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Die Ostverträge - politische Rezeption und Diskussion - warum so emotional?

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Beitrag von Moschusochse Di Mai 24, 2016 12:35 pm

Ein Thema, das mein Interesse erweckt hat, aus dem Thread "wie funktioniert die Demokratie in Deutschland"

Marek1964 schrieb:
Tatsächlich gibt es jetzt eine Krise in der politischen Kultur in Deutschland, man sieht es mE in der Diskussion rund um die Flüchtlinge, die Migrationspolitik, den Islam und die AfD. Thilo Sarrazin meinte, es sei die unsachlichste Diskussion seit der Diskussion über die Ostverträge. Für einen solchen Vergleich bin selbst ich zu jung.

Dieser Hinweis erweckte mein Interesse. Ich bin ja jung, deshalb würde es mich interessieren, was damals das für eine Diskussion war mit den Ostverträgen. Warum waren diese so emotional? Welche Argumente wurden eingebracht? Es gibt hier ja einige ältere, da hoffe ich auf interessante Antworten. Der wiki Eintrag sagt nichts zur Diskussion.
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Beitrag von Wallenstein Di Mai 24, 2016 1:05 pm

Moschusochse schrieb:Ein Thema, das mein Interesse erweckt hat, aus dem Thread "wie funktioniert die Demokratie in Deutschland"

Marek1964 schrieb:
Tatsächlich gibt es jetzt eine Krise in der politischen Kultur in Deutschland, man sieht es mE in der Diskussion rund um die Flüchtlinge, die Migrationspolitik, den Islam und die AfD. Thilo Sarrazin meinte, es sei die unsachlichste Diskussion seit der Diskussion über die Ostverträge. Für einen solchen Vergleich bin selbst ich zu jung.

Dieser Hinweis erweckte mein Interesse. Ich bin ja jung, deshalb würde es mich interessieren, was damals das für eine Diskussion war mit den Ostverträgen. Warum waren diese so emotional? Welche Argumente wurden eingebracht? Es gibt hier ja einige ältere, da hoffe ich auf interessante Antworten. Der wiki Eintrag sagt nichts zur Diskussion.

Ich weiß es jetzt auch nicht mehr so genau. Aber mit den Verträgen wurde eigentlich klar, das die Gebiete im Osten und der CSSR endgültig verloren waren. Das wollten vor allem die Vertriebenen nicht akzeptieren. Deshalb beschimpften einige Brandt als Vaterlandsverräter und es gab Parolen wie: "Brandt an die Wand!" Vor allem die CDU startete eine Schmutzkampagne gegen Brandt und Egon Bahr.

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Beitrag von Klartext Mi Mai 25, 2016 8:41 am

Wallenstein schrieb:
Ich weiß es jetzt auch nicht mehr so genau. Aber mit den Verträgen wurde eigentlich klar, das die Gebiete im Osten und der CSSR endgültig verloren waren. Das wollten vor allem die Vertriebenen nicht akzeptieren. Deshalb beschimpften einige Brandt als Vaterlandsverräter und es gab Parolen wie: "Brandt an die Wand!" Vor allem die CDU startete eine Schmutzkampagne gegen Brandt und Egon Bahr.

Die Rechte wollte sich nicht mit den Realitäten abfinden - auch ein Vierteljahrhundert nach dem Kriegsende. Rational gab es eigentlich nichts den Ostverträgen einzuwenden - das zeigte dann auch die Tatsache, dass die CDU/CSU sich bei der Abstimmung im Bundestag der Stimme enthielt.

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Beitrag von Marek1964 Mo Mai 30, 2016 11:08 pm

Ich habe mir in der Zwischenzeit eine Doku angeschaut, wo Egon Bahr viel zu Wort kommt. Es ist faszinierend, wie man sieht, das wichtig ist, das, was ich in meiner ersten Führungsposition im Leben noch zur Studienzeit gelernt habe: man muss auf allen Ebenen kommunizieren. Die informelle ist häufiger wichtiger als die formelle Ebene.

Hier war wichtig ein Informationskanal über einen sowjetischen Journalisten im Westen hin zum KGB und von dort direkt zu Brežněv - vorbei am sturen Aussenminister Gromyko.

Das Sowjetimperium war damals an Entspannung interessiert - aber Gromyko war ein Hardliner. Die Verhandlungen waren fast schon gescheitert, doch nach einem Besuch des KGB Verbindungsoffiziers im Hotel von Egon Bahr wurde Brežněv berichtet und der setzte Gromyko unter Druck - es kam die Vereinbarung zu Stande.

Danach wurde vereinbart, dass Grenzänderungen nur nach gegenseitigen Vereinbarungen erfolgen. Das kam der BRD entgegen, die eine "endgültige" Anerkennung der gesamtdeutschen Grenzen nicht tätigen musste- und der Sowjetregierung, dass es von westlicher Seite keinen Revanchismus geben würde.

Eigentlich eine banale Vereinbarung, gegen die kein vernünftiger Mensch was haben konnte. Auch die Amerikaner nicht, die den Status quo sowieso schon anerkannt hatten.

Die Konservativen in Deutschland konnten Sturm laufen, doch war das ein Kampf gegen die Realität, der dann spätestens unter Helmut Kohl endgültig aufgegeben wurde (ausser in der Frage der Entschädigung der Sudetendeutschen, da wurde noch Jahrzehnte lamentiert).

Letztendlich hatte sich der "Wandel durch Annäherung" als der richtige Weg gezeigt - den auch ein Franz Josef Strauss mit der Vermittlung des Milliarden DM Kredits an die DDR 1983 auch ging - mit der Sanktion, dass er "nur" mit 75% der Stimmen seiner Parteigenossen als CSU Vorsitzender gewählt wurde...

Die DDR Führung wurde dort auch nur vor vollendete Tatsachen gestellt. Die DDR als Staat war nicht restlos anerkannt, aber weitgehend schon.

"Schlesien bleibt unser" - es war nach 1945 nur eine Worthülse, aber die Vertriebenen und ihre bewussten Nachkommen waren immer noch ein Wählerpotential - für die CDU/CSU - so musste man halt den Sturm im Wasserglas aufrechterhalten.

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