17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
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leonidas
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Marek1964
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17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Warum wurde die Zarenfamilie ermordet? Wollten die Bolschewiken wirklich das Geschlecht Romanov ausrotten? Wenn ja, warum haben sie damit mehr als ein halbes Jahr gewartet?
http://www.stern.de/politik/geschichte/erschiessung-der-romanows-das-massaker-am-zarenreich-3761310.html
http://www.stern.de/politik/geschichte/erschiessung-der-romanows-das-massaker-am-zarenreich-3761310.html
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Marek1964- Admin
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Ich könnte mir schon vorstellen, dass es unter den Bolschewiken auch welche gab, die die Romanows nicht umgebracht hätten.
Vermutlich haben die im Artikel erwähnten, zarentreuen Truppen, die auf Jekatarienburg vorrückten, das Gemetzel in dem Moment ausgelöst.
Das Risiko, dass, wenn man die Zarenfamilie in den Westen ins Exil geschickt hätte, von dort Bestrebungen ausgelöst worden wären, das Zarenreich wieder herzustellen, war begründet. Eine ganze Reihe von russischen Adligen hatten neben den Gütern in Russland viel Geld in England und Frankreich geparkt und auch Wohnsitze in London und Paris (vermutlich auch woanders).
Eine Zarenfamilie in London, wo ja auch große Geldbeträge der Zarenfamilie lagen, um die die UdSSR viele Jahre gekämpft hat (es gab wohl irgendwann in den 70er, 80er Jahren einen Vergleich), wäre in der Lage gewesen, immer wieder eine Konterrevolution einzuleiten.
Das man mehr als 6 Monate gewartet hat, hat wohl auch damit zu tun, dass man eventuell über die Familie an deren Vermögen ran wollte, oder dachte, man könne sie noch gebrauchen.
Vermutlich haben die im Artikel erwähnten, zarentreuen Truppen, die auf Jekatarienburg vorrückten, das Gemetzel in dem Moment ausgelöst.
Das Risiko, dass, wenn man die Zarenfamilie in den Westen ins Exil geschickt hätte, von dort Bestrebungen ausgelöst worden wären, das Zarenreich wieder herzustellen, war begründet. Eine ganze Reihe von russischen Adligen hatten neben den Gütern in Russland viel Geld in England und Frankreich geparkt und auch Wohnsitze in London und Paris (vermutlich auch woanders).
Eine Zarenfamilie in London, wo ja auch große Geldbeträge der Zarenfamilie lagen, um die die UdSSR viele Jahre gekämpft hat (es gab wohl irgendwann in den 70er, 80er Jahren einen Vergleich), wäre in der Lage gewesen, immer wieder eine Konterrevolution einzuleiten.
Das man mehr als 6 Monate gewartet hat, hat wohl auch damit zu tun, dass man eventuell über die Familie an deren Vermögen ran wollte, oder dachte, man könne sie noch gebrauchen.
Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
sie haben angst gehabt dass zarentreue eine konterrevolution starten und die zaren wieder einsetzen. dem wollten sie zuvor kommen indem sie die zaren kurzerhand ermorden.
ThomasAral- Anzahl der Beiträge : 135
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
König Georg V. bot seinem Cousin Asyl an, musste sich aber dann seinem Premierminister beugen, der fürchtete eine kommunistische Revolte oder sogar eine Revolution. Allerdings wollten weder der Zar noch die Zarin Russland verlassen. Wie auch immer, es war ein Schauprozess von den Bolschewiki geplant, beim dem Nikolaus der Hauptangeklagte gewesen wäre.
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
zu dem Erschießungspeloton im Opatija Haus in Jekaterinenburg gehörte auch ein gewisser Nagy, ausgesprochen: Notsch wie russich für Nacht.
Schon einmal gehört, Nagy ? Richtig, Imre Nagy , Kommunist. Chef der ungarischen KP im Jahr 1956 beim Aufstand. Später in Moskau angeklagt wegen Konterrevolution und hingerichtet, das Urteil sicher auch verschärft durch die damalige Mordbeteiligung im Opatija-Haus,
Jeder Zar war in Russland eine Ikone, selbst im Geheimen für Kommuisten
Schon einmal gehört, Nagy ? Richtig, Imre Nagy , Kommunist. Chef der ungarischen KP im Jahr 1956 beim Aufstand. Später in Moskau angeklagt wegen Konterrevolution und hingerichtet, das Urteil sicher auch verschärft durch die damalige Mordbeteiligung im Opatija-Haus,
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leonidas- gesperrt
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Heute ist wieder der Jahrestag - 98 Jahre nach dem Ereignis. In einer kurzen Doku in einem tschechischen Server erfuhr ich sogar, dass es die tschechoslowakischen Legionen waren, die sich Jekaterinburg näherten. Sie kämpften auf der Seite der Aliierten (und somit den Weissen), weil sie verständlicherweise nicht mit dem Frieden von Brest-Litowsk einverstanden sein konnten. Mit der Besetzung der transsibirischen Eisenbahn machten sie sich ordentlich bemerkbar und erhielten von westlichen Militärs das Kompliment, "beinahe die Ostfront erneuert" zu haben.
Hier in dieser Situation hatte es jedoch die tragische Konsequenz, dass die Bolschewiken lieber die ganze Familie ermordeten als zu riskieren, dass sie befreit wird.
1998 wurden die Leichen exhumiert, nach Moskau überführt und kirchlich bestattet. Die russisch-orthodoxe Kirche sprach den Zaren und seine Frau heilig.
Hier in dieser Situation hatte es jedoch die tragische Konsequenz, dass die Bolschewiken lieber die ganze Familie ermordeten als zu riskieren, dass sie befreit wird.
1998 wurden die Leichen exhumiert, nach Moskau überführt und kirchlich bestattet. Die russisch-orthodoxe Kirche sprach den Zaren und seine Frau heilig.
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Marek1964- Admin
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
So im großen sind mir die Umstände bekannt, die aber etwas "schwammig" sind. Ich muss mich noch darüber genau belesen. Dann schreibe ich auch noch etwas dazu.
Ceres- Anzahl der Beiträge : 2899
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Es war eine recht unruhige Zeit zu der Zeit der Romanows. Warum diese Familie nach und nach umgebracht wurde, hatte m. E. politische Gründe, denn der Zar und Familie wurden deshalb ermordet, weil die Bolschewiki den „weißen“ Konterrevolutionären keine potentiellen Symbolfiguren überlassen wollten.
Zu Beginn des 20. Jh. hatte Russland gewaltige politische Probleme. Die russischen Randprovinzen, wie das Großfürstentum Finnland oder die Ukraine, widersetzten sich zunehmend der Russifizierungspolitik des Zaren. Bereits unter Alexander III. ging Russland dazu über, den Randprovinzen ihre Freiheiten zu nehmen. Dies führte zu starken Konflikten innerhalb des russischen Reiches.
Das russische Volk hatte die Hoffnung, das sich die Lage unter dem Zaren Nikolaus II. verändern würde, als er den Thron bestieg; jedoch war keine Wende in Sicht. Er hielt sich wie sein Vater an der russischen Autogratie fest.
1905 kam es zur gewaltigen Revolution, die der Zar versuchte, sie zu bekämpfen.
Ich kann mir auch vorstellen, das Rasputin auch auf die Umstände eingewirkt haben könnte; denn dieser "angebliche Heiler und Magier", der den Sohn des Zaren von seiner Blutkrankheit angeblich heilte, genoss die Gunst der Zarin und verkehrte am Hofe der Romanows. Das gefiel der breiten Masse überhaupt nicht. Eher schadete Rasputin das Ansehen der Familie und führte sie zur weitgehende Isolierung.
Die Versorgung mit notwendigen Dingen wie Lebensmittel sank immer mehr. Das Volk darb und der Aufstand der Bevölkerung verschärften sich mehr und mehr. Es führte sogar dazu, das der Zar abdanken musste.
Gleich nach der Abdankung bildete sich das Petrograder Exekutivkomitee und beschloss, die Zarenfamilie unter Arrest zu stellen. Sie wurden nach Sibieren verbannt und dort auch hingerichtet.
Zu Beginn des 20. Jh. hatte Russland gewaltige politische Probleme. Die russischen Randprovinzen, wie das Großfürstentum Finnland oder die Ukraine, widersetzten sich zunehmend der Russifizierungspolitik des Zaren. Bereits unter Alexander III. ging Russland dazu über, den Randprovinzen ihre Freiheiten zu nehmen. Dies führte zu starken Konflikten innerhalb des russischen Reiches.
Das russische Volk hatte die Hoffnung, das sich die Lage unter dem Zaren Nikolaus II. verändern würde, als er den Thron bestieg; jedoch war keine Wende in Sicht. Er hielt sich wie sein Vater an der russischen Autogratie fest.
1905 kam es zur gewaltigen Revolution, die der Zar versuchte, sie zu bekämpfen.
Ich kann mir auch vorstellen, das Rasputin auch auf die Umstände eingewirkt haben könnte; denn dieser "angebliche Heiler und Magier", der den Sohn des Zaren von seiner Blutkrankheit angeblich heilte, genoss die Gunst der Zarin und verkehrte am Hofe der Romanows. Das gefiel der breiten Masse überhaupt nicht. Eher schadete Rasputin das Ansehen der Familie und führte sie zur weitgehende Isolierung.
Die Versorgung mit notwendigen Dingen wie Lebensmittel sank immer mehr. Das Volk darb und der Aufstand der Bevölkerung verschärften sich mehr und mehr. Es führte sogar dazu, das der Zar abdanken musste.
Gleich nach der Abdankung bildete sich das Petrograder Exekutivkomitee und beschloss, die Zarenfamilie unter Arrest zu stellen. Sie wurden nach Sibieren verbannt und dort auch hingerichtet.
Ceres- Anzahl der Beiträge : 2899
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Von Jörg Stuker gibt es ein sehr interessantes Buch über diese Zeit: "Die grosse Parade". Er beschreibt Leben und Wirken seines Onkels, des Schweizers Robert Stuker (1819-1940). Dieser trat 1888 eine Hauslehrerstelle am griechischen Hof in Athen an. Seine integre Persönlichkeit öffnete ihm die europäischen Herrscherhäuser und er erwarb sich einen besonderen Ruf als Vertrauensperson.
Alle Herrscher waren in irgendeiner Weise verwandt mit den Häusern Dänemark, Griechenland und dem Haus Romanow. Als Zar Alexander III. völlig unerwartet 1894 auf der Krim starb, trat sein Sohn als Nikolaus II. sein Erbe an. Noch während der Hoftrauer heiratete er Alix von Hessen-Darmstadt. Verwandt auch mit Philip Mountbatten (Battenberg) dem Ehemann Queen Elisabeths.
Beide waren in keiner Weise geeignet das große Erbe Zar Alexander III. anzutreten. Über Nikolaus II.: Es war nicht persönliche Schlichtheit, sondern - um es kraß zu sagen - eine erschreckende Primitivität, die nirgends stärker zum Ausdruck kommt als in seinen - noch erhaltenen - von 1890 bis 1918 geführten Tagebüchern. Es sind die Aufzeichnungen eines recht mittelmäßig Begabten und eines weniger als durchschnittlich Gebildeten, dem das Schicksal ein Amt übertrug, dessen Größe und Verantwortung er selbst nicht ermessen konnte und dem er nie gewachsen war.
...
Und in unseligster Verbindung sollte Nikolaus II. nun eine Frau wählen, die ihn in seinen Fehlern nur bestärkte und die sowenig wie er jemals fähig war, die Lage nur zu überblicken, geschweige denn zu meistern.
...
Alexandra Feodorowna (Alix von Hessen-Darmstadt) ging jegliches Gefühl für die Stellung als Kaiserin ab. Sie war die Zarin und handelte wie eine kleine Bürgersfrau...
...
Der immer seltsamer werdende intime Kreis um das von der Außenwelt völlig abgeschnittene Kaiserpaar trug eine große Verantwortung am kommenden Unglück. Erster Exponent dieses ominösen Zirkels war Rasputin.
...
Die engstirnige und überspannte Zarin Alexandra stand unter dem Einfluß zwielichtiger Leute. Das lange Ausbleiben des im ganzen Reich ersehnten Thronfolgers (Nach vermeintlichen Schwangerschaften und entsprechenden Skandalen hatte die Zarin anlässlich der Heiligsprechung des Seraphin von Sarow um Mitternacht in der dortigen "Quelle der Fruchtbarkeit" gebadet. Als sie neun Monate darauf eines Knaben genas, wurde ihr Wunderglaube ins umgemessene gesteigert) und nachher dessen Bluterkrankheit ließen die Kaiserin sich an alle nur möglichen Leute hängen, von denen Hilfe zu erwarten war und „die Gott nahe standen“.
…
Rasputin, der fälschlicherweise als Mönch in die Geschichte eingegangen ist, war ein „Staretz“, ein Wanderprediger, und in den Augen des Volkes ein „Heiliger Mann“.Eine Vergangenheit als gewalttätiger Mensch, übler Trinker und Pferdedieb ist ihm nachgewiesen.
…
Rasputin galt als beste Verbindung zum Zaren. Die Sache ging so weit, daß Protopopow gegen den ursprünglichen Willen des Herrschers zum Innenminister ernannt wurde: das Argument Alexandras: „Unser Freund hat ihn empfohlen“, siegte. Auf kleinen Zetteln verfasste Rasputin in ungeschlachter fehlerhafter Schrift Anträge, die überall sofortige und wirksame Beachtung fanden: Da hieß es etwa: „Mein Lieber, Teurer! Entschuldige, mein Teurer! Ist kein Plätzchen da für einen Mitarbeiter? Rasputin.“
…
Rasputin besaß ohne Zweifel hynotische Kräfte und hellseherische Fähigkeiten. Seine regelmäßig erfolgten „Heilungen“ des Thronfolgers bei auftretenden Blutungen können keine Zufälle sein. Dank dieser geleisteten Hilfe war die Zarin dem Staretz völlig hörig, und Nikolaus II. richtet sich wie immer nach dem Willen seiner Frau.
…
In der Nacht des 16. Dezember 1916 wird Rasputin vom Großfürsten Dmitri und seinem Freund Felix Yussupoff in das Palais Yussupoff gelockt. … Die Verschwörer versuchen vergeblich den Staretz mit vergifteten Süßigkeiten und vergiftetem Wein umzubringen: mit Bärenstärke hält er den Anschlag aus. Schließlich gibt Yussupoff mehrere gezielte Schüsse auf ihn ab; tödlich getroffen gelangt Rasputin noch in den Hof, wo er endlich zusammenbricht. Bei der Petrowski-Brücke schlagen die Mörder ein Loch in das dicke Eis der Newa und versenken ihr Opfer als gebündeltes Paket in den Fluß.
…
Eine auf der Brücke unbeachtet liegengeblebene Galosche Rasputins führt die Polizei auf die Spur. Der Zar ist entsetzt, Alexandra verfällt in hysterische Krämpfe; vielleicht peinigt sie die Furcht vor Rasputins Weissagung: „Wenn man mich tötet, wird man auch den Zaren und die Zarin töten, und das Kaiserhaus wird untergehen."
Alle Herrscher waren in irgendeiner Weise verwandt mit den Häusern Dänemark, Griechenland und dem Haus Romanow. Als Zar Alexander III. völlig unerwartet 1894 auf der Krim starb, trat sein Sohn als Nikolaus II. sein Erbe an. Noch während der Hoftrauer heiratete er Alix von Hessen-Darmstadt. Verwandt auch mit Philip Mountbatten (Battenberg) dem Ehemann Queen Elisabeths.
Beide waren in keiner Weise geeignet das große Erbe Zar Alexander III. anzutreten. Über Nikolaus II.: Es war nicht persönliche Schlichtheit, sondern - um es kraß zu sagen - eine erschreckende Primitivität, die nirgends stärker zum Ausdruck kommt als in seinen - noch erhaltenen - von 1890 bis 1918 geführten Tagebüchern. Es sind die Aufzeichnungen eines recht mittelmäßig Begabten und eines weniger als durchschnittlich Gebildeten, dem das Schicksal ein Amt übertrug, dessen Größe und Verantwortung er selbst nicht ermessen konnte und dem er nie gewachsen war.
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Und in unseligster Verbindung sollte Nikolaus II. nun eine Frau wählen, die ihn in seinen Fehlern nur bestärkte und die sowenig wie er jemals fähig war, die Lage nur zu überblicken, geschweige denn zu meistern.
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Alexandra Feodorowna (Alix von Hessen-Darmstadt) ging jegliches Gefühl für die Stellung als Kaiserin ab. Sie war die Zarin und handelte wie eine kleine Bürgersfrau...
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Der immer seltsamer werdende intime Kreis um das von der Außenwelt völlig abgeschnittene Kaiserpaar trug eine große Verantwortung am kommenden Unglück. Erster Exponent dieses ominösen Zirkels war Rasputin.
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Die engstirnige und überspannte Zarin Alexandra stand unter dem Einfluß zwielichtiger Leute. Das lange Ausbleiben des im ganzen Reich ersehnten Thronfolgers (Nach vermeintlichen Schwangerschaften und entsprechenden Skandalen hatte die Zarin anlässlich der Heiligsprechung des Seraphin von Sarow um Mitternacht in der dortigen "Quelle der Fruchtbarkeit" gebadet. Als sie neun Monate darauf eines Knaben genas, wurde ihr Wunderglaube ins umgemessene gesteigert) und nachher dessen Bluterkrankheit ließen die Kaiserin sich an alle nur möglichen Leute hängen, von denen Hilfe zu erwarten war und „die Gott nahe standen“.
…
Rasputin, der fälschlicherweise als Mönch in die Geschichte eingegangen ist, war ein „Staretz“, ein Wanderprediger, und in den Augen des Volkes ein „Heiliger Mann“.Eine Vergangenheit als gewalttätiger Mensch, übler Trinker und Pferdedieb ist ihm nachgewiesen.
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Rasputin galt als beste Verbindung zum Zaren. Die Sache ging so weit, daß Protopopow gegen den ursprünglichen Willen des Herrschers zum Innenminister ernannt wurde: das Argument Alexandras: „Unser Freund hat ihn empfohlen“, siegte. Auf kleinen Zetteln verfasste Rasputin in ungeschlachter fehlerhafter Schrift Anträge, die überall sofortige und wirksame Beachtung fanden: Da hieß es etwa: „Mein Lieber, Teurer! Entschuldige, mein Teurer! Ist kein Plätzchen da für einen Mitarbeiter? Rasputin.“
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Rasputin besaß ohne Zweifel hynotische Kräfte und hellseherische Fähigkeiten. Seine regelmäßig erfolgten „Heilungen“ des Thronfolgers bei auftretenden Blutungen können keine Zufälle sein. Dank dieser geleisteten Hilfe war die Zarin dem Staretz völlig hörig, und Nikolaus II. richtet sich wie immer nach dem Willen seiner Frau.
…
In der Nacht des 16. Dezember 1916 wird Rasputin vom Großfürsten Dmitri und seinem Freund Felix Yussupoff in das Palais Yussupoff gelockt. … Die Verschwörer versuchen vergeblich den Staretz mit vergifteten Süßigkeiten und vergiftetem Wein umzubringen: mit Bärenstärke hält er den Anschlag aus. Schließlich gibt Yussupoff mehrere gezielte Schüsse auf ihn ab; tödlich getroffen gelangt Rasputin noch in den Hof, wo er endlich zusammenbricht. Bei der Petrowski-Brücke schlagen die Mörder ein Loch in das dicke Eis der Newa und versenken ihr Opfer als gebündeltes Paket in den Fluß.
…
Eine auf der Brücke unbeachtet liegengeblebene Galosche Rasputins führt die Polizei auf die Spur. Der Zar ist entsetzt, Alexandra verfällt in hysterische Krämpfe; vielleicht peinigt sie die Furcht vor Rasputins Weissagung: „Wenn man mich tötet, wird man auch den Zaren und die Zarin töten, und das Kaiserhaus wird untergehen."
Skeptik- Anzahl der Beiträge : 1364
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
In seinem Buch "Einst war ich Großfürst" berichtet Alexander Michailowitsch - ein naher Verwandter des letzten russischen Zaren - dass bereits bei der Hochzeit des Zaren mit seiner deutschen Frau das Verhängnis seinen Lauf nahm.
Bei den Feierlichkeiten kamen Tausende aufgrund einer Massenpanik ums Leben.
Der Zar und seine Frau tanzten!
In der Bevölkerung wurde so schon früh der Hass auf die Zarenfamilie geschürt...
Bei den Feierlichkeiten kamen Tausende aufgrund einer Massenpanik ums Leben.
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Falk v. K.- Anzahl der Beiträge : 160
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Falk v. K. schrieb:In seinem Buch "Einst war ich Großfürst" berichtet Alexander Michailowitsch - ein naher Verwandter des letzten russischen Zaren - dass bereits bei der Hochzeit des Zaren mit seiner deutschen Frau das Verhängnis seinen Lauf nahm.
Bei den Feierlichkeiten kamen Tausende aufgrund einer Massenpanik ums Leben.
Der Zar und seine Frau tanzten!
In der Bevölkerung wurde so schon früh der Hass auf die Zarenfamilie geschürt...
Steht das wirklich so in diesem Buch?
Stuker schreibt: Trotz Hoftrauer (wg. Tod von Zar Alexander III.) wurde die Hochzeit des letzten Zaren mit allem vorgeschriebenen Pomp am 7. Dezember 1894 im Winterpalast zu St. Petersburg gefeiert. Die Hochzeitsgesellschaft aber bewegte sich in Trauergewändern, und die Großen der Welt waren sich selbst nicht klar, ob sie zu einer Beisetzung oder zu einer Vermählung hergebeten worden seien.
Die Massenpanik entstand erst zwei Jahre später im Mai 1896 anlässlich der Krönung des neuen Zaren:
Für die Zarenkrönung in Moskau wurde die protokollmäßige Hof- und Landestrauer vorzeitig abgebrochen. Die Hofchargen arbeiteten auf höchsten Touren, um mit dem komplizierten Zeremoniell zurechtzukommen. Dauernd fuhren Sonderzüge ein und brachten die Geladenen. Da jeder Gast das Recht auf den Empfang durch Gleichgestellte beanspruchte, hatten die über vierzig Großfürsten wahrlich alle Hände voll zu tun.
Der vierte Tag - der 26. Mai - brachte die eigentliche Krönung. Nach einem endlosen Defilée durch die Säle trat das Herrscherpaar aus dem Palast und verbeugte sich vorschriftsmäßig unter dem Bogen des "Roten Tores" dreimal tief vor seinem Volk. (Rot war die Altrussische Festfarbe, und auch die Benennung des berühmten "Roten Platzes" in Moskau leitet sich hiervon ab und nicht etwa von der Farbe der bolschewistischen Fahne.)
Auf die eigentliche Krönung folgten drei weitere Tage nicht abreißender Festlichkeiten und überbordender russischer Gastfreundschaft ... Alles endete mit der Abfahrt der Gäste, die wiederum vorschriftsmäßig begleitet wurden. Die Sonderzüge stauten sich am Bahnhof ... Großfürsten salutierten stramm zum Abschied und schliefen dabei fast im Stehen ein.
Die Festfreude wurde jedoch von einem düsteren Ereignis überschattet. Nach der Zermonienordnung sollte am dritten Tag, um elf Uhr vormittags auf dem Chodinkafeld ein öffentliches Fest stattfinden; das Volk sollte Gast des Zaren sein, und eine Verteilung von Speisen, Getränk und Gedenkstücken war vorgesehen. Da wurde gegen Morgen das unsinnige Gerücht gestreut, daß die Geschenke nicht ausreichen dürften, daß man die Teilnehmerzahl weit unterschätzt hätte und daß sicher viele mit leeren Händen heimkehren müßten.
Die aufgehende Sonne enthüllte den Platz mit vielen überreich ausgestatteten Festständen. Eigens hergerichtete riesige pyramidenförmige Gestelle trugen Tausende von Bechern mit dem Namenszug des Zaren. Ein ungenügender Ordnungsdienst leitete die Verteilung.Kaum aber fielen die Absperrungen, stürmte die Volksmenge mit ungeheurer Wucht den Platz. Dort hatte man unterlassen, die von einer Übung der Sappeure her bestehenden Gräben einzuebnen - sie waren nur mangelhaft mit Brettern überdeckt. Die ersten Ankommenden stürzten nun in die Tiefe, weitere wurden nachgestoßen, und unter dem Aufbrüllen von Tausenden von Stimmen entstand ein unbeschreibliches Chaos. Die ausgebrochene Panik führte zu einem Gedränge, das 3000 Teilnehmern das Leben kostete; an Verstümmelten und Verletzten zählte man weit mehr.
Eine Gruppe von Großfürsten unter der Führung Michael Michailowitschs begab sich augenblicklich zum Zaren; sie forderte die sofortige Abdankung des Gouverneurs von Moskau und die Absage der Fortsetzung der Feiern. Aber nichts geschah. Der Zar glaubte zu Unrecht, das feststehende geheiligte Protokoll nicht umstoßen zu können; er tanzte am Abend auf dem Ball des französischen Botschafters, des Grafen Lannes de Montebello, mit unbewegter Miene.
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Interessante Einwürfe, Falk und Skeptik. Der Begriff Massenpanik ist allerdings nicht angebracht, auch wenn er oft verwendet wird. Es sind gleiche Phänomene wie bei den neuzeitlichen Unglücken von Hillsborough in Sheffield, England 1989 oder das Unglück an der Loveparade in Duisburg 2010. Der richtige Begriff ist Massenturbulenz oder Massengedränge. Nicht Panik ist Unglücksursache, sondern ein Gedränge, das sich allmählich aufbaut.
Übrigens gab es bei der Beerdigung von Stalin 1953 in Moskau auch eine unbannte, aber hohe Anzahl Toten.
Ich werde dazu einen Thread eröffnen - morgen wird sich das Unglück von Duisburg zum sechsten Mal jähren.
Ansonsten: Die Kritik an der Zarenfamilie mag berechtigt sein, andererseits gab es kaum bessere Kaiser und Könige zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die in Regierungsverantwortung waren (also nicht die konstitutionellen Monarchen Westeuropas) - allen kann man vorwerfen, dass sie den Wahnsinn erster Weltkrieg nicht verhindert oder dann wenigstens nicht gestoppt haben (Ausnahme vielleicht Karl I. von Habsburg, der es wenigsten versucht hatte).
Übrigens gab es bei der Beerdigung von Stalin 1953 in Moskau auch eine unbannte, aber hohe Anzahl Toten.
Ich werde dazu einen Thread eröffnen - morgen wird sich das Unglück von Duisburg zum sechsten Mal jähren.
Ansonsten: Die Kritik an der Zarenfamilie mag berechtigt sein, andererseits gab es kaum bessere Kaiser und Könige zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die in Regierungsverantwortung waren (also nicht die konstitutionellen Monarchen Westeuropas) - allen kann man vorwerfen, dass sie den Wahnsinn erster Weltkrieg nicht verhindert oder dann wenigstens nicht gestoppt haben (Ausnahme vielleicht Karl I. von Habsburg, der es wenigsten versucht hatte).
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Marek1964- Admin
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Auszug aus dem von mir zitierten Buch:
Mein Bruder Großfürst Nikolaus Michailowitsch: "Bedenke es wohl, Nikki(Zar), ihm fest in die Augen blickend, "das Blut dieser 5000 Männer, Frauen und Kinder wird für immer ein Fluch auf deiner Regierung bleiben............Lass die Feinde des Regierungssystems nicht sagen, der junge Zar habe getanzt, während seine gemordeten Untertanen auf dem Töpferacker verscharrt wurden."
"Einst war ich Großfürst" S. 181
Mein Bruder Großfürst Nikolaus Michailowitsch: "Bedenke es wohl, Nikki(Zar), ihm fest in die Augen blickend, "das Blut dieser 5000 Männer, Frauen und Kinder wird für immer ein Fluch auf deiner Regierung bleiben............Lass die Feinde des Regierungssystems nicht sagen, der junge Zar habe getanzt, während seine gemordeten Untertanen auf dem Töpferacker verscharrt wurden."
"Einst war ich Großfürst" S. 181
Falk v. K.- Anzahl der Beiträge : 160
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
eine Frage bitte, da ich das Buch nicht kenne:
Handelt es sich hierbei um ein Fachbuch oder um einen historischen Roman?
Sollte es sich hierbei um einen historischen Roman handeln, sollte man es nicht als eine Quelle benutzen.
Handelt es sich hierbei um ein Fachbuch oder um einen historischen Roman?
Sollte es sich hierbei um einen historischen Roman handeln, sollte man es nicht als eine Quelle benutzen.
Ceres- Anzahl der Beiträge : 2899
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Es handelt sich um eine Biografie und nicht um einen Roman. Aus einem Roman würde ich selbstverständlich hier nicht zitieren...
Falk v. K.- Anzahl der Beiträge : 160
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Die Formulierungen "Fluch auf deiner Regierung" und "Feinde des Regierungssystems" beziehen sich doch, scheint mir, eher auf den Anlaß der Krönung als auf den der Hochzeit.
Skeptik- Anzahl der Beiträge : 1364
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Falk v. K. schrieb:Es handelt sich um eine Biografie und nicht um einen Roman. Aus einem Roman würde ich selbstverständlich hier nicht zitieren...
Ich wollte nur mal nachfragen, da ich das Buch nicht kenne - wie schon gesagt.
Ceres- Anzahl der Beiträge : 2899
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Eine Frage - gaben eigentlich die Bolschwiken den Zarenmord bekannt oder versuchten sie das geheim zu halten? Aus welchen Motiven?
Moschusochse- Anzahl der Beiträge : 267
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Re: 17. Juli 1918 - Die Erschiessung der Zarenfamilie
Moschusochse schrieb:Eine Frage - gaben eigentlich die Bolschwiken den Zarenmord bekannt oder versuchten sie das geheim zu halten? Aus welchen Motiven?
Am 20. Juli 1918 erschien in einem Extrablatt der Presse die offizielle Mitteilung über die Erschießung Nikolaus Alexandrowitsch Romanows.
„Entsprechend der Verfügung des Rayonsexekutivkomitees des Uraler Arbeiter-, Bauern- und Soldatensowjets wurde der ehemalige Zar und Selbstherrscher Nikolaus Romanow erschossen am 17. Juli 1918. Die Leiche wurde zum Begräbnis freigegeben:
Der Vorsitzende des Exekutivkomitees
Beloborodow
Jekaterinburg, den 20. Juli 1918
10 Uhr morgens"
Dies und über die Motive der Bolschewiken siehe:
https://de.wikipedia.org/wiki/Ermordung_der_Zarenfamilie#Spurenbeseitigung
Skeptik- Anzahl der Beiträge : 1364
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