Kolonialismus – gut oder schlecht?
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Kolonialismus – gut oder schlecht?
Im Jahre 1900 beherrschten die Europäer den größten Teil der Erde mit ihren Kolonialsystemen. In der Regel verbindet man dies mit Ausbeutung und Unterentwicklung. Doch die Unterschiede sind gewaltig. Der Kongo und Australien, Vietnam und Neuseeland, Argentinien und Kanada. Alles waren früher Kolonien, doch warum sind einige heute hoch entwickelt, andere nicht? Man muss sie näher klassifizieren.
1.) Rohstoffkolonien mit Plantagen und Bergwerken.
Dies trifft für viele Bereiche in Afrika und Teilen von Asien zu. Die europäischen Betriebe wurden meist mit Zwangsarbeitern betrieben. (Kontraktarbeiter aus Indien und China, Einführung einer Hüttensteuer in Afrika, um die Sippen zu zwingen, einzelne Personen kostenlos als Zwangsarbeiter zur Verfügung zu stellen). Diese Betriebe produzieren nur Rohstoffe und bringen sie unbearbeitet nach Europa. Dort werden sie veredelt und zu Industrieprodukten umgearbeitet, die meist für Europa selbst bestimmt sind. Positive Auswirkungen für die Kolonien sind gering. Die Infrastruktur in Form von Häfen und Eisenbahnen dient nur dem Transport von Rohstoffen und Arbeitskräften. Der innere Markt bleibt klein, die Zwangsarbeiter haben kein Geld, die Betriebe investieren nur in Flächen und Zwangsarbeitern ohne nennenswerte Technik. Konsumgüter aus Europa bedienen den kleinen Markt der reichen Oberschicht und der Europäer. Eigene Industrien entstehen nicht. Unterentwicklung par excellence.
2.) Siedlerkolonien, Typ A.
Freie Siedler betreiben Landwirtschaft für den Weltmarkt ohne eingeborene Arbeitskräfte. Die Eingeborenen werden vernichtet oder dezimiert, spielen für die Wirtschaft keine Rolle.
Beispiel: Australien, Kanada, Neuseeland. Das Land wird an die Siedler relativ egalitär aufgeteilt und von ihnen selbst bewirtschaftet. Es entsteht ein breiter Mittelstand, eine weit gefächerte Nachfrage in Verbindung mit lokalem Handel und Gewerbe.
Oder aber: Ebenfalls Vernichtung der Eingeborenen, jedoch ungleichmäßige Landaufteilung wie in Argentinien und Uruguay. Das Land gehört kleinen Oligarchien, die es mit Lohnarbeitern bewirtschaften oder kurzfristig an Pächter vergeben. Es entsteht kein Mittelstand, der Reichtum konzentriert sich in einer kleinen Oberschicht und wird oft parasitär verwendet. Investitionen allenfalls im Rohstoffbereich, z.B. Schlachthöfe in Buenos Aires. Bei hohen Weltmarktpreisen kann aber zeitweilig auch der Lebensstandard der normalen Bevölkerung steigen.
2.) Siedlerkolonie, Typ B Freie Siedler betreiben Landwirtschaft für den Weltmarkt durch Ausbeutung der einheimischen Arbeitskräfte. Die Arbeitskraft der Eingeborenen ist entscheidend für die Wirtschaft.
Beispiel: Südafrika, Zimbabwe, Kenia, Algerien, Angola, Kongo. Eine kleine Schicht weißer Siedler zieht die Gewinne ein und kauft importierte Konsumgüter, manchmal auch Investitionsgüter. Der Entwicklungsstand kann relativ hoch sein, beschränkt sich aber fast nur auf die weiße Oberschicht. Die Mehrheit der Einheimischen bleibt vom Wohlstand ausgeschlossen. Diese Strukturen sind inzwischen durch Aufstände, Bürgerkriege und Flucht der Weißen weitgehend zerfallen. Teilweise werden die Güter der Weißen jetzt von einheimischen Grundbesitzern weiter geführt.
3.) Handelskolonien. Ausländische Handelsmonopole kontrollieren den Vertrieb von Fertigwaren und Rohstoffen. Einheimische Produzenten werden zum Verkauf ihrer Produkte gezwungen. Hier kann man China als Beispiel nennen. Daneben existierten auch noch eine Reihe Mischformen, wie in Indien. Dort gab es sowohl Handelsmonopole als auch Investitionen in den Rohstoffbereich.
Wie man sieht, der Kolonialismus, konzipiert als ein Ausbeutungssystem, hatte sehr unterschiedliche Ausprägungen gehabt und die langfristigen Ergebnisse sind daher auch sehr verschieden. Die Frage: Gut oder schlecht, die Antwort darauf möchte ich den Lesern überlassen.
1.) Rohstoffkolonien mit Plantagen und Bergwerken.
Dies trifft für viele Bereiche in Afrika und Teilen von Asien zu. Die europäischen Betriebe wurden meist mit Zwangsarbeitern betrieben. (Kontraktarbeiter aus Indien und China, Einführung einer Hüttensteuer in Afrika, um die Sippen zu zwingen, einzelne Personen kostenlos als Zwangsarbeiter zur Verfügung zu stellen). Diese Betriebe produzieren nur Rohstoffe und bringen sie unbearbeitet nach Europa. Dort werden sie veredelt und zu Industrieprodukten umgearbeitet, die meist für Europa selbst bestimmt sind. Positive Auswirkungen für die Kolonien sind gering. Die Infrastruktur in Form von Häfen und Eisenbahnen dient nur dem Transport von Rohstoffen und Arbeitskräften. Der innere Markt bleibt klein, die Zwangsarbeiter haben kein Geld, die Betriebe investieren nur in Flächen und Zwangsarbeitern ohne nennenswerte Technik. Konsumgüter aus Europa bedienen den kleinen Markt der reichen Oberschicht und der Europäer. Eigene Industrien entstehen nicht. Unterentwicklung par excellence.
2.) Siedlerkolonien, Typ A.
Freie Siedler betreiben Landwirtschaft für den Weltmarkt ohne eingeborene Arbeitskräfte. Die Eingeborenen werden vernichtet oder dezimiert, spielen für die Wirtschaft keine Rolle.
Beispiel: Australien, Kanada, Neuseeland. Das Land wird an die Siedler relativ egalitär aufgeteilt und von ihnen selbst bewirtschaftet. Es entsteht ein breiter Mittelstand, eine weit gefächerte Nachfrage in Verbindung mit lokalem Handel und Gewerbe.
Oder aber: Ebenfalls Vernichtung der Eingeborenen, jedoch ungleichmäßige Landaufteilung wie in Argentinien und Uruguay. Das Land gehört kleinen Oligarchien, die es mit Lohnarbeitern bewirtschaften oder kurzfristig an Pächter vergeben. Es entsteht kein Mittelstand, der Reichtum konzentriert sich in einer kleinen Oberschicht und wird oft parasitär verwendet. Investitionen allenfalls im Rohstoffbereich, z.B. Schlachthöfe in Buenos Aires. Bei hohen Weltmarktpreisen kann aber zeitweilig auch der Lebensstandard der normalen Bevölkerung steigen.
2.) Siedlerkolonie, Typ B Freie Siedler betreiben Landwirtschaft für den Weltmarkt durch Ausbeutung der einheimischen Arbeitskräfte. Die Arbeitskraft der Eingeborenen ist entscheidend für die Wirtschaft.
Beispiel: Südafrika, Zimbabwe, Kenia, Algerien, Angola, Kongo. Eine kleine Schicht weißer Siedler zieht die Gewinne ein und kauft importierte Konsumgüter, manchmal auch Investitionsgüter. Der Entwicklungsstand kann relativ hoch sein, beschränkt sich aber fast nur auf die weiße Oberschicht. Die Mehrheit der Einheimischen bleibt vom Wohlstand ausgeschlossen. Diese Strukturen sind inzwischen durch Aufstände, Bürgerkriege und Flucht der Weißen weitgehend zerfallen. Teilweise werden die Güter der Weißen jetzt von einheimischen Grundbesitzern weiter geführt.
3.) Handelskolonien. Ausländische Handelsmonopole kontrollieren den Vertrieb von Fertigwaren und Rohstoffen. Einheimische Produzenten werden zum Verkauf ihrer Produkte gezwungen. Hier kann man China als Beispiel nennen. Daneben existierten auch noch eine Reihe Mischformen, wie in Indien. Dort gab es sowohl Handelsmonopole als auch Investitionen in den Rohstoffbereich.
Wie man sieht, der Kolonialismus, konzipiert als ein Ausbeutungssystem, hatte sehr unterschiedliche Ausprägungen gehabt und die langfristigen Ergebnisse sind daher auch sehr verschieden. Die Frage: Gut oder schlecht, die Antwort darauf möchte ich den Lesern überlassen.
Wallenstein- Gründungsmitglied
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Re: Kolonialismus – gut oder schlecht?
Da muss man natürlich die Frage präzisieren : Gut oder schlecht FÜR WEN ?
Wenn die einheimische Bevölkerung in den Siedlungskolonoien der Europäer fast
ausgerottet wird, wie in der Karibik, Nordamerika oder Australien, so ist dies
sicherlich schlecht für diese, für die Europäer ergab sich eine Möglichkeit, Übersee
eine Chance auf ein neues, freieres und besseres leben - wohlgemerkt, "die Chance", dass viele Auswanderer es nicht oder noch nicht in der ersten oder zweiten Generation schafften,
steht auf einem anderem Blatt.
Auch für die Kautschukzwangsarbeiter in Belgisch-Kongo war der Kolonialismus schlecht, sehr schlecht, sie bezahlten mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben, während die Profite nach Europa gingen.Die Prachtbauten des Königs Leopold II. in Brüssel zeugen noch immer davon.
Wenn die einheimische Bevölkerung in den Siedlungskolonoien der Europäer fast
ausgerottet wird, wie in der Karibik, Nordamerika oder Australien, so ist dies
sicherlich schlecht für diese, für die Europäer ergab sich eine Möglichkeit, Übersee
eine Chance auf ein neues, freieres und besseres leben - wohlgemerkt, "die Chance", dass viele Auswanderer es nicht oder noch nicht in der ersten oder zweiten Generation schafften,
steht auf einem anderem Blatt.
Auch für die Kautschukzwangsarbeiter in Belgisch-Kongo war der Kolonialismus schlecht, sehr schlecht, sie bezahlten mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben, während die Profite nach Europa gingen.Die Prachtbauten des Königs Leopold II. in Brüssel zeugen noch immer davon.
SarahF- Anzahl der Beiträge : 207
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Re: Kolonialismus – gut oder schlecht?
SarahF schrieb:Da muss man natürlich die Frage präzisieren : Gut oder schlecht FÜR WEN ?
Wenn die einheimische Bevölkerung in den Siedlungskolonoien der Europäer fast
ausgerottet wird, wie in der Karibik, Nordamerika oder Australien, so ist dies
sicherlich schlecht für diese, für die Europäer ergab sich eine Möglichkeit, Übersee
eine Chance auf ein neues, freieres und besseres leben - wohlgemerkt, "die Chance", dass viele Auswanderer es nicht oder noch nicht in der ersten oder zweiten Generation schafften,
steht auf einem anderem Blatt.
Auch für die Kautschukzwangsarbeiter in Belgisch-Kongo war der Kolonialismus schlecht, sehr schlecht, sie bezahlten mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben, während die Profite nach Europa gingen.Die Prachtbauten des Königs Leopold II. in Brüssel zeugen noch immer davon.
Ich hatte die Frage auch bewusst etwas schwammig und provokativ formuliert. Natürlich gab es im Kolonialismus Gewinner und Verlierer, und viele heutige Probleme resultieren daraus, dass es viel zu viele Verlierer gab und gibt.
Die Menschen in Australien leben gerne dort. Für die wenigen Überlebenden der Ureinwohner gilt dies vielleicht nicht unbedingt.
Der Kongo zeigt verheerende Auswirkungen des Kolonialismus, denn der „Freistaat Kongo“ von Leopold war eines der übelsten Ausbeutungsinstitutionen überhaupt. Anschließend, als die belgischen Siedler kamen, wurde es ein wenig zivilisierter, man betrieb die Ausbeutung nicht mehr so massiv wie vorher.
Der Kolonialismus hat zumindest Grundlagen für eine spätere, moderne wirtschaftliche Entwicklung geschaffen. Dies wurde in einigen Ländern genutzt, in anderen nicht.
Im Kongo kam nach der Unabhängigkeit eine Kleptokratie an die Macht, Mobuto hat das Land ausgesaugt, aber nichts investiert. Von den ursprünglich 3.000 km Eisenbahnschienen, gab es danach nur noch 700 km. Sogar die Trasse wurde abgebaut und das Eisen verkauft. Die Lokomotiven und Waggons, alles kaputt, die Stationen geschlossen und verwildert. Von der prächtigen Kongoflotte fuhr zum Schluss nur noch ein Schiff, die Bergewerke waren alle abgesoffen, die Plantagen der Belgier vom Urwald überwuchert. Die gesamte koloniale Struktur verfallen und aufgelöst, ein Rückfall in archaische Zeiten. Der Schriftsteller Naipaul zeigt in dem Buch „An der Biegung des großen Flusses“, wie sich das Land vollkommen auflöst.
So etwas ist auch in anderen Staaten passiert. Die koloniale Struktur wurde so lange benutzt, bis nichts mehr funktionierte. Vielleicht glaubte man, dass es ausreicht, Gewinne zu konsumieren, dass aber vorher auch investiert werden muss, das hatte man „vergessen“.
Wallenstein- Gründungsmitglied
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Re: Kolonialismus – gut oder schlecht?
Es ist halt immer die Frage, inwieweit sich eine eigentständige Kultur heranbildet, die leistungsfähig ist . Dies wiederum ist davon abhängig, ob die neuen Eliten sich als Förderer einen neuen Entwicklung sehen, als Diener der Gemeinschaft, wie die aufgeklärt absolutistische Herrscher.
Das von Wallenstein erwähnte Beispiel von Mobutu ist sinnbildlich: Eine Elite, die voll korrupt ist und selbst an der Substanz zehrt -siehe Abbau von Eisenbahnschienen. Wahnsinn. Es gibt viele korrupte Länder, aber sowas ist krass.
Aber entsprechend schlecht geht es dem schwarzen Kontient. Mehr als 60 Jahre, drei Generationen nach dem Ende des Kolonialismus taugt die Ausrede, alles schlechte sei auf diesen zurüczuführen nicht mehr. In Asien sieht die Entwicklung ganz anders aus.
Das von Wallenstein erwähnte Beispiel von Mobutu ist sinnbildlich: Eine Elite, die voll korrupt ist und selbst an der Substanz zehrt -siehe Abbau von Eisenbahnschienen. Wahnsinn. Es gibt viele korrupte Länder, aber sowas ist krass.
Aber entsprechend schlecht geht es dem schwarzen Kontient. Mehr als 60 Jahre, drei Generationen nach dem Ende des Kolonialismus taugt die Ausrede, alles schlechte sei auf diesen zurüczuführen nicht mehr. In Asien sieht die Entwicklung ganz anders aus.
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