Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
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Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
Hier möchte ich den Genozid an den Armeniern, von diesen Aghet genannt, thematisieren. Die wikipedia Seite hat ja schon sehr viel gutes, auch zur Vorgeschichte.
http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Armeniern
Heute ist der Völkermord in 25 Staaten anerkannt. Erste waren 1965 Uruguay und die Armenische SSR, letzte Länder Tschechien und Österreich in den letzten Tagen. Die Türkei beorderte darauf ihren Botschafter aus Wien zurück.
Hier soll aber der geschichtliche Hintergrund diskutiert werden, über die aktuelle politische Verarbeitung weise ich auf den Thread "Gaucks bemerkenswerte Rede" den Klartext eröffnet hat und den ich in das Unterforum "Politik in Deutschland" verschoben habe.
Was vielleicht weniger bekannt ist, dass es schon vor 1915 Massaker an den Armeniern gab, der Zahl auch umstritten ist, aber deren Höchstschätzungen aber um die 800 000 Opfern liegen. Von westeuropäischer Seite wurde dabei schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Besserstellung der Minderheiten im osmanischen Reich gefordert.
Als dann die Türken Russland angriffen, schlugen diese zurück und viele Armenier desertierten. Das gab den Anlass zum Genozid.
http://de.wikipedia.org/wiki/V%C3%B6lkermord_an_den_Armeniern
Heute ist der Völkermord in 25 Staaten anerkannt. Erste waren 1965 Uruguay und die Armenische SSR, letzte Länder Tschechien und Österreich in den letzten Tagen. Die Türkei beorderte darauf ihren Botschafter aus Wien zurück.
Hier soll aber der geschichtliche Hintergrund diskutiert werden, über die aktuelle politische Verarbeitung weise ich auf den Thread "Gaucks bemerkenswerte Rede" den Klartext eröffnet hat und den ich in das Unterforum "Politik in Deutschland" verschoben habe.
Was vielleicht weniger bekannt ist, dass es schon vor 1915 Massaker an den Armeniern gab, der Zahl auch umstritten ist, aber deren Höchstschätzungen aber um die 800 000 Opfern liegen. Von westeuropäischer Seite wurde dabei schon in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Besserstellung der Minderheiten im osmanischen Reich gefordert.
Als dann die Türken Russland angriffen, schlugen diese zurück und viele Armenier desertierten. Das gab den Anlass zum Genozid.
Zuletzt von Marek1964 am Sa Apr 25, 2015 9:39 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Marek1964- Admin
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Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
Der Völkermord an den Armeniern war die typische Reaktion eines "ängstlichen" Staates. Ich gebrauche diesen individuellen Begriff, weil er die Nähe der Handlungen eines Staates mit der eines Einzelnen zeigen soll. In meinen Augen ist nicht der starke Mensch der gefährlichste, sondern der schwache:
"Mir blieb doch nichts anderes übrig..."
Damit beginnen die schlimmsten Verbrechen. Das Osmanische Reich stand mit dem Rücken zur Wand. Es hatte ein Jahrhundert der Demütigungen hinter sich. "Der kranke Mann am Bosporus" ist noch heute jedem bekannt. Im Krimkrieg konnte sich das Reich nur mit Unterstützung von Großbritannien und Frankreich halten. Die Situation ähnelte sehr dem anderen sterbenden Riesenreich: China. Ein riesiges Reich voller Rückständigkeit und Armut. Durch Misstände war es diesem Staat "gelungen", die Bevölkerung von Provinzen wie Ägypten und Griechenland fast auf ein Zehntel der antiken Werte zu reduzieren. Auf eine verbindende Sprache wurde über die Jahrhunderte verzichtet. Einzig der Islam konnte die beherrschten Völker einigen. Die Jungtürken erkannten diesen Mangel und wollten die türkische Sprache zur Verkehrssprache erheben, aber so etwas dauert über 3 Generationen und erzeugt so lange Widerstand. Mit Unterstützung der Franzosen und Briten wuchs der arabische Aufstand.
Den Türken musste klar sein, dass sie die Gegner der Entente nur mit fremder Hilfe schlagen konnten. Die Armenier, die sich zum Teil Russland zugewandt hatten, stellten für dieses strauchelnde Land eine Bedrohung dar, die sich mitten in ihrem Stammland befand. Dass diese Bedrohung gering war, lässt sich aus heutiger Sicht leicht sagen. Für den Staat galt "Uns blieb ja nichts anderes übrig." Und so heißt es noch heute.
Für "den Westen" und Armenien halte ich es für wichtig, diese osmanische Sicht zu verstehen. Verständnis hilft den Opfern, Verbrechen zu verzeihen und den Tätern, um Verzeihung zu bitten.
"Mir blieb doch nichts anderes übrig..."
Damit beginnen die schlimmsten Verbrechen. Das Osmanische Reich stand mit dem Rücken zur Wand. Es hatte ein Jahrhundert der Demütigungen hinter sich. "Der kranke Mann am Bosporus" ist noch heute jedem bekannt. Im Krimkrieg konnte sich das Reich nur mit Unterstützung von Großbritannien und Frankreich halten. Die Situation ähnelte sehr dem anderen sterbenden Riesenreich: China. Ein riesiges Reich voller Rückständigkeit und Armut. Durch Misstände war es diesem Staat "gelungen", die Bevölkerung von Provinzen wie Ägypten und Griechenland fast auf ein Zehntel der antiken Werte zu reduzieren. Auf eine verbindende Sprache wurde über die Jahrhunderte verzichtet. Einzig der Islam konnte die beherrschten Völker einigen. Die Jungtürken erkannten diesen Mangel und wollten die türkische Sprache zur Verkehrssprache erheben, aber so etwas dauert über 3 Generationen und erzeugt so lange Widerstand. Mit Unterstützung der Franzosen und Briten wuchs der arabische Aufstand.
Den Türken musste klar sein, dass sie die Gegner der Entente nur mit fremder Hilfe schlagen konnten. Die Armenier, die sich zum Teil Russland zugewandt hatten, stellten für dieses strauchelnde Land eine Bedrohung dar, die sich mitten in ihrem Stammland befand. Dass diese Bedrohung gering war, lässt sich aus heutiger Sicht leicht sagen. Für den Staat galt "Uns blieb ja nichts anderes übrig." Und so heißt es noch heute.
Für "den Westen" und Armenien halte ich es für wichtig, diese osmanische Sicht zu verstehen. Verständnis hilft den Opfern, Verbrechen zu verzeihen und den Tätern, um Verzeihung zu bitten.
Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
Hm. So ganz gefällt mir Dein Beitrag nicht, wie auch er sicher anerkennenswerte Ansäzte enthält. Schon während des Krieges wurde vielfach vermerkt, dass die Deportationen militärisch nicht notwendig sind. Hier tragen auch die Vertreter des Deutschen Kaiserreiches ihre Mitschuld, die organisatorisch Unterstützung boten.
Die Armenier waren eine der wirtschaftlich leistungsfähigeren Bevölkerungsgruppen, die sich aber im grossen und ganzen loyal verhielten. Leider schützte sie der türkische Staat vor den Kurden nicht ausreichend.
Wie alle nicht Moslems waren sie steuerlich benachteiligt. Sicher war der Staat zu heterogen, um ohne weiteres überleben zu können, irgendwie ähnlich wie die Donaumonarchie. Die "Lösung" Völkermord war damals aber auch für die türkische Wirtschaft genauso katastrophal.
So stärkte der Völkermord die Türkei nicht, im Gegenteil, mililtärisch hatte sich die Türkei auch für die Mittelmächte nicht ausgezahlt und eigentlich gehört diese Toleranz des Völkermordes zu weiteren Todsünden des Kaiserreiches, das aus kurzsichtiger Sicht für ohnehin nicht erreichbare Ziele der Menschheitsgeschichte ein gigantisches Verbrecherkapitel zwar nicht verursacht, aber auch nicht zu vereiteln versucht, wiewohl es durchaus Aussicht auf Erfolg gehabt hätte und die Chancen auf einen Sieg eher gesteigert denn gesenkt hätte.
lich
Denn Bedarf einer aufgezwungenen Umgangssprache sehe ich nicht. In mehrsprachigen Regionen sollen alle Sprachen Amtssprachen sein. Hier spricht der Schweizer, aber auch die KuK Monarchie hatte mit dem vorgeschlagenen Gesetz von Graf Badeni eine ihrer Chancen - die leider am Widerstand der Deutschen scheiterte.
Sicher konnte die armenische Gemeinschaft in Konstantinopel türkisch, sonst hätte sie kaum wirtschaftlich tätig sein können. Wozu sollte jemand in Ägypten oder Syrien türkisch können?
Für einen Völkermord darf es kein Verständnis geben, sonst kann man auch Verständnis für Hitler haben. Wobei ich das Wort "Verständnis" insofern akzeptiere, wenn es darum geht, intellektuell nachvollziehen zu können, aus welchen Gründen jemand etwas macht. Verständnis für eine Haltung "ich konnte halt nicht anders" sehe ich als gefährlich an. Hitler konnte nicht anders, denn die Juden wollten die Welt vergiften. Die Jungtürken konnten nicht anders, weil sie einen national homogenen Staat haben wollten. Sie hätten dabei die Armenier nur gleich behandeln müssen wie die Russen. Vor allem hätten sie sie als Herrschernation vor den Kurdischen Banden schützen müssen. Sie hatten die Wahl zwischen einer Konföderation gleichberechtigter Völker oder einem Staat mit einer dominierenden und privilegierten nation. Sie wählten letzteres und tragen nun heute das Stigma einer nation die einen Völkermord auf dem Konto hat.
Mord an wehrlosen, an Frau und Kind - dafür darf es kein Verständnis im Sinne eines "sie konnten halt nicht anders" geben. Es ist ja auch nicht das was die Türkei heute will - die Türken wissen, dass ein solches Verhalten verurteilenswert ist. Sie leugnen es deshalb. Sie leugnen die Absicht des Völkermordes. Sie vermindern die Zahl der Opfer, sprechen von "Umständen des Krieges".
Die Armenier waren eine der wirtschaftlich leistungsfähigeren Bevölkerungsgruppen, die sich aber im grossen und ganzen loyal verhielten. Leider schützte sie der türkische Staat vor den Kurden nicht ausreichend.
Wie alle nicht Moslems waren sie steuerlich benachteiligt. Sicher war der Staat zu heterogen, um ohne weiteres überleben zu können, irgendwie ähnlich wie die Donaumonarchie. Die "Lösung" Völkermord war damals aber auch für die türkische Wirtschaft genauso katastrophal.
So stärkte der Völkermord die Türkei nicht, im Gegenteil, mililtärisch hatte sich die Türkei auch für die Mittelmächte nicht ausgezahlt und eigentlich gehört diese Toleranz des Völkermordes zu weiteren Todsünden des Kaiserreiches, das aus kurzsichtiger Sicht für ohnehin nicht erreichbare Ziele der Menschheitsgeschichte ein gigantisches Verbrecherkapitel zwar nicht verursacht, aber auch nicht zu vereiteln versucht, wiewohl es durchaus Aussicht auf Erfolg gehabt hätte und die Chancen auf einen Sieg eher gesteigert denn gesenkt hätte.
lich
Denn Bedarf einer aufgezwungenen Umgangssprache sehe ich nicht. In mehrsprachigen Regionen sollen alle Sprachen Amtssprachen sein. Hier spricht der Schweizer, aber auch die KuK Monarchie hatte mit dem vorgeschlagenen Gesetz von Graf Badeni eine ihrer Chancen - die leider am Widerstand der Deutschen scheiterte.
Sicher konnte die armenische Gemeinschaft in Konstantinopel türkisch, sonst hätte sie kaum wirtschaftlich tätig sein können. Wozu sollte jemand in Ägypten oder Syrien türkisch können?
Für einen Völkermord darf es kein Verständnis geben, sonst kann man auch Verständnis für Hitler haben. Wobei ich das Wort "Verständnis" insofern akzeptiere, wenn es darum geht, intellektuell nachvollziehen zu können, aus welchen Gründen jemand etwas macht. Verständnis für eine Haltung "ich konnte halt nicht anders" sehe ich als gefährlich an. Hitler konnte nicht anders, denn die Juden wollten die Welt vergiften. Die Jungtürken konnten nicht anders, weil sie einen national homogenen Staat haben wollten. Sie hätten dabei die Armenier nur gleich behandeln müssen wie die Russen. Vor allem hätten sie sie als Herrschernation vor den Kurdischen Banden schützen müssen. Sie hatten die Wahl zwischen einer Konföderation gleichberechtigter Völker oder einem Staat mit einer dominierenden und privilegierten nation. Sie wählten letzteres und tragen nun heute das Stigma einer nation die einen Völkermord auf dem Konto hat.
Mord an wehrlosen, an Frau und Kind - dafür darf es kein Verständnis im Sinne eines "sie konnten halt nicht anders" geben. Es ist ja auch nicht das was die Türkei heute will - die Türken wissen, dass ein solches Verhalten verurteilenswert ist. Sie leugnen es deshalb. Sie leugnen die Absicht des Völkermordes. Sie vermindern die Zahl der Opfer, sprechen von "Umständen des Krieges".
Marek1964- Admin
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Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
Lieber JudasPhatre, ich teile Deine Einschätzung, dass die Deportationen und der Massenmord ein Zeichen der Schwäche waren und man auf diese Art die Schuld auf andere lenken konnte. Andere Glaube und wirtschaftlich stärker. Die Führung kann damit von eigenen Versäumnissen ablenken.
Genau das Gleiche wie 20 Jahre später, als die Nazis es ebenso mit den Juden machten.
In dem Bereich wird es aber schwierig, wenn nicht unmöglich sein Verständnis zu zeigen und zu verzeihen. Besonders, wenn es um den Staat geht.
Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Mensch, der Angehörige bei so einer ethnischen Säuberung verliert, einem individuellen Täter, verzeihen kann, wenn der einsieht an welch schrecklichen Taten er teilgenommen hat und dies bereut.
Aber das die Armenier des Omanischen Reich verzeihen, wie die Juden Nazi-Deutschland, das kann ich mir kaum vorstellen.
Wichtig ist dabei auch, dass man sieht, dass die Betroffenen ja nicht die heutigen Akteure verantwortlich machen. Israel/die Juden machen nicht die Menschen verantwortlich, die nach dem Krieg geboren wurden und die Armenier werden die moderne Türkei nicht verantwortlich machen, wenn von dort ein Zeichen kommt, dass man die die Schuld der Vorfahren erkennt und das Geschehene tief bedauert. Dann wäre das mehr oder weniger vom Tisch und die Achtung vor der Türkei würde wachsen.
Genau das Gleiche wie 20 Jahre später, als die Nazis es ebenso mit den Juden machten.
In dem Bereich wird es aber schwierig, wenn nicht unmöglich sein Verständnis zu zeigen und zu verzeihen. Besonders, wenn es um den Staat geht.
Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Mensch, der Angehörige bei so einer ethnischen Säuberung verliert, einem individuellen Täter, verzeihen kann, wenn der einsieht an welch schrecklichen Taten er teilgenommen hat und dies bereut.
Aber das die Armenier des Omanischen Reich verzeihen, wie die Juden Nazi-Deutschland, das kann ich mir kaum vorstellen.
Wichtig ist dabei auch, dass man sieht, dass die Betroffenen ja nicht die heutigen Akteure verantwortlich machen. Israel/die Juden machen nicht die Menschen verantwortlich, die nach dem Krieg geboren wurden und die Armenier werden die moderne Türkei nicht verantwortlich machen, wenn von dort ein Zeichen kommt, dass man die die Schuld der Vorfahren erkennt und das Geschehene tief bedauert. Dann wäre das mehr oder weniger vom Tisch und die Achtung vor der Türkei würde wachsen.
Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
Wenn man das Wort "Verstehen" im Zusammenhang von so schwer fassbaren Verbrechen wie Pogromen benutzt, darf man nicht ohne weiteres mit Verständnis rechenen . Ich habe nicht gesagt, dass der Massenmord in irgendeiner Weise sinnvoll war, sondern, dass er den Machthabern damals sinnvoll erschien. Dabei spielte übrigens sicher wieder die Idee der Bestrafung von "Verrätern" eine Rolle. "Uns blieb nichts anderes übrig" ist kein Ausdruck von Unterstützung. Dieser Satz leitet, wie ich geschrieben habe, immer ein Verbrechen ein. Ich habe ausdrücklich geschrieben, dass Menschen, die diesen Satz gebrauchen, zu den gefährlichsten Verbrechen fähig sind. Ich finde nur wichtig anzumerken, dass es kein "vernünftiges Verbrechen" war, was den Tätern genutzt hat, sondern reiner Irrsinn von schwachen Menschen. Als Gegenbeispiel mögen die Verbrechen der Sowjetunion und der USA gelten, die Stellvertreterkriege aus kühler Berechnung geführt haben und führen.
Wir reden über das Verzeihen gegenüber den biologischen Erben dieser Zeit. Das darf uns nicht schwerfallen. Die einzige Bedingung kann nur sein, dass die heutige türkische Regierung und die bevölkerung der Türkei das Unrecht einsieht und sich verpflichtet, Ähnliches (Stichwort Kurden) nie mehr zu betreiben.
Ob die Nachkommen der Opfer den Tätern von damals verzeihen, ist eine Frage, die mir seltsam irreal vorkommt. Die Taten von Toten kann man nach meinem Verständnis nicht mehr bestrafen. Man könnte höchstens Wiedergutmachung fordern, aber davon rate ich ab. Nach so langer Zeit vergrößert das nur das Unrecht.
Im Übrigen sehe ich es als Aufgabe des Historikers an, alles verstehen zu wollen, auch den Holocaust in Deutschland (der mir sehr ähnlich zu sein scheint). Auch über das Vergeben und Bereuen hinaus ist nur so eine Wiederholung ausgeschlossen.
Wir reden über das Verzeihen gegenüber den biologischen Erben dieser Zeit. Das darf uns nicht schwerfallen. Die einzige Bedingung kann nur sein, dass die heutige türkische Regierung und die bevölkerung der Türkei das Unrecht einsieht und sich verpflichtet, Ähnliches (Stichwort Kurden) nie mehr zu betreiben.
Ob die Nachkommen der Opfer den Tätern von damals verzeihen, ist eine Frage, die mir seltsam irreal vorkommt. Die Taten von Toten kann man nach meinem Verständnis nicht mehr bestrafen. Man könnte höchstens Wiedergutmachung fordern, aber davon rate ich ab. Nach so langer Zeit vergrößert das nur das Unrecht.
Im Übrigen sehe ich es als Aufgabe des Historikers an, alles verstehen zu wollen, auch den Holocaust in Deutschland (der mir sehr ähnlich zu sein scheint). Auch über das Vergeben und Bereuen hinaus ist nur so eine Wiederholung ausgeschlossen.
Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
Hier ein interessanter Artikel, der davon spricht, dass die Türkei ihre Archive "gesäubert" hat.
https://haypressnews.wordpress.com/2012/05/01/wikileaks-turkische-archive-wurden-bezuglich-des-genozids-an-den-armeniern-gereinigt/
https://haypressnews.wordpress.com/2012/05/01/wikileaks-turkische-archive-wurden-bezuglich-des-genozids-an-den-armeniern-gereinigt/
Moschusochse- Anzahl der Beiträge : 267
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Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
hi Judas Phatre,
Die Absichten der Hohen Pforte damals, können zwar aus den Verflechtungen der Zeit verstanden werden, können aber niemals als Leitschnur für zukünftige "Politik" genutzt werden; vulgo: Geschichte informiert, aber lehrt nicht.
Mit den Stellvertreterkriegen hast du natürlich recht. Ob Ukraine, Afghanistan oder Irak, immer sind und waren die hegemonialen Gelüste von Mächten verantwortlich für das Leid der Menschen. So nimmt der Holocaust eigentlich eine Sonderstellung ein, denn rechtlich oder wirtschaftlich war die Vernichtung der Juden in Europa durch die Deutschen, keine 'Stellvertreteraktion', sondern purer Rassismus, welcher latent aber schon lange in Mitteleuropa waberte.
PS: Korrekturen wg. Doppelgroßbuchstaben, welche trotz Einstellung sich nicht selbst eleminieren
Eine Wiederholung von Übeltaten ist nicht, und wird auch nie, durch schlechte Beispiele aus der Vergangenheit, unwahrscheinlicher. Eine jede Zeit hat ihre Übeltaten; immer gleich aber auch immer anders. Es ist eine stete Kontrolle der Macht erforderlich, und Ausruhen auf überstandenen Übeltaten oder Erfolgen, schafft neue Macht, mit neuen Übeltaten.
Die von Historikern feinsinnig erforschten Taten eines Alexander oder anderer Cäsaren, zeigen der Nachwelt nur, wie sich Macht auswirken kann. Dies ist der Auftrag: sich nicht in einer liberalen Demokratie einrichten zu wollen im Hochgefühl, seine Schandtaten hätten ihn immunisiert gegen kommende; sie kommen immer wieder!
Der Begriff Verstehen, ist zu sehr am Begriff des Verständnisses angelegt. Hier scheint mir die Begrifflichkeit verantwortlich für Missverständnisse zu sein. Etwas intellektuell zu verstehen, heißt ja nicht, ein Verständniss des "Alles verstehen, heißt Alles verzeihen".Wenn man das Wort "Verstehen" im Zusammenhang von so schwer fassbaren Verbrechen wie Pogromen benutzt, darf man nicht ohne weiteres mit Verständnis rechenen .
Die Absichten der Hohen Pforte damals, können zwar aus den Verflechtungen der Zeit verstanden werden, können aber niemals als Leitschnur für zukünftige "Politik" genutzt werden; vulgo: Geschichte informiert, aber lehrt nicht.
so habe ich dies - von dir geschrieben - auch verstanden.Ich habe nicht gesagt, dass der Massenmord in irgendeiner Weise sinnvoll war, sondern, dass er den Machthabern damals sinnvoll erschien.
dass: "uns blieb nichts anderes übrig", muss mitnichten ein Verbrechen einleiten; kann es natürlich. So wie sich in der "Haute Koenigsburg" bei Selestat (Elsaß) Wilhelm II mit dem Satz verewigte "ich habe es nicht gewollt", so finden immer, zu jeder Zeit, Menschen Entschuldigungen für ihre Taten. Diese Dinge kann man eigentlich nur zur Kenntnis nehmen (mit dem Verstand), aber kein Verständnis für die Taten oder deren Folgen haben. Hier liegt eine Spracharmut - welche btw. in der deutschen Sprache begründet ist - vor.Dabei spielte übrigens sicher wieder die Idee der Bestrafung von "Verrätern" eine Rolle. "Uns blieb nichts anderes übrig" ist kein Ausdruck von Unterstützung. Dieser Satz leitet, wie ich geschrieben habe, immer ein Verbrechen ein. Ich habe ausdrücklich geschrieben, dass Menschen, die diesen Satz gebrauchen, zu den gefährlichsten Verbrechen fähig sind. Ich finde nur wichtig anzumerken, dass es kein "vernünftiges Verbrechen" war, was den Tätern genutzt hat, sondern reiner Irrsinn von schwachen Menschen. Als Gegenbeispiel mögen die Verbrechen der Sowjetunion und der USA gelten, die Stellvertreterkriege aus kühler Berechnung geführt haben und führen.
Mit den Stellvertreterkriegen hast du natürlich recht. Ob Ukraine, Afghanistan oder Irak, immer sind und waren die hegemonialen Gelüste von Mächten verantwortlich für das Leid der Menschen. So nimmt der Holocaust eigentlich eine Sonderstellung ein, denn rechtlich oder wirtschaftlich war die Vernichtung der Juden in Europa durch die Deutschen, keine 'Stellvertreteraktion', sondern purer Rassismus, welcher latent aber schon lange in Mitteleuropa waberte.
hier vermischt du - imho - Moral mit Politik. Die christliche Lehre der Liebe und des Verzeihens, mag für Mitteleuropa Gültigkeit haben, ist aber in anderen Weltgegenden nicht unbedingt "Stand der Technik".Wir reden über das Verzeihen gegenüber den biologischen Erben dieser Zeit. Das darf uns nicht schwerfallen. Die einzige Bedingung kann nur sein, dass die heutige türkische Regierung und die bevölkerung der Türkei das Unrecht einsieht und sich verpflichtet, Ähnliches (Stichwort Kurden) nie mehr zu betreiben.
So wenig wie ein amerikanischer Präsident es über die Lippen bringt, sich in Hiroshima für die Taten seiner ehemaligen Kriegsherren zu entschuldigen, so wenig können Nachgeborene über Schuld und Sühne richten. Es gibt unlösbare 'Zustände', welche mit Geld, Moral oder Ablehnung gelöst werden können (oder eben auch nicht).Ob die Nachkommen der Opfer den Tätern von damals verzeihen, ist eine Frage, die mir seltsam irreal vorkommt. Die Taten von Toten kann man nach meinem Verständnis nicht mehr bestrafen. Man könnte höchstens Wiedergutmachung fordern, aber davon rate ich ab. Nach so langer Zeit vergrößert das nur das Unrecht.
da bin ich - entschuldige - völlig anderer Ansicht. Ein Historiker beschreibt, aber er wertet nicht. Wenn ein Tacitus die Germanen als edelmütige, unverdorbene 'Wilde' beschrieb, so verließ er eigentlich sein Fachgebiet und begab sich in das Gebiet der Politik, um seinen Römern die Gefahr vor Verweichlichung oder Dekadenz vor Augen zu führen; aber dies ist nicht Aufgabe eines Historikers.Im Übrigen sehe ich es als Aufgabe des Historikers an, alles verstehen zu wollen, auch den Holocaust in Deutschland (der mir sehr ähnlich zu sein scheint). Auch über das Vergeben und Bereuen hinaus ist nur so eine Wiederholung ausgeschlossen.
PS: Korrekturen wg. Doppelgroßbuchstaben, welche trotz Einstellung sich nicht selbst eleminieren
Eine Wiederholung von Übeltaten ist nicht, und wird auch nie, durch schlechte Beispiele aus der Vergangenheit, unwahrscheinlicher. Eine jede Zeit hat ihre Übeltaten; immer gleich aber auch immer anders. Es ist eine stete Kontrolle der Macht erforderlich, und Ausruhen auf überstandenen Übeltaten oder Erfolgen, schafft neue Macht, mit neuen Übeltaten.
Die von Historikern feinsinnig erforschten Taten eines Alexander oder anderer Cäsaren, zeigen der Nachwelt nur, wie sich Macht auswirken kann. Dies ist der Auftrag: sich nicht in einer liberalen Demokratie einrichten zu wollen im Hochgefühl, seine Schandtaten hätten ihn immunisiert gegen kommende; sie kommen immer wieder!
van Kessel- Anzahl der Beiträge : 445
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Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
hi Moschusochse,
da haben 'die Türken' nicht nur ihre Archive gesäubert, sondern auch gleichzeitig dein Posting?Hier ein interessanter Artikel, der davon spricht, dass die Türkei ihre Archive "gesäubert" hat.
van Kessel- Anzahl der Beiträge : 445
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Re: Aghet - der Genozid, Völkermord an den Armeniern 1915-1918
van Kessel schrieb:hi Moschusochse,da haben 'die Türken' nicht nur ihre Archive gesäubert, sondern auch gleichzeitig dein Posting?Hier ein interessanter Artikel, der davon spricht, dass die Türkei ihre Archive "gesäubert" hat.
Ja, danke van Kessel, habe ich leider erst jetzt bemerkt, nachdem ich wieder etwas zum Thema nachlesen wollte. Hier der link:
https://haypressnews.wordpress.com/2012/05/01/wikileaks-turkische-archive-wurden-bezuglich-des-genozids-an-den-armeniern-gereinigt/
Es hat sich ja wieder viel türkische Hysterie zu dem Thema ergeben - und auf manchen Plattformen kann man nachlesen, dass die Armenier die Osmanen ausrotten wollen oder sich die Türken nur wehren wollten.. das ist es gut nachzulesen, dass es schon vor dem ersten Weltkrieg unherausgeforderte Massaker an den Armeniern gab.
Moschusochse- Anzahl der Beiträge : 267
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