritual begründende Abendmahlszene, die als Teil eines ursprünglich szenisch aufgeführten Erlöserdramas eines Mysterienkultes interpretiert werden kann, das sich um die Passion eines Erlösergottes dreht. Die Motive der Eucharistie, der Gottessohnschaft, des Erlösers und der Taufe waren traditionelle Elemente antiker Kulte schon vor dem Christentum. Die Art, wie Jesus in der Abendmahlszene seine Jünger in das eucharistische Ritual einweiht, hat Parallelen in traditionellen Mysterienkulten, wo die Explikation des rituellen Aktes durch die jeweilige Gottheit geschieht.
Der Identifizierung des Brotes mit dem "Leib Christi" entsprechen z.B. das Ritual in den Eleusinischen Mystererien, bei dem der Gott Dionysos in Form von Brot (= mit Dionysos identifizierte Frucht seiner Mutter Demeter) und Wein (= aus dem ursprünglichen Dionyoskult) oder ein noch stärkerer Rauschtrank von den Gläubigen verzehrt wird, die dadurch an seiner göttlichen Transformation teilhaben, und das Ritual im Attis-Kult, bei dem der Gott in Form von Brot verzehrt wird, ebenfalls mit dem Zweck der Partizipation am Göttlichen. Ebenso intendiert der Verzehr von Brot und Wein in den Riten des Mithraskultes eine Teilhabe an der göttlichen Kraft des Mithras, genauer: die Erlangung der Weisheit für das irdische Leben und der Unsterblichkeit für das jenseitige Leben. In genau diesem Sinn bezeichnet Ignatius von Antiochien die christliche Eucharistie als pharmakon athanasias, als Medizin für die Unsterblichkeit. (Wobei die Echtheit und frühe Datierung der Ignatiusbriefe keineswegs unumstritten ist).
Der theologische Ausdruck für diese Dynamik ist - bezogen auf die christliche Idee der Eucharistie - ´Transsubstantation´. Psychologisch gesehen ist das eine Spielart des magischen Denkens: Materielles und Metaphysisches wird miteinander identifiziert oder zumindest stark assoziiert. So galten die altorientalischen Götterbildnisse des Polytheismus den Gläubigen nicht nur als Abbildung der Götter, sondern als deren Realmanifestation, d.h. die Götter waren in ihren Bildnissen unmittelbar anwesend.
++++
Zum Thema Sexualität und Mysterienkulte:
Die Vorbehalte in der vorchristlichen Antike gegen Sexualität gehen höchstwahrscheinlich auf brahmanistische Wanderasketen (= Gymnosophisten) zurück, die während des 6. Jh. BCE über Indien und Persien nach Kleinasien und Griechenland gelangten und Einfluss auf das religiöse Denken nahmen, dessen ´progressivste´ Variante damals der gegen die offiziellen Kulte protestierende Orphismus war. Lucius Apuleius bezeichnet im 2. Jh. CE die Brahmanen als Lehrer nicht nur des (dem Orphismus nahe stehenden) Pythagoras, sondern auch des Demokrit und des Platon. Pythagoras habe zunächst ägyptische Weisheit studiert, sei damit aber nicht zufrieden gewesen und habe sich brahmanistischen Lehrern, den Gymnosophisten, zugewandt. Seine Seelen- und Wiedergeburtslehre verdanke er diesen Weisen.
Daraus, dass Pythagoras brahmanistische Lehren rezipierte und dass brahmanistische Gymnosophisten in Griechenland lehrten, kann man zuverlässig auf eine Rezeption auch durch den Orphismus schließen. Aus dieser Strömung mit ihrem legendären Begründer Orpheus gingen die dionysischen und eleusinischen Mysterienkulte hervor. Ein wesentliches orphistisches Prinzip ist der Geist-Körper-Dualismus und die Auffassung, dass das Leibliche ein Gefängnis ist, aus dem die Seele befreit werden muss, um zu ihrem angestammten Ort im göttlichen Jenseits zu gelangen. Charakteristisch für den Orphismus ist auch die Vielzahl der Wiedergeburten, welche die Seele durchläuft, um zur Reife für die letzte Verwandlung zu finden. Unschwer ist in diesen Vorstellungen brahmanistisches Ideengut zu erkennen.
In der orphischen Mythologie setzt sich der Mensch aus einer göttlichen und götterfeindlichen Komponente zusammen: Dionysos wird von den Titanen zerstückelt und gefressen. Zeus verbrennt die Frevler zu Asche und erschafft daraus das Menschengeschlecht. Aufgabe des Menschen ist es, sich von seinen titanischen Anteilen loszusagen und das Dionysische, das Göttliche, im doppelten Wortsinn zu realisieren. Ähnlich wie im sumerischen Mythos von der Erschaffung des Menschen aus Lehm und dem Blut des bösen Gottes Kingu finden sich hier Ansätze zu einer Erbsündenlehre.
Eine Distanzierung zur Sexualität, aber längst noch keine fanatische ´Feindschaft´ wie bei späteren Christen, ergibt sich für die Orphiker also zum einen aus der Leiblichkeit des Sexuellen, die als ein Hindernis oder erschwerender Faktor für die Befreiung der Seele angesehen wird. Zum andern gilt Sexualität - sicher nicht zu Unrecht - auch als Quelle egoistischer und destruktiver Verhaltensweisen und bedarf der Kontrolle und Disziplinierung. Hier zeigt sich die orphische Gegenposition zur exoterischen Mythologie, die Sexualität positiv mit Gewalt konnotiert: Kein Gott vergewaltigt so häufig wie der Herrscher des Olymp. Die Zeus´schen Vergewaltigungsmytheme sind aber nichts anderes als Reflexe der gewaltsamen Unterwerfung der indigenen Population (mit ihren Muttergottheiten) durch kriegerische PIE-Invasoren (mit ihrem Kriegergott Zeus).
Dem orphischen Reinheitsideal entsprechend soll sich ein Adept vor Beginn einer Mysterienfeier mehrere Tage lang sexueller Aktivität enthalten - was ein traditionelles Element auch der späteren Mysterienkulte ist - , natürlich nebst anderen asketischen Maßnahmen, darunter der wichtigsten, dem Verzicht auf Fleischkonsum (begründet mit der Annahme, dass aus Tieren Menschen wiedergeboren werden können). Den orphischen Gruppen gehörten - ebenso wie den Pythagoräern - zahlreiche Frauen an, von Misogynie kann also keine Rede sein, wie sie später beim Christentum mit seinen Phantasien über die Frauen als Dienerinnen des Teufels unauflöslich mit Sexualfeindschaft verbunden war.
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