150 Jahre „Das Kapital“ von Karl Marx
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150 Jahre „Das Kapital“ von Karl Marx
1867 erschien der erste Band von dem „Kapital“. Dazu gab es eine Ausstellung im „Hamburger Museum für Arbeit“ in Hamburg. Band II und Band III erschienen erst nach seinem Tod 1883. Als junger Mann habe ich die drei Bände vor vielen Jahren einmal gelesen. Keine einfache Aufgabe. Verstanden habe ich wohl auch nicht alles.
Natürlich kann ich nicht die komplexe Theorie hier erklären. Vielleicht nur einige Grundzüge:
Marx entwickelt die „objektive Wertlehre“ oder „Arbeitswertlehre“ von Adam Smith und Ricardo weiter. Diese gingen davon aus, dass jede Ware einen Gebrauchswert und einen Tauschwert besitzt. Der Gebrauchswert ist jedes Mal völlig unterschiedlich, deshalb kann man ihn nicht vergleichen. Anders beim Tauschwert. Dies ist eine quantitative Größe, messbar in der Arbeitszeit. Ein Produkt, zu dessen Herstellung 4 Stunden gebraucht wurden, tauscht sich gegen ein anderes Produkt, welches ebenfalls in 4 Stunden erstellt wurde. So tauschen sich gleiche Werte, das Arbeitsquantum ist die gemeinsame Vergleichsgröße, die den Tausch ermöglicht.
Diesen Gedankengang entwickelt Marx weiter. Auch die Arbeitskraft hat einen Gebrauchswert und einen Tauschwert. Der Tauschwert ist der Lohn. Der Gebrauchswert der Arbeitskraft hat aber die Eigenschaft, durch die Arbeit den Produkten einen Wert hinzuzufügen. Der Wert des Produktes ist höher als der Lohn. Der Preis einer Ware hat bei Marx einen doppelten Ursprung: Einerseits soll er das vorgeschossene Kapital (Maschinen, Rohstoffe, Löhne) ersetzen, andererseits auch einen Gewinn abwerfen. Dieser Gewinn, der Mehrwert, entsteht bei Marx durch die Lohnarbeit, da die Arbeitskraft einen höheren Wert erzeugt, als sie selbst kostet. Der Gewinn oder der Mehrwert ist die Differenz zwischen den Kosten und Erlösen, die der Unternehmer erhält. Die Mehrwerttheorie ist die Grundlage seines Ideengebäudes.
In dem Band II entwickelt Marx eine hochinteressante, wirtschaftliche Kreislauftheorie, aufbauend auf den Ideen des Physiokraten Quesnay.
Im Band III beschreibt er die verschiedenen Erscheinungsformen des Mehrwerts im Kapitalismus. Er beschäftigt sich mit dem Handel und den Banken, der Landwirtschaft und einer Reihe anderer Aspekte.
Für Historiker interessant ist das Kapitel 24 im Band I, in dem Marx die Entstehung des Kapitalismus schildert. Im Band III gibt es wichtige Beiträge über die Genese des Handelskapitals und des Wucherkapitals.
Die akademische Fachwelt ignorierte den Band I. Nur die Kaufleute im Rheinland interessierten sich dafür. Der Erste, der sich meldete, war ein gewisser Eugen Dühring, Antisemit und Rassentheoretiker, der vor allem bekannt wurde durch die Schrift von Engels: „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“.
Nach dem Tode von Marx beschäftige sich an den Universitäten die neu entstandene Disziplin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit seiner Lehre. „Die „Jüngere Historische Schule“, Schmoller, Sombart, Büchner usw., auch bekannt als „Katheter-Sozialisten“, begannen sich nun mit den Schriften von Marx zu beschäftigen. Ihre Aufgabe war die Konzipierung einer kaiserlichen Sozialpolitik.
Die Arbeiterschaft hat die Schriften von Marx kaum verstanden. Sie nahmen Vorlieb mit den populären Arbeiten vor allem von Kautsky, der eine Art „Marxismus light“ publizierte.
Aus dem angelsächsischen Bereich breitete sich am Ende des 19. Jahrhunderts die sogenannte „subjektive Wertlehre“ aus als Antwort auf die „objektive Wertlehre“ von Smith und Marx. Sie setzt am Gebrauchswert der Ware an und entwickelt den Begriff des „Nutzens“. Waren haben einen Wert, weil die Konsumenten in ihnen einen Nutzen sehen. Je nachdem, wie hoch sie diesen Nutzen einschätzen, sind sie bereit, dafür eine Summe Geldes zu zahlen. Der Nutzen oder der Wert einer Ware entsteht also im Auge des Betrachters und ist keine objektive Größe. Dieser banale Gedankengang wurde zu einem hochkomplexen mathematischen Gebilde weiterentwickelt.
Damit verengte sich auch der Blickwinkel. Im 19. Jahrhundert hieß die Lehre von der Wirtschaft noch „Politische Ökonomie“, dann Nationalökonomie. Heute heißt sie Volkswirtschaftslehre. Politische und soziale Zusammenhänge wurden weitgehend ausgeblendet. Die Studenten lernen heute einen riesigen, blutleeren Wust von komplizierten Formeln auswendig, von denen oft nicht klar ist, ob sie überhaupt noch einen Bezug zur Realität haben.
Natürlich kann ich nicht die komplexe Theorie hier erklären. Vielleicht nur einige Grundzüge:
Marx entwickelt die „objektive Wertlehre“ oder „Arbeitswertlehre“ von Adam Smith und Ricardo weiter. Diese gingen davon aus, dass jede Ware einen Gebrauchswert und einen Tauschwert besitzt. Der Gebrauchswert ist jedes Mal völlig unterschiedlich, deshalb kann man ihn nicht vergleichen. Anders beim Tauschwert. Dies ist eine quantitative Größe, messbar in der Arbeitszeit. Ein Produkt, zu dessen Herstellung 4 Stunden gebraucht wurden, tauscht sich gegen ein anderes Produkt, welches ebenfalls in 4 Stunden erstellt wurde. So tauschen sich gleiche Werte, das Arbeitsquantum ist die gemeinsame Vergleichsgröße, die den Tausch ermöglicht.
Diesen Gedankengang entwickelt Marx weiter. Auch die Arbeitskraft hat einen Gebrauchswert und einen Tauschwert. Der Tauschwert ist der Lohn. Der Gebrauchswert der Arbeitskraft hat aber die Eigenschaft, durch die Arbeit den Produkten einen Wert hinzuzufügen. Der Wert des Produktes ist höher als der Lohn. Der Preis einer Ware hat bei Marx einen doppelten Ursprung: Einerseits soll er das vorgeschossene Kapital (Maschinen, Rohstoffe, Löhne) ersetzen, andererseits auch einen Gewinn abwerfen. Dieser Gewinn, der Mehrwert, entsteht bei Marx durch die Lohnarbeit, da die Arbeitskraft einen höheren Wert erzeugt, als sie selbst kostet. Der Gewinn oder der Mehrwert ist die Differenz zwischen den Kosten und Erlösen, die der Unternehmer erhält. Die Mehrwerttheorie ist die Grundlage seines Ideengebäudes.
In dem Band II entwickelt Marx eine hochinteressante, wirtschaftliche Kreislauftheorie, aufbauend auf den Ideen des Physiokraten Quesnay.
Im Band III beschreibt er die verschiedenen Erscheinungsformen des Mehrwerts im Kapitalismus. Er beschäftigt sich mit dem Handel und den Banken, der Landwirtschaft und einer Reihe anderer Aspekte.
Für Historiker interessant ist das Kapitel 24 im Band I, in dem Marx die Entstehung des Kapitalismus schildert. Im Band III gibt es wichtige Beiträge über die Genese des Handelskapitals und des Wucherkapitals.
Die akademische Fachwelt ignorierte den Band I. Nur die Kaufleute im Rheinland interessierten sich dafür. Der Erste, der sich meldete, war ein gewisser Eugen Dühring, Antisemit und Rassentheoretiker, der vor allem bekannt wurde durch die Schrift von Engels: „Herrn Eugen Dührings Umwälzung der Wissenschaft“.
Nach dem Tode von Marx beschäftige sich an den Universitäten die neu entstandene Disziplin der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften mit seiner Lehre. „Die „Jüngere Historische Schule“, Schmoller, Sombart, Büchner usw., auch bekannt als „Katheter-Sozialisten“, begannen sich nun mit den Schriften von Marx zu beschäftigen. Ihre Aufgabe war die Konzipierung einer kaiserlichen Sozialpolitik.
Die Arbeiterschaft hat die Schriften von Marx kaum verstanden. Sie nahmen Vorlieb mit den populären Arbeiten vor allem von Kautsky, der eine Art „Marxismus light“ publizierte.
Aus dem angelsächsischen Bereich breitete sich am Ende des 19. Jahrhunderts die sogenannte „subjektive Wertlehre“ aus als Antwort auf die „objektive Wertlehre“ von Smith und Marx. Sie setzt am Gebrauchswert der Ware an und entwickelt den Begriff des „Nutzens“. Waren haben einen Wert, weil die Konsumenten in ihnen einen Nutzen sehen. Je nachdem, wie hoch sie diesen Nutzen einschätzen, sind sie bereit, dafür eine Summe Geldes zu zahlen. Der Nutzen oder der Wert einer Ware entsteht also im Auge des Betrachters und ist keine objektive Größe. Dieser banale Gedankengang wurde zu einem hochkomplexen mathematischen Gebilde weiterentwickelt.
Damit verengte sich auch der Blickwinkel. Im 19. Jahrhundert hieß die Lehre von der Wirtschaft noch „Politische Ökonomie“, dann Nationalökonomie. Heute heißt sie Volkswirtschaftslehre. Politische und soziale Zusammenhänge wurden weitgehend ausgeblendet. Die Studenten lernen heute einen riesigen, blutleeren Wust von komplizierten Formeln auswendig, von denen oft nicht klar ist, ob sie überhaupt noch einen Bezug zur Realität haben.
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Re: 150 Jahre „Das Kapital“ von Karl Marx
Ich habe auch einmal versucht, das Kapital zu lesen, und habe schon nach wenigen Seiten aufgegeben. Das ist auch schon ein sehr interessanter Aspekt der Arbeit Marx': seine Theorien waren eben hochkomplex, intellektuell furchtbar anspruchsvoll, noch dazu relativ schlecht geschrieben (das Manifest übrigens viel besser als das Kapital). Die eigentliche "Zielgruppe", wie wir sie heute sehen, die Arbeiterschaft, hat er damit natürlich nicht erreicht. Dafür gab es wie du richtig schreibst andere.
Das Grundproblem Marx' - und der Grund, warum nichts von dem, was er prophezeite, eintrat - war, dass er von historischen Notwendigkeiten ausging. Für Marx musste das kapitalistische System in einer Revolution enden und in den Kommunismus übergehen, wie schon das feudale System für den Kapitalismus Platz gemacht hatte. So einfach ist die Welt aber bekanntlich nicht und eine kommunistische Revolution in Marxens Sinne hat es demnach auch nie gegeben.
Trotz dieser grundlegenden Fehlannahme hat Marx aber unbestreitbar viel zur Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften beigetragen und wird auch zurecht heute noch gelehrt (zumindest über meine Kollegen, die Wirtschaftshistoriker, kann ich das sagen. In der Volkswirtschaftslehre könnte das tatsächlich anders aussehen). Marx' Verbindung mit dem später existierenden Realsozialismus und mit "Links" an sich macht die Betrachtung seines Werkes heute aber auch immer schwieriger, weil er (teils zu Unrecht wie ich meine) mit dem Blick von heute ideologisch eingefärbt wird.
Das Grundproblem Marx' - und der Grund, warum nichts von dem, was er prophezeite, eintrat - war, dass er von historischen Notwendigkeiten ausging. Für Marx musste das kapitalistische System in einer Revolution enden und in den Kommunismus übergehen, wie schon das feudale System für den Kapitalismus Platz gemacht hatte. So einfach ist die Welt aber bekanntlich nicht und eine kommunistische Revolution in Marxens Sinne hat es demnach auch nie gegeben.
Trotz dieser grundlegenden Fehlannahme hat Marx aber unbestreitbar viel zur Entwicklung der Wirtschaftswissenschaften beigetragen und wird auch zurecht heute noch gelehrt (zumindest über meine Kollegen, die Wirtschaftshistoriker, kann ich das sagen. In der Volkswirtschaftslehre könnte das tatsächlich anders aussehen). Marx' Verbindung mit dem später existierenden Realsozialismus und mit "Links" an sich macht die Betrachtung seines Werkes heute aber auch immer schwieriger, weil er (teils zu Unrecht wie ich meine) mit dem Blick von heute ideologisch eingefärbt wird.
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