Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
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Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
Aus diesem Thread leite ich hier eine Diskussion hervor
https://geschichte-forum.forumieren.de/t322-karl-marx-zur-judenfrage#2537
Ein Thema zu dem ich mehr wissen sollte, aber ich weiss recht wenig. Ich habe mir aber vor kurzem mit meinem Bruder ein Buch über Dokumente der Deutschen über die Tschechen besorgt, von der Historikerin Eva Hahn, auf tschechisch.
Ein Schlüsselmoment war die Ablehnung der Tschechen unter Frantíšek Palacký ("Franz Palatzky" zu Deutsch) die Ablehnung der Teilnnahme an der Versammlung in der Paulskirche - man war ja nicht deutsch. Frantíšek Palcký wird ja gerne als - Tscheche-Österreicher- Europäer bezeichnet und ist berühmt für sein Zitat "gebe es Österreich nicht, man müsste es erfinden".
Die Revolution von 1848 war ja nun auch in hohem Masse nationalistisch. Und ja, bei Karl Marx und Friedrich Engels machten sich Vorurteile breit, die in reduzierter Form in den sudetendeutschen Landsmannschaften bis heute überlebt haben: dass die Tschechen eigentlich keine nation waren - und wohl besser das Schicksal der Wenden und Sorben erleiden sollten.
Einzig in der Schweiz wurde die Revolution von 1848 "richtig" genutzt (und hier spricht mein helvetischer Patriotismus).
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Wallenstein schrieb:Der Hass von Marx und Engels auf die slawischen Völker mit Ausnahme der Polen war pathologisch. Dies war seinerzeit eine weit verbreitete Erscheinung bei vielen Intellektuellen in Europa gewesen, denn die Slawen galten als Werkzeuge des russischen Zarentums und der österreichischen Monarchie. Ihnen wurde die Schuld gegeben für die Niederschlagung der Revolution von 1848. Die beiden sprechen stets von „Trümmervölkern“, „Völkern ohne Geschichte“ und „Werkzeugen der Konterrevolution“.
Ein Thema zu dem ich mehr wissen sollte, aber ich weiss recht wenig. Ich habe mir aber vor kurzem mit meinem Bruder ein Buch über Dokumente der Deutschen über die Tschechen besorgt, von der Historikerin Eva Hahn, auf tschechisch.
Ein Schlüsselmoment war die Ablehnung der Tschechen unter Frantíšek Palacký ("Franz Palatzky" zu Deutsch) die Ablehnung der Teilnnahme an der Versammlung in der Paulskirche - man war ja nicht deutsch. Frantíšek Palcký wird ja gerne als - Tscheche-Österreicher- Europäer bezeichnet und ist berühmt für sein Zitat "gebe es Österreich nicht, man müsste es erfinden".
Die Revolution von 1848 war ja nun auch in hohem Masse nationalistisch. Und ja, bei Karl Marx und Friedrich Engels machten sich Vorurteile breit, die in reduzierter Form in den sudetendeutschen Landsmannschaften bis heute überlebt haben: dass die Tschechen eigentlich keine nation waren - und wohl besser das Schicksal der Wenden und Sorben erleiden sollten.
Einzig in der Schweiz wurde die Revolution von 1848 "richtig" genutzt (und hier spricht mein helvetischer Patriotismus).
Zuletzt von Marek1964 am Do Apr 02, 2015 10:04 pm bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Marek1964- Admin
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Re: Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
Ich habe hier ein interessantes Zitat von Friedrich Engels aus dem Jahre 1849 gefunden. Er ist noch voller Zorn auf die Niederschlagung der Revolution von 1848. Ich weiß nicht, ob er später seine Meinung geändert hat.
„Wir wiederholen es: Außer den Polen, den Russen und höchstens den Slawen der Türkei hat kein slawisches Volk eine Zukunft, aus dem einfachen Grunde, weil allen übrigen Slawen die ersten historischen, geographischen, politischen und industriellen Bedingungen der Selbständigkeit und Lebensfähigkeit fehlen.
Völker, die nie eine eigene Geschichte gehabt haben, die von dem Augenblick an, wo sie die erste, roheste Zivilisationsstufe ersteigen, schon unter fremde Botmäßigkeit kommen oder die erst durch ein fremdes Joch in die erste Stufe der Zivilisation hineingezwungen werden, haben keine Lebensfähigkeit, werden nie zu irgendeiner Selbständigkeit kommen können.
Und das ist das Geschick der östreichischen Slawen gewesen. Die Tschechen, zu denen wir selbst die Mähren und Slowaken rechnen wollen, obwohl sie sprachlich und geschichtlich verschieden sind, hatten nie eine Geschichte. Seit Karl dem Großen ist Böhmen an Deutschland gekettet. Einen Augenblick emanzipiert sich die tschechische Nation und bildet das großmährische Reich, um sofort wieder unterjocht und während fünfhundert Jahren als Spielball zwischen Deutschland, Ungarn und Polen hin- und hergeworfen zu werden. Dann kommt Böhmen und Mähren definitiv zu Deutschland, und die slowakischen Gegenden bleiben bei Ungarn. Und diese geschichtlich gar nicht existierende "Nation" macht Ansprüche auf Unabhängigkeit?
......
Wir schlossen gestern mit dem Nachweis, daß die ostreichischen Slawen nie eine eigne Geschichte gehabt, daß sie historisch, literarisch, politisch, kommerziell und industriell von Deutschen und Magyaren abhängen daß sie schon teilweise germanisiert, magyarisiert, italienisiert sind, daß, wenn sie selbständige Staaten konstituierten, nicht sie, sondern die deutsche und italienische Bourgeoisie ihrer Städte diese Staaten beherrschen würde und daß endlich weder Ungarn noch Deutschland die Losreißung und selbständige Konstituierung solcher lebensunfähigen kleinen Zwischenstaaten dulden kann.
Das alles indes würde noch nichts entscheiden. Hätten die Slawen zu irgendeiner Epoche innerhalb ihrer Unterdrückung eine neue revolutionär Geschichte begonnen, so bewiesen sie schon dadurch ihre Lebensfähigkeit. Die Revolution hatte von dem Augenblick an ein Interesse an ihrer Befreiung, und das besondre Interesse der Deutschen und Magyaren verschwand vor dem größeren Interesse der europäischen Revolution.
Aber das war gerade nie der Fall. Die Slawen - wir erinnern nochmals daran, daß wir hier stets die Polen ausschließen - waren immer gerade die Hauptwerkzeuge der Kontrerevolutionäre. Unterdrückt zu Hause, waren sie in der Fremde die Unterdrücker aller revolutionären Nationen, soweit der slawische Einfluß reichte.“
(Marx/Engels, Werke, Bd.VI, S.475; Der demokratische Panslawismus;
[Neue Rheinische Zeitung" Nr. 222 vom 15. Februar 1849]
Engels vertritt die Auffassung, dass die Zivilisation und Kultur den Slawen von den Deutschen und den Ungarn vermittelt wurde und das ihre Zukunft in einem Vielvölkerstaat liegt, nicht in einer eigenen Nation.
„Wir wiederholen es: Außer den Polen, den Russen und höchstens den Slawen der Türkei hat kein slawisches Volk eine Zukunft, aus dem einfachen Grunde, weil allen übrigen Slawen die ersten historischen, geographischen, politischen und industriellen Bedingungen der Selbständigkeit und Lebensfähigkeit fehlen.
Völker, die nie eine eigene Geschichte gehabt haben, die von dem Augenblick an, wo sie die erste, roheste Zivilisationsstufe ersteigen, schon unter fremde Botmäßigkeit kommen oder die erst durch ein fremdes Joch in die erste Stufe der Zivilisation hineingezwungen werden, haben keine Lebensfähigkeit, werden nie zu irgendeiner Selbständigkeit kommen können.
Und das ist das Geschick der östreichischen Slawen gewesen. Die Tschechen, zu denen wir selbst die Mähren und Slowaken rechnen wollen, obwohl sie sprachlich und geschichtlich verschieden sind, hatten nie eine Geschichte. Seit Karl dem Großen ist Böhmen an Deutschland gekettet. Einen Augenblick emanzipiert sich die tschechische Nation und bildet das großmährische Reich, um sofort wieder unterjocht und während fünfhundert Jahren als Spielball zwischen Deutschland, Ungarn und Polen hin- und hergeworfen zu werden. Dann kommt Böhmen und Mähren definitiv zu Deutschland, und die slowakischen Gegenden bleiben bei Ungarn. Und diese geschichtlich gar nicht existierende "Nation" macht Ansprüche auf Unabhängigkeit?
......
Wir schlossen gestern mit dem Nachweis, daß die ostreichischen Slawen nie eine eigne Geschichte gehabt, daß sie historisch, literarisch, politisch, kommerziell und industriell von Deutschen und Magyaren abhängen daß sie schon teilweise germanisiert, magyarisiert, italienisiert sind, daß, wenn sie selbständige Staaten konstituierten, nicht sie, sondern die deutsche und italienische Bourgeoisie ihrer Städte diese Staaten beherrschen würde und daß endlich weder Ungarn noch Deutschland die Losreißung und selbständige Konstituierung solcher lebensunfähigen kleinen Zwischenstaaten dulden kann.
Das alles indes würde noch nichts entscheiden. Hätten die Slawen zu irgendeiner Epoche innerhalb ihrer Unterdrückung eine neue revolutionär Geschichte begonnen, so bewiesen sie schon dadurch ihre Lebensfähigkeit. Die Revolution hatte von dem Augenblick an ein Interesse an ihrer Befreiung, und das besondre Interesse der Deutschen und Magyaren verschwand vor dem größeren Interesse der europäischen Revolution.
Aber das war gerade nie der Fall. Die Slawen - wir erinnern nochmals daran, daß wir hier stets die Polen ausschließen - waren immer gerade die Hauptwerkzeuge der Kontrerevolutionäre. Unterdrückt zu Hause, waren sie in der Fremde die Unterdrücker aller revolutionären Nationen, soweit der slawische Einfluß reichte.“
(Marx/Engels, Werke, Bd.VI, S.475; Der demokratische Panslawismus;
[Neue Rheinische Zeitung" Nr. 222 vom 15. Februar 1849]
Engels vertritt die Auffassung, dass die Zivilisation und Kultur den Slawen von den Deutschen und den Ungarn vermittelt wurde und das ihre Zukunft in einem Vielvölkerstaat liegt, nicht in einer eigenen Nation.
Wallenstein- Gründungsmitglied
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Re: Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
Gontscharow schrieb:Ich nehme an, daß die Polen in den Augen von Marx und Engels deshalb "Gnade fanden",
weil sie sich im 19.Jahrhundert immer wieder gegen den russischen Zaren erhoben hatten -
also dem Symbol für Repression, Illiberalismus und Fortschrittsfeindlichkeit per se in den Augen
aller Linksliberalen des 19.Jahrhunderts....insofern ist es logisch, daß nach dem Motto
"Der Feind meines Feindes ist mein Freund" die Polen bei allen linsksliberalen Intelektuellen
des vorletzten Jahrhunderts wohlgelitten waren.
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Marek1964- Admin
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Re: Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
Also, das ist schon eine knallharte Sache, was da Engels schreibt, gibt aber das wieder, was Grossdeutsche, alldeutsche und lange auch die Sudetendeutschen von sich gaben. Die Logik ist seltsamn: Weil eine nation angeblich immer unterdrückt wurde, hat sie keine Zukunft, da hätten doch die Arbeiter auch keine Zukunft gehabt (ja, und in gewisser Weise sollte da sogar was dran sein).
Die Tschechen hatten durchaus Geschichte, die Hussiten vor allem waren etwas, was seiner Zeit voraus war und später von Martin Luther aufgegriffen werden konnte. Der Dreissigjährige Krieg war dann eine Katastrophe, aber aus der Hussitischen Tradition sollte später die Legionärsbewegung entstehen, die massgeblichen Anteil an der Gründung des tschechoslowakischen Staates haben.
Aber in diesem Sinne möchte ich Günther Wallraff sinngemäss übertragen zietieren, dass Engels wohl ein Kommunist war, aber angesichts einen kleinen nation die "Vorurteilsstruktur der ehemaligen Herrenrasse" zum Vorschein kam.
Tatsache war, dass die Revolution von 1848 eben stark deutsch-national war und deshalb für diese Ethnien wie Tschechen eben nicht attraktiv. Daraus "reaktionäre Diener" zu machen ist dann arg einseitig.
In der Schweiz gelang das ganz anders.
Die Tschechen hatten durchaus Geschichte, die Hussiten vor allem waren etwas, was seiner Zeit voraus war und später von Martin Luther aufgegriffen werden konnte. Der Dreissigjährige Krieg war dann eine Katastrophe, aber aus der Hussitischen Tradition sollte später die Legionärsbewegung entstehen, die massgeblichen Anteil an der Gründung des tschechoslowakischen Staates haben.
Aber in diesem Sinne möchte ich Günther Wallraff sinngemäss übertragen zietieren, dass Engels wohl ein Kommunist war, aber angesichts einen kleinen nation die "Vorurteilsstruktur der ehemaligen Herrenrasse" zum Vorschein kam.
Tatsache war, dass die Revolution von 1848 eben stark deutsch-national war und deshalb für diese Ethnien wie Tschechen eben nicht attraktiv. Daraus "reaktionäre Diener" zu machen ist dann arg einseitig.
In der Schweiz gelang das ganz anders.
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Marek1964- Admin
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Re: Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
Falls es noch eines Beweises bedurft hätte, wie widerlich Linke sein können ( Stalin und Pol Pot
sollten aber eigentlich schon genügt haben ), so kann man diesen in dem hier zitierten Engels zu
den Tschechen finden.
Engels Logik ist nicht seltsam, es ist gar keine Logik, sondern rassistischer Blödsinn. Ungefähr das gleiche Kaliber, als würde ein Sklavenhalter seinen Sklaven vorwerfen, sie könnten ja nicht mal lesen und schreiben und müßten schon deshalb in seiner Sklaverei verbleiben.
Zu ihrem eigenem Schutz und ihrer Sicherheit und weil sie doch ökonomisch von ihm, dem SKlavenhater, abhängig seien
Übrigens verbreitet die aktuelle russische Propaganda haargenau den gleichen Blödsinn über die Ukraine, den einst Engels
über die Tschechen schrieb.Deshalb sind die Russen auch zutiefst überzeugt, daß die Ukrainer "kein Volk" seien.
sollten aber eigentlich schon genügt haben ), so kann man diesen in dem hier zitierten Engels zu
den Tschechen finden.
Engels Logik ist nicht seltsam, es ist gar keine Logik, sondern rassistischer Blödsinn. Ungefähr das gleiche Kaliber, als würde ein Sklavenhalter seinen Sklaven vorwerfen, sie könnten ja nicht mal lesen und schreiben und müßten schon deshalb in seiner Sklaverei verbleiben.
Zu ihrem eigenem Schutz und ihrer Sicherheit und weil sie doch ökonomisch von ihm, dem SKlavenhater, abhängig seien
Übrigens verbreitet die aktuelle russische Propaganda haargenau den gleichen Blödsinn über die Ukraine, den einst Engels
über die Tschechen schrieb.Deshalb sind die Russen auch zutiefst überzeugt, daß die Ukrainer "kein Volk" seien.
Zuletzt von Gontscharow am So Apr 05, 2015 9:42 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet
Gontscharow- Gründungsmitglied
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Re: Die Rolle der slawischen Völker bei der Revolution von 1848
Die Historikerin Eva Hahn hat dies als typische Überheblichkeit der herrschenden Völker gegenüber den benachteiligten. Beispiele gibt es andere auch.
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