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Sozialleistungen in der Weimarer Republik

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Beitrag von Moschusochse Di Nov 03, 2015 2:36 pm

Moin,

wie war das eigentlich mit den Sozialleistungen in der Weimarer Republik für die Kriegsinvaliden, entlassene Soldatn, Witwen und Waisen?
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Beitrag von SarahF Mi Nov 04, 2015 1:27 pm

Nicht so dolle - vieles von dem, was wir heute als Sozialleistungen für selbstverständlich halten, wurde erst von den Nazis eingeführt bzw. nennenswert ausgebaut. Der Historiker Götz Aly hat darüber gearbeitet und in seinen Büchern die NS-Sozialpolitik detailliert dargelegt,
wodurch sich automatisch der Vergleich zur vorhergehenden SItuation in der Weimarer Republik ergibt . Diese war einfach kein wohlhabender Staat und sollte nach dem Willen der Entente - hauptsächlich der Franzosen - auch möglichst klein gehalten werden. Und das in jeder Hinsicht : militärisch ( 100.000 Mann Heer), politisch ( außenpolitische Isolation - keine Aufnahme in den Völkerbund etc), territorial ( Gebietsabtretungen und Vereinigungsverbot mit Österreich) und ökonomisch ( Handelsbeschränkungen ), all dies festgelegt im Vertrag von Versailles.
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Beitrag von Moschusochse Mi Nov 04, 2015 1:42 pm

Haben die denn aber überhaupt irgendetwas gekriegt? Und während des Krieges?
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Beitrag von Wallenstein Mi Nov 04, 2015 1:50 pm

Nun, ganz so schlecht sah es in Weimar nun auch nicht aus. Die wichtigste Maßnahme war die Einführung der Arbeitslosenversicherung 1927. Der ging aber in der Krise das Geld aus.

Die Gemeinden erhoben eine Hauszinssteuer von Grundeigentümern und förderten damit den öffentlichen Wohnungsbau.

Das System der Krankenversicherung wurde auf mehr Arbeitnehmer ausgeweitet als vorher üblich.

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Beitrag von Moschusochse Di Nov 10, 2015 1:39 pm

Wie waren aber die Leistungen für die Witwen und Kriegsinvaliden nach dem Krieg? Gab es was für arbeitslose Soldaten?
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Beitrag von Gontscharow Mi Nov 11, 2015 1:51 pm

Ich nehme an, du meinst die  "Leistungen" nach dem I.Weltkrieg, da es ja hier um die
Weimarer Republik geht. Die Weimarer Republik konnte ökonomisch in keinem der Jahre ihres Bestehens an die Wirtschaftsleistungen des Kaiserreiches anknüpfen, vom westdeutschen Wirtschaftswunder der 50er und 60er Jahre ganz zu schweigen.
Deshalb kann man es auf den Nenner bringen, daß die Weimar bestimmenden Parteien wie SPD und Zentrum wohl gerne gemäß ihrer Programme einen Sozial- bzw. Wohlfahrtsstaat aufgebaut hätten, daß aber die dazu nötige tragende wirtschaftliche Leistung nicht ausreichte. Noch dazu war die erste deutsche Demokratie mit absurd hohen Reparationsforderungen der Franzosen konfontriert, auf die erst 1932 endültig verzichtet wurde (auf die Zahlungen aus Deutschland wurde angesichts der Unrealisierbarkeit wegen der Weltwirtschaftskrise verzichtet, nicht auf den "Anspruch"). Wäre also die Wirtschaftsleistung Deutschlands besser gewesen, hätte Paris seinen Anspruch auf diese Steuermehreinnahmen geltend gemacht.
In Weimar bekam man eine kurze Zeit lang Arbeitslosengeld ( i.d.R. ein halbes Jahr ), danach fiel man ins Nichts. So etwas wie Hartz IV existierte nicht. Suppenküchen und andere Wohlfahrtseinrichtungen der Kirchen linderten die Not nur sehr notdürftig.
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Beitrag von Wallenstein Mi Nov 11, 2015 2:46 pm

Nach der Einführung des Arbeitslosengeldes 1927 hatte der Arbeitsnehmer Anspruch auf maximal 26 Wochen Arbeitslosengeld. Danach trat die sogenannte Krisenunterstützung in Kraft, ein abgesenktes Arbeitslosengeld. Wenn dies auslief, war die Gemeinde zuständig, in der man lebte und man konnte Fürsorge von der Gemeinde beantragen.

Im Frühjahr 1931 wurden 4,7 Millionen Arbeitslose wie folgt unterstützt:

43 v. H. Arbeitslosenversicherung
21 v.H. Krisenfürsorge
23 v.H. Fürsorge der Gemeinde
13 v.H. ohne Unterstützung

Im weiteren Verlauf der Krise wurden immer mehr Menschen abhängig von der Fürsorge der Gemeinde. (Henning, Das industrialisierte Deutschland 1914 bis 1976; München 1976, S.130)

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde eine Kriegsopferversorgung ins Leben gerufen, die zeitweilig 1/3 aller Reichsausgaben umfasste (Invaliden- und Witwenrenten).

Die Mutterschutzgesetzgebung wurde nach 1918 verbessert.

Die bisherige Armenpflege der Gemeinden wurde 1924/26 erheblich verbessert und erhielt nun die Bezeichnung Fürsorge.

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Beitrag von Nemeth Mi Nov 11, 2015 6:16 pm

Was natürlich von allgemeinen Interesse wäre:
In welchem Verhältnis waren diese Leistungen zu
den Lebenshaltungskosten ?
Konnte man überhaupt davon leben ?
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Beitrag von Gontscharow Do Nov 12, 2015 1:36 pm

Das Wort "Fürsorge" hat bis heute einen negativen Klang, obwohl man es schon vor Jahrzehnten durch andere Begriffe ersetzt hatte ( z.B. "Sozialhilfe" statt der Gemeindefürsorge, heute ALG II , im Volksmund "Hartz IV").
Ob die Fürsorge der Gemeinde für ihre Arbeitslosen und sonstigen Bedürftigen zum Überleben reichte, ist insofern eine schwierige Frage, weil die Rahmenbedingungen sich ständig änderten. In meiner Heimatstadt konnte man wegen wegbrechender Steuereinnahmen im Grunde ab 1931 keine Fürsorge mehr bezahlen - die gleiche Situation galt zuvor in den Inflationsjahren. Man behalf sich mit Verschuldung, um das bloße Überleben zu sichern. Man schaue sich im Netz die langen Schlangen vor den Suppenküchen Anfang der 30er Jahre ( im Englischen hießen diese Schlangen übrigens "welfare line" wie ich neulich zufällig erfahren habe) und die Kleidung, den Ernährungszustand und das Minenspiel der Menschen, die dort anstanden an, und die Frage, ob man davon leben konnte, ist beantwortet: Man wurde vor dem Hungertod gerettet.
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Beitrag von Marek1964 Do Nov 12, 2015 10:10 pm

Das war der Wahnsinn der damaligen Politik – der Geldpolitik genau gesagt. Vor allem in den USA aber auch in Duetschland und anderen Ländern wurde die Geldmenge reduziert und damit die Wirtschaft abgewürgt, was zu Steuereinnameverlusten führte – der schlichte Wahnsinn.

Das schlechte Verständnis dafür, was Geld ist, führte einmal zur Hyperinflation und das andere Mal zur Erdrosselung der Wirtschaft. Beides hat Hitler genützt.

Nach dem zweiten Weltkrieg machte man es besser – obwohl das Land viel zerstörter war, da diesmal Kriegsschauplatz. Man machte eine Währungsreform. Das Land hatte auch keine Rüstungsausgaben mehr – die Bundeswehr gab es erst ab 1955. Auch ein gewisser technologischer Fortschritt war da. Vor allem aber gab es keine Dolchstosslegenden und kein Gejammere über den Versailler Vertrag, die den Blick nach vorn in der Weimarer Republik verstellten und letztlich zu einer Fehlleitung politischer Energie führten.

Die Reparationen in der Weimarer Zeit betrugen jährlich letztlich zwei Milliarden RM – soviel wie die Reichsverschuldung monatlich währen dem Krieg wuchs. Das waren im Wesentlichen die Kriegskosten, wobei Opportunitätskosten nicht enthalten sind (Leistungen werden statt in Güter des Konsums in Kriegsaufwendugen erbracht, was auch zu einem Wohlstandsverlust führt).

Wenn nun nach dem Krieg die Reichswehr auf 100 000 Mann gesenkt wurde und teuere Kommoditäten wie Panzer, Flugzeuge, Schiffe und U Boote wegfallen, kann man davon sprechen, das die Reparationen problemlos zu stemmen gewesen wären.

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Beitrag von ThomasAral Do Nov 12, 2015 11:34 pm

ich denke es ging weniger um die Reperationszahlungen, sondern dass quasi die militärisch Schwächeren gewonnen haben. das hat die Deutschen gewurmt. Nur weil alle anderen zusammengehalten haben der reslichen Militärgrößen der Welt, deshalb war es überhaupt möglich. Ja und sogar noch mehr. Im Nachhinein sahen die Militärs, dass sie wohl, wenn sie nicht abgezogen wären sogar trotzdem noch ne Chance gehabt hätten. Weil so gut gings den Aliierten gar nicht in ihrer Position. Aber es war die Militärführung selbst die ja mehr oder weniger sich selbst den Befehl gaben abzurücken -- und nicht die schwachen Politiker. Nun durfte das aber keineswegs so dargestellt werden dass es das Militär war, das falsch gehandelt hat oder sogar Schwäche gezeigt hat. Also war von vorneherein von den Herren Militärs klar, dass sie eine Revanche haben wollten. Nur das Volk wollte halt nicht. Mit so Dingen wie Aufstachelung wegen Reperationszahlungen haben sie es geschickt verstanden die Leute wieder auf Krieg einzustimmen. Und auch Hitler kam nicht zufällig. Der wurde eigens als Marionette gedacht, um das Volk für den Krieg zu begeistern, eingesetzt. Allerdings nie daran gedacht, dass er Militärdiktator werden würde, den man nicht mehr am Schnürchen hat. Das hat sich spätestens ab 1936 alles verselbständigt --- und keiner wusste mehr wie ihm geschieht. Alle sind im Taumel mitgelaufen. Entweder gewzungen oder euphorisch.

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